Philipp Glahé ist akademischer Rat auf Zeit am Lehrstuhl für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte am Historischen Seminar an der LMU München. Von 2022 bis 2025 war er wissenschaftlicher Referent am MPIL. Er ist Mitherausgeber von mpil100.de.

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Die Welt von Gestern. Das Institut und der Zweite Weltkrieg aus Tagebuchaufzeichnungen

The World of Yesterday. The Institute and the Second World War in Historical Diaries

Deutsch

Die Niederlagen des Ersten und Zweiten Weltkrieges sind konstitutiv für das historische (Selbst-) Verständnis des Instituts. War das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) 1924 als „Verliererinstitution“ mit dem Ziel die Versailler Zwischenkriegsordnung mit wissenschaftlicher und rechtspraktischer Expertise zu revidieren gegründet worden, war für das 1949 in Heidelberg neu- beziehungsweise wiedergegründete Institut abermals die Auseinandersetzung mit den rechtlichen und politischen Folgen des Zweiten Weltkriegs, des beginnenden Kalten Krieges sowie die damit verbundene Entscheidung zur Begleitung der deutschen Westintegration von zentraler Bedeutung.[1] Über die zwischen 1933 und 1944 erschienenen Institutspublikationen und die unlängst aufgefundenen kriegsrechtlichen Gutachten Hermann Moslers kann inzwischen nachvollzogen werden, wie sich das Berliner KWI als Forschungs- und Beratungseinrichtung des Oberkommandos der Wehrmacht und der Marine in die juristische Vorbereitung und Begleitung des Zweiten Weltkriegs eingebracht hat.[2] Indes ist wenig bekannt, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts den Krieg und das Kriegsende konkret erlebt haben und welchen Einfluss dieses individuelle und kollektive Erleben auf die Forschungsinstitution hatte.[3] Dieser Beitrag möchte anhand der Tagebuchaufzeichnungen und persönlicher Notizen zweier Institutsangehöriger, des Bibliotheksdirektors Curt Blass und der Bibliothekarin Annelore Schulz, Einblicke in die Kriegszeit ermöglichen.

Curt Blass (1881–1972) und Annelore Schulz (1906–1999) zählten zu den ersten Angehörigen des Instituts, dem sie 1926 bzw. 1929 beigetreten waren; beide waren maßgeblich am Aufbau der bedeutenden Institutsbibliothek beteiligt.[4] Mit Institutsdirektor Viktor Bruns verband Curt Blass als Studien- und Duzfreund eine enge Beziehung. Blass war als Nachfolger des 1942 verstorbenen Ernst Martin Schmitz zudem stellvertretender Institutsdirektor und führte phasenweise nach Viktor Bruns’ Tod 1943 die Institutsgeschäfte. Auch nach Antritt des in Heidelberg lebenden Carl Bilfinger als neuem Direktor 1944 blieb Blass in Berlin die eigentliche Leitungsperson. Annelore Schulz wirkte als tragende Säule der Bibliothek im Hintergrund, wobei ihre Rolle bei der Rettung des Buchbestandes 1946 für den Wiederaufbau des Instituts nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.[5] Dankenswerterweise wurden dem Institut von Familienangehörigen die kriegsbezogenen persönlichen Aufzeichnungen der zwei KWI-Angehörigen übergeben.[6] In Umfang und Geschlossenheit sticht hierbei der Nachlass von Annelore Schulz hervor. Von ihr hat sich ein ganzer Koffer voller persönlicher Dokumente erhalten, der eine Reihe akribisch geführter Tagebücher enthält. Aufgrund des Umfangs und der Detailfülle stehen Annelore Schulz’ Aufzeichnungen im Zentrum dieses Beitrags. Sie werden ergänzt durch persönliche Notizen von Curt Blass, die nur in Fragmenten vorliegen.[7]

Sagbarkeiten. Tagebuchschreiben im „Dritten Reich“

Die Tagebücher von Annelore Schulz[8]

Die Aufzeichnungen von Curt Blass und Annelore Schulz unterscheiden sich in Format und Grad an Privatheit. Während die Aufzeichnungen von Annelore Schulz rein privat gehalten sind und sich erkennbar an kein Lesepublikum richten, lassen die Tagebücher von Curt Blass, der auch als Dichter und Schriftsteller tätig war, aufgrund ihres Stils und der Art ihrer Schilderungen darauf schließen, dass sie nicht nur als Ort der stillen Selbstreflexion gedacht waren, sondern sich in eine familiäre Überlieferungstradition einschrieben. Diese Form des Schreibens lehnt sich an einen in gehobenen Kreisen üblichen Stil an. Auch die auf diesem Blog edierten Tagebuchaufzeichnungen zur Institutsgründung von Viktor Bruns Ehefrau Marie waren keinesfalls privater Natur, sondern wurden in großen, dem DIN-A3-Format ähnelnden Büchern in Schönschrift notiert und in der Familie herumgezeigt und vorgelesen. Auch von der Institutsbibliothekarin und Cousine Viktor Bruns’ Cornelia Bruns sind „Tagebuchbriefe“ zum Kriegsende 1945 erhalten, die an ihre „Lieben“ adressiert sind und „in der Hoffnung, dass eines Tages wieder eine Verbindung möglich sein wird“ das Erleben jener Tage für die Familie dokumentieren.[9]

Annelore Schulz in der Bibliothek, Aufnahme um 1935 [10]

Jenseits des Stils und der Frage nach dem Publikum unterscheiden sich die Aufzeichnungen hinsichtlich des inhaltlichen Fokus und der Art der Auseinandersetzung mit politischen Ereignissen. Während Curt Blass in seinen Tagebüchern ausführlich und kritisch die NS-Politik und den Zweiten Weltkrieg reflektiert, kommen die Aufzeichnungen von Annelore Schulz gänzlich ohne Kommentare zum politischen Zeitgeschehen aus. Der Nationalsozialismus wird von Schulz praktisch nie erwähnt, eine eigene Meinung äußert sie nicht. Die Ereignisse des 20. Juli 1944, wie die Verhaftung und Hinrichtung des Institutskollegen Berthold von Stauffenberg, werden zwar mit großer persönlicher Bestürzung aufgenommen, nicht jedoch politisch kommentiert.[11] Die Gründe für solches Fehlen jeglicher politischer Positionierung sind nicht klar. Vielleicht lag es am mangelnden politischen Interesse, vielleicht fürchtete Annelore Schulz aber auch, dass ihre privaten Notizen in falsche Hände geraten könnten und unterließ es deshalb, sich zu tagespolitischen Entwicklungen zu äußern. Curt Blass schien diese Befürchtung indes nicht zu haben.

„Der Krieg ist merkwürdig fern“. Curt Blass und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

Das Tagebuch und persönliche Notizen von Curt Blass 1941[12]

„Schrecklich zu denken, was jetzt jeden Augenblick geschieht, während wir in allem Behagen – bis jetzt – in der Zuschauerloge sitzen dürfen. Man muss sich immer wieder zwingen, alle Gefühle und Gedanken über Moral und Recht zurückzuschieben: Naturereignis. Ausbruch verhängnisvoll seit Jahrhunderten gespannter Kräfte. Auch im Kriege wirkt Gott!“ [13]

– Curt Blass, 15. Mai 1940

In den von Curt Blass überlieferten und durch seinen Sohn Ulrich transkribierten und kompilierten Tagebuchnotizen zeigt sich ein wacher politischer Beobachter, dessen Haltung zu den tagespolitischen Ereignissen zwischen Ablehnung Hitlers und des Nationalsozialismus sowie nationalistisch-imperialistischen Tönen und offener Bewunderung für die militärischen Erfolge der Wehrmacht schwankt.[14] Blass’ Aufzeichnungen beginnen 1938 mit der Sudetenkrise. Das Vorgehen Hitlers, der das von der deutschsprachigen Minderheit in Tschechien bewohnte Sudetenland für sich reklamierte, erschien Blass als politisch unverantwortliches „vabanque-Spiel“.[15] Im Institut wurden die Ereignisse mit größter Spannung über französische und schweizerische Radiosender mitverfolgt, da man den deutschen nicht traute:

„Unsere Rundfunk- und Zeitungspropaganda ist von einer hanebüchenen Primitivität oder vielmehr Skrupellosigkeit, rechnet mit Dummheit der Hörer und will sie verdummen. Die Wirkung ist völliger Vertrauensschwund und Flucht in die ausländische Berichterstattung und Propaganda.“ [16]

Als es Hitler mit der Unterzeichnung des Münchener Abkommens am 29./30. September 1938 gelang, in Verhandlung mit Großbritannien, Frankreich und Italien über die Köpfe der Tschechen hinweg die Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland im Gegenzug für ein Friedensversprechen durchzusetzen, war Blass mehr als erleichtert:

„A. H. hat der Welt eine ungeheuerliche Nervenprobe zugemutet, aber (vor allem): Er hat sie selbst bestanden. Sein ‚fanatischer‘ Wille hat mit einer Gewaltkur erreicht, was er für richtig hielt und was nun im Grunde Freund und Feind für richtig, vernünftig und innerlich gerecht erkennt. […] Wäre es nicht doch gelungen, wäre er der ärgste Verbrecher gewesen; nun [da] es gelang, ist er wieder mehr denn je der Zauberer. – Es geschehen noch Wunder.“ [17]

Kritisch äußerte sich Blass jedoch, infolge des Novemberpogroms vom 9./10. November 1938, zu den nationalsozialistischen Judenverfolgungen:

„Tödliche Scham über die neuen antisemitischen Ausschreitungen und Massnahmen […]. Aus diesem Volk ist ein Popanz gemacht worden, dessen man sich schämt. […] Das alles ist zynisch-satanischer Mord an Hunderttausenden, die nicht einmal fliehen können. Und das Erschütterndste ist: Dem wird ein Mantel von Moral und Recht umgehangen, der für die Einen nichts wie blanker Hohn ist; für die Andern aber, die ihn als echtes Kleid der Würde verehren oder doch zu verehren suchen, muss der letzte Rest von sittlichem und rechtlichem Gefühl zu Grunde gehen. Was wird aus unserem Volk?!“ [18]

Auch die Reaktionen und Atmosphäre am Institut im Nachgang des Pogroms und der von Göring am 12. November 1938 erlassenen „Judenbuße“, der zufolge die jüdischen Geschädigten selbst für die Schäden aufkommen mussten, hielt Blass fest:

„Es ist von einem traurigen Interesse, die Reaktion zum Judenthema zu beobachten. Alle Aelteren [sic], die noch eine lebendige Erinnerung daran haben, dass ‚Recht‘ und ‚Gerechtigkeit‘ in deutscher Sprache einen echten Klang hatten […], sind gleich betroffen und empört und voller Scham: Freilich nur heimlich, im vertrauten Kreise. Die Jüngeren, da geht die Stellungnahme: von unbeschwerter Schadenfreude als handle es sich um einen Bierulk, über Erwägungen des materiellen Schadens zu Aeusserungen [sic] der Gleichgeschaltetheit. – Der gute [Hans-Joachim von] Merkatz[19], der so bestrebt eingeschwenkt ist, fing in unser peinliches Schweigen bei Tisch mit seiner salbadernden Tiefsinnigkeit an: ‚Wenn man schon mit der Milliardenbusse einverstanden sein kann…‘ Ich sagte nur: ‚So?‘, worauf er betroffen schwieg“. [20]

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde von Blass mit gespaltenen Gefühlen aufgenommen: „Der Krieg ist da. […] [I]ch sehe nichts als Unglück für unser Volk voraus, im Sieg und in der Niederlage. Trotzdem: Mut! ‚Gott will es!‘.“[21] Der Weltkriegsoffizier zog einen direkten Vergleich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges: „Wer den Kriegsausbruch 1914 miterlebt hat, kann den himmelweiten Stimmungs-Unterschied ermessen. Der nat[ional]-soz[ialistische] Akt unseres nationalen Unglücks dürfte sich seinem Ende nähern.“[22] In die Ablehnung jenes, im Gegensatz zu 1914/18, „ungerechten“ Krieges mischte sich bei Blass jedoch auch skeptische Anerkennung: „Die Leistung des Heeres in Polen ist furchtbar und staunenswert.“[23]

„Gott will es.“, Curt Blass, undatiert [24]

Als vergleichsweise unwirklich stellte sich Blass das Weihnachtsfest in seiner Schlachtenseer Villa 1939 dar („Der Krieg ist merkwürdig fern.“). Man aß „fetten Stollen“, trank heiße Schokolade. „Dann setzte [Ehefrau] Hanni sich an den Flügel und ich mich in Vaters alten Lehnstuhl“, auch Tochter Cordula spielte „recht hübsch“ auf dem Klavier, Sohn Utz „erfreute mich mit dem 1. Satz eines recht schwierigen Violinkonzerts von Mozart, das er mit hochroten Backen sehr gut absolvierte“. Nur der Baum war in diesem Jahr etwas kleiner, auch das Abendessen fiel „freilich viel bescheidener […] als sonst“ aus. „Und mit dem tiefen dankbaren Wohlgefühl, das man erst jetzt im Kriege erlebt, streckt man sich unter die Decke zum Schlaf, auf dessen Ungestörtheit man rechnen darf.“[25] Doch die Weihnachtsfreude hielt nicht lang. In den folgenden Tagen fühlte sich Blass „ziemlich verloren“, traf sich regelmäßig mit seinem Freund und Chef Viktor Bruns. Am 30. Dezember 1939 feierte Blass mit Bruns’ Familie dessen 55. Geburtstag, der jedoch vom Krieg und den Verbrechen der Kriegsführung überschattet wurde:

„Etwas verlegene Stimmung. Bruns war nicht wohl, kam von Polen nicht los, von wo scheussliche Nachrichten durchsickern. Diese kalte, schweigende Entschlossenheit, mit der man ein Volk von 22 Millionen auszurotten sucht, ist entsetzlich. Hier wird Drachensaat für Jahrhundert gesät. Es verschlägt einem nicht nur die Stimme für das eigene Volk, auch das frohe Atmen.“[26]

Den düsteren Aufzeichnungen folgten jedoch auch euphorische. Blass ließ sich immer wieder mitreißen von dem schnellen Vordringen der Wehrmacht („Für uns alte Stellungskrieger ist dieser Krieg ein Wunder.“[27]). Zugleich mischten sich auch hier Besorgnis und Skrupel unter die Begeisterung. Blass wunderte sich über die Dynamik „des Siegesrausches, der uns alle erfasst hat“, dessen Genuss ihm jedoch vergällt sei durch die „widerwärtig unwürdige, moralisierende Keif- und Prahlpropaganda in Presse und Radio“, die bei ihm wiederum „empörte Ablehnung“ auslöste.[28]

Blass’ wechselvolle Haltung zum Krieg und zum „Dritten Reich“ kann in vielen Punkten als repräsentativ für den Großteil des Instituts gelten.[29] Hitler, dem Nationalsozialismus und der Judenverfolgung stand der groß- und bildungsbürgerliche Blass aufgrund ihrer „Primitivität“ und Brutalität ablehnend gegenüber. Er traute Hitler außenpolitisch nicht viel zu und fürchtete, dieser würde Deutschland leichtfertig in einen Krieg hineinziehen, dessen Ausgang ungewiss sei. Zugleich werden „klassisch“ patriotische, aber auch imperialistische, Reflexe des Weltkriegsveteranen sichtbar, der, wie das KWI allgemein, große Hoffnungen in eine militärische Wiederherstellung des deutschen Großmachtstatus legte. Auch bei Blass zeigt sich jene eigentümliche „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“, wie sie bei genauerer historischer Betrachtung offenbar wird, er ist sich ihrer aktiv bewusst: Die Unberührtheit seiner Berliner Lebenswelt vom Krieg und die gleichzeitige Unwirklichkeit der Situation wird an Heiligabend 1939 besonders deutlich. Der Krieg ist physisch fern, doch legt er sich über alle Dinge.

Das Institut als Schicksalsgemeinschaft 1944/45. Annelore Schulz und das Kriegsende

Die Tagebücher von Annelore Schulz [30]

Die von Annelore Schulz überlieferten Tagebücher beginnen im Jahr 1944. Ihre Aufzeichnungen portraitieren ein Institut im Ausnahmezustand. Der Krieg zeitigte bereits deutliche Auswirkungen auf das Leben in Berlin und auf das KWI, das seit 1939 dem Oberkommando der Wehrmacht und der Marine unterstellt war und diese in kriegsvölkerrechtlichen Fragen beriet. Aufgrund der intensiver werdenden alliierten Luftangriffe auf die Hauptstadt war beschlossen worden, den Großteil der kostbaren Institutsbibliothek auszulagern und den Institutsbetrieb somit auf verschiedene Standorte zu verteilen. Während die für ihre Arbeit vom Kriegsdienst freigestellten Referenten mit einigen Sekretärinnen und dem (kriegs-)völkerrechtlichen Kernbestand der Bibliothek im Berliner Schloss verblieben, wurden ab Januar 1944 mehr als 115.000 Bücher, Parlamentaria, Zeitschriften und Unterlagen mit einem Teil des Institutspersonals auf zwei Gutshöfen und einem Gasthof in Züsedom und Kleisthöhe in der Uckermark untergebracht.[31] Annelore Schulz war als Bibliothekarin maßgeblich an der Auslagerung der Bibliothek und der Kataloge beteiligt. Zwischen Januar und Juli 1944 pendelte Schulz zwischen Berlin und Kleisthöhe sowie Züsedom, ehe sie ab August 1944 bis März 1945 aufgrund der Kriegssituation dauerhaft in Züsedom verblieb.

Annelore Schulz am Fenster im Berliner Schloss, Aufnahme 1931[32]

In Schulz’ Tagebuchaufzeichnungen dominiert die Darstellung einer dem Alltäglichen verhafteten weiblichen Berufs- und Lebenswelt im Krieg. Politische Ereignisse oder die Arbeit des Instituts selbst spielen bei ihr kaum eine Rolle. Stattdessen dokumentiert sie den Versuch, zwischen Bombenangriffen und Luftschutzkeller ein weitgehend normales (Instituts-) Leben aufrechtzuerhalten.[33] Dem sozialen Miteinander kam im Krieg besondere Bedeutung zu, der häufige „Kaffeeklatsch“ mit Kolleginnen oder die Feier von Geburtstagen im Institut diente nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der Moral:

„9.30 Uhr ins Schloss. Fräulein [Cornelia] Bruns Geburtstag. Maria, Gertrud Heldendrung und ich schenken ihr gemeinsam ein Tulpentöpfchen und von Ernst Jünger ‚In Stahlgewittern‘. […] Dann feiern wir einen sehr netten Geburtstag […]. 12 Uhr grosser Alarm […]. 14.30 Uhr mit Fräulein Bruns und Fräulein von Rehekampff sehr hübsche Kaffeetafel mit echtem Kaffee! Wir geniessen. Dann suche ich weiter das schon verzweifelt gesuchte Buch von [Gerhard] Ritter: Machtstaat und Utopie – das ich mit Hilfe von Dr. Blass unter ‘AA I O’ feststelle.“ [34]

Außerhalb des Instituts führten die Frauen ein reges Privatleben, man traf sich zumeist bei „Cörnchen“ Bruns, wozu auch Annelore Schulz’ „Nachbarin“ Martha Krause eingeladen war, mit der sie eine in Institutskreisen bekannte und tolerierte Liebesbeziehung führte.[35] Auch dem Berliner Kulturleben wurde, solange es möglich war, noch gefrönt. So besuchte Annelore Schulz auf Einladung von Bruns’ Tochter Hella – während der Arbeitszeit, aber mit Genehmigung von Curt Blass[36] – im Januar 1944 noch hochkarätig besetzte Opernaufführungen und kurz darauf ein Konzert, ebenfalls während der Arbeitszeit, diesmal auf Einladung von Blass[37].

Instituts- und Schicksalsgemeinschaft: Joachim-Dieter Bloch, Ursula Grunow, Alexander N. Makarov und Hermann Mosler (v.l.n.r.) auf dem Dach des Berliner Schlosses (undatiert).[38]

 

Die Institutsgemeinschaft und ihre schicksalshafte Verbundenheit zeigte sich in gegenseitiger Solidarität im Umgang mit den Kriegsbelastungen. Als bei einem Bombenangriff am 15. Februar 1944 die Wohnung von Ellinor von Puttkamer zerstört und die von Annelore Schulz stark beschädigt wurden, formierte sich ein spontaner „Räumtrupp“ aus den Institutsreferenten Strebel, Mosler, Weiss und Curt Blass sowie einem Kollegen aus dem Auswärtigen Amt, Dr. Müllenhöfer:

„Gegen 12.30 Uhr kommen die beiden Herren [Mosler und Müllenhöfer] wieder und arbeiten nun hintereinander erst die Mauerbrocken hinaus mit Axt und Einreisshaken, dann macht Dr. Mosler mühselig die Eingangstür wieder zum Schliessen […], Herr Müllenhöfer repariert den Kleiderschrank, die Fenster werden verpappt. Den Rest der Mauer zwischen Schlaf- und Wohnzimmer wollen sie stehen lassen, als Schutz – ganz glücklich bin ich nicht darüber. Gegen 15.30 Uhr kommt Dr. Blass mit Herrn Weiss, ich bin gerührt über ihre Hilfsbereitschaft. Dr. Blass nimmt die Gardinen ab“. [39]

Auch um das Schicksal des Berliner Schlosses, zeigten sich Annelore Schulz und ihre Kollegen besorgt, da der Arbeitsplatz für sie hohes Identifikationspotential hatte.[40] Im Mai 1944 wurde das Schloss erstmals durch Bomben getroffen und beschädigt, die im obersten Geschoss befindlichen Institutsräumlichkeiten blieben jedoch bis zum 25. Juni 1944 intakt, als das Dach zerstört wurde und das Institut in den 1. Stock umziehen musste:

„Die neuen Verwüstungen Unter den Linden sehr erschütternd. Und dann das Schloss. Durch unsere geliebte Fensterreihe sieht man in den Himmel! Die blanken Mauern schauen einem schon von weitem entgegen. Unsere ganze Seite ausgebrannt. Dazu Herr Weiss und Herr von Gretschaninow, ersterer verlor sehr viel persönliche Sachen. Endlich Fräulein Bruns gefunden. Dann geht’s schon ans Büchertragen – vormittags und nachmittags trägt die ganze Belegschaft die Kirchenrechtsabteilung in den Keller, allerlei Spass dabei – die Gemeinsamkeit ist nett. Viel mit Fräulein Bruns und Dr. Blass getrauert!“ [41]

Bis zur endgültigen Zerstörung der Institutsräume am 3. Februar 1945 ging der Betrieb im Schloss weiter, ehe er in das Privathaus von Viktor Bruns nach Zehlendorf ausgelagert wurde.

„Splendid Isolation“. Gut Kleisthöhe, März bis Juli 1944

Gut Kleisthöhe, vor 1945[42]

Das letzte Kriegsjahr verbrachte Annelore Schulz vorwiegend auf den beiden Gutshöfen Kleisthöhe und Züsedom, wo sie die ausgelagerte Bibliothek des Instituts betreute. Ihre Aufzeichnungen über das dortige Leben spiegeln eine eigentümliche Mischung aus Endzeiterwartung, Realitätsverdrängung und einem letzten Aufleben jener großbürgerlich-adligen Lebensweise, die zumindest in Brandenburg mit Kriegsende ihr unwiderrufliches Ende finden und die Alexander N. Makarov später als „versunkene Welt“ bezeichnen sollte.[43]

Nachdem im Januar 1944 mit der Bücherauslagerung begonnen worden war, pendelte Annelore Schulz mehrere Monate zwischen Berlin und den Gutshöfen, wo ihre Arbeit darin bestand, die Bücher in den gemieteten Räumen so wieder aufzustellen, dass sie für die Institutsarbeit nutzbar waren. Hierbei wurden die schwersten körperlichen Tragearbeiten von Wehrmachtssoldaten oder durch von Helmut Strebel[44] organisierte sowjetische Kriegsgefangenen übernommen:

„Nach und vor Tisch geplättet – dann sind zum Essen die Herren wieder da: Makarov und Gretschaninow. […] als um 4 Uhr auch schon die drei Transporte ankommen. Die Büchertragerei geht gleich auf den Oberboden los mit Italien, die Russen, wirklich nette und ordentliche Typen, tragen nach oben (als Kette) und stellen sich sehr intelligent an. In wildem Durcheinander wird oben gestapelt, wie soll das je zu ordnen sein, ‘Frankreich’ und ‘Italien’. Nach dem Abendbrot, wo es für alle Erbsensuppe gibt, geht es weiter bis circa 21.30 Uhr. Wir haben sehr viel Spass dabei, lachen viel, Fräulein Auburtin bekam ihre schöne Kommode mit, in die Bibliothek wird noch das Sofa von Prof. Makarov gestellt […]. Dann sitzen wir noch mit Prof. Makarov, Schnucki, Fräulein Auburtin bei Frau Hähn bei Milch mit Sirup gemischt und erfrischen unsere durstigen Kehlen, wollen tanzen, doch es findet sich keine rechte Radiomusik. Gegen 12 Uhr schlafen – Herr von Gretschaninow sortierte noch rastlos ein. Frau von Mörner hatte Schnucki und mir noch Erdbeeren hinstellen lassen – eingezuckert!“ [45]

Auf Gut Kleisthöhe verbrachte Annelore Schulz zunächst einige Arbeitswochen zusammen mit der als Referentin tätigen Angèle Auburtin, der Sekretärin Gertrud Heldendrung („Schnucki“) und dem Referenten Georg von Gretschaninow. Die Institutsangehörigen wohnten in eigenen Zimmern im Gutshaus und waren teilweise auch in das Alltagsleben der Gutsbesitzerfamilie von Mörner integriert („kein Tippen nach Tisch“[46]). Fiel Annelore Schulz der Abschied aus Berlin zunächst schwer, fand sie schnell Gefallen am Landleben, das zumindest zu Beginn vielfach Klassenfahrt-Charakter gehabt zu haben scheint. Annelore Schulz unternahm lange Spaziergänge mit Angèle Auburtin und Georg von Gretschaninow, die Damen wurden regelmäßig zum Nachmittagstee der unlängst verwitweten Gutsherrin in den „großen Salon“ eingeladen, wo Annelore Schulz die „nette Unterhaltung, so wie ich sie aus unseren Kreisen kenne“ genoss.[47] Abends saßen Auburtin und Schulz oft lang zusammen: „Während ich [Socken] stopfe, spielt Fräulein Dr. Auburtin dazu die Laute, singt sehr hübsch dazu und sie erklärt mir noch einiges zum Lautenspiel.“[48] Regen Gebrauch fand auch der Flügel, auf dem Irene Hähn und Alexander N. Makarov in der Mittagspause oder nach Feierabend für die Mitarbeiter „aufs schönste“ spielten.[49] Die Zeit im Frühjahr 1944 auf Gut Kleisthöhe glich, folgt man Annelore Schulz’ Notizen, einer Parallelwelt, oder, wie es ihre Kollegin Irene Hähn ausdrückte, einer „splendid isolation“[50]. Berlin, die Fliegerangriffe, der Krieg an sich, schienen fern. Die Aufstellung der Bücher war überdies zumeist keine tagesfüllende Aufgabe, die viel Freiraum ließ:

„Mit dem Sortieren von ‘GB V’ auf der Terrasse begonnen, den Tag über allein eingeordnet – aber nach dem Kaffee aufgehört! Heiss gewaschen, wieder nett und schmuck gemacht im Dirndl, mit Buch in den Garten gezogen, hinten unter der Kastanie gelesen und geschlafen – der gute Lumpi legt sich neben mich. Nach dem Abendessen mit Prof. Makarov spazieren, ein wunderbarer Abend“ [51]

Für ihren schriftstellernden Vorgesetzten Curt Blass redigierte Annelore Schulz im April 1944 (während der Arbeitszeit) dessen bis heute unveröffentlichte, jedoch „ganz reizend“ geschriebene Autobiographie.[52] Im Juni 1944 erschien Blass’ Gedichtband „Innere Melodie“, den er an die Institutsangehörigen verschenkte.[53]

Tradition Mittagstisch (noch im Berliner Schloss). Victoria Rienäcker, Ruth von Braumüller (spätere Bischof), Charlotte Zowe-Behring, Else Sandgänger, Annelore Schulz und Ellinor Greinert (von oben links), Aufnahme um 1935 [54]

Doch nicht alles löst sich in Wohlgefallen auf: Insbesondere unter den Frauen kam es zu Konflikten und „Hierarchiegerangel“, für Annelore Schulz zumeist mit Angèle Auburtin. Hatten sich die beiden Frauen anfangs gut verstanden, bemühte sich – so sah es Schulz – die Referentin Auburtin zunehmend, eine Grenze zum nicht-wissenschaftlichen weiblichen Personal zu ziehen.[55] Es kam zu regelmäßigem Streit zwischen Auburtin und Schulz, die sich von Auburtin zu „niederen Tätigkeiten“ degradiert sah. Jedoch: „Als gebildete Menschen lassen wir uns aber nichts anmerken bei Tisch.“[56] Vor allem wenn Besuche von Hermann Mosler aus Berlin anstanden, häuften sich Konflikte mit Auburtin, nicht mit Mosler, dessen Autorität Schulz (zwar zähneknirschend) anerkennt: „Mosler ist jetzt Beratender Referent in der Beratungsstelle des OKW geworden – ein mächtiger Mann“[57]. Wenngleich Angèle Auburtin den anderen Frauen in der Institutshierarchie klar „vorgesetzt“ war, schien es in ihr Aufgabenfeld zu fallen, für das Institutspersonal auf Gut Kleisthöhe zu kochen (aber „alles so fade, und zu wenig gekocht“).[58] So oft die beiden Frauen auch aneinander gerieten, so oft versöhnten sie sich auch wieder.[59]

Institutsdirektor Carl Bilfinger (2. von rechts) besucht Gut Kleisthöhe im Juli 1944. Mit Hund Lumpi, Sophie von Gretschaninow (?), Georg von Gretschaninow, unbekannt, Angèle Auburtin, Alexander N. Makarov (v.l.n.r.) [60]

Während Konflikte mit (der) weiblichen Vorgesetzten und teils auch Kolleginnen (Streit um das „beste“ Zimmer, Ärgernis über eine Zimmermitbewohnerin, „die in der Nacht schnauft, redet, schnarcht“[61]) nicht selten waren, wurden männliche Autoritäten von Schulz nicht nur anerkannt, sondern regelrecht verehrt, insbesondere Curt Blass oder Professor Makarov. Als Blass im Oktober 1944 einen Arbeitsbesuch auf den beiden Gutshöfen machte, stürzte sich Annelore Schulz in tagelange Vorbereitungen und empfing ihn aufgeregt mit einem großen Blumenstrauß am Schlossportal. „Zu Tisch gibt es ein halbes Rebhuhn Dr. Blass zu Ehren. Alles sehr nett und feierlich.“ Das gute Verhältnis beider war wechselseitiger Natur. Schulz freute sich, dass „Dr. Blass […] mir eine Anerkennung für die jahrelange Katalogführung ausspricht“, und wenn sie aus Berlin wieder einmal mit einer „schwere[n] Aufgabe“ betraut wurde.[62] Doch nicht immer gab es anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen: „Tagsüber allein geräumt, ‘US’, nachmittags beim Schuster mit einem Schuh von Mosler.“[63]

Zum Sommer 1944 hin wurde der Kontrast des beschaulichen Landlebens zu den militärischen und politischen Ereignissen besonders greifbar. Die Bibliotheks- und Institutsarbeit verlagerte sich mit dem besser werdenden Wetter zusehends auf die Terrasse und in den Wintergarten des Gutshofes, die Frauen pflückten opulente Blumensträuße, allabendliche Spaziergänge durch die Natur wurden unternommen, „wo der Mond wie im Märchen tief und fast rötlichgold zwischen den Pappeln steht“[64]. Die Geschehnisse der Welt drangen von fern durch das Radio, wurden aber noch weitgehend verdrängt.[65] Ab Juli 1944 wurde die Lage infolge des gescheiterten Attentats auf den Führer auch auf Gut Kleisthöhe ernster, die Beschaulichkeit geriet erstmals in Gefahr. Von dem Attentat erfuhren die Institutsmitarbeiter aus dem Radio, wobei lange nicht klar war, dass mit Berthold von Stauffenberg ein Institutskollege beteiligt war:

„Die politischen Ereignisse beschäftigen einen sehr, immer mehr werden wir in die Enge getrieben. Und dazu am Vortage das schwere Attentat auf den Führer im Führerhauptquartier, von dem er (wohl Gesichts[-]) Verletzungen davontrug, viele Menschen seiner Umgebung ums Leben kamen. Am Tage hören wir dann, daß der Täter ein Oberst Graf von Stauffenberg war (ein Bruder unseres Bertholds?)[.] Grosse Erregung deshalb im Institut.“ [66]

Über das weitere Schicksal Stauffenbergs erfuhren die Institutsmitglieder lange nichts. So heißt es am 24. Juli 1944:

„Die Attentatsgeschichte bewegt die Gemüter sehr. Wir fürchten alle, daß unser Graf Berthold Schenk von Stauffenberg mit Familie nicht mehr lebt, für das Institut kann die Angelegenheit die schlimmsten Folgen haben. Frau Hähn erzählte allerlei Beunruhigendes […] – ich lebe jetzt in grösster Besorgnis, daß die Transporte nach Züsedom nicht mehr klappen.“

Die Besorgnis unter den Mitarbeitern stieg, dass das aus politischen Gründen ein „Ende des Instituts“ durch Schließung unmittelbar bevorstehe.[67] Am 27. Juli 1944 schreibt Annelore Schulz:

„Früh hören wir [Socken] stopfend die Rede von Goebbels noch einmal. Schilderung der genauen Tatsachen um das Attentat, Folgerung: Durchkämmung sämtlicher Betriebe auf ihre Kriegswichtigkeit, die Männer an die Front, die Frauen in die Rüstung. Tief beeindruckt von der Rede ordnen wir unser ‘Italien’ weiter auf dem Boden ein. – Trotzdem gesunder Schlaf nach Tisch.“

Am 9. August erfuhren die Institutsangehörigen aus dem Radio, „daß die am Attentat auf den Führer vom 20.7. Beteiligten gehenkt würden“. Stauffenberg wird in Schulz’ Tagebuch anschließend nicht mehr erwähnt. Stattdessen berichtet sie von der Sorge der Mitarbeitenden, dass mit Verschärfung der Kriegslage im Institut ein „10-Stundentag“ inklusive Urlaubssperre eingeführt werden könnte.[68]

„Abends Bridge mit Bismarcks“. Gut Züsedom August 1944 bis März 1945

Schloss Züsedom, vor 1945[69]

Im August 1944 wurde Annelore Schulz allein nach Züsedom versetzt, da der systematische und der alphabetische Katalog, ohne welche der Buchbestand der Bibliothek nicht zu nutzen war, dorthin ausgelagert wurden. In Züsedom wurde Annelore Schulz beinahe als „Haustochter“[70] der Gutsbesitzerfamilie von Arnim aufgenommen. Schulz speiste gemeinsam mit der Familie („Und zu Tisch passiert es mir, daß ich zu spät komme! Habe das 1. Gongen überhört. Schreckliche Peinlichkeit!“[71]), war zum Tee bei der Hausherrin Hermine von Arnim eingeladen („Wie hilft einem überall das Milieu, aus dem man kommt.“[72]) und man spielte abends gemeinschaftlich stundenlang Karten, Schach oder Bridge im Billardzimmer. Allabendlich hörte man gemeinsam den Wehrmachtsbericht, der täglich mehr das Landidyll zerstörte:

„Wir hören noch gemeinsam den Wehrmachtsbericht, sind sehr bedrückt über die grossen Strecken Ostpreussens, die schon in Feindeshand sind, ebenso im Raum vor Aachen. Abends sitzen wir noch gemeinsam gemütlich bei mir bei einem Tässchen Tee.“ [73]

Zum Oktober 1944 wurde der Tätigkeitsbericht für das Kuratorium in Angriff genommen und Schulz musste telefonisch zwischen Berlin und Kleisthöhe Buchbestellungen koordinieren und Fundstellen überprüfen.[74] Im November 1944 fuhr sie im Auftrag von Curt Blass nach Dresden, um dort in verschiedenen Antiquariaten nach Fachliteratur zu suchen.[75] Während im Westen bereits die Alliierten auf deutschem Boden standen und die „Schlacht um Aachen“ begonnen hatte, wurden in Züsedom Adventskränze geflochten und am 25. November der 59. Geburtstag des Gutsherrn mit einem „Galaabend mit Rotwein“ gefeiert.[76] Bis zum zweiten Advent blieb es recht gemütlich. Schulz begleitete die Arnims in den Dorfgottesdienst (Predigt über „das Besitzergreifen in der Adventszeit“): „Dann haben wir es nachmittags und abends so nett im Familienkreis, erst mit Bridge, abends mit Singen und Stricken.“[77] Am 13. Dezember gab es eine „Krisensitzung“ aller „ausgelagerten“ Institutsmitarbeiter auf Gut Kleisthöhe, wo erstmals über einen möglichen „Katastrophenfall“ für das Institut gesprochen wurde. Abgesehen davon blieb die Weihnachtszeit für das Institut ruhig.

Auch der Januar 1945 begann in Züsedom unspektakulär. Die Gutsfamilie veranstaltete, wie seit Jahrhunderten üblich, eine große Treibjagd, abends saß man weiterhin „unter netten und witzigen Erzählungen bis 10 [Uhr]“ beisammen und setzte alle Hoffnungen auf die deutsche „Westoffensive“. Doch je ernster und auswegloser die militärische Lage wurde, umso mehr flüchtete man sich in eine Parallelwelt. Der Beginn der russischen Offensive in Ostpreußen am 12. Januar 1945 ging bei Schulz ganz unter in dem Skandal, dass eine Institutskollegin mit 44 Jahren unehelich schwanger geworden war, „doch der Mann sie aus irgendwelchen Gründen nicht heiraten“ wollte. Am 20. Januar notiert Schulz:

„Herrlich und lange geschlafen. Die Gedanken über ein Wohlleben und ein befriedigendes Arbeitsleben beschäftigen mich sehr. Ich bin alt im Institut geworden – selbst die Sehnsucht nach Ehe und Kindern quält mich auch. Allerlei Post ist zu erledigen […]. Geplättet, abends Bridge.“

Am 21. Januar 1945 verbrachte man den letzten „normalen“ Sonntag auf Gut Züsedom. Annelore Schulz las den Kindern der Familie von Arnim aus dem „Struwwelpeter“ vor, sie strickte mit Frau von Arnim, man spielte Bridge. Doch: „Wie Keulenschläge wirkt der Heeresbericht: Insterburg gefallen, in Oberschlesien scheinen die Russen an der Grenze zu sein. Was soll werden?“

Zwei Tage später erreichten die ersten 29 Flüchtlinge aus Ostpreußen das Dorf. Die Stimmung auf dem Gutshof wurde zunehmend neurotischer. Am 28. Januar spielte Schulz mit Arnims bis spät in die Nacht ganze sechs Stunden Bridge „zur Beruhigung der Nerven“.[78] Am 29. Januar äußerte sie erstmals Fluchtgedanken:

„Es hat sich unserer eine furchtbare Unruhe bemächtigt. Nach Tisch Bücher und Briefe verpackt, um 5 Uhr den Heeresbericht gehört, der nichts Neues bringt. Etwas gestrickt, vor Erregung gezittert – abends Bridge und zur Beruhigung mit Fräulein Fischenbeck eine Flasche Samos aufgemacht.“

Am 1. Februar stellte Curt Blass dem Personal frei, in Züsedom „die Filiale zu schliessen und nach Berlin zurückzukehren“, was angesichts der militärischen Lage wenig attraktiv erschien. Am 2. Februar unternahm Hermann Mosler noch eine letzte Dienstreise von Berlin nach Kleisthöhe, wo er die Institutsangehörigen zu beruhigen versuchte. Am 4. Februar erreichte Züsedom die Nachricht von der Zerstörung des Berliner Schlosses: „Furchtbarer Tagesangriff auf die [Berliner] Innenstadt, das Schloss brennt“. Nur vier Tage später wurden die Kriegshandlungen auch auf Züsedom greifbar: „[A]bends gebridget, bis um 9 Uhr furchtbarer Angriff erfolgt – scheinbar Stettin, das Haus schäbbert von 2 Bomben. 11 Uhr der 2. Angriff, wir sitzen bei einer Petroleumlampe zusammen.“[79] Am Folgetag, 9. Februar 1945, erreichte ein Treck von 300 Personen Züsedom. Insgesamt befanden sich nun 1200 Flüchtlinge in dem 300-Einwohner-Dorf. Im Schloss waren 85 Menschen untergebracht, vor allem mit den Arnims verwandte oder befreundete Gutsbesitzerfamilien (von Loepers, von Bismarcks, von Rosenbergs).[80] Im Rahmen des Möglichen wurde der Institutsbetrieb weitergeführt. Schulz bearbeitete weiterhin eingehende Dienstpost, verzeichnete Buchbestände im Katalog, vor allem spielte man weiter manisch Bridge:

„11 Uhr Kirche, Pfarrer Kindler spricht wieder sehr bewegt. Wir singen die schönen Lieder aus dem Dreißigjährigen Krieg, ‚Wer nur den Lieben Gott lässt walten‘, ‚Befiehl du deine Wege‘ – und zum Schluss ‚Harre, meine Seele‘, selbst Herr von Arnim wischt sich verstohlen eine Träne ab. Nach Tisch im Bett, nachmittags Herrn von Bismarck die Bibliothek gezeigt, wofür er sich sehr interessiert, abends Bridge, auch mit Bismarcks.“ [81]

Curt Blass erging sich in Berlin in einer Mischung aus Resignation und Dienstpflicht, „in der ungeheuren, dumpfen Spannung wegen des Kommenden“[82], während sein Sohn Heinrich ihn verzweifelt davon überzeugen wollte, Berlin in die Schweiz zu seiner Frau zu verlassen – „Das geht natürlich nicht angesichts der Devise: ‚Jeder bleibt auf seinem Posten!‘, die mit Erschiessungen eingeprägt wird.“[83]

Am 26. Februar 1945 schaffte Schulz noch ein Telefonat nach Berlin, „wo nach Dr. Blass […] die Hölle los sein soll mit Angriffen.“ Doch einen Tag später glomm wieder Hoffnung auf: „[D]ie Offensive im Westen im vollen Gange mit Erfolg.“ 600 Menschen kampierten inzwischen auf dem Gelände des Gutshofs. Am 27. Februar brach für mehrere Tage die Postverbindung nach Berlin ab, verzweifelte Telefonversuche nach Berlin blieben erfolglos („Abends Bridge – Dr. Mosler wieder nicht erreicht.“).

Am 5. März war die Lage derart ernst, dass nicht einmal mehr Bridge gespielt werden konnte: „Wir sind alle sehr ergriffen von der Nachricht, daß Hinterpommern eingekreist ist […]. Frau von Arnim meint nun auch, es könne nur noch Tage dauern.“ Zwei Tage später, am 7. März 1945 „kommt ein Offizier der Luftwaffe vom Stabe des General von Hippel als Quartiermacher. Sie benötigen mindestens 30 Räume, auch meine Bücher müssen weichen. – Abends Bridge.“

Am 9. März entschloss Annelore Schulz sich schließlich zur Flucht aus Züsedom, „die Lage hat sich so zugespitzt, die Russen beschiessen Stettin“. Zuvor wurde stundenlang gebügelt, gepackt, letzte Dienstpost an Curt Blass bearbeitet. In einem Wehrmachts-LKW reiste Schulz nachts nach Halle an der Saale, dann mit dem Zug über Dessau nach Baasdorf in Sachsen-Anhalt, wo sie am 10. März auf einem Anwesen bei Bekannten unterkommen konnte. In den folgenden Tagen kamen Schulz’ Pflegemutter mit Hauspersonal und weitere Verwandte nach. Am 19. März bekam sie erste Privat- und Dienstpost aus Züsedom nachgeschickt („Ging ich zu früh von Züsedom fort?“). Am 22. März schrieb sie Curt Blass und fragte „nach seinem Befehl“, der Tage auf sich warten ließ.

Blass, der den Institutsbetrieb seit der Zerstörung des Schlosses in der Villa des verstorbenen Viktor Bruns in Zehlendorf fortführte, zog sich seinerseits in eine Art Parallelwelt in seinem Schlachtenseer Haus zurück, wie er am 15. März 1945 festhielt:

„Und was tut man auch sonst in dieser Zeit? Es hat Alles den heimlichen Charakter des nur Vorläufigen, des ‚Man so tun‘, des ‚Als ob‘, eine gewisse innere Unglaubwürdigkeit oder doch Fragwürdigkeit. So auch meine Lektüre, wenn ich überhaupt dazu komme. Aber es sind dann doch manchmal fast behagliche Stunden: Der Abendangriff ist bestanden, es ist gut gegangen, das Licht brennt auch noch, eine gute Flasche aus Onkel Viktors [Viktor Bruns] Keller steht daneben (ich darf in seine Weinhinterlassenschaft einsteigen, ehe sie sonst verkommt), […] ja, da kann man über einem guten Buch manchmal vergessen, von was man umgeben ist und was einem bevorsteht. Höchstens, dass einen plötzlich das Wundergefühl erfasst, dass alles noch so ist – Ach das abscheuliche ‚Noch‘. Es kann einem alles verleiden.“ [84]

Seine Antwort an Annelore Schulz, die in Baasdorf wie auf glühenden Kohlen saß („Was wird Dr. Blass sagen?“[85]) und am 30. März sogar überlegte, wieder nach Züsedom zurückzukehren oder gar nach Berlin zu fahren, brauchte bis zum 31. März 1945:

„Von Dr. Blass ein sehr erregender Brief: Er erklärt sich mit meiner Handlungsweise [unerlaubte Entfernung vom Dienstort] einverstanden und gibt mir bis auf weiteres Urlaub, hier zu bleiben – selbst das Gehalt soll mir nachgeschickt werden! […] Alle Nachrichten erschüttern mich so, daß ich gar nicht fähig bin, vor Freud etwas zu schreiben. – Allerdings Puttchen [Ellinor von Puttkamer] ist als einzige jetzt in der Ausweichstelle – Mosler im Rheinland, Fräulein von Engel in Heidelberg. Nachmittags ist es für mich ganz österlich, ich mache im Garten die Blumen fürs Fest.“

Am 3. April 1945 schrieb Schulz einen letzten Brief an Curt Blass; ob er jemals ankam, ist nicht bekannt.

Das Institut nach Kriegsende 1945

Für Annelore Schulz endete der Krieg am 15. April 1945, als amerikanische Truppen unblutig Baasdorf besetzten. Curt Blass war am 13. April die Ausreise nach Zürich zu seiner Frau gelungen. Der Institutsbetrieb, der letztlich nur noch aus dem Ordnen und Umräumen von Büchern bestand, wurde noch bis zum 23. April 1945 in Zehlendorf fortgeführt – von den letzten beiden verbliebenen Mitarbeitenden, dem Referenten Joachim-Dieter Bloch und der Bibliothekarin Cornelia Bruns.[86] Am 24. April wurde Zehlendorf weitgehend kampflos von sowjetischen Truppen eingenommen. Bereits am 27. April 1945 wurde durch Cornelia Bruns und Dorothea von Rehekampff der „Betrieb“ in beispielloser Pflichtschuldigkeit wieder aufgenommen:

„Heute früh mit Frl. von Rehekampff ins Institut gegangen, wo es wüst aussah! – am schlimmsten im Keller […] und im Esszimmer, wo die große Sitztruhe und sämtliche Schübe und Schränke durchwühlt und auf den Fußboden geworfen waren – in Viktors Zimmer auch ein Teil seiner Schreibtisch-Schübe […]. Ich diktierte Frl. von Rehekampff den Brief an die Kommandantur, zur Anmeldung unserer Schreibmaschinen (wie in dem überall angeschlagenen Befehl des Stadtkommandanten […] befohlen).“ [87]

Während man in Zehlendorf mühsam versuchte, den Institutsbetrieb am Laufen zu halten, Curt Blass sich ins behagliche Zürich abgesetzt hatte und Annelore Schulz auf einen Gutshof nach Baasdorf geflohen war, wo sie den „Veilchen- und Forsythienschmuck“[88] im Garten bewunderte, geriet am 1. Mai 1945 im nur wenige Kilometer entfernten Potsdam ein 20-jähriger Gefreiter in sowjetische Kriegsgefangenschaft, die er nur knapp überleben sollte. In Ägypten hatte ein anderer junger Soldat zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren in einem Kriegsgefangenenlager gesessen. Diese Männer, Rudolf Bernhardt und Karl Doehring, sollten 1970 beziehungsweise 1981 das Direktorium des Instituts übernehmen. Für beide waren die Erfahrung von Krieg und Gefangenschaft zeitlebens prägend,[89] wenngleich sie sehr unterschiedliche Umgangsformen hiermit fanden.

Auch für die Angehörigen des KWI waren der Zweite Weltkrieg und die Kriegsniederlage eine bedeutende Zäsur. Sieht man von der Hinrichtung Bertholds von Stauffenberg ab, überlebten zwar mit Ausnahme Joachim-Dieter Blochs, der tragischerweise bei der Befreiung von Berlin von sowjetischen Truppen erschossen wurde, und des Referendars Ferdinand Schlüter, der als Soldat fiel, alle anderen Institutsangehörigen den Krieg.[90] Die materiellen Schäden waren für das Institut indes beträchtlich. Der Zerstörung des Berliner Schlosses waren die nicht evakuierten Bücher zum Opfer gefallen. Schloss Kleisthöhe war in den letzten Kriegstagen ebenfalls niedergebrannt – mit knapp 87.000 ausgelagerten Büchern. Gut Züsedom stand noch, mitsamt der 50.000 dort befindlichen Bücher, die jedoch stark gefährdet waren. Beide Gutsbesitzerfamilien waren enteignet und ihre Ländereien kollektiviert worden, Hans-Karl von Arnim hatte am 29. April 1945 Suizid begangen, seine Frau war in den Westen geflohen. Die obdachlose Gutsherrin Margarete von Mörner musste sich als „Tagelöhnerin“ in einer Bauernkate wohnend über Wasser halten.[91] In das verwüstete Schloss Züsedom waren zahlreiche Flüchtlingsfamilien einquartiert worden, welche die Bücher aufgrund der prekären Verhältnisse als Heizmaterial verwendeten. Im März 1946 gelang es jedoch Annelore Schulz und Direktionssekretärin Ellinor Greinert, die Bücher aus der Sowjetischen Besatzungszone zu retten, womit sie den Grundstein für die Weiterführung des Instituts legten.

***

Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm und Joachim Schwietzke für ihre Anmerkungen zum Text.

[1] Armin von Bogdandy, Philipp Glahé, Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte, MPIL100.de.

[2] Stefan Oeter, Die Gutachtenpraxis des KWI zum Kriegsvölkerrecht für das Amt Ausland/Abwehr und das OKW, MPIL100.de; ferner: Raphael Schäfer, Humanität als Nicht-Prinzip. Anmerkungen zur Kriegsrechtsvorlesung von Ernst Martin Schmitz aus dem Jahre 1938, MPIL100.de und Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.de.

[3] Ausnahmen stellen die Autobiographie Karl Doehrings und Rudolf Bernhardts auf Tagebuchaufzeichnungen basierender Bericht über seine Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion dar: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs 2008, 71–114; Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945–1947, hrsg. von Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024; Helmut Philipp Aust, Von Moskau über Heidelberg nach Straßburg. Verbindungslinien im Leben und Werk Rudolf Bernhardts?, MPIL100.de.

[4] Siehe hierzu: Karin Oellers-Frahm, Cornelia Bruns. Eine wohlverdiente, wenn auch späte, Würdigung, MPIL100.de und Joachim Schwietzke, Bibliothekar der ersten Stunde: Curt Blass, MPIL100.de.

[5] Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem 1946 nach meinen Tagebuchnotizen (1966). Dieser Bericht wird parallel zu diesem Text auf dem Blog publiziert.

[6] Der Verfasser dankt Dr. Christiane Caemmerer, Susanne Cordahi und Daniela Landau für die Überlassung der fraglichen Unterlagen.

[7] Memorabilien Curt Blass 1936 bis 1940 sowie Korrespondenz Curt und Ulrich Blass Januar bis März 1945, Transkription Ulrich Blass 2001, Privatarchiv Familie Blass/Landau. Für die Zeit vor 1939 sind in Teilen überliefert die Tagebuchaufzeichnungen von Viktor Bruns Frau Marie: Rainer Noltenius (Hrsg.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885–1952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, zudem: Marie Bruns, Eine „ganz unverhoffte Freude“. Eindrücke aus der Gründungszeit des Instituts 1924–1926, MPIL100.de.

[8] Foto: Mirko Lux.

[9] Cornelia Bruns, Tagebuchbrief, 25. April bis 10. Juni 1945, Transkription Susanne Cordahi, Privatarchiv Familie Cordahi.

[10] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/30, AMPG.

[11] Die Verhaftung des Institutsmitarbeiters Wilhelm Wengler durch die Gestapo im Februar 1944 und dessen anschließende Entlassung werden im Tagebuch hingegen nicht erwähnt. In ähnlicher Weise absent ist die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Rudolf Bernhardts 1948 angefertigten Bericht über seine Kriegsgefangenschaft, welcher sehr intensiv die Lebensbedingungen in den sowjetischen Lagern schildert, jedoch kaum die „Vorgeschichte“ reflektiert: Bernhardt (Fn. 3).

[12] Foto: MPIL.

[13] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[14] Aufgrund des kompilatorischen Charakters der Tagebuchaufzeichnungen sind diese nur unvollständig zugänglich. Ulrich Blass notiert in seiner für die Familie angefertigten Kompilation, dass er sich hauptsächlich auf die Auseinandersetzung seines Vaters mit politischen Tagesereignissen beschränkt habe und andere Themen, insbesondere institutsbezogene, nicht transkribiert habe: Ulrich Blass (Fn. 7), 9.

[15] Curt Blass, Tagebucheintrag 29. September 1938.

[16] Curt Blass, Tagebucheintrag 28. September 1938.

[17] Curt Blass, Tagebucheintrag 30. September 1938.

[18] Curt Blass, Tagebucheintrag 13. November 1938.

[19] Hans-Joachim von Merkatz (1905–1982), war von 1935 bis 1938 Referent am KWI. Von 1956 bis 1957 war er Bundesjustizminister.

[20] Curt Blass, Tagebucheintrag 14. November 1938.

[21] Curt Blass, Tagebucheintrag 1. September 1939.

[22] Curt Blass, Tagebucheintrag 3. September 1939.

[23] Curt Blass, Tagebucheintrag 4. September 1939.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/43, AMPG.

[25] Curt Blass, Tagebucheintrag 24. Dezember 1939.

[26] Curt Blass, Tagebucheintrag 30. Dezember 1939.

[27] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[28] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[29] Vgl. Hachtmann (Fn. 2).

[30] Foto: Mirko Lux.

[31] Hinzu kamen zwei weitere kleinere Unterbringungsmöglichkeiten in Neuensund (Uckermark) und Blücherhof (Mecklenburg).

[32] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/8, AMPG.

[33] „Da, am Rathaus, geht die Sirene – in Eile ums Schloss herum, dort im Luftschutzkeller gleich die gesamte Belegschaft getroffen, mit der man nun gleich erzählen kann. So vergeht der lange Alarm schnell. Überall frisch und munter und begeistert erzählt. Doch Dr. Blass und Fräulein Bruns schüttelt es etwas vor der Unfreiheit [im Luftschutzkeller]“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. September 1944.

[34] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 10. Februar 1944. Im Sinne des besseren Leseflusses wurden bei der Transkription die zahlreichen von Annelore Schulz verwendeten Abkürzungen ausgeschrieben und auch die Rechtschreibung behutsam angeglichen.

[35] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 5. November 1944. Hiermit war Annelore Schulz auch nicht die Einzige am Institut, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unterhielt bzw. sich jedenfalls in dieser Hinsicht gängigen Geschlechterordnungen entzog. Auch von Georg von Gretschaninow war bekannt und toleriert, dass er homosexuell war. Als Angehörige bzw. Sympathisanten des George-Kreises standen Berthold von Stauffenberg und Helmut Strebel zudem in der Georgeschen Tradition der Ästhetisierung (und bei Strebel womöglich auch Auslebung) männlicher Homosexualität. Hierzu siehe auch: Philipp Glahé, Stefan Georges langer Schatten. Die Stauffenberg-Büste am Institut, MPIL100.de.

[36] So am 7. Januar 1944 die Oper „Tiefland“ von Eugen d’Albert in der Staatsoper Unter den Linden (1. Reihe Parkett).

[37] „Um 11 Uhr soll es mit Dr. Blass ins Sinfoniekonzert gehen. Ich freue mich sehr, daß er mich einlud. Prof. Makarov geht auch zur Probe mit in die Staatsoper – die Philharmonie verbrannte ja am 30. mit ab. Wir hören: Concerto grosso D-Moll von Händel, Sinfonie Es-Dur von Mozart (ganz wunderbar) und nun schon zum 3. Mal die 5. Sinfonie E-Moll von Beethoven unter Furtwängler“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 8. Februar 1944.

[38] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/46, AMPG.

[39] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 15. Februar 1944; auch unter den Kolleginnen ist die Solidarität groß: „Fast weinend im Schloss angekommen. Die gute Frau Kühl [?] tröstet mich unterwegs. […] Fräulein von Rehekampff assistiert meinem 2. Frühstück (ich hole mir die Kräfte statt aus dem Schlaf aus dem Essen) und tröstet mich so lieb, voller Hilfsbereitschaft. Wie wohl tut mir die Wärme! –  Noch ein Buch fertig gemacht für Dr. Blass, der sich, glaube ich, freut, daß ich noch meine Pflichten tue“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 18. Februar 1944.

[40] „Schwerer Abschied vom Schloss“: Annelore Schulz, Tagebucheinträge 6. März 1944, 15. Januar 1945.

[41] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 26. Juni 1944, 28. Juni 1944.

[42] Foto: vermutlich Annelore Schulz.

[43] Alexander N. Makarov, [Nachruf] Nicolai von Martens, ZaöRV 13 (1950/51), 19–20, 19.

[44] „Allerlei Arbeit mit den jetzt so wild aufgestellten Büchern in „Südamerika“, und dabei sollen zum Sonntag wieder Bücher geschleppt werden – freiwillig von Dr. Blass, Fräulein von Puttkamer, Herrn Weiss und Dr. Mosler – dazu Gefangene durch Herrn Strebel“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Mai 1944, ferner: 30. März 1944.

[45] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 3. Juli 1944.

[46] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. März 1944.

[47] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. März 1944.

[48] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. März 1944.

[49] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 16. Mai 1944, 18. Mai 1944, 24. Mai 1944.

[50] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 17. Juli 1944.

[51] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 4. Juli 1944.

[52] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 23. April, 25. April 1944.

[53] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 20. Juni 1944; Curt Blass, Innere Melodie. Gedichte, Zürich: Schulthess 1944.

[54] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/33, AMPG.

[55] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 21. Mai 1944.

[56] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. Juni 1944.

[57] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. Juli 1944.

[58] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 13. Dezember 1944.

[59] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 18. Juni 1944.

[60] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/52, APMG.

[61] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 13. Dezember 1944.

[62] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Oktober 1944, 2. Dezember 1944.

[63] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. Juli 1944.

[64] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 7. Juli 1944.

[65] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Juni 1944.

[66] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 21. Juli 1944.

[67] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 26. Juli 1944.

[68] Die meisten Institutsangehörigen fuhren im Rahmen des Möglichen ganz normal in den Urlaub, so Georg von Gretschaninow nach Bad Kissingen oder Sidonie von Engel nach Garmisch-Partenkirchen.

[69] Foto: vermutlich Annelore Schulz.

[70] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 19. November 1944.

[71] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 5. September 1944.

[72] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 1. Oktober 1944.

[73] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 23. Oktober 1944.

[74] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 29. September 1944.

[75] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. November 1944.

[76] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. November 1944.

[77] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 10. Dezember 1944.

[78] Auch Hermine von Arnim erinnert sich in einem autobiographischen Bericht an die Bridge-Exzesse: „Jeden Abend spielten wir Bridge […], tranken den guten Wein aus und dankten Gott für jeden Tag unter dem eigenen Dach“: Hermine von Arnim, Züsedom, in: Von Arnim’scher Familienverband e. V. (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim, 1. Bd., o. O. 1957, 425–440, 437.

[79] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 8. Februar 1945.

[80] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 9. Februar 1945, 10. Februar 1945.

[81] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. Februar 1945.

[82] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 28. Januar 1945.

[83] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 10. Februar 1945.

[84] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 15. März 1945.

[85] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 27. März 1945.

[86] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. April 1945.

[87] Cornelia Bruns, Tagebuchbrief, 25. April bis 10. Juni 1945 (Fn. 9).

[88] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. März 1945.

[89] Vgl. Fn. 3.

[90] Max Bloch, Dr. Joachim-Dieter Bloch (1906–1945). Ein Juristenleben am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, ZaöRV 74 (2014), 873–878, 877.

[91] Vgl. Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek (Fn. 5).

English

The historical (self-)perception of the Institute is constituted, above all, by the German defeat in both the First and Second World War. The Berlin Kaiser Wilhelm Institute (KWI) had been  founded in 1924 as a “loser’s institution” to provide scholarly and legal expertise aimed at the revision of the Versailles System; and when the Institute was reestablished in Heidelberg in 1949, its focus was once again on the legal and political consequences of the Second World War, the beginning Cold War, and, in connection with that, the decision to support the German West Integration.[1] The Institute’s publications between 1933 and 1944 and Hermann Mosler’s recently discovered expert opinions on the law of war now provide insight into how the Berlin KWI, as a research and advisory body to the High Command of the Wehrmacht and of the Navy, contributed to the scholarly preparation and support of the Second World War.[2] However, little is known about how the Institute’s employees experienced the war and its end, and what influence these individual and collective experiences had on the research institution.[3] This contribution aims to provide this insight into the war years, based on the diaries and personal notes of two Institute members, library director Curt Blass and librarian Annelore Schulz.

Curt Blass (1881–1972) and Annelore Schulz (1906–1999) were among the first members of the Institute, joining in 1926 and 1929 respectively; both played a key role in the establishment of the Institute’s eminent library.[4] Curt Blass had been friends with Institute Director Viktor Bruns since university and was on a first name basis with him. After Ernst Martin Schmitz died in 1942, Blass became Deputy Director of the Institute and would later even temporarily take over its leadership after Viktor Bruns’ death in 1943. Even after Carl Bilfinger, who lived in Heidelberg, took over as the new director in 1944, Blass remained the de facto principal in Berlin. Annelore Schulz worked behind the scenes; she was a central figure in the management of the library. The role she played in the reconstruction of the Institute by saving its book collection in 1946 cannot be overestimated.[5] Thankfully, family members kindly provided war-related personal writings of the two KWI members to the Institute.[6] Here, the written legacy of Annelore Schulz stands out in terms of its scope and completeness: A whole suitcase full of her personal documents has been preserved, including a series of meticulously kept diaries. Due to their scope and wealth of detail, Annelore Schulz’s writings are the focus of this article. They are supplemented by personal notes of Curt Blass, which are only available in fragments.[7]

Writing about the (Un-)Sayable. Diaries from the “Third Reich”

The diaries of Annelore Schulz[8]

The writings of Curt Blass and Annelore Schulz differ in format and degree of privacy. While Annelore Schulz’s diaries are purely private in nature and were clearly not intended to be read by an audience, the diaries of Curt Blass, who was also a writer and a lyricist, suggest, based on their style and the way they report on certain events, that they were intended to be more than quiet self-reflection, but indeed the continuation of family records. This form of writing is based on a style common in upper-class circles at the time: Similarly, the diary entries by Viktor Bruns’ wife Marie about the founding of the Institute, as edited on this blog, were by no means private in nature either, but calligraphically written in large-format books and shown around and read aloud to the family. There are also surviving “diary letters” from Cornelia Bruns, a cousin of Viktor Bruns who worked at the Institute as a librarian, addressed to her “loved ones” which she wrote at the end of the war in 1945 to document her experiences in those days for the family, “hoping one day we will hear from each other again”.[9]

Annelore Schulz in the library, photograph taken around 1935 [10]

Beyond their style and intended audience, the diaries also differ in terms of their primary subject matter and the way they deal with political events: While Curt Blass reflects extensively and critically on National Socialist politics and the war, Annelore Schulz does not make any comment on current political events. Schulz hardly ever mentions National Socialism and never expresses her opinion on it. Even the events of 20 July 1944, including the arrest and execution of her colleague Berthold von Stauffenberg, are mentioned without political commentary, albeit with great personal consternation.[11] The reasons for this lack of political positioning are unclear. Perhaps Annelore Schulz was simply not interested in politics, or she feared that her private notes might fall into the wrong hands and therefore refrained from commenting on current political developments. Curt Blass, however, does not seem to have shared this fear.

“The War is Strangely Faraway.” Curt Blass and the Outbreak of the Second World War

Diary and personal notes of Curt Blass, 1941[12]

“It is terrible to think what is happening at every moment now, while we are sat so very comfortably – for now – in the spectator seats. Time and time again, one must constantly force oneself to push aside all feelings and thoughts about morality and justice: a natural phenomenon; the outbreak of forces that have been building up for centuries. God is at work even in war!” [13]

– Curt Blass, 15 May 1940

The diaries of Curt Blass that survived and have been transcribed and compiled by his son Ulrich paint the picture of a vigilant political observer whose attitude towards political events of the time fluctuates between rejection of Hitler and National Socialism on the one hand, and nationalistic and imperialistic views and open admiration for the military successes of the Wehrmacht on the other hand.[14] Blass’ notes begin with the Sudetenland Crisis of 1938: Blass felt that, in claiming the Sudetenland inhabited by the German-speaking minority of Czechia, Hitler was engaging in an irresponsible game of “vabanque”.[15] At the Institute, the events were followed with great tension via French and Swiss radio stations, as the German ones were not trusted:

“The propaganda in our radio and newspapers is of an outrageous primitiveness, or rather unscrupulousness, counting on the stupidity of the listeners and seeking to stultify them. The effect is a complete loss of trust and a flight to foreign reporting and propaganda.”[16]

When Hitler succeeded in negotiating the cessation of the Sudetenland in talks with Great Britain, France, and Italy – but not even including the Czechs – in exchange for a promise of peace, as stipulated in the Munich Agreement of 29/30 September 1938, Blass was more than relieved:

“A. H. has put the world through an enormous test of nerves, but (above all): he himself has passed it. His ‘fanatical’ will has achieved, by force, what he believed to be right and what now, basically, both friend and foe recognise to be right, reasonable and just. […] Had he not succeeded, he would have been the worst criminal; now that he has succeeded, he is once again, more than ever, the magician. – Miracles still happen.” [17]

However, following the November pogroms of 9/10 November 1938, Blass expressed criticism of the National Socialist persecution of Jews:

“Deadly shame over the latest anti-Semitic riots and measures […]. This people has been turned into a pathetic pawn. […] All this is the cynical, satanic murder of hundreds of thousands who cannot even flee. And what is most outrageous is that it is hidden under a cloak of morality and law, which for some is nothing but sheer mockery; but for others, who revere it as a genuine garment of dignity, or at least try to revere it, the last remnants of moral and legal sentiment must perish. What is becoming of our people?!” [18]

Blass also reports on the reactions and the atmosphere at the Institute in the aftermath of the pogrom and Göring’s imposition of the so-called Judenbuße (Jewish Capital Levy) on 12 November 1938, according to which the Jewish victims themselves had to pay for the damage:

“It is of depressing interest to observe the reaction to the issue of Jews. All of the older ones, who still have a vivid memory of ‘law’ and ‘justice’ having a genuine meaning in the German language […] are equally anguished and outraged and full of shame: secretly, of course, in familiar circles. For the younger ones, statements range from carefree schadenfreude, as if it was all just some drunken joke, to calculations of the material damage to expressions of conformity. – The dear [Hans-Joachim von] Merkatz[19], who is so eager to fall into line, broke our awkward silence at lunch with his sanctimonious profundity: ‘If one can agree with fining them a billion…’. ‘Then what?’, I asked plainly, whereupon he fell awkwardly silent.” [20]

Blass had mixed feelings about the outbreak of the Second World War on 1 September 1939: “War has begun. […] I foresee nothing but misfortune for our people, in victory and in defeat. Nevertheless: take courage! ‘God wills it!’”[21] He drew direct comparisons to the outbreak of the First World War, in which he had served as an officer: “Anyone who witnessed the outbreak of war in 1914 recognizes how very different people felt then, compared to how they feel now. The National Socialist act of our national misfortune is likely to be drawing to a close.”[22] However, Blass’s rejection of this war, which he considered to be “unjust”, in contrast to that of 1914/18, was mixed with sceptical acclaim: “The army’s achievements in Poland are both gruesome and astonishing.”[23]

“God wills it.”, Curt Blass, undated [24]

Blass described Christmas 1939, which he celebrated in his Schlachtensee villa with his family, as somewhat surreal (“The war seems strangely faraway.”). One ate “rich stollen” and drank hot chocolate. “Then [my wife] Hanni sat down at the grand piano and I in my father’s old armchair.” His daughter Cordula also played “quite nicely” on the piano, and his son Utz “delighted me with the first movement of a rather difficult violin concerto by Mozart, which he performed very well, with his cheeks bright red.” Only the tree was a little smaller that year, and dinner was “of course much more modest […] than usual”. “And with the deep sense of gratitude that one can only experience now, during the war, one slips under the blanket to sleep, confident that it will be undisturbed.”[25] But the Christmas spirit did not last long. In the following days, Blass felt “quite lost” and met with his friend and boss Viktor Bruns several times. On 30 December 1939, Blass joined Bruns’ family in the celebration of the Institute Director’s 55th birthday, which was overshadowed, however, by the war and the crimes of warfare:

“A somewhat awkward atmosphere. Bruns was not feeling well, stuck on Poland, from where terrible news had leaked. The cold, silent determination with which one seeks to wipe out a people of 22 million is appalling. Dragon’s teeth are being planted for centuries to come. Pondering the fate of one’s own people, one is unable to speak, or even breathe freely.” [26]

Some of the notes that followed these sombre thoughts were quite euphoric, however: Blass was repeatedly carried away with astonishment over the rapid advance of the Wehrmacht (“For us old trench warriors, this war is a miracle.”[27]). But once again, concern and scruples damped his enthusiasm: Blass marvelled at the dynamic of “the flush of victory that has got a hold of all of us” but he was unable to enjoy due to the “repugnant, undignified, moralising propaganda screaming and boasting in the press and on the radio’” which in turn provoked “outraged rejection” in him.[28]

Blass’s ambivalent attitude towards the war and the “Third Reich” can in many ways be considered representative of the majority at the Institute.[29] Blass, a member of the educated bourgeoisie, rejected Hitler, National Socialism, and the persecution of Jews because of the inherent “primitiveness” and brutality. He did not have much faith in Hitler’s foreign policy and feared that he would carelessly drag Germany into a war of uncertain outcome. Yet, at the same time, the World War veteran exhibits “classically” patriotic, but also imperialistic, thought patterns. Like the KWI as a whole, he had high hopes in the restoration of Germany’s status as a great power via military expansion. In Blass, we can observe the peculiar “simultaneity of the non-simultaneous” that becomes apparent upon closer historical examination, and he is actively aware of it: The fact that his life in Berlin was so untouched by the war and the simultaneous unreality of the situation becomes particularly obvious on Christmas Eve 1939. The war is physically faraway, yet it looms over everything.

The Institute as a Community of Fate in 1944/45. Annelore Schulz and the End of the War

The diaries of Annelore Schulz [30]

The surviving diaries of Annelore Schulz begin in 1944. Her writings portray an Institute in a state of emergency. The war was already having a significant impact on life in Berlin and on the KWI, which had been subjugated to the Oberkommando der Wehrmacht (High Command of the Wehrmacht, OKW) and the Oberkommando der Marine (High Command of the Navy, OKM) since 1939 and advised them on matters of international law. Due to the intensifying Allied air raids on the German capital, it had been decided to relocate most of the Institute’s valuable library and thus distribute the Institute’s operations to various locations: While the research fellows, whose work exempted them from military service, remained in the Berlin Palace with a few secretaries and the library’s core collection on international law (of war), from January 1944 onwards, more than 115,000 books, parliamentary papers, journals, and documents, accompanied by some of the Institute’s staff, were moved to two estates and an unused, vacant inn in Züsedom and Kleisthöhe in the Uckermark region, some 140 kilometres from Berlin.[31] As a librarian, Annelore Schulz played a key role in relocating the library and the catalogues. Between January and July 1944, Schulz commuted between Berlin and Kleisthöhe and Züsedom, before remaining in Züsedom permanently, from August 1944 to March 1945, due to the war situation.

Annelore Schulz at a window at Berlin Palace, photograph taken in 1931 [32]

Schulz’s diaries are dominated by descriptions of the everyday professional and personal life of women during the war. Political events and the work of the Institute itself play hardly any role. Instead, she documents the attempts to maintain a relatively normal life (at the Institute), between bombings and the air-raid shelter.[33] Social events gained particular importance during the war: the frequent “hen parties” with female colleagues and the celebration of birthdays at the Institute served not least to maintain morale:

“Arrived at [Berlin] Palace at 9:30 a.m. Miss [Cornelia] Bruns’ birthday. Maria, Gertrud Heldendrung, and I are gifting her a pot of tulips and Ernst Jünger’s ‘Storm of Steel’. […] Then, we have a very nice birthday celebration […]. At 12, major alarm […]. 2.30 p.m, very nice coffee party together with Miss Bruns and Miss von Rehekampff, with real coffee! We savour it. Then I continue searching for [Gerhard] Ritter’s book Machtstaat und Utopie [English title: The Corrupting Influence of Power] which is desperately missed – with the help of Dr Blass I’m able find it under ‘AA I O’.” [34]

The women led active social lives outside of the Institute as well, coming together most frequently at “Cörnchen” Bruns’ house, were they were also joint by Annelore Schulz’ “neighbour” Martha Krause, who she was in a romantic relationship with. This was both known and tolerated within the Institute’s social circles.[35] One also enjoyed Berlin’s cultural life as long as it went on. In January 1944, upon invitation of Bruns’ daughter Hella and during working hours – but with the permission of Curt Blass[36] – Annelore Schulz attended first-rate opera performances and, shortly afterwards, a concert, also during working hours, and this time at the invitation of Blass.[37]

Colleagues and a community of fate: Joachim-Dieter Bloch, Ursula Grunow, Alexander N. Makarov, and Hermann Mosler (from left to right) on the roof of Berlin Palace (undated) [38]

The tightness of social bonds at the Institute, forged by joint fate, manifested itself in mutual solidarity in dealing with the burdens of war: When Ellinor von Puttkamer’s apartment was destroyed and Annelore Schulz’ severely damaged in a bombing raid on 15 February 1944, a spontaneous “clear-up crew” was formed, consisting of the research fellows Strebel, Mosler, and Weiss as well as Curt Blass and a colleague from the Foreign Office, Dr Müllenhöfer:

“Around 12:30 p.m., the two gentlemen [Mosler and Müllenhöfer] return and start removing the pieces of wall with an axe and a crowbar first, one after another, then Dr Mosler laboriously repairs the front door so that it can be closed again […], Mr Müllenhöfer repairs the wardrobe, and the windows are boarded up with cardboard. They want to leave the rest of the wall between the bedroom and living room, as protection – I’m not entirely happy about that. At around 3.30 p.m., Dr Blass arrives with Mr Weiss. I am touched by their willingness to help. Dr Blass takes down the curtains.”[39]

Annelore Schulz and her colleagues were also concerned about the fate of Berlin Palace, as they identified strongly with their workplace.[40] In May 1944, the palace was hit and damaged by bombs for the first time, but the Institute’s premises on the top floor remained intact until 25 June 1944, when the roof was destroyed and the Institute had to move to the first floor:

“The latest devastation [on] Unter den Linden [boulevard] is staggering. And then the palace. You can see the sky through our beloved window front! The bare walls can be seen from afar. Our entire side is burnt out. What’s more: Mr Weiss and Mr von Gretschaninow – the former lost many personal belongings. Finally found Miss Bruns. And then it’s time to carry books – all morning and afternoon, the entire staff is carrying the canon law department to the basement, having all kinds of fun in the process – the camaraderie is nice. Lots of mourning with Miss Bruns and Dr Blass!” [41]

Until the final destruction of the Institute’s premises on 3 February 1945, operations continued at Berlin Palace, before being relocated to Viktor Bruns’ private home in Zehlendorf.

“Splendid Isolation”. Kleisthöhe Manor, March to July 1944

Kleisthöhe Manor, before 1945 [42]

Annelore Schulz spent the last year of the war mainly at the manor houses of Kleisthöhe and Züsedom, where she looked after the Institute’s relocated library. Her notes on life there reflect a peculiar mixture of apocalyptic expectations, denial of reality and a last resurgence of the upper-class aristocratic lifestyle, which, at least in Brandenburg, came to an irrevocable end after the war and which Alexander N. Makarov would later describe as a  “world gone by”. [43]

After the relocation of the books had begun in January 1944, Annelore Schulz spent several months commuting between Berlin and the manor houses, where her job was to put up the books in the rented rooms so that they could be used for the Institute’s work. Most of the heavy carrying was done by Wehrmacht soldiers or Soviet prisoners of war organised by Helmut Strebel[44]:

“Feeling spent […] – then the gentlemen are back for lunch: Makarov and Gretschaninow. […] The three transports arrive at 4 p.m. Immediately, the carrying of books to the attic begins with ‘Italy’; the Russians, really nice and tidy guys, carry upstairs (in a chain) and go about it very intelligently. Up there, everything is stacked up in a complete muddle – how will it ever be sorted? – ‘France’ and ‘Italy’. After supper, where everyone is served pea soup, we continue until around 9.30 p.m. We have a lot of fun, laugh a lot, Miss Auburtin was able to have her beautiful chest of drawers delivered, and Prof. Makarov’s sofa is placed in the library as well […]. Then, we sit with Professor Makarov, Schnucki, Miss Auburtin at Mrs Hähn’s, drinking milk mixed with syrup and refreshing our thirsty throats. We want to dance but can’t find the right music on the radio. We go to sleep around midnight – Mr von Gretschaninow is still sorting restlessly. Mrs von Mörner had somebody bring strawberries for Schnucki and me – in sugar!” [45]

Annelore Schulz spent the first few work weeks at Kleisthöhe Manor with research fellow Angèle Auburtin, secretary Gertrud Heldendrung (“Schnucki”), and research fellow Georg von Gretschaninow. The Institute members had their own rooms in the manor house and took part in the everyday life of its owners, the von Mörner family, to some degree (“no typing after dinner”[46]). Despite having left Berlin with a heavy heart, Annelore Schulz quickly took a liking to life in the countryside, which, at least in the beginning, seems to have felt a bit like school trip. She went on long walks with Angèle Auburtin and Georg von Gretschaninow, and the ladies were frequently invited to afternoon tea with the recently widowed Lady of the manor in the “grand salon”, where Annelore Schulz enjoyed the “pleasant conversation, just as I know it from our own circles”.[47] Auburtin and Schulz often spent long evenings together: “While I’m darning [socks], Dr Auburtin plays the lute, sings very beautifully and explains a few things about playing the lute to me.” [48] The grand piano was also used extensively, with Irene Hähn and Alexander N. Makarov playing “wonderfully” for the staff during their lunch break or after work.[49] According to Annelore Schulz’ notes, the time spent at the Kleisthöhe Manor in the spring of 1944 felt like a different world or, as her colleague Irene Hähn put it, a “splendid isolation”.[50] Berlin, the air raids, the war itself, seemed far away. Moreover, arranging the books was not usually a task that took up the whole day, leaving plenty of free time:

“Started organising ‘GB V’ out on the terrace, spent the day sorting in [the books] on my own – but finished at coffee time! Washed with hot water, dressed up again, nice and beautifully in my dirndl, went to the garden with a book, read and slept under the chestnut tree in the back – dear Lumpi lay down next to me. Went on a walk with Professor Makarov after supper, a wonderful evening” [51]

In April 1944 (during working hours), Annelore Schulz edited Curt Blass’ “very charming” autobiography, which remains unpublished to this day. [52] Blass did however publish a collection of poems titled Innere Melodie (“Inner Melody”) in June 1944, which he gifted to several members of the Institute.[53]

Communal lunch: a tradition (pictured here back at Berlin Palace). Victoria Rienäcker, Ruth von Braumüller (later Bishop), Charlotte Zowe-Behring, Else Sandgänger, Annelore Schulz, and Ellinor Greinert (from top left), photo taken around 1935 [54]

But it was not all sunshine: conflicts and “hierarchical squabbles” arose, particularly among the female staff, mostly between Annelore Schulz and Angèle Auburtin. Although the two women had got on well at first, Schulz felt that Auburtin, as a research fellow, was increasingly trying to distance herself from the non-academic female staff. [55] There were frequent arguments between Auburtin and Schulz, who felt that Auburtin was relegating her to “menial tasks”; “As educated people, we don’t let it show at dinner, however”.[56] When Hermann Mosler was due to visit from Berlin, tensions ran especially high – with Auburtin, not with Mosler himself, whose authority Schulz (albeit grudgingly) recognised: “Mosler is now an Advisory Consultant in the OKW’s Advisory Office – a powerful man”.[57] Although Angèle Auburtin was clearly “superior” to the other women in the Institute’s hierarchy, it seems to have fallen within her remit to cook for the Institute staff at Kleisthöhe Manor (but “everything’s so bland and undercooked”).[58] Yet, as often as the two women clashed, they always reconciled.[59]

Institute Director Carl Bilfinger (second from right) visiting Kleisthöhe Manor in July 1944. With: dog Lumpi, Sophie von Gretschaninow (?), Georg von Gretschaninow, unknown, Angèle Auburtin, and Alexander N. Makarov (from left to right) [60]

While conflicts with her female superior, and sometimes also with her female colleagues (arguments over the “best” room, annoyance about a roommate “who snores, talks and wheezes at night” [61]), were not uncommon, Schulz not only recognized but downright revered male authority figures, especially Curt Blass and Professor Makarov. When Blass decided to pay a visit to the two manor houses in October 1944, Annelore Schulz spent days nervously preparing and excitedly welcomed him with a large bouquet of flowers at the estate’s gate: “We are having a half partridge for dinner tonight, in honour of Dr Blass. Everything is very nice and festive.” The good relationship between the two was mutual; Schulz was delighted that “Dr Blass […] expressed his appreciation for my years of catalogue management” and when she was once again entrusted with a “difficult task” from Berlin.[62] But it was not always that there were such prestigious jobs to do for her: “Spent the day organising on my own, ‘US‘, in the afternoon: at the cobbler’s with one of Mosler’s shoes.”[63]

Come summer 1944, the contrast between tranquil country life and military and political events became particularly palpable: As the weather improved, the work of the library and the Institute increasingly shifted to the terrace and conservatory of the manor house, the women created opulent flower bouquets, and every evening one would go on walks through nature, “where the moon shines deep and almost reddish-golden between the poplars, as in a fairy tale.”[64] One heard of world events, happening far away, via the radio, but they were mostly ignored.[65] From July 1944 onwards, the situation got more serious, even at Kleisthöhe Manor, as a result of the failed assassination of the Führer, and the tranquillity was endangered for the first time. The Institute staff heard of the assassination attempt on the radio, but it took a while for them to learn that, with Berthold von Stauffenberg, a colleague of theirs had been involved:

“One is very preoccupied with political events; more and more, we are being driven into a corner. On top of all that, yesterday, there was the serious assassination attempt on the Führer at the Führer Headquarters, in which he suffered injuries (supposedly of the face) and many of those close to him were killed. Then, today, we hear that the perpetrator was an Oberst Graf von Stauffenberg (a brother of our Berthold?)[.] Great upset at the Institute because of this.” [66]

For a long time, the Institute staff knew nothing about Stauffenberg’s fate. On 24 July 1944, Schulz wrote:

“The assassination thing is on our minds constantly. We all fear that our Graf Berthold Schenk von Stauffenberg and his family are no longer alive; the matter could have dire consequences for the Institute. Mrs Hähn told us all sorts of concerning things […] – I am now extremely worried that the transports to Züsedom will no longer be able to happen.”

The staff grew increasingly concerned that the “end of the Institute” through termination for political reasons was imminent.[67] On 27 July 1944, Schulz noted:

“Early in the morning, while darning [socks], we listen to Goebbels’ speech once again. Description of the exact facts of the assassination attempt; consequence: examination of the relevance to the war effort of all institutions; the men to the front, the women to the arms industry. Deeply affected by the speech, we continue to sort our ‘Italy‘ in the attic. Nevertheless, we sleep soundly after dinner.”

On 9 August, the Institute’s staff learned from the radio “that those involved in the assassination attempt on the Führer on 20 July will be hanged”. After that, Stauffenberg is never mentioned again in Schulz’s diary. Instead, she reports on the staff’s concern that, with the war situation worsening, a “10-hour workday” including a ban on time off could be introduced at the Institute.[68]

‘Bridge with the Bismarcks in the evening.’ Züsedom Manor August 1944 to March 1945

Züsedom Manor, before 1945 [69]

In August 1944, as the systematic and alphabetical catalogues, without which the library’s book collection could not be used, were moved to Züsedom, Annelore Schulz was transferred there along with them, and on her own. In Züsedom, she was welcomed almost like a “daughter of the house”[70] by the von Arnim family, who owned the manor. Schulz dined with the family (“And I find myself arriving late to dinner! I missed the first gong. A terrible embarrassment!”[71]), was invited to tea by the Lady of the house, Hermine von Arnim (“How helpful one’s upbringing is, everywhere”[72]), and spent the evenings playing cards, chess, or bridge with the family in the billiard room for hours on end. Every night, one listened to the Wehrmachtsbericht (Wehrmacht communiqué) on the radio, which was eating away at the countryside tranquillity more and more every day:

“We listen to the Wehrmacht communiqué together and are very depressed about the large swaths of East Prussia already in the hands of the enemy, as well as the area near Aachen. In the evening, we sit together comfortably in my room, having a cup of tea.”[73]

As October 1944 approached, work began on the activity report for the board of trustees, and Schulz had to coordinate book orders between Berlin and Kleisthöhe and check references over the telephone.[74] In November 1944, Curt Blass ordered her to travel to Dresden to search for scholarly literature in various antiquarian bookshops.[75] While out West, Allied forces had set foot on German soil and the “Battle of Aachen” had begun, in Züsedom, one was weaving Advent wreaths and celebrated the 59th birthday of the Lord of the Manor on 25 November with a “gala evening with red wine”.[76] Things remained quite cosy until the second Advent Sunday. Schulz accompanied the Arnim family to the village church service (hearing a sermon on “possessiveness during Advent”): “Then we have such nice time among the family, during the afternoon and evening, first playing bridge, then singing and knitting in the evening.”[77] On 13 December, there was a “crisis meeting” of all “relocated” Institute employees at Kleisthöhe Manor, at which, for the first time, the possibility of a “worst case” for the Institute was discussed. Apart from that, the Institute had another peaceful Christmas season.

Things remained quiet in Züsedom well into January 1945. The landowner family organized a large hunt, as had been customary for centuries, and one continued to spend the evenings siting together sharing “pleasant and amusing stories until 10 p.m.” and placed high hopes on the German “Western Offensive”. But the more serious and hopeless the military situation got, the more one took refuge in a kind of parallel universe. For Annelore Schulz, the beginning of the Russian offensive in East Prussia on 12 January 1945 was completely overshadowed by a scandal at the Institute: a 44-year-old colleague had fallen pregnant out of wedlock, “but for some reason the man does not want to marry her”. On 20 January, Schulz notes:

“Slept wonderfully and long. I am very preoccupied with thoughts of a good life and a satisfying career. I have grown old at the Institute – even the longing for marriage and children torments me. All kinds of correspondence to deal with […]. Spent; bridge in the evening.”

21 January 1945 was the last “normal” Sunday at Züsedom Manor. Annelore Schulz read the classical German children’s book Struwwelpeter to the Arnim children, knitted together with Mrs von Arnim, and the family played bridge. But: “News from the army hit us like a blow: Insterburg has fallen, and in Upper Silesia the Russians seem to have reached the border. What will happen?”

Two days later, the first 29 refugees from East Prussia reached the village. The mood in the manor house grew increasingly neurotic. On 28 January, Annelore Schulz and the Arnims played bridge late into the night, for a total of six hours, “to calm the nerves”.[78] On 29 January, Schulz expressed thoughts of fleeing for the first time:

“A terrible restlessness has taken hold of us. After dinner, we packed up books and letters, at 5 p.m. , we listened to the army report, which contained nothing new. Did some knitting, trembling with nervousness – in the evening, we played bridge and opened a bottle of Samos [sweet wine] with Miss Fischenbeck to calm our nerves.”

On 1 February, Curt Blass left it to the staff to decide whether they wanted to “close down the branch in Züsedom and return to Berlin”, which hardly seemed an attractive option, given the military situation. On 2 February, Hermann Mosler made one last trip in official capacity from Berlin to Kleisthöhe, to try and reassure the Institute’s staff. On 4 February, news of the destruction of Berlin Palace reached Züsedom: “Terrible daytime attack on the [Berlin] city centre, the palace is burning”. Just four days later, the hostilities finally became palpable in Züsedom as well: “Played bridge in the evening, terrible attack that went on until 9 p.m. – apparently [on] Stettin, the house is shaking from 2 bombs. 11 p.m., the second attack, we sit together by a petroleum lamp.”[79] The following day, 9 February 1945, a trek of 300 people reached Züsedom. There were now a total of 1,200 refugees in the village of formerly 300 inhabitants. 85 people were housed in the castle, mainly landowning families that were related to or friends with the von Arnims (von Loepers, von Bismarcks, von Rosenbergs).[80] The Institute carried on its work, insofar as it was possible. Schulz continued to process incoming official mail and document book holdings in the catalogue, but above all, one continued to manically play bridge:

“11 a.m.: church, Pastor Kindler is speaking with great emotion again. We sing the beautiful songs from the Thirty Years’ War: “He Who Allows Dear God to Rule”, “Commit Thy Way” – and finally “Wait on God, and Trust Him”, even Mr von Arnim is quietly wiping away a tear. After lunch, I lie in bed; in the afternoon, I show Mr von Bismark around the library which he is very interested in; in the evening, we play bridge, also with the Bismarcks.” [81]

Curt Blass was torn between resignation and duty in Berlin, feeling “the tremendous, dull tension of what is to come”[82], while his son Heinrich desperately tried to convince him to leave Berlin for Switzerland to join his wife – “Of course, that’s not possible, because the motto is: ‘Everyone stays at their post!’ and it is enforced with executions.”[83]

On 26 February 1945, Schulz managed to make a phone call to Berlin, “where, according to Dr Blass, […] hell is breaking loose with attacks.” Nevertheless, the next day, there was a spark of hope again: “The offensive in the West is in full swing and successful.” Meanwhile, 600 people were camping on the estate grounds. On 27 February, postal connections to Berlin were cut off for several days, and desperate attempts to telephone into Berlin were unsuccessful (“Bridge in the evening – I still can’t reach Dr Mosler”).

By 5 March, the situation was so serious that one could not even play bridge anymore: “We are all deeply affected by the news that Eastern Pomerania has been surrounded […]. Mrs von Arnim now agrees that it can only be a matter of days.” Two days later, on 7 March 1945, “one of General von Hippel’s Luftwaffe officers arrives as quartermaster. They need at least 30 rooms, and so my books must go. – Bridge in the evening.”

On 9 March, Annelore Schulz finally decided to flee Züsedom, “the situation is escalating, the Russians are shelling Stettin”. Hours were spent ironing, packing and finishing up the last official mail to Curt Blass. At night, Schulz boarded a Wehrmacht truck which took her to Halle an der Saale from where she travelled by train via Dessau to Baasdorf in Saxony-Anhalt, where she was able to find accommodation at the estate of acquaintances of hers on 10 March. In the following days, Schulz was joint by her foster mother, who brought along her domestic staff, and other relatives. On 19 March, she received the first batch of private and official mail forwarded from Züsedom (“Did I leave Züsedom too early?”). On 22 March, she wrote to Curt Blass asking for “his orders”, which were long in coming.

Meanwhile, Blass, who, since Berlin Palace had been destroyed, was keeping the Institute going at the villa of the late Viktor Bruns in Zehlendorf, was withdrawing into a kind of parallel universe of his own in his house on Schlachtensee, as he wrote on 15 March 1945:

“And what else is there to do at this time? Everything has the underhanded character of being only temporary, of “pretending”, of “as if”, a certain inner incredibility or at least doubtfulness. This also applies to my reading, if I get around to it at all. But still, sometimes these hours are almost pleasant: The evening attack has passed, it has been survived, and the light is still on, a good bottle from Uncle Viktor’s [Viktor Bruns] cellar is standing next to it (I am allowed to help myself to the wine he left, ere it goes to waste), […] yes, sometimes, over a good book, one can forget what is all around and what lies ahead. At most, one is suddenly wondering how it can be that things are still like this – oh, that abominable ‘still’. It spoils everything.” [84]

His reply to Annelore Schulz, who was sitting on pins and needles in Baasdorf (“What is Dr Blass going to say?”’[85]) and, on 30 March, considered returning to Züsedom or even going to Berlin, took until 31 March 1945 to arrive:

“A very exciting letter from Dr Blass: he agrees with my actions [unauthorised absence from post] and is giving me leave to stay here until further notice – even my salary is to be forwarded to me! […] All this news is so thrilling, I am too happy to write anything. – However, Puttchen [Ellinor von Puttkamer] is now the only one at the relocation site – Mosler in the Rhineland, Miss von Engel in Heidelberg. In the afternoon, I am feeling the Easter spirit while I am in the garden, arranging the flowers for the holiday.”

On 3 April 1945, Schulz wrote a final letter to Curt Blass; it is not known whether it ever arrived.

The Institute After the End of the War in 1945

For Annelore Schulz, the war ended on 15 April 1945, when American troops occupied Baasdorf without bloodshed. Curt Blass had managed to leave Germany for Zurich to join his wife on 13 April. The Institute’s operations, which ultimately only consisted merely of organising and rearranging books, continued in Zehlendorf until 23 April 1945 – carried out by the last two remaining employees, research fellow Joachim-Dieter Bloch and librarian Cornelia Bruns.[86] On 24 April, Zehlendorf was taken by Soviet troops without much of a fight. And as early as 27 April 1945, Cornelia Bruns and Dorothea von Rehekampff resumed “operations” with unmatched dedication:

“This morning, Miss von Rehekampff and I went to the Institute and witnessed a scene of devastation! – the worst part was the basement […] and the dining room, where the large seat chest and all the drawers and cupboards had been ransacked and thrown onto the floor – in Viktor’s room, some of his desk drawers as well […]. I dictated the letter to the Kommandatura to Miss von Rehekampff, in order to get our typewriters registered (as ordered in the city commandant’s order posted everywhere).” [87]

While the Institute was on the verge of collapse, Curt Blass had retreated to the comfortable city of Zurich and Annelore Schulz had fled to a manor house in Baasdorf, where she was admiring the “adornments of violets and forsythias”[88] in the garden, on 1 May 1945, just a few kilometres away in Potsdam, a 20-year-old private was taken into Soviet captivity, which he would barely survive. In Egypt, another young soldier had already been kept in a prisoner-of-war camp for two years at that point. These men, Rudolf Bernhardt and Karl Doehring, were to take over the directorship of the Institute in 1970 and 1981, respectively. For both of them, the experience of war and captivity had a lasting impact on their lives,[89] although they dealt with it in very different ways.

The Second World War and Germany’s defeat also marked a significant turning point for the KWI staff. Apart from the execution of Berthold von Stauffenberg, all other members of the Institute had survived the war, with the exception of Joachim-Dieter Bloch, who was tragically shot by Soviet troops during the liberation of Berlin, and Ferdinand Schlüter, who was killed in action as a soldier.[90] The material damage to the Institute was considerable, however. The books that had not been evacuated fell victim to the destruction of Berlin Palace. Kleisthöhe Manor also burned down in the last days of the war – along with almost 87,000 relocated books. Züsedom Manor had been ravaged, but was still standing, along with the 50,000 books stored there, but they were in grave danger. Its owners, like those of Kleisthöhe Manor, had been expropriated and their land collectivised. Hans-Karl von Arnim had committed suicide on 29 April 1945, and his wife had fled to the West. The former Lady of Kleisthöhe Manor, Margarete von Mörner, was now homeless and reduced to working odd jobs and living in a farm cabin.[91] Numerous refugee families were housed in Züsedom Manor where, due to the precarious conditions, they burned the books for heating. In March 1946, however, Annelore Schulz and executive secretary Ellinor Greinert embarked on a mission to retrieve the books from the Soviet occupation zone, thus laying the foundation for the re-establishment of the Institute.

***

The author would like to thank Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm, and Joachim Schwietzke for their helpful annotations to the text.

[1] Armin von Bogdandy, Philipp Glahé, Two Defeats in Two World Wars as a Red Thread in the Institute’s History, MPIL100.de.

[2] Stefan Oeter, The KWI’s Expert Opinions on the Law of War for the National Socialist Foreign Office, the Abwehr, and the Wehrmacht, MPIL100.de; furthermore: Raphael Schäfer, Humanity as a Non-Principle. Reflections on Ernst Martin Schmitz’s 1938 Lecture on the Law of War, MPIL100.de und Rüdiger Hachtmann, The Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law 1924 to 1945, MPIL100.de.

[3] Notable exceptions are Karl Doehring’s autobiography and Rudolf Bernhardts diary of his time as a Soviet prisoner of war: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs 2008, 71–114; Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945–1947, edited by Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024; Helmut Philipp Aust, Von Moskau über Heidelberg nach Straßburg. Verbindungslinien im Leben und Werk Rudolf Bernhardts?, MPIL100.de.

[4] Cf.: Karin Oellers-Frahm, Cornelia Bruns. A Well-Deserved, Albeit Belated, Tribute, MPIL100.de and Joachim Schwietzke, Bibliothekar der ersten Stunde: Curt Blass, MPIL100.de.

[5] Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem 1946 nach meinen Tagebuchnotizen (1966). This report on the return of the Institute library to Berlin will be published on this blog shortly.

[6] The author would like to thank Dr Christiane Caemmerer, Susanne Cordahi, and Daniela Landau for providing these materials.

[7] Memorabilia Curt Blass 1936 to 1940 and correspondence between Curt and Ulrich Blass, January to March 1945, transcription by Ulrich Blass 2001, Private Archive of the Blass/Landau family; diary entries of Viktor Bruns’ wife Marie from the time before 1939 have survived in part: Rainer Noltenius (ed.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885–1952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018; furthermore: Marie Bruns, A “Completely Unexpected Joy”. Impressions from the Time of the Institute’s Founding 1924-1926, MPIL100.de.

[8] Photo: Mirko Lux.

[9] Cornelia Bruns, diary letter 25 April – 10 June 1945, transcription by Susanne Cordahi, Private Archive of the Cordahi family.

[10] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/30, AMPG.

[11] The arrest of Institute employee Wilhelm Wengler by the Gestapo in February 1944 and his subsequent dismissal are not mentioned in the diary, however. Similarly, there is no discussion of National Socialism in Rudolf Bernhardt’s 1948 report on his captivity as a prisoner of war, which describes the living conditions in the Soviet camps in great detail but hardly reflects on the author’s previous life and views: Bernhardt (fn. 3).

[12] Photo: MPIL.

[13] Curt Blass, diary entry of 15 May 1940.

[14] Due to the compilatory nature of the materials, the diary is only partially accessible. In his compilation, produced originally for familial use, Ulrich Blass notes that he focused on his father’s discussions of current political events and did not transcribe passages on other topics, especially those related to the Institute: Ulrich Blass (fn. 7), 9.

[15] Curt Blass, diary entry of 29 September 1938.

[16] Curt Blass, diary entry of 28 September 1938.

[17] Curt Blass, diary entry of 30 September 1938.

[18] Curt Blass, diary entry of 13 November 1938.

[19] Hans-Joachim von Merkatz (1905–1982) was a research fellow at the KWI from 1935 to 1938. He later went on to be Federal Minister of Justice between 1956 to 1957.

[20] Curt Blass, diary entry of 14 November 1938.

[21] Curt Blass, diary entry of 1 September 1939.

[22] Curt Blass, diary entry of 3 September 1939.

[23] Curt Blass, diary entry of 4 September 1939.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/43, AMPG.

[25] Curt Blass, diary entry of 24 December 1939.

[26] Curt Blass, diary entry of 30 December 1939.

[27] Curt Blass, diary entry of 15 May 1940.

[28] Curt Blass, diary entry of 15 May 1940.

[29] Cf.: Hachtmann (fn. 2).

[30] Photo: Mirko Lux.

[31] There were also two small additional storage locations in Neuensund (Uckermark) and Blücherhof (Mecklenburg).

[32] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/8, AMPG.

[33] “There, at the town hall, the siren is sounding – one hurries around the castle, meets the entire staff in the air-raid shelter and gets to talking, which helps pass the long alarm. Fresh, lively and enthusiastic talk all around, only Dr Blass and Miss Bruns are somewhat shaky due to the lack of freedom [in the air-raid shelter]”: Annelore Schulz, diary entry of 12 September 1944.

[34] Annelore Schulz, diary entry of 10 February 1944. To improve readability, the numerous abbreviations used by Annelore Schulz have been spelled out in the transcription and the spelling has been carefully standardised.

[35] Annelore Schulz, diary entry of 5 November 1944. Annelore Schulz war not the only Institute employee who had homosexual relations or evaded traditional gender roles in this regard. Georg von Gretschaninow’s homosexuality was known and tolerated at the Institute as well. Furthermore, Berthold von Stauffenberg, as a member, and Helmut Strebel, as a sympathiser, of the George Circle, were in contact with the Georgian tradition of the aestheticization (and, in the case of Strebel, perhaps also practice) of male homosexuality, see on this: Philipp Glahé, The Long Shadow of Stefan George. The Stauffenberg Bust at the Institute, MPIL100.de.

[36] For example, on 7 January 1944, Eugen d’Albert’s opera Tiefland at the Staatsoper Unter den Linden (Berlin State Opera), where they had front row seats.

[37] “At 11 a.m., Dr Blass and I are going to the symphony concert. I am very pleased he invited me. Prof. Makarov is also joining us […] to go to the State Opera – after all, the Philharmonic Hall burned down on the 30th. We will hear: Concerto grosso in D minor by Händel, Symphony in E flat major by Mozart (absolutely wonderful) and, for the third time now, Beethoven’s Symphony No. 5 in E minor conducted by Furtwängler”: Annelore Schulz, diary entry of 8 February 1944.

[38] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/46, AMPG.

[39] Annelore Schulz, diary entry of 15 February 1944; there was also great solidarity among the female staff: “I arrived at Berlin Palace on the verge of tears. Lovely Mrs Kühl [?] comforted me on the way. […] Miss von Rehekampff assists me with my second breakfast (I get strength from food instead of sleep) and comforts me so kindly, full of helpfulness. How soothing the warmth is! –  Finished another book for Dr Blass, who, I believe, is pleased that I am still doing my duties.”: Annelore Schulz, diary entry of 18 February 1944.

[40] “leaving Berlin Palace with a heavy heart”: Annelore Schulz, diary entries of 6 March 1944, 15 January 1945.

[41] Annelore Schulz, diary entries of 26 June 1944, 28 June 1944.

[42] Photo: presumably Annelore Schulz.

[43] Alexander N. Makarov, [Obituary for] Nicolai von Martens, HJIL13 (1950/51), 19–20, 19.

[44] Annelore Schulz, diary entry of 3 July 1944.

[45] Annelore Schulz, diary entry of 3 July 1944.

[46] Annelore Schulz, diary entry of 9 March 1944.

[47] Annelore Schulz, diary entry of 12 March 1944.

[48] Annelore Schulz, diary entry of 12 March 1944.

[49] Annelore Schulz, diary entries of 16 May 1944, 18 May 1944, 24 May 1944.

[50] Annelore Schulz, diary entry of 17 July 1944.

[51] Annelore Schulz, diary entry of 4 July 1944.

[52] Annelore Schulz, diary entries of 23 April 1944, 25 April 1944.

[53] Annelore Schulz, diary entry of 20 June 1944; Curt Blass, Innere Melodie. Gedichte, Zurich: Schulthess 1944.

[54] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/33, AMPG.

[55] Annelore Schulz, diary entry of 21 May 1944.

[56] Annelore Schulz, diary entry of 9 June 1944.

[57] Annelore Schulz, diary entry of 12 July 1944.

[58] Annelore Schulz, diary entry of 13 December 1944.

[59] Annelore Schulz, diary entry of 18 June 1944.

[60] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/52, APMG.

[61] Annelore Schulz, diary entry of 13 December 1944.

[62] Annelore Schulz, diary entry of 6 October 1944, 2 December 1944.

[63] Annelore Schulz, diary entry of 12 July 1944.

[64] Annelore Schulz, diary entry of 7 July 1944.

[65] Annelore Schulz, diary entry of 6 June 1944.

[66] Annelore Schulz, diary entry of 21 July 1944.

[67] Annelore Schulz, diary entry of 26 July 1944.

[68] Most members of the Institute went on holiday more or less like normal, e.g. Georg von Gretschaninow to Bad Kissingen or Sidonie von Engel to Garmisch-Partenkirchen.

[69] Photo: presumably Annelore Schulz.

[70] Annelore Schulz, diary entry of 19 November 1944.

[71] Annelore Schulz, diary entry of 5 September 1944.

[72] Annelore Schulz, diary entry of 1 October 1944.

[73] Annelore Schulz, diary entry of 23 October 1944.

[74] Annelore Schulz, diary entry of 29 September 1944.

[75] Annelore Schulz, diary entry of 9 November 1944.

[76] Annelore Schulz, diary entry of 25 November 1944.

[77] Annelore Schulz, diary entry of 10 December 1944.

[78] Hermine von Arnim also recalls the bridge excesses in an autobiographical account: “Every night we played bridge […], finished the good wine and thanked God for every day under our own roof”: Hermine von Arnim, Züsedom, in: Von Arnim’scher Familienverband e. V. (ed.), Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim, Vol 1., 1957, 425–440, 437.

[79] Annelore Schulz, diary entry of 8 February 1945.

[80] Annelore Schulz, diary entry of 9 February 1945, 10 February 1945.

[81] Annelore Schulz, diary entry of 25 February 1945.

[82] Letter from Curt Blass to Ulrich Blass (fn. 7), dated 28 January 1945.

[83] Letter from Curt Blass to Ulrich Blass (fn. 7), dated 10 February 1945.

[84] Letter from Curt Blass to Ulrich Blass (fn. 7), dated 15 March 1945.

[85] Annelore Schulz, diary entry of 27 March 1945.

[86] Annelore Schulz, diary entry of 25 April 1945.

[87] Cornelia Bruns, diary letter 25 April – 10 June 1945 (fn. 9).

[88] Annelore Schulz, diary entry of 25 March 1945.

[89] Cf. fn. 3.

[90] Max Bloch, Dr. Joachim-Dieter Bloch (1906–1945). Ein Juristenleben am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, HJIL 74 (2014), 873–878, 877.

[91] Cf. Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek (fn. 5).

Eine Frage der Klasse. Die Sekretärinnen des Instituts 1924–1997

A Question of Class. The Institute’s Secretaries 1924–1997

Deutsch

2023 erschien Birgit Kolboskes Studie Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip, entstanden innerhalb des Forschungsprogrammes „Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft“.[1] Kolboske untersucht darin die „Rolle der Frau“ in der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) für den Zeitraum von 1948 bis 1998. Hierbei nimmt sie zwei Personengruppen in den Blick: die Wissenschaftlerinnen und die Sekretärinnen. Letztere stellen die historisch größte weibliche Berufsgruppe der Forschungsgemeinschaft dar, darüber hinaus steht das Berufsbild der Sekretärin für Kolboske „exemplarisch für Geschlechterhierarchie“ und könne als „Inbegriff eines traditionalen Herrschaftsverhältnisses“ innerhalb der MPG aufgefasst werden.[2] Während die Forscherinnen zunehmend im Blick des wissenschaftshistorischen Interesses stehen, ist, um mit Kolboske zu sprechen, die „Arbeitssituation des nichtwissenschaftlichen Personals in der deutschen Forschungslandschaft […] bislang weitgehend eine Terra incognita.“[3]

In Auseinandersetzung mit Kolboskes Studie möchte dieser Blogbeitrag die Situation der Sekretärinnen des Berliner Kaiser-Wilhelm-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (KWI) untersuchen und zudem einen Blick auf das nicht-wissenschaftliche weibliche Personal am Heidelberger MPIL bis in die 1990er Jahre wagen. Dies geschieht anhand von Personalakten von 21 weiblichen Angestellten für die Jahre von 1939 bis 1943 und persönlichen Zeugnissen. Da sich Kolboskes Studie auf die Max-Planck-Gesellschaft beschränkt und die Kontinuitäten aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft weitgehend außer Acht lässt, können die für das KWI für Völkerrecht überlieferten Dokumente nicht nur neue Einsichten in die Sozial- und Bildungsgeschichte des weiblichen technischen Personals und in die weibliche Selbstwahrnehmung an diesem Institut vermitteln, sondern auch mikrohistorische Einsichten von exemplarischer Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte der KWG/MPG insgesamt erschließen.[4] Hierbei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob das, was Kolboske als „archaische, genderbasierte Top-down Struktur“[5], die das Geschlechterverhältnis in der MPG charakterisiert habe, in gleicher Weise für die Frauen des Völkerrechtsinstituts galt.

„Ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel“. Das weibliche Personal am KWI

„Gemeinsamer Sonnabend“ der Institutsmitarbeiterinnen, September 1933: stehend: Kätchen Rommert, Cornelia Bruns, Luise Grubener, Irmgard von Lepel, unbekannt, Gertrud Heldendrung; sitzend: Angèle Auburtin und Annelore Schulz (v.l.n.r.)[6]

Birgit Kolboske bezeichnet das Berufsfeld der Sekretärin in ihrer Studie als „berufliche Sackgasse“, die von „Monotonie und Alltag“, mangelnder Anerkennung, fehlenden Aufstiegschancen und repetitiver Schreibarbeit geprägt gewesen sei.[7] „Sie bleiben im Großbetrieb, was sie in der Familie waren, Objekte“, zitiert sie Theodor Adorno.[8] Und in der Tat hatte das Berufsfeld der Sekretärin im Zuge der Industrialisierung und Professionalisierung des Büro- und Verwaltungswesens stark expandiert. Da technisch-administrative Büroarbeiten wie Stenografieren und Schreibmaschineschreiben als typische „Frauenberufe“ galten, hatte sich die Zahl weiblicher Angestellter allein im kaufmännischen Bereich zwischen 1907 und 1925 verdreifacht, es kam zu einem regelrechten „Sekretärinnenboom“.[9] Der Beruf der „Sekretärin“ war bis 1941 jedoch kaum reguliert, es gab keine standardisierte Ausbildung. Die nötigen Fähigkeiten wurden zumeist in privaten Schulen oder Abendkursen vermittelt.[10] Auch wenn Kolboskes Studie die berufliche Situation des weiblichen technischen Personals in der KWG leider nicht untersucht, lassen die Dokumente für das KWI für Völkerrecht darauf schließen, dass die oben skizzierte „berufliche Sackgasse“ für das Institut nicht galt. Vor allem die gute Ausbildung und die soziale Herkunft des weiblichen Personals lassen das Institut als einen privilegierten Arbeitsort mit ungewöhnlichen Freiräumen erscheinen.

Über die Zusammensetzung des (männlichen) wissenschaftlichen Personals am KWI für Völkerrecht schrieb Ingo Hueck, diese sei „vergleichbar mit der am Auswärtigen Amt: Adlige Herkunft, bürgerliche Tradition und ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel dominierten.“[11] Entsprechend dem restriktiven Zugang zu universitärer Bildung Anfang des 20. Jahrhunderts und den hohen fachlichen und fremdsprachlichen Anforderungen, die die Arbeit am Institut stellte, gehörten die Wissenschaftler des KWI den gehobenen Kreisen der Gesellschaft an.[12] Gründungsdirektor Viktor Bruns, der aus dem schwäbischen Großbürgertum stammte, bevorzugte in seiner Personalpolitik einerseits bewusst Männer, die seinem eigenen Herkunftsprofil entsprachen. Andererseits führten der Mangel an kompetentem Personal und der politische Druck, unter dem das KWI als Rechtsberatungseinrichtung für die Reichsregierung in der Auseinandersetzung um die Folgen des Versailler Vertrages stand, zu unkonventionellen Personalentscheidungen. So holte Bruns auch Männer mit in seinem Milieu als wenig gesellschaftsfähig angesehenen politischen Haltungen (Sozialdemokraten wie Hermann Heller oder später Carlo Schmid) oder Frauen als Wissenschaftlerinnen in sein Institut, sogar wenn sie wie Marguerite Wolff, Dorothea von Renvers oder Ellinor von Puttkamer (und zunächst auch Angèle Auburtin) über keine formell abgeschlossene juristische Ausbildung verfügten. Auch wenn in den ersten 20 Jahren des Instituts insgesamt fünf Frauen als Wissenschaftlerinnen arbeiteten, war der weitaus überwiegende Teil des weiblichen Personals im nicht-wissenschaftlichen technischen Bereich tätig.[13] Dennoch gelten auch für sie viele der für das männliche Personal gemachten Feststellungen hinsichtlich der sozialen Herkunft, des Ausbildungsgrades und des Bewusstseins für die „deutsche Sache“, die ein gemeinsam geteiltes, elitäres wissenschaftliches und soziales Standesbewusstsein schufen.

In den historischen Dokumentenbeständen des heutigen Max-Planck-Instituts wurden Stammkarten von 21 weiblichen Angestellten für den Zeitraum 1939 bis 1943 überliefert, hinzu kommen die Personalakten von neun Frauen, die zwischen 1936 und 1942 im Institut als Sekretärinnen tätig waren.[14] Trotz ihrer kriegsbedingten Unvollständigkeit geben die Unterlagen einen tieferen Einblick in die Sozial- und Bildungsgeschichte der Frauen des KWI. Einige Akten enthalten detaillierte Lebensläufe und „Ariernachweise“, die die „rassische“, aber auch soziale Herkunft der Familien bis zur Großelterngeneration dokumentieren. In den Personalakten werden zwischen 1939 und 1943 zwei Frauen als Wissenschaftlerinnen geführt, Angèle Auburtin als Referentin und Ellinor von Puttkamer als wissenschaftliche Assistentin (Doktorandin). Die angegebenen Berufe der Frauen des nichtwissenschaftlichen Bereichs sind Sekretärin (13)[15], Stenotypistin (3)[16] und Bibliothekarin (2).[17] Die in den Stammkarten aufgeführten Berufsbezeichnungen spiegeln jedoch nur bedingt die genaue Tätigkeit der Frauen wider, da sie oftmals nicht trennscharf verwendet werden beziehungsweise mehrfache und wechselnde Bezeichnungen vorkommen.[18] Das Monatsgehalt der Sekretärinnen lag zwischen 320 RM und 510 RM (Direktionssekretärin), ein Referent oder eine Referentin verdiente, je nach Erfahrungsstufe, zwischen 500 RM und 800 RM. Da das monatliche Durchschnittsgehalt 1940 bei knapp 180 RM lag, kann man die Bezahlung der Sekretärinnen als überdurchschnittlich ansehen.[19]

Ironie oder Feudalismus? Die Mitarbeiterinnen Lise Rapp, Annelore Schulz und Gertrud Heldendrung führen 1935 anlässlich des 50. Geburtstages von Viktor und Marie Bruns einen Einakter im Biedermeierzimmer der Villa Bruns auf.[20]

Betrachtet man die Altersverteilung der Frauen am Institut, so fällt auf, dass diese recht homogen ist: Sieben Frauen waren zwischen 1890 und 1899 geboren, zwölf zwischen 1903 und 1916, die beiden jüngsten 1918 und 1921. Die generationelle Struktur der weiblichen Beschäftigten spiegelt die gestiegenen Bildungs- und Arbeitsmarktchancen für Frauen wider. In den 1920er Jahren hatten sich der Zugang zur allgemeinen Hochschulreife wie auch zum universitären Studium für Frauen erweitert. Der Beruf der Sekretärin wurde in der Regel Frauen aus dem mittleren und unteren Bürgertum ergriffen.[21] Obwohl (verheiratete) Frauen des gehobenen Bürgertums aus Standesgründen eigentlich nicht arbeiteten, zwangen die wirtschaftlichen und demographischen Verwerfungen des Ersten Weltkriegs, unverheiratet gebliebene und gut ausgebildete Töchter aus „gutem Hause“, vermehrt für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen.[22] Die 21 am KWI tätigen Frauen entstammten allesamt den obersten Schichten des Bürgertums (15) beziehungsweise dem Adel (6). Als Berufe der Väter wurden in den Personalakten angegeben: Architekt, Geheimer Rat, Gutsbesitzer, Justizverwaltungsrat, Kaufmann, Lehrer, Ministerialdirektor, Oberingenieur, Organist sowie Rechtsanwalt und Notar.[23]

Nach dem Dienstende am Portal des Berliner Schlosses: Jutta Selling, Unbekannt, Annelore Schulz, Zowe-Behring, Gertrud Heldendrung (v.l.n.r.), Aufnahme 1931[24]

Die eigene Erwerbsarbeit erfolgte jedoch nicht ausschließlich aus Geldnot, sondern schuf finanzielle und soziale Unabhängigkeit, die – zumal in Berlin – nicht selten im Idealbild der „neuen Frau“ kulminierte. Dies mag ein Erklärungsansatz dafür sein, dass 17 der 21 am KWI beschäftigten Frauen ledig waren, zwei geschieden (eine von ihnen alleinerziehend und später Mutter eines zweiten, unehelichen Kindes) und lediglich zwei verheiratet, von denen eine das Institut nach der Eheschließung verließ. Dass das Institut beziehungsweise Berlin als Arbeitsort eine emanzipatorische Wirkung und Anziehung hatten, wird dadurch angedeutet, dass knapp die Hälfte der Frauen aus der ostdeutschen Peripherie stammten (Posen, Schlesien, Pommern, Ostpreußen: 8) beziehungsweise Baltendeutsche (3) waren, was oft mit Mehrsprachigkeit (Russisch/Polnisch/Deutsch) einherging.[25] Ohnehin waren die Fremdsprachenkenntnisse sehr gut, da fließende Beherrschung von Französisch und Englisch Grundvoraussetzung für die Beschäftigung am Institut war. Zwei Frauen waren des Spanischen mächtig (eine der beiden, Irene Hähn, hatte als Verwaltungssekretärin und Buchhalterin drei Jahre in Madrid, ein Jahr in Paris und ein Jahr in London gearbeitet), eine andere Sekretärin war Polnisch-Übersetzerin bei Ullstein gewesen. Die meisten Frauen hatten bereits Berufserfahrung, als sie sich am KWI bewarben. In Bezug auf Kompetenz und soziale Herkunft unterschied sich das weibliche Büropersonal des KWI somit deutlich vom Gros der Sekretärinnen gleicher Zeit.

Frauen und ihre Arbeit am KWI in Selbstzeugnissen

Haben Sie eigentlich gelesen, was Schopenhauer über die Weiber gesagt hat?“ „Ach, wissen Sie, wenn ein Mann so viel Worte machen muss, um seine Überlegenheit zu beweisen, ist das das beste Zeichen, dass er sich nicht ganz sicher fühlt.“[26

Greifbar wird das weibliche Selbstverständnis am Institut durch die vorwiegend von den Institutsmitarbeiterinnen angefertigte Spaßfestschrift von 1934.[27] Sie enthält Gedichte, Sketche und selbstgezeichnete Karikaturen, die das Institutsleben und seine Protagonistinnen und Protagonisten aus dezidiert weiblicher Perspektive schildern. Hierbei werden gleichermaßen zeitgeistgemäße geschlechterstereotype Rollenbilder und Hierarchien reproduziert wie auch satirisch hinterfragt. So wird beispielsweise von einer namentlich nicht genannten „Samariterin“ berichtet (vermutlich die Direktionssekretärin Ellinor Greinert), deren Aufopferungsbereitschaft gleichermaßen anerkennend wie ironisch zu Protokoll gegeben wird. Als Hüterin des Instituts-Arzneischrankes für sämtliche medizinischen Interventionen von Migräne bis Messerschnitte in den Finger zuständig, nimmt sie auf sich selbst keine Rücksicht, wenn es der Dienst am „hohen Chef“ (Viktor Bruns) verlangt. Als dieser kurz vor Antritt einer bedeutenden Auslandsreise am Bahnhof bemerkt, dass er seinen Reisepass vergessen hat, wird die „Samariterin“ im Institut

„telefonisch benachrichtigt, rast nach Zehlendorf [zu Bruns‘ Privathaus], um ihn zu holen. Da fehlt der Schlüssel zu der Glastür des Schreibtischschranks, hinter der er ruht! Ohne Besinnen und ungeachtet der damit verbundenen Lebensgefahr durchschlägt die tapfere Frau die Scheibe mit ihrer Hand, ergreift das Dokument und kann es gerade noch mit verbundener Hand in den abfahrenden Zug reichen!“[28]

Ebenfalls „typisch weibliches“ Sozialverhalten wie der „Hang zu herdenweisem Kaffeegenuss“ unter weiblichen Angestellten wird zum Gegenstand der ironischen Selbstbespiegelung oder die Widrigkeiten der „weiblichsten“ aller Bürotätigkeiten, dem Tippen:

Cornelia Bruns, Der Tippfehlerteufel [29]

Auch die Machtverhältnisse zwischen Chef und Sekretärin karikiert die Festschrift, wie der Cartoon „Das Gewitter“ zum Ausdruck bringt. Die mitunter eingeschränkten sozialen Fähigkeiten (Jähzorn, Ungeduld, Besserwisserei) bestimmter männlicher Führungskräfte (Asche Graf Mandelsloh, Herbert Kier) finden relativ unverblümten Eingang in die Festschrift.[30] Wenngleich auch männliche Institutsangehörige unter Hierarchien oder Charakterzügen von Vorgesetzten zu leiden hatten, sind kritische Äußerungen hierzu nur selten dokumentiert, da die beruflichen Abhängigkeiten und Loyalitäten in diesem Zusammenhang stärker gewesen sein mögen.[31]

„Das Gewitter“[32]

Neben den Beiträgen der Festschrift sind die Erinnerungen an die Frauen des KWI in Fotografien im Archiv der MPG überliefert. Die Bilder zeigen vor allem selbstbewusste junge Frauen, teils modisch im „Flapper“-Stil in gerade geschnittenen Kleidern, teils sogar mit Krawatte. Sie dokumentieren ausschließlich die weibliche Arbeits- und Lebenswelt am Institut und zeigen Sekretärinnen und Bibliothekarinnen an ihren Arbeitsplätzen im Berliner Schloss, beim Vorbereiten des Institutsmittagstisches, bei Betriebsausflügen, Feiern und Kaffeekränzchen. In auffälligem Gegensatz hierzu fehlt eine fotografische Dokumentation männlicher Arbeitswelt, die praktisch überhaupt nicht in Bildern überliefert ist.[33] Die Bilder aus KWI-Zeiten legen aufgrund ihres Gegenstandes und der aus ihnen sprechenden Intimität beziehungsweise Vertrautheit mit den Abgebildeten nahe, dass sie von einer Frau angefertigt worden sind. Zudem zeigt sich in der Institutsüberlieferung „nach innen“ eine „gegenderte“ Arbeitsteilung, die auch später für die Überlieferung des Institutslebens in Heidelberg von Bedeutung ist: Für Soziales waren (und sind) Frauen zuständig. Die Vorbereitung und Ausrichtung von nicht-wissenschaftsbezogenen Institutsfeierlichkeiten (Geburtstage, Jubiläen etc.) und deren Festhalten in Foto-Alben, Grußkarten und Rundbriefen war (und ist) „Damensache“.[34]

Sekretärinnen als „Brokerinnen“ zwischen Beruf und häuslicher Sphäre

„Typische“ Frauen-Arbeit: Hausmeister-Gattin Anna Kretschmer (links) mit Hilfskräften bei der Essenszubereitung, Aufnahme um 1935 [35]

Wenngleich es am Institut hierarchische und stellungsbezogene Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab, wurden diese an vielen Stellen durch eine geteilte soziale Herkunft und gemeinsamen großbürgerlichen Habitus nivelliert. Gerade unter den weiblichen Beschäftigten gab es eine Art semi-privaten Raum, der zwischen Männern und Frauen bestehende berufliche Rangunterschiede gewissermaßen „transzendierte“. Aus dem Institutskontext lassen sich beispielsweise enge und teils freundschaftliche, Verhältnisse zwischen Viktor Bruns‘ Ehefrau und Töchtern mit einigen KWI-Mitarbeiterinnen rekonstruieren. Während die Bruns-Töchter vorwiegend mit gleichaltrigen jungen Frauen aus dem Institut verkehrten, um ins Theater oder in die Oper zu gehen[36], bestand die Verbindung zwischen den „Chef-Gattinnen“ (Marie Bruns oder Hanni Blass, der Frau des Bibliotheksdirektors) und einigen Institutsmitarbeiterinnen auf halb-beruflicher, halb-privater Ebene. Mitarbeiterinnen wie die Direktionssekretärin Ellinor Greinert oder die Bibliothekarin Annelore Schulz können quasi als „Brokerinnen“ zwischen Institut und häuslicher Sphäre der Direktorenfrauen betrachtet werden, welche am beruflichen Leben ihres Mannes teilhaben wollten und diesen Zugang nur durch dessen Angestellte erhalten konnten. Als „Zwischenwelt-Figur“ per se kann im Institutskontext Cornelia Bruns gelten, die als Cousine 3. Grades von Viktor Bruns als „Tante Cörnchen“ gleichermaßen zur Familie gehörte, und zugleich als Bibliothekarin im Institut arbeitete.

Ellinor Greinert, Zeichnung Marie Bruns, undatiert [37]

Insbesondere zwischen Marie Bruns und Ellinor Greinert existierte ein enges Verhältnis, das sich auf Freundschaft beider Frauen gründete, jedoch auch auf geteilte „Care-Arbeit“ für den herzkranken Viktor Bruns. Zeitweise lebte Ellinor Greinert auch mit Familie Bruns zusammen, da Viktor Bruns aufgrund seiner Herzprobleme zum Teil nur von zu Hause aus arbeiten konnte.[38] Die „Samariterin“ Greinert begleitete Bruns auch auf internationale Dienstreisen, wo sie für die Abwicklung seiner dienstlichen Korrespondenz und das nächtliche Reinschreiben seiner Plädoyers (auf Französisch) zuständig war und zugleich eine Art „Geheimkorrespondenz“ mit der in Berlin weilenden und um die Gesundheit ihres Mannes besorgte Ehefrau führte.[39]

„Ein echtes Handschuhsheimer Kind“. Weibliches Personal am Heidelberger MPI (1954-1997)

Brigitte Bopp/Moll, Sekretärin Vorzimmer Prof. Bernhardt, Dorothee Bender, Schreibdienst, Gerda Wallenwein und Hilde Vaupel, beide Verwaltung (v.l.n.r.) [40]

Mit der Neu- beziehungsweise Wiedergründung des Instituts in Heidelberg 1949 gingen starke Änderungen der Personalstruktur einher. Der Großteil der technischen (weiblichen) Belegschaft des alten KWI wurde nicht in das neue Institut übernommen. Mit den Kriegswirren und der unklaren (finanziellen) Situation der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deren Fortführung bis 1948 unklar blieb, hatten sich die meisten Institutsangehörigen notgedrungen andere Tätigkeiten suchen müssen beziehungsweise waren von der KWG gekündigt worden. Zudem war das Institut seit der Zerstörung seiner Räumlichkeiten im Berliner Schloss 1945 auf verschiedene Standorte in Berlin und in Heidelberg, dem Wohnort des Nachfolgers Viktor Bruns‘ im Direktorenamt, Carl Bilfinger, verteilt. Bis 1960 existierte in Berlin eine Außenstelle des Instituts, während in Heidelberg 1954 ein neuer Hauptstandort gebaut worden war. In der kleinen Berliner Stelle blieb ein Teil der Belegschaft bis zu ihrer Auflösung weiterhin tätig (so die Bibliothekarinnen Annelore Schulz, Cornelia Bruns und die Sekretärin Gertrud Heldendrung). Ellinor Greinert wechselte als Direktionssekretärin nach Heidelberg, wo sie 1955 in den Ruhestand ging. Mit der Auflösung der Berliner Stelle wechselten bis 1960 sukzessive die Mitarbeiterinnen Annelore Schulz, Irmgard von Lepel und Cornelia Bruns ebenfalls nach Heidelberg. Auch das wissenschaftliche Personal wurde in Heidelberg neu rekrutiert, sodass auf personeller Ebene in vielerlei Hinsicht ein Neuanfang erfolgte. Ein deutlicher Bruch ist hinsichtlich der Beschäftigung weiblichen wissenschaftlichen Personals erkennbar. Mit Ausnahme der später in der Bibliothek tätigen Mila von Hippel kam mit Karin Oellers-Frahm erst 1970 wieder eine Referentin an das Institut.

Insbesondere das technische Personal setzte sich fortan aus der lokalen Heidelberger Bevölkerung (hier vor allem aus dem Stadtteil Handschuhsheim, in dessen Nachbarschaft sich das Institut befindet) zusammen, was mit einer deutlichen „Verbürgerlichung“ des Instituts einherging. Anders als noch zu Berliner Zeiten fand die Rekrutierung neuer Mitarbeiter unter großer Konkurrenz um qualifiziertes Verwaltungspersonal im Kontext des raschen Wiederaufbaus statt. Stellen wurden vielfach durch Mund-zu-Mund-Propaganda besetzt und enge Verwandtschaftsverhältnisse unter den Mitarbeitenden waren keine Seltenheit. Auch hier wurden vom Institut häufig unkonventionelle Schritte gewagt und nicht-wissenschaftliche Positionen vielfach mit Personen ohne die formell erforderlichen Qualifikationen besetzt. Die Rekrutierungspolitik unter Hermann Mosler folgte stattdessen pragmatischen Erwägungen: Man nahm, wen man bekam, und wer sich als fähig erwies, wurde „on the job“ angelernt beziehungsweise arbeitete sich eigenständig ein. So war beispielsweise der Posten der Verwaltungsleitung von 1959 bis 1997 ausschließlich von Frauen besetzt, die weder studiert noch eine berufliche Fachausbildung in der Verwaltung absolviert hatten, was dem Institut in der MPG eine Sonderstellung einräumte.[41]

Das Direktoren-Vorzimmer. Brigitte Bopp/Moll (links) und Ursula Wedder, 1986 [42]

Deutlich wird die Heidelberger Personalpolitik am Karriereweg der Verwaltungsleiterin Margarethe Noll (1931-2023). Die Heidelberger Gärtnerstochter aus „sehr einfachen Verhältnissen“ hatte eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin und Dolmetscherin absolviert und sich 1953 auf Anraten Ihres Onkels auf eine Sekretariatsstelle am Institut beworben. Aus Nolls Lebensbericht, der auf diesem Blog veröffentlicht wurde, spricht eine deutliche Fremdheit bezüglich der alten großbürgerlichen Institutswelt, wie sie bis 1954 noch durch Carl Bilfinger verkörpert wurde, in dessen Villa im Philosophenweg das MPIL zunächst untergebracht war. Das geräumige Haus und Bilfingers Sammlung „Alter Meister“ wirkten einschüchternd auf die 22-Jährige, die Direktionssekretärin Ellinor Greinert, die „mit einem ostpreußischen Akzent“ sprach, und die „Gebräuche“ am Institut wie aus einer anderen Welt:

„Immer wieder erzählte sie mir Begebenheiten aus der Berliner Zeit […]. Sie hat mich aber auch beeindruckt durch ihre Haltung. Sie ermahnte uns junge Mädchen, als wir bei einer Einladung des Direktors emsig helfen wollten: ‚Bitte, meine Damen, zu einer Zeit bitte nur eine Dame aufstehen. Sonst entsteht zu viel Unruhe.‘ Als Professor Bilfinger vor der Feier seines 75. Geburtstages fragte: ‚Was werden die Damen tragen?‘, gab sie zur Antwort: ‚Herr Professor, wir werden Sie durch unsere Kleidung zu ehren wissen.‘“[43]

Obgleich es Margarethe Noll an einer Verwaltungsausbildung mangelte, machte sie schnell Karriere im Institut. Bereits im ersten Jahr übernahm Noll die Buchhaltung und war, neben gelegentlicher Betreuung der Kinder des Institutsdirektors, für den 300.000 DM umfassenden Etat für den Neubau des Institutsgebäudes zuständig. Wenngleich nicht mit dem großbürgerlichen Milieu vertraut, hatte Noll als Protokollführerin der Kuratoriumssitzungen als Nicht-Akademikerin regelmäßigen persönlichen Umgang mit Professoren, Richtern des Bundesverfassungsgerichts, Nobelpreisträgern und Industriemanagern („‘Normale‘ Menschen kommen da nicht hin.“). Margarethe Noll schien sich in allen in sie gesetzten Erwartungen erfolgreich behauptet zu haben: 1959 wurde sie zur Verwaltungsleiterin ernannt, bis sie 1964 nach der Familiengründung aus dem Institut ausschied. In Nolls Fußstapfen trat ihre von ihr selbst 1959 für das Institut angeworbene Cousine Gerda Wallenwein. Auch sie war – in den Worten Karl Doehrings – „ein echtes Handschuhsheimer Kind“.[44] Nach dem Besuch der Höheren Handelsschule war sie zunächst in der Zeitschriftenabteilung der Bibliothek angestellt gewesen, ehe sie 1966 in die Verwaltung wechselte, deren Leitung sie bis 1997 übernahm und den bis auf 1 Millionen DM angestiegenen Etat betreute.[45] Wenngleich auch Gerda Wallenwein „frauentypische“ soziale Aufgaben mitübernahm (so geht auf sie die komplette Dokumentierung des Institutssoziallebens zurück, welches durch Gerda Wallenwein in umfangreichen Fotoalben und Aktenordnern über Jahrzehnte festgehalten wurde), zeugten Gehaltseingruppierung und Verantwortungsbereich von der offiziellen Anerkennung ihrer Arbeitsleistung durch das Institut.[46]

Alles in einem Abwasch. Gerda Wallenwein, Brigitte Moll und Ursula Wedder (v.l.n.r) in der Teeküche, 1986 [47]

Bis in die 1990er Jahre hinein änderte sich an der Rekrutierungspolitik des Institutspersonals wenig. Im wissenschaftlichen Bereich dominierten weiterhin männliche Forscher, das technische Personal in Bibliothek, Verwaltung und Direktorenvorzimmer wurde vorwiegend von Frauen gestellt. Nicht nur in der Verwaltung dominierten (und dominieren) weibliche Angestellte, in vordigitalen Zeiten wurden sämtliche Schreib- und Redaktionsaufgaben bei der Erstellung wissenschaftlicher Publikationen oder von Gutachten ausschließlich von Frauen übernommen. In den 1990er Jahren begann die „klassische Sekretärin“ aus dem Institut zu verschwinden, wurde durch Diktiergerät und Computer ersetzt. Berufe in Verwaltung und Bibliothek wurden zunehmend professionalisiert und Neueinstellungen an formale Ausbildungsanforderungen geknüpft. Viele Schreib- und Redaktionstätigkeiten verschwanden im Zuge der Digitalisierung und werden von den Forschenden selbst übernommen. Zugleich wurden innerinstitutionelle Karrierewege damit „festgefügter“ und Aufstiegsmöglichkeiten, wie sie sich für Margarete Noll oder Gerda Wallenwein eröffneten, sind längst nicht mehr möglich.

Fazit

Blickt man auf die Geschichte der Sekretärinnen beziehungsweise des weiblichen technischen Personals am KWI und MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, so zeigt sich ein komplexes Bild aus zeitgeisttypischen Geschlechterrollen und beruflichen Hierarchien wie auch innerinstitutionellen Freiheiten. Am Berliner KWI existierten entsprechend der damaligen patriarchalen und noch keineswegs demokratisierten Gesellschaftsordnung und dem Harnack-Prinzip deutlich gegenderte Hierarchien. Diese wurden aber an einigen Stellen, insbesondere über die soziale Herkunft und die überdurchschnittliche Ausbildung des weiblichen Personals relativiert. Die überlieferten Akten und Ego-Dokumente von Institutsmitarbeiterinnen erwecken gar den Anschein, dass das Institut für das weibliche Personal im Rahmen des damals Möglichen Freiheiten bot, die über das seinerzeit Übliche hinausgingen.

Die soziale Zusammensetzung des (weiblichen) technischen Personals am Heidelberger MPIL unterschied sich weitestgehend vom groß- und bildungsbürgerlichen Milieu des Berliner KWI. Die Angestellten des MPIL rekrutierten sich vornehmlich aus Heidelberg selbst, hier zumeist aus dem „einfachen“ (Klein-) Bürgertum. Hohe Erwartungen an formelle Vorausbildungen wurden hierbei kaum gestellt, vielmehr musste sich das technische Personal durch eigene Kompetenz und „learning on the job“ praktisch behaupten, wodurch zugleich unübliche Karrierewege und berufliche Aufstiege innerhalb der Institutsverwaltung möglich wurden. Die von Birgit Kolboske beschriebene „Objektifizierung“ und Berufssackgasse für Sekretärinnen lassen die aufgefundenen Unterlagen für das Institut als zumindest für den Zeitraum bis in die 1990er Jahre als fraglich erscheinen.

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Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm, Joachim Schwietzke und Gerda Wallenwein für ihre hilfreichen Anmerkungen zum Text.

[1] Birgit Kolboske, Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip. Frauen in der Max-Planck-Gesellschaft, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Bd. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2023.

[2] Kobolske (Fn. 1), 16.

[3] Kobolske (Fn. 2), 21.

[4] Die unlängst erschienene Studie von Juliane Scholz, Sozialgeschichte der Max-Planck-Gesellschaft. Personalentwicklung, Karrieren und Arbeitsbedingungen 19482005, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Bd. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2025, befasst sich leider ebenso nicht mit den sozialen Kontinuitäten aus der Zeit der KWG.

[5] Kolboske (Fn. 1), 16.

[6] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/20, AMPG.

[7] Kolboske (Fn. 1), 40; 41.

[8] Kolboske (Fn. 1), 40.

[9] Kolboske (Fn. 1), 42; 46.

[10] Kolboske (Fn. 1), 52.

[11] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Bd. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490528, 510.

[12] Armin von Bogdandy/Philipp Glahé, Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte, MPIL100.de.

[13] Zur Gruppe der Wissenschaftlerinnen am KWI und zur Biographie von Angèle Auburtin sind derzeit separate Beiträge von Alexandra Kemmerer in Arbeit. Zur Rolle der Frau in der Völkerrechtswissenschaft allgemein, siehe: Janne Nijman, Marked Absences: Locating Gender and Race in International Legal History, in: EJIL 31 (2020), 10251050; Immi Tallgren (Hrsg.), Portraits of Women in International Law: New Names and Forgotten Faces?, Oxford: Oxford University Press, 2023.

[14] Ordner “Personalakten Berlin AKo“, „Personalakten Berlin KrZ“ sowie „Stammkarten Berlin“, MPIL. Hinzu kommen Personalakten und Stammkarten von (ausschließlich) weiblichen Reinigungskräften und Küchenpersonal, die in diesem Beitrag nicht untersucht werden.

[15] Lilli Draugelattes/Abele, Sidonie von Engel, Ursula Weinrich/Grunow, Luise Grubener, Maria Heldendrung, Bärbel Lenczyk/Steinbrück, Elisabeth Rapp, Dorothea von Rehekampff, Else Sandgänger, Ingrid Stehn und Charlotte Zowe.

[16] Elisabeth von Bernstorff, Ingeborg von Engel und Irene Haehn/Hähn.

[17] Annelore Schulz und Ursula von Pflugk. Von Cornelia Bruns ist keine Akte überliefert, obgleich auch sie als Bibliothekarin bzw. Übersetzerin am Institut tätig war.

[18] Einige Frauen sind sowohl als Sekretärin als auch als Stenotypistin geführt, z.T. wechseln die Berufsbezeichnungen, wie im Falle Ellinor von Puttkamers, die zuerst als Sekretärin angestellt war und dann in die Wissenschaft wechselte. Hinzu kommt die Berufsbezeichnung der Fremdsprachenkorrespondentin, die ebenfalls nicht einheitlich geführt wird.

[19] Vgl. Durchschnittsentgelt in Euro/DM/RM, Anlage zum SGB, Sechstes Buch, BGBl I 2002, 869870; Das durchschnittliche Monatsgehalt variierte bei Angestellten 1938 zwischen knapp 170 und 585 RM, vgl.: O.V., Das deutsche Volkseinkommen 1938, in: Statistisches Reichsamt (Hrsg.), Wirtschaft und Statistik 19 (1939),  705708, 707.

[20] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/21, AMPG.

[21] Kolboske (Fn. 1), 50.

[22] Kolboske (Fn. 1), 50.

[23] Die angegebenen Berufe der Großväter deuten auf etwas mehr soziale Mobilität hin und umfassen neben gehobenen Berufen wie Gutsbesitzer, Rechtsanwalt, gräflicher Hauslehrer, Polizeipräsident, Geheimer Regierungsrat und Arzt, Hotelbesitzer, Bankier, Lehrer und Organist auch Bäckermeister, Schiffbauer, Baumeister, Bauunternehmer, Maschinenmeister, Landwirt und Weichensteller.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/6, AMPG.

[25] Es ist anzunehmen, dass die Baltendeutschen, wie auch die drei „Institutsrussen“ Nikolai N. Makarov, Nikolai von Martens und Georg von Gretschaninow, infolge der Oktoberrevolution 1917 ins Deutsche Reich immigrierten.

[26] „Konversation in der Mittagspause“, Zeichnung: unbekannt, in: Cornelia Bruns/M. Petrich/Liese Rapp (Hrsg.), Spaß-Festschrift Institutsjubiläum 1934, unveröffentlichtes Typoskript. Vom Verfasser zu erkennen sind: Lise Rapp (links) und Charlotte Behring (2.v.l.). Auch die anderen beiden Frauen werden Institutsangehörige gewesen sein.

[27] Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26).

[28] Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 6.

[29] In: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 5.

[30] Vgl.: „Der gute Ton in allen Lebenslagen“ und „Umgang mit Autoren“, in: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 5.

[31] So berichtet Hermann Mosler in kleiner Runde anlässlich des 70-jährigen Institutsjubiläums 1995 von der „Strenge“ und „starken Anspannung“, die insbesondere vom stellvertretenden Institutsdirektor Ernst Martin Schmitz ausgegangen sei: „Was im Institut erwartet wurde, wurde mir beim Antrittsbesuch bei Ernst Martin Schmitz klar. Über dem Sofa in seinem Dienstzimmer hing der Holzschnitt eines Boxers, der im Begriff war, dem zu Boden gehenden Gegner den K.O.-Kinnhaken zu versetzen“: Hermann Mosler, 70 Jahre Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19251995, unveröffentlichtes Typoskript, 1617.

[32] Zeichnung: unbekannt, in: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 16.

[33] Die Ausnahme stellen einige Pressefotos von Viktor Bruns und eine Aufnahme eines Arbeitstreffens des Referenten Joachim-Dieter Bloch mit Angehörigen der Luftwaffe dar, wie im Beitrag von Stefan Oeter verwendet.

[34] Sämtliche Begebenheiten der Institutsgeschichte, die das Institut als soziales Gefüge nach innen dokumentieren, wurden für das Heidelberger MPIL von den 1950er Jahren bis in die 1990er Jahre von den damaligen Verwaltungsleiterinnen Margarethe Noll und Gerda Wallenwein angelegt. Dokumentiert wurden somit v.a. von Frauen organisierte soziale Events (Geburtstagsfeiern, Dienstjubiläen, Verabschiedungen in den Ruhestand, Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern). Auch die komplette fotografische Dokumentation des Instituts geht auf von Gerda Wallenwein angelegte Alben zurück.

[35] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/32, AMPG.

[36] Annelore Schulz, Tagebuchaufzeichnung 7. Januar 1944, Bestand MPIL.

[37] Quelle: Privatarchiv Rainer Noltenius.

[38] Als Bruns 1931 das Deutsche Reich vor dem StIGH im Streit um die deutsch-österreichische Zollunion vertreten sollte „streikte seine Gesundheit, so dass er sich in der Universität einfach krankmeldete und Fräulein Greinert die dem Plädoyer vorausgehende Denkschrift zuhause diktierte. Er saß dann meist mit ihr im Garten, gönnte sich eine Nachmittagsruhe mit halbstündigem bis stündigem Schlaf und machte abends bei Zeiten Schluss“: Rainer Noltenius (Hrsg.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (18851952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, 122.

[39] Neben der Übermittlung privater Informationen, berichtet Greinert vom Leben auf Reisen, etwa während Bruns´ Vertretung der freien Stadt Danzig vor dem StIGH 1932: „Am Freitagabend hatte Ihr Herr Gemahl Stauffenberg, Frl. Klaaßen und mich ins Royal eingeladen. Wir waren alle sehr vergnügt, tranken Sekt und hatten viel Spaß an dem märchenhaften Essen. Ob es Leute gibt, die täglich solche Menüs aufzunehmen im Stande sind?“, Noltenius (Fn. 39), 126; ferner: Noltenius (Fn. 39), 123. Die teilweise extreme Arbeitsbelastung und Übernahme von „Care“-Arbeit betraf jedoch ebenso das männliche Institutspersonal. So berichtet Hermann Mosler 1995: „Der Institutsalltag […] dauerte bis zu 12 Stunden. Beinahe hätte ich meine eigene Hochzeit verpaßt, weil ich den Nachtzug nach Köln nicht erreicht hatte. […]. Die Ansprüche an die Mitarbeit waren hoch, die Anforderungen zur akribischen Beweisführung unerbittlich. Die menschliche Atmosphäre war klar und vertrauensvoll“: Mosler (Fn. 31), 16; Carlo Schmid musste als Referent und Assistent von Erich Kaufmann, des Prozessvertreters im Schiedsgerichtsprozess um die Liquidation der deutschen „Continental-Gesellschaft“ 1929, welcher plötzlich erkrankte, nächtelang kalte Umschläge machen, während Kaufmann bis zur Erschöpfung an seinem Plädoyer arbeitete: Petra Weber, Carlo Schmid (18961979): eine Biographie, München: Suhrkamp 1996, 66.

[40] Foto: MPIL.

[41] Auskunft Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[42] Foto: MPIL.

[43] Margarete Noll, Zwei Welten. Von der Gärtnerstochter zur Verwaltungsleiterin, MPIL100.de.

[44] Karl Doehring, Chronik des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Archiv der MPG (Hrsg.), Dahlemer Archivgespräche 12 (2006), 273277, 275; persönliches Gespräch Gerda Wallenweins mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[45] Auskunft Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[46] Das Amt der Verwaltungsleiterin sei seinerzeit die höchstdotierte Stelle des technischen Dienstes im Institut gewesen: Aussage Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[47] Foto: MPIL.

English

In 2023, Birgit Kolboske’s study Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip (English title: Hierarchies. The Max Planck Society in Gender Trouble) was published as part of the research programme ‘History of the Max Planck Society’.[1] In it, Kolboske examines the “role of women” within the Max Planck Society (Max-Planck-Gesellschaft, MPG) for the period from 1948 to 1998. Specifically, she focuses on two groups: female researchers and female secretaries. While the latter represent the historically largest group of women within the institution, Kolboske considers the occupation of secretary to be “a prime example of gender hierarchy” and epitomizing “traditional relations of domination” within the MPG.[2] While recent history of science research has increasingly focused on female researchers, the “working situation of non-academic staff amid the German research landscape has as yet largely been terra incognita”, to quote Kolboske.[3]

In response to Kolboske’s study, this contribution aims to examine the situation of secretaries at the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law (KWI) in Berlin and also take a look at the non-academic female staff at the MPIL in Heidelberg up to the 1990s. This is done on the basis of employee records of 21 female employees for the years 1939 to 1943 and personal testimonies. Since Kolboske’s study is limited to the Max Planck Society and rarely takes into account continuities from the Kaiser Wilhelm Society (Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, KWG), the documents preserved from the KWI for International Law can not only provide new insights into the social and educational history of female technical staff and into female self-perception at this institute, but also reveal micro-historical insights of exemplary significance for the history of science at the KWG/MPG as a whole.[4] In particular, it will be explored whether what Kolboske describes as a “archaic, gender-based top-down structure”[5] that characterised gender relations within the MPG equally applied to the women at the Institute for International Law.

“A Certain Pride of Place”. Female Staff at the KWI

“Saturday Outing” of the Institute’s female employees, September 1933: standing: Kätchen Rommert, Cornelia Bruns, Luise Grubener, Irmgard von Lepel, unknown, Gertrud Heldendrung; seated: Angèle Auburtin and Annelore Schulz (from left to right) [6]

In her study, Birgit Kolboske describes the profession of secretary as a “professional dead end” characterised by “monotony” and routine, a lack of recognition, a lack of opportunities for advancement and repetitive paperwork.[7] “They remain in the large firm what they were in the family: objects,” she quotes Theodor Adorno.[8] And indeed, the profession of secretary had expanded greatly in the course of the industrialisation and professionalisation of office and administrative work. Since technical and administrative office work such as typing and stenography were considered typical “women’s jobs”, the number of female employees in the commercial sector alone tripled between 1907 and 1925, leading to a veritable “secretarial boom”.[9] However, the profession of “secretary” was hardly regulated until 1941, and there was no standardised training. The necessary skills were mostly taught in private schools or evening classes.[10] Although Kolboske’s study unfortunately does not examine the professional situation of female technical staff at the KWG, the documents for the KWI for International Law suggest that the “professional dead end” outlined above did not apply to the Institute. Above all, the good education and social background of the female staff make the Institute appear to have been a privileged place to work with unusual freedom.

Ingo Hueck wrote that the composition of the (male) academic staff at the KWI for international law was “comparable to that at the Foreign Office: aristocratic origins, bourgeois tradition and a certain pride of place dominated.”[11] In line with the restrictive access to university education at the beginning of the 20th century and the high academic and foreign language requirements posed by the work of the Institute, researchers at the KWI belonged to the upper echelons of society.[12] Founding director Viktor Bruns, who came from a bourgeois Swabian family, deliberately favoured men who matched his own background in his hiring policy. On the other hand, the lack of competent personnel and the political pressure under which the KWI was operating in providing legal advisory for the Reich government in dealing the consequences of the Treaty of Versailles led to unconventional hiring decisions: Bruns turned to recruiting men with political views considered hardy socially acceptable within his own milieu (social democrats such as Hermann Heller and later Carlo Schmid) and hiring women as researchers, even if they, like Marguerite Wolff, Dorothea von Renvers, Ellinor von Puttkamer (and initially also Angèle Auburtin) had no formal legal training. Although a total of five women were employed as researchers in the first 20 years of the Institute, the vast majority of female staff worked in non-scientific, technical areas.[13] Nevertheless, many of the observations made about the male staff with regard to social background, level of education, and firm commitment to German national interest, which created a shared, elitist academic and social pride of place, also apply to them.

The collection of historical documents at today’s Max Planck Institute contain log cards for 21 female employees for the period from 1939 to 1943, as well as employee records of nine women who worked as secretaries at the Institute between 1936 and 1942.[14] Despite their incompleteness due to the war, the documents provide a deeper insight into the social and educational history of the women at the KWI. Some files contain detailed CVs and “Aryan certificates” documenting the ‘racial’ but also social origins of the families back to the grandparents’ generation. Between 1939 and 1943, two women are listed in the employee records as researchers: Angèle Auburtin as a research fellow and Ellinor von Puttkamer as a research assistant (doctoral candidate). The occupations listed for women in non-scientific fields are secretary (13)[15], stenographer (3)[16] and librarian (2).[17] However, the job titles listed in the log cards only reflect the women’s actual activities to a limited extent, as they are often not used in a precise manner or multiple and changing job titles are listed.[18] The monthly salary of secretaries ranged from 320 RM to 510 RM (executive secretary), while a research fellow earned between 500 RM and 800 RM, depending on their level of experience. Since the average monthly salary in 1940 was just under 180 RM, the secretaries’ pay can be considered above average.[19]

Irony or feudalism? Employees Lise Rapp, Annelore Schulz, and Gertrud Heldendrung perform a one-act play in the Biedermeier room of the Bruns family villa, on the occasion of Viktor and Marie Bruns’ 50th birthday in 1935.[20]

Regarding the age distribution of women at the Institute, it is striking that it is quite homogeneous: seven women were born between 1890 and 1899, twelve between 1903 and 1916, and the two youngest in 1918 and 1921. The generational structure of female employees reflects the increased educational and labour market opportunities for women. In the 1920s, access to general higher education and universities had expanded for women. The profession of secretary was usually taken up by women from the bourgeois and professional classes.[21] While (married) women from bourgeois families typically did not work for reasons of societal etiquette, the economic and demographic upheavals of the First World War increasingly forced unmarried and well-educated daughters of wealthy families to earn their own living.[22] The 21 women working at the KWI all came from the upper echelons of bourgeois society (15) or nobility (6). Their fathers’ professions were listed in the employee records as: architect, privy councillor, estate owner, judicial administrator, merchant, teacher, ministerial director, chief engineer, organist, and solicitor and notary.[23]

After work, at the portal of Berlin Palace: Jutta Selling, unknown, Annelore Schulz, Zowe-Behring, Gertrud Heldendrung (from left to right), photograph taken in 1931 [24]

However, women taking up employment was not solely motivated by financial hardship, but also created financial and social independence, which – especially in Berlin – often culminated in the ideal of the “new woman”. This may explain why 17 of the 21 women employed at the KWI were single, two were divorced (one of them a single mother and later the mother of a second, illegitimate child) and only two were married, one of whom left the Institute after getting married. The fact that the Institute, and Berlin more generally, as a place of work had an emancipatory effect and appeal can be gauged by the fact that almost half of the women came from the East German periphery (Posen, Silesia, Pomerania, East Prussia: 8) or were Baltic Germans (3), which often went hand in hand with multilingualism (Russian/Polish/German).[25] Foreign language skills were very prevalent generally, as fluency in French and English was a basic requirement for employment at the Institute. Two women were proficient in Spanish (one of them, Irene Hähn, had worked as an administrative secretary and bookkeeper for three years in Madrid, one year in Paris and one year in London), another secretary had been a Polish translator at Ullstein. Most of the women already had professional experience when they applied to the KWI. In terms of competence and social background, the female office staff at the KWI thus differed significantly from the majority of secretaries at the time.

Women’s Work at the KWI in Self-Testimonies

“Have you read what Schopenhauer said about women?” – “Oh, you know, when a man has to use so many words to prove his superiority, that’s the foremost sign of him not feeling entirely confident.” [26]

A humorous commemorative bulletin from 1934, which was mainly produced by the Institute’s female employees, makes their self-image tangible:[27] It contains poems, sketches and hand-drawn caricatures that depict life at the Institute and its protagonists from a decidedly female perspective. In these, it both reproduces gender-stereotypical roles and hierarchies of the time and, at the same time, questions them satirically. For example, it tells the story of an unnamed ‘Good Samaritan’ (presumably the executive secretary Ellinor Greinert), whose willingness to make sacrifices is described in a manner that is both appreciative and ironic. As the guardian of the Institute’s medicine cabinet, responsible for all medical interventions from migraines to knife cuts in the finger, she shows no consideration for herself when the service of the “high boss” (Viktor Bruns) demands it. When he notices, at the train station, shortly before embarking on an important trip abroad, that he has forgotten his passport, the “Good Samaritan” of the Institute

“notified by telephone, rushes to Zehlendorf [to Bruns’ private residence] to retrieve it. Yet, the key to the glass door of the desk cabinet behind which it is resting is missing! Without hesitation and disregarding the danger to her life, the brave woman smashes the glass with her hand, grabs the document and just so manages to pass it, with her bandaged hand, into the departing train!” [28]

Other forms of “typically female” social behaviour, such as the “tendency to drink coffee in packs” among female employees, become the subject of ironic self-reflection as well, as do the adversities of the “most feminine” of all office tasks, typing:

Cornelia Bruns, Der Tippfehlerteufel [“The Typo Devil”] [29]

The commemorative bulletin also caricatures the power relations between boss and secretary, as expressed in the cartoon Das Gewitter (“The Thunderstorm”). The sometimes limited social skills (irritability, impatience, know-it-all attitude) of certain male higher-ups (Asche Graf Mandelsloh, Herbert Kier) are mentioned in the typoscript in a relatively blunt manner.[30] Although male members of the Institute also suffered from hierarchies or certain character traits of their superiors, critical comments on this are rarely documented, as professional dependencies and loyalties may have been stronger in this context.[31]

Das Gewitter (“The Thunderstorm”)[32]

In addition to the contributions to the bulletin, memories of the women of the KWI have been preserved in photographs in the Archives of the Max Planck Society. The pictures mainly show self-confident young women, some dressed fashionably in straight cut “flapper” style dresses, some even wearing ties. They document exclusively the female working and living environment at the Institute and show secretaries and librarians at their workplaces in the Berlin Palace, preparing the Institute’s lunch table, on company outings, at celebrations and coffee parties. In striking contrast to this, there is a lack of photographic documentation of the male working environment, which is practically non-existent in pictures.[33] Due to their subject matter and the intimacy and familiarity with the subjects they convey, the pictures from the KWI era suggest that they were taken by a woman. In addition, the Institute’s histography reveals an internal division of labour along gender lines, which was later continued at the Heidelberg Institute: Women were (and are) responsible for social matters. The preparation and organisation of non-academic Institute celebrations (birthdays, anniversaries, et cetera) and their commemoration in photo albums, greeting cards, and round letters was (and is) “women’s work”.[34]

Secretaries as “Brokers” Between Professional and Home Life

“Typical” women’s work: janitor’s wife Anna Kretschmer (left) with assistants during meal preparation, photo taken around 1935[35]

Although there were hierarchical and position-related differences between men and women at the Institute, these were, in large part, levelled out by a shared social background and habitus. Among the female employees in particular, there was a kind of semi-private space that “transcended” the professional differences in rank between men and women. It is possible to reconstruct from the context of the Institute, for example, close and sometimes friendly relationships between Viktor Bruns’ wife and daughters and some of the KWI employees. While the Bruns daughters mainly socialised with young women of the same age from the Institute to visit the theatre or the opera,[36] the relationship between the “boss’s wives” (Marie Bruns and Hanni Blass, the wife of the library director) and some of the Institute’s female employees was of a semi-professional, semi-private nature. Employees, such as the executive secretary Ellinor Greinert or the librarian Annelore Schulz can be regarded as ‘brokers’ between the Institute and the domestic sphere of the directors’ wives, who wanted access to their husbands’ professional lives and could only get it through their employees. The “intermediate figure” per se in the Institute context is Cornelia Bruns, Viktor Bruns’ third cousin, who was a part of the family as “Aunt Cörnchen” and at the same time worked at the Institute as a librarian.

Ellinor Greinert, drawing by Marie Bruns, undated [37]

Marie Bruns and Ellinor Greinert in particular had a close relationship, based on the personal friendship between the two women, but also on their shared “care work” for Viktor Bruns, who suffered from heart disease. Ellinor Greinert even lived with the Bruns family for some time, when Viktor Bruns was only able to work from home due to his heart problems.[38] Greinert, the “Good Samaritan”, also accompanied Bruns on international work trips, where she was responsible for handling his official correspondence and transcribing his pleadings (in French) at night, while at the same time conducting a kind of “secret correspondence” with his wife, who, back in Berlin, was concerned about her husband’s health.[39]

“A True Child of Handschuhsheim”. Female Staff at the Heidelberg MPIL (1954–1997)

Brigitte Bopp/Moll, secretary in Prof. Bernhardt’s anteroom, Dorothee Bender, typist, Gerda Wallenwein and Hilde Vaupel, both from the administrative department (from left to right) [40]

The re-establishment of the Institute in Heidelberg in 1949 was accompanied by significant changes in the staff composition. The majority of the technical (female) staff of the old KWI did not transfer to the new Institute. Due to the turmoil of war and the uncertain (financial) situation of the Kaiser Wilhelm Society, the continuation of which remained unclear until 1948, most of the Institute’s employees had been forced to seek other employment or had been dismissed. In addition, since the destruction of its premises in Berlin Palace in 1945, the Institute had been spread out across various locations in Berlin and Heidelberg, the place of residence of Viktor Bruns’ successor as director, Carl Bilfinger. Until 1960, a branch of the Institute remained in Berlin, while a new main location had been built in Heidelberg in 1954. Some of the staff remained at the small Berlin office until it was closed down (including librarians Annelore Schulz and Cornelia Bruns and secretary Gertrud Heldendrung). Ellinor Greinert, as an executive secretary, transferred to Heidelberg, where she retired in 1955. With the termination of the Berlin office, employees Annelore Schulz, Irmgard von Lepel, and Cornelia Bruns also gradually moved to Heidelberg by 1960. New research staff was recruited in Heidelberg as well, so that in many respects a new beginning took place at the personnel level. A clear break can be seen with regard to the employment of female research staff: With the exception of Mila von Hippel, who later worked in the library, it was not until 1970 that, with Karin Oellers-Frahm, another female research fellow would join the Institute.

From then on, the technical staff in particular was made up of local Heidelberg residents (mainly from the Handschuhsheim district, in the neighbourhood of which the Institute is located), which made the Institute significantly “more working-class”. Unlike in Berlin, the recruitment of new staff took place in the context of rapid reconstruction and fierce competition for qualified administrative personnel. Positions were often filled through word of mouth, and close family ties among employees were not uncommon. Here, again, the Institute often took unconventional steps and filled non-academic positions with people who did not necessarily fulfil the respective formal requirements. Instead, Hermann Mosler’s recruitment policy was based on pragmatic considerations: he took whoever he could get, and those who proved capable were either trained on the job or trained themselves. The position of head of administration at the MPIL, for example, was held exclusively by women who had neither studied at university nor completed any professional training in the field of administration, from 1959 onwards until 1997 – a unique situation within the MPG.[41]

The director’s anteroom. Brigitte Bopp/Moll (left) and Ursula Wedder, 1986[42]

The new recruitment policy in Heidelberg is exemplified by the career path of the former head of the administration Margarethe Noll (1931–2023). The daughter of a Heidelberg gardener from a “very modest background” had trained as a foreign language secretary and interpreter and, on the advice of her uncle, applied for a secretarial position at the Institute in 1953. Noll’s life story, published on this blog, shows a sense of alienation from the old upper-class world of the Institute, as embodied until 1954 by Carl Bilfinger, in whose villa at the Heidelberg Philosophenweg the MPIL was initially housed. The spacious house and Bilfinger’s collection of “Old Masters” intimidated the 22-year-old, as did the executive secretary Ellinor Greinert, who spoke “with an East Prussian accent”, and the “customs” at the Institute, which seemed to her like something from another world:

“She would often tell me stories from Berlin times […] But she also impressed me with her attitude. She admonished us young girls when we were eager to help at a dinner at the director’s house: ‘Please, ladies, only one lady should get up at a time. There will be too much commotion otherwise.’ When, before the celebration of his 75th birthday, Professor Bilfinger asked: ‘What will the ladies be wearing?’, she replied: ‘Professor, we will know what to wear to honour you on the occasion.’”[43]

Although Margarethe Noll lacked administrative training, she quickly rose through the ranks at the Institute. Within her first year, Noll took over the bookkeeping and, in addition to occasionally looking after the Institute director’s children, was responsible for the 300,000 DM budget for the construction of the new Institute building. Despite never having studied at university and being unfamiliar with the upper-class milieu, as the minute-taker for the board of trustees’ meetings, Noll had regular personal contact with professors, judges of the Federal Constitutional Court, Nobel Prize winners and business executives (“’Normal’ people don’t get to be there.”). Margarethe Noll seems to have successfully lived up to all the expectations placed on her: in 1959, she was appointed head of the administration, a position she held until leaving the Institute in 1964 after starting a family. Noll’s cousin Gerda Wallenwein, whom she herself had recruited for the Institute in 1959, followed in her footsteps. She too was, in Karl Doehring’s words, ‘a true child of Handschuhsheim.’[44] After receiving business training at vocational school, she was initially employed in the library’s periodicals department before moving to the administrative department in 1966, where she took over as head of administration in 1997 and managed a budget that had grown to one million DM.[45] Although Gerda Wallenwein also took on social tasks “typical for women” (she documented the entire social life of the Institute in the form of extensive photo albums and file folders spanning decades), her salary and area of responsibility testified to the Institute’s official recognition of her work.[46]

Awash with work. Gerda Wallenwein, Brigitte Moll and Ursula Wedder (from left to right) in the tea kitchen, 1986[47]

Until the 1990s, little changed in the recruitment policy of the Institute. Male researchers continued to dominate the academic department, while the technical staff in the library, the administrative department and the director’s anteroom were predominantly women. Not only did female employees dominate (and continue to dominate) within the administration, in the pre-digital era, all typing and editing tasks involved in the production of scientific publications or expert reports were carried out exclusively by women. In the 1990s, the “classic secretary” began to disappear from the Institute, replaced by dictation machines and computers. Jobs in the administrative department and the library were professionalized, and new hires had to meet formal training requirements. A lot of writing and editing work disappeared with digitalisation and is now done by the researchers themselves. At the same time, career paths within the Institute became more “fixed”, and opportunities for advancement like those that opened up for Margarete Noll or Gerda Wallenwein are now no longer possible.

Conclusions

Looking back at the history of female secretaries and technical staff at the Kaiser Wilhelm and Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, a complex picture emerges, featuring gender roles typical of the zeitgeist and professional hierarchies as well as inner-institutional freedoms. Gendered hierarchies existed at the Berlin KWI, in line with the patriarchal and by no means democratised social order of the time and the Harnack principle. However, these were levelled in some areas, particularly due to the privileged social background and above-average education of female staff. The surviving documents and self-testimonies of female Institute employees even give the impression that the Institute offered female staff freedoms that went beyond what was customary at the time, within the limits of what was possible.

The social composition of the (female) technical staff at the MPIL in Heidelberg differed greatly from the bourgeois milieu of the KWI in Berlin. The employees of the MPIL were recruited primarily from Heidelberg itself, mostly from the “modest” (lower) middle classes. High expectations of formal prior training were hardly ever set; rather, technical staff had to prove themselves in practice through their own competence and “learning on the job”, which at the same time made unusual career paths and professional advancement within the Institute’s administration possible. In light of the documents discovered, Birgit Kolboske’s interpretation of secretaries being subject to “objectification” and falling into a professional dead end appears highly questionable, at least for the period up to the 1990s.

***

The author would like to thank Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm, Joachim Schwietzke, and Gerda Wallenwein for their helpful comments on the text.

[1] Birgit Kolboske, Hierarchies. The Max Planck Society in Gender Trouble, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft/Studies on the History of the Max Planck Society Vol. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2024.

[2] Kobolske (fn. 1), 16.

[3] Kobolske (fn. 1), 21.

[4] The recently published study Juliane Scholz, Sozialgeschichte der Max-Planck-Gesellschaft. Personalentwicklung, Karrieren und Arbeitsbedingungen 19482005, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft/Studies on the History of the Max Planck Society Vol. 6, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2025, unfortunately does not deal with the social continuities from KWG times either.

[5] Kobolske (fn. 1), 16.

[6] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/20, Archives of the Max Planck Society.

[7] Kobolske (fn. 1), 40; 41.

[8] Kobolske (fn. 1), 40.

[9] Kobolske (fn. 1), 42; 46.

[10] Kobolske (fn. 1), 52.

[11] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Vol. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490528, 510.

[12] Armin von Bogdandy/Philipp Glahé, Two Defeats in Two World Wars as a Red Thread in the Institute’s History, MPIL100.de.

[13] Separate contributions on the group of female scientists at the KWI and on Angèle Auburtin’s biography by Alexandra Kemmerer will be published soon. On the role of women in public international law scholarship more broadly, see: Janne Nijman, Marked Absences: Locating Gender and Race in International Legal History, in: EJIL 31 (2020), 10251050; Immi Tallgren (ed.), Portraits of Women in International Law: New Names and Forgotten Faces?, Oxford: Oxford University Press, 2023.

[14] Folders “Personalakten [Employee Records] Berlin AKo“, „ Personalakten [Employee Records] Berlin KrZ“, and „Stammkarten [Log Cards] Berlin“, MPIL. There are also employee records and log cards of the (exclusively) female cleaning and kitchen staff, which are not part of the scope of this contribution.

[15] Lilli Draugelattes/Abele, Sidonie von Engel, Ursula Weinrich/Grunow, Luise Grubener, Maria Heldendrung, Bärbel Lenczyk/Steinbrück, Elisabeth Rapp, Dorothea von Rehekampff, Else Sandgänger, Ingrid Stehn, and Charlotte Zowe.

[16] Elisabeth von Bernstorff, Ingeborg von Engel, and Irene Haehn/Hähn.

[17] Annelore Schulz and Ursula von Pflugk. No file on Cornelia Bruns has been discovered, even though she worked at the Institute as a librarian and translator.

[18] Some women are listed both as secretaries and as stenographers, and in some cases their job titles change, as in the case of Ellinor von Puttkamer, who was first employed as a secretary and later transferred to the academic department. There is also the job title of foreign language correspondent, which is not used consistently either.

[19] Cp. Durchschnittsentgelt in Euro/DM/RM, Anlage zum SGB, Sechstes Buch, BGBl I 2002, 869870; the average monthly salary of employed workers in 1938 varied between just below 170 and 585 RM, cp.: Das deutsche Volkseinkommen 1938, in: Statistisches Reichsamt (ed.), Wirtschaft und Statistik 19 (1939),  705708, 707.

[20] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/21, Archives of the Max Planck Society.

[21] Kobolske (fn. 1), 50.

[22] Kobolske (fn. 1), 50.

[23] The occupations listed for the grandfathers indicate a slightly higher degree of social mobility as they include, in addition to very high-status positions such as estate owner, solicitor, count’s tutor, police chief, privy councillor and doctor, hotel owner, banker, teacher, and organist, occupations like master baker, shipbuilder, master builder, building contractor, master machinist, farmer and signalman.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/6, Archives of the Max Planck Society.

[25] Most likely, these Baltic Germans, like the three “Institute-Russians” Nikolai N. Makarov, Nikolai von Martens, and Georg von Gretschaninow, had immigrated to the German Reich following the 1917 October Revolution.

[26] „Konversation in der Mittagspause“ [“Conversation during Lunch Break”], Sketch: unknown artist, in: Cornelia Bruns/M. Petrich/Liese Rapp (eds.), Spaß-Festschrift Institutsjubiläum 1934 [humorous commemorative bulletin of the Institute’s anniversary 1934], unpublished typoscript. Identifiable by the author are: Lise Rapp (left) and Charlotte Behring (2nd from left). Presumably the other women were members of the Institute as well.

[27] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26).

[28] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 6.

[29] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 5.

[30] Cp.: „Der gute Ton in allen Lebenslagen“ and „Umgang mit Autoren“, in: Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 5.

[31] In a similar vain, during an intimate celebration of the Institute’s 70th anniversary in 1995, Hermann Mosler spoke about the “seriousness” and “intense tension” that emanated in particular from the deputy director of the Institute, Ernst Martin Schmitz: “What was expected at the Institute became clear to me during my inaugural visit to Ernst Martin Schmitz. Above the sofa in his office hung a woodcut of a boxer about to deliver a knockout punch to his opponent falling to the ground.”: Hermann Mosler, 70 Jahre Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19251995, unpublished typoscript, 1617.

[32] Sketch: unknown artist, in: Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 16.

[33] A few press photos of Viktor Bruns and a photograph of a meeting between research fellow Joachim-Dieter Bloch and members of the Luftwaffe, as used in Stefan Oeter’s contribution, constitute rare exceptions.

[34] All events in the Institute’s history that document its internal social structure were recorded for the Heidelberg MPIL from the 1950s to the 1990s by the then administrative directors Margarethe Noll and Gerda Wallenwein. The documentation thus mainly covers social events organised by women (birthday parties, service anniversaries, retirement parties, company outings, Christmas parties). The entire photographic documentation of the Institute also goes back to albums created by Gerda Wallenwein.

[35] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/32, Archives of the Max Planck Society.

[36] Annelore Schulz, Diary Entry of 7 January 1944, MPIL Archive.

[37] Source: Private Archive of Rainer Noltenius.

[38] When Bruns was supposed to represent the German Reich before the PCIJ in the dispute over the Austro-German Customs Union in 1931, “his health failed, so he simply reported sick to the university and dictated the memorandum preceding the pleading to Miss Greinert at home. He usually sat down with her in the garden, allowed himself an afternoon rest with half an hour to an hour of sleep, and finished up at a reasonable hour at night”: Rainer Noltenius (ed.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885–1952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, 122.

[39] In addition to conveying private information, Greinert reports on life while travelling, for example during Bruns’ representation of the Free City of Danzig before the PCIJ in 1932: “On Friday evening, your husband took Stauffenberg, Miss Klaaßen, and me to the Royal. We were all very cheerful, drank sparkling wine, and took great joy in the marvellous meal. One wonders: Are there people able to stomach such menus every day?”: Noltenius (fn. 38), 126; also: Noltenius (fn. 38), 123. However, the sometimes-extreme workload and assumption of “care” work also affected the male staff of the Institute, as reported, for example, by Hermann Mosler in 1995: “A typical day at the Institute […] lasted up to 12 hours. I almost missed my own wedding because I didn’t make the night train to Cologne. […]. The demands on contributions were high, the requirements for meticulous reasoning were relentless. The interpersonal atmosphere was open and trusting”: Mosler (fn. 31), 16; Carlo Schmid, then an advisor and assistant to Erich Kaufmann, the German representative in the arbitration proceedings concerning the liquidation of the German Continental-Gesellschaft of 1929, who had suddenly fallen ill, spent several nights preparing cold compresses for Kaufmann who worked on his pleading to the point of exhaustion.

[40] Photo: MPIL.

[41] Information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[42] Photo: MPIL.

[43] Margarete Noll, Between Two Worlds. From a Gardener’s Daughter to Head of Administration, MPIL100.de.

[44] Karl Doehring, Chronik des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Archives of the Max Planck Society (ed.), Dahlemer Archivgespräche 12 (2006), 273277, 275; information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[45] Information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[46] The position of head of administration used to be the highest-paying position within the Institute’s technical department: information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[47] Photo: MPIL.

Stefan Georges langer Schatten. Die Stauffenberg-Büste am Institut

The Long Shadow of Stefan George. The Stauffenberg Bust at the Institute

Deutsch

Im Eingangsbereich des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg (MPIL) befindet sich eine Büste Berthold Schenk Graf von Stauffenbergs (1905-1944). Stauffenberg war von 1929 bis zu seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 Angehöriger des Instituts. Zusammen mit dem großformatigen Triptychon von H. D. Tylle „Der 9. November 1989 in Deuna, am Morgen danach“ und der Büste Max Plancks gehört das Stauffenberg-Bildnis zu den prägenden Kunstgegenständen am Institut. Wenngleich der Dargestellte von den wenigsten auf Anhieb erkannt und zumeist mit seinem weitaus populäreren Bruder Claus verwechselt wird, der das gescheiterte Bombenattentat auf Adolf Hitler ausgeführt hatte, scheint die Präsenz der Büste folgerichtig: Man liest sie als das Bekenntnis des Instituts zu seinem früheren Mitarbeiter wie auch zum Kampf gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime. Das war jedoch nicht immer so. Wenngleich sich die Büste bereits seit 1974 im Besitz des MPIL befindet, erfuhr sie ihre zentrale Aufstellung erst 1996 mit dem Bezug des aktuellen Gebäudes im Neuenheimer Feld, als das damalige Direktorium (Jochen Frowein und Rüdiger Wolfrum) entschied, sie im Atrium zu positionieren. Ihren heutigen Platz am Haupteingang hat die Büste seit der Fertigstellung des Verwaltungsanbaus im Jahr 2019. Vor 1996 jedoch fristete sie ein regelrechtes Schattendasein. Im früheren Gebäude in der Berliner Straße stand sie mehr als 20 Jahre weit abgeschlagen im zweiten Stock, wo ihr kaum jemand begegnete. Der Grund hierfür war die Abneigung des langjährigen Institutsdirektors Hermann Mosler gegenüber der Büste, die ihm schon 1966 von seinem Bonner Kollegen Karl Josef Partsch als Geschenk angeboten worden war. Über Jahre hinweg hatte Mosler versucht, die Aufstellung zu verhindern – und das, obgleich er dem „Dritten Reich“ distanziert gegenübergestanden und sich auch zum Widerstand des 20. Juli 1944 bekannt hatte. Somit drängt sich die Frage auf, welches Problem Hermann Mosler in der Büste sah und welche Geschichte das Objekt umgibt. Dem möchte dieser Blogbeitrag auf den Grund gehen.

Ein unwillkommenes Geschenk. Karl Josef Partsch und die Büste

Fotografie des Abgusses von Karl Josef Partsch, patiniert und in ästhetisierender Beleuchtung[1]

Am 18. Januar 1966 schrieb der Bonner Völkerrechtler Karl Josef Partsch einen Brief an Hermann Mosler, in welchem er ihm von einem Gespräch mit seinem Freund Helmut Strebel, seines Zeichens Schriftleiter der ZaöRV, berichtet. Bei Strebel und Partsch, der als passionierter Kunstsammler über eine umfangreiche Skulpturensammlung verfügte, war die Idee aufgekommen, „in den neuen Bauten des Institutes einen Portraitkopf von Berthold von Stauffenberg aufzustellen“.[2] Partsch bot Mosler an, einen Nachguss des Originals aus seiner Sammlung für das Institut anfertigen zu lassen. Moslers Antwort folgte knapp zwei Wochen später. Sie fiel zurückhaltend und widersprüchlich aus:

„Die Aufstellung einer Büste ist etwas Unwiederholbares, das für andere nicht in Anspruch genommen werden kann. Sie bedeutet, dass eine Person zum Mittelpunkt, sei es gemeinsamer Erinnerungen oder gemeinsamer Anschauungen der im Institut Arbeitenden erhoben, möglicherweise sogar zum Symbol für den Geist des Hauses gemacht wird. Das Alter, in dem die Büste entstanden ist, und der als Opfer angenommene Tod machen es wahrscheinlich, dass die Aufstellung der Büste an hervorragender Stelle als Symbol empfunden wird. Selbst diejenigen, die Berthold Stauffenberg als Institutskollegen gekannt haben, werden sich beim Anblick der Büste wahrscheinlich nicht an den Menschen erinnern, den sie täglich gesehen haben.“[3]

Ferner führt Mosler aus:

„Ein solches Symbol darf nicht aufgenötigt, sondern muss angenommen werden. Ich glaube nicht, dass es sich um eine Frage der politischen Einstellung zu den Geschehnissen von 1944 handelt. Meine eigene Position kennen Sie. Sie wissen wohl auch, dass Berthold Stauffenberg drei Tage vor dem Attentat mit mir verabredet hat, das Institut der zu erwartenden neuen Regierung zur Verfügung zu stellen.“

Obgleich Mosler sich zu seinem früheren Kollegen und dessen Widerstand bekannte, zeigt er ein deutliches Unbehagen gegenüber Partschs und Strebels Vorschlag. Mosler fürchtete, dass mit der Büste eine Art „Gedenkkult“ ins Institut einziehen könnte. Überdies äußert er Bedenken, dass die Büste von den Institutsmitarbeitern als „aufgenötigt“ empfunden werden könnte und weist darauf hin, dass es inzwischen „eine neue Generation“ im Institut gebe, die „anderes erlebt“ habe, ohne genauer auszuführen, was er damit meint.[4]

Mosler wollte die Sache mit seinem verklausulierten Absage-Schreiben auf sich beruhen lassen, doch Partsch und Strebel ließen nicht locker. Über Jahre hinweg hakten sie bei Mosler nach, stets blieben Moslers Antworten im Ungefähren, stets spielte er auf Zeit. Als Partsch 1967 einen neuen Anlauf nahm, antwortete Mosler, er sei mit Strebel „alle Möglichkeiten einer gleichzeitig würdigen und nicht aufdringlichen Aufstellung“ durchgegangen, wobei er zu dem Schluss kam, die Büste lieber nicht im Institut selbst, sondern außerhalb, im noch im Bau befindlichen Max-Planck-Haus, aufzustellen. Alternativ käme sein – ebenfalls noch nicht fertiggestelltes – neues Büro infrage, „allerdings nicht vor Ende 1969“.[5] Partsch und Strebel war jedoch an einer möglichst wirkungsvollen Aufstellung des Porträtkopfes im Institut selbst gelegen. 1972 wurde die Büste erstmals probeweise im MPIL aufgestellt, wobei Strebel darauf drang, sie auf einem Marmorsockel mit einer Scheitelhöhe von 1,85m zu positionieren, was augenscheinlich Stauffenbergs Körpergröße entsprochen hätte.[6] Anschließend verschwand die Büste wieder aus dem Institut, ehe sie Ende 1974, bald neun Jahre nach Partschs Vorschlag und gerade noch rechtzeitig zum 50-jährigen Institutsjubiläum, doch aufgestellt wurde – auf einem schlichten und niedrigen Sockel aus Muschelkalk, dezentral im zweiten Stock.[7] Eine Einweihung oder Ansprache gab es nicht.

„Du bist als heiland dieser welt gesandt“. Berthold von Stauffenberg und Stefan George

Heiland mit Jüngern. Stefan George, Claus und Berthold von Stauffenberg, 1924[8]

Du hast mich feste in Deinen bann geschlagen / Du herrscher meines seins nun ganz und gar / Ich will all diese lasten gerne tragen / Denn Deine hand – so leise – streicht mein Haar

– Berthold von Stauffenberg über Stefan George [9]

Einen wesentlichen Grund für Moslers Ablehnung der Stauffenberg-Büste muss man in ihrem Entstehungskontext sehen, ging die Büste doch aus dem Kreis um den Dichter Stefan George (1868–1933) hervor, dessen politische Einstellung und ästhetizistisches Programm der MPIL-Direktor ablehnte. Aber nicht nur Berthold von Stauffenberg und der Erschaffer der Büste, der Bildhauer Frank Mehnert (1909–1943)[10], gehörten zum engsten Zirkel um George, Karl Josef Partsch (1914–1996) tat es ebenso.[11] Auch Helmut Strebel (1911–1992), dessen Onkel Max Kommerell Georges womöglich größte Liebe gewesen war, befand sich im Georgeschen Geisteskosmos, wenngleich seine eigene Aufnahme in den Kreis gescheitert war.[12]

Stefan George gehörte um die Jahrhundertwende zu den bekanntesten, aber auch umstrittensten deutschen Dichtern. Stark beeinflusst vom französischen Symbolismus entwickelte er eine ästhetizistische Lyrik mit Anleihen an die antike Kultur und die mittelalterliche deutsche Mystik, die sich als Gegenbewegung zur „Vermassung“ und „Amerikanisierung“ von Kultur und Gesellschaft im spätindustriellen Zeitalter verstand.[13] Aufgrund ihrer Voraussetzungshaftigkeit wirkte Georges Dichtung auf die seinerzeitige intellektuelle und akademische Avantgarde besonders anziehend. Große Wirkung übte George aber auch durch seine kunstvolle Selbstinszenierung als seherischer Dichterkönig aus, der als charismatischer „Meister“ eine handverlesene Gruppe begabter junger „Schüler“, seinen männerbündisch organisierten „Kreis“, um sich scharte. Das Binnenleben des Kreises war charakterisiert durch die kultische Verehrung Georges, der das Ziel verfolgte, eine neue Geistesaristokratie in Kunst, Gesellschaft und Wissenschaft als Vertreter eines „Neuen Reiches“, des sogenannten „Geheimen Deutschlands“ heranzuziehen. Hierunter verstand George ein „anderes“, in mystischer Überhöhung liegendes Deutschland, das gleichsam die Verwirklichung seiner intellektuell-ästhetischen Ansprüche anstrebte.[14] Der Zugang zum Kreis war nur zu „echtem Führertum“ Berufenen und aus „heldisch gehobenem Menschtum“ Hervorgehenden vorbehalten.[15] Der Initiationsprozess war kompliziert und langwierig. Ältere Kreismitglieder hielten hierbei systematisch Ausschau nach potentiellen Neuzugängen, die – vielfach minderjährig – nach optischen und geistigen Kriterien (gerne auch am Strand[16]) ausgewählt und sorgsam auf eine Begegnung mit dem „Meister“ vorbereitetet wurden.[17] Aufgrund Georges homoerotischer und pädophiler Orientierung, die unter dem Deckmantel des „pädagogischen Eros“, einer stark ästhetisierten und Übergriffe legitimierenden Meister-Schüler-Beziehung, verklärt wurde, war der Zugang nur gutaussehenden jungen Männern und Knaben gestattet.[18]

Die dritte Generation des George-Kreises, Foto nach 1925. Claus (zweite Reihe, 2. v. r.) und Berthold von Stauffenberg (erste Reihe, 2. v. r.) mit Frank Mehnert (erste Reihe, 3. v. r.).[19]

Zu den „Jüngern“ Georges gehörten auch Berthold von Stauffenberg, sein Zwillingsbruder Alexander und der jüngere Bruder Claus, die 1923 im Alter von 18 beziehungsweise 15 Jahren von einem Bekannten der Familie in den Kreis eingeführt worden waren.[20] George war von den Stauffenberg-Brüdern begeistert, entsprachen sie ihrem Aussehen nach wie durch ihre adelige Herkunft ganz seinem Geschmack. Auf die drei Jugendlichen übte der knapp 40 Jahre ältere „Dichterfürst“ eine kaum zu unterschätzende Wirkung aus, wie Berthold von Stauffenbergs in der Stefan Georges minimalistischer Ästhetik folgenden Kleinschreibung gehaltenen Worte über die erste Begegnung mit George zeigen: „Du hast mich bezwungen und gebannt (…) / Du bist als heiland dieser welt gesandt“.[21] Mit den Stauffenbergs ging George jedoch nie ein sexuelles Verhältnis ein.[22] Dennoch gehörten Berthold und sein Bruder Claus zum engsten Zirkel um den Dichter.

George stellte hohe Erwartungen an seine Jünger. So verlangte er, dass sie sich nicht nur an seinen eigenen Werken und denjenigen, die aus dem Kreis heraus entstanden, schulten und bildeten, sie sollten auch in ihrem zivilen Beruf im Georgeschen Sinne tätig sein und auf diese Weise einen Beitrag zur Verwirklichung des „Geheimen Deutschlands“ leisten. Im Fall des Juristen Berthold von Stauffenberg stellt sich die berufliche Umsetzung des Georgeschen Denkens jedoch als schwierig dar. Anders als bei der Rechtswissenschaft hatte George beispielsweise im Bereich der Geschichtswissenschaft einen weitaus größeren Einfluss, indem er Forschungsarbeiten seiner Jünger aktiv inhaltlich und literarisch mitbegleitete.[23] Mit Stauffenbergs juristischer Karriere konnte George indes nicht sonderlich viel anfangen, im Gegenteil sah er dessen Tätigkeit als Gerichtsschreiber am Ständigen Internationalen Gerichtshof mehr als kritisch. Da er die internationale Gerichtsbarkeit ablehnte, war er der Ansicht, Stauffenberg habe „keine Leistungen“ vorgewiesen, was den Juristen tief verletzte.[24] Jedoch hatte auch Stauffenberg selbst ein schwieriges Verhältnis zur Rechtswissenschaft, die er nur mit innerer Distanz betrieb und die für ihn in Ermangelung der Verwirklichung seines eigentlichen Berufswunsches des Diplomaten eine zweite Wahl darstellte. Seine eigentliche Erfüllung fand Stauffenberg in der Dichtung seines „Meisters“, dem er in fast allen Lebensfragen folgte. Dies ging so weit, dass er selbst seine große Liebe Mika Classen den Besitzansprüchen Georges opferte und sich 1932 dessen Eheverbot unterwarf. [25] Erst 1936, drei Jahre nach dem Tod seines „Meisters“, der Berthold zu seinem testamentarischen Nacherben und zum treuhänderischen Verwalter seines Werkes ernannt hatte, ging Stauffenberg die Ehe schließlich dennoch ein.[26]

Erbe und Erben. Widerstand in Georges Namen?

Hatte George genau geregelt, wer seinen dichterischen Nachlass verwalten sollte, war und ist unter seinen Jüngern wie auch in der George-Forschung bis heute umstritten, worin das geistige Erbe des Dichters eigentlich bestand. Der Großteil seines Werkes lebte von der beständigen Auslegung durch den „Meister“, der als einzig legitime Instanz das letzte Deutungsrecht hatte.[27] Eine der großen Fragen war Georges Verhältnis zum Nationalsozialismus. Eine eindeutige Positionierung, wie sie nicht zuletzt von seinen jüdischen Anhängern gefordert wurde, blieb der „Meister“, der im Dezember 1933 verstarb, schuldig. Zwar musste George den Nationalsozialismus wie jedes Phänomen der Massenkultur schon aus Prinzip kritisch sehen, andererseits waren Teile seiner Dichtung über das „Neue Reich“ für die Nationalsozialisten durchaus anknüpfungsfähig, sodass Reichspropagandaminister Joseph Goebbels darum bemüht war, ihn für die seine Zwecke einzunehmen.[28] George fühlte sich hiervon zwar geschmeichelt und zeigte sich auch offen gegenüber dem Nationalsozialismus, sah sich aber doch zu sehr über den Dingen stehen, um sich von der Politik vereinnahmen zu lassen. Zugleich gab es auch Züge in Georges Werk und Person, die ihn als schwerlich kompatibel mit der NS-Kulturpolitik erscheinen ließen. So wurde Georges als offenes Geheimnis bekanntes Liebesleben und die hohe Zahl jüdischer Intellektueller in seinem Umfeld mehrfach zum Gegenstand homophober und antisemitischer Hetzartikel.[29]

Der Kreis begann im Streit um die Deutungshoheit über Georges Erbe bereits an dessen Totenbett zu zerfallen.[30] Für die jüngsten Jünger um die Stauffenberg-Brüder und Frank Mehnert, die den Nationalsozialismus begrüßten, war klar, dass sie dies im Einklang mit dem „Meister“ taten.[31] Ältere und aufgrund ihrer jüdischen Herkunft bereits der beginnenden Verfolgung ausgesetzte Weggefährten wie Karl Wolfskehl und Ernst Kantorowicz versuchten, die Idee des „Geheimen Deutschlands“ als Gegenentwurf zum „Dritten Reich“ zu mobilisieren.[32] Georges Erbe war vielfältig anknüpfungsfähig – ob für, oder am Ende gar gegen das NS-Regime oder, wie im Falle der Stauffenbergs, die sich unter Berufung auf ihren „Meister“ für den Widerstand entschieden, für beides.[33]

Ein Stück Unsterblichkeit. Der Bildhauer Frank Mehnert

Frank Mehnert neben seinem gipsernen Ebenbild von Ludwig Thormaehlen, 1920er [34]

„Mit jedem was Du vollbringst eroberst du uns ein stück unsterblichkeit, machst Du dies land schöner, bestärkst du unsern glauben an unsre sache und ihre endliche unfehlbarkeit“.

– Claus von Stauffenberg an Frank Mehnert [35]

Geschaffen wurde die Büste Bertholds von Stauffenberg durch Frank Mehnert. Mehnert war ein Mitschüler der Stauffenbergs, die wie er das Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart besuchten. 1922, im Alter von 13 Jahren, freundete sich Mehnert mit dem vier Jahre älteren Berthold an. Frank Mehnert, der als fragiler Jugendlicher galt, ging zu Berthold von Stauffenberg ein Verhältnis einer „fast sklavischen Abhängigkeit“ ein, das Mehnerts Bruder Klaus als „eine Art von Ritter-Knappe-Beziehung“ bezeichnete und das in der Familie große Besorgnis auslöste.[36] Über die Stauffenberg-Brüder fand Frank Mehnert 1924 im Alter von 15 Jahren Eingang in den George-Kreis. George fand schnell großen Gefallen an dem Jungen, der selbst in den Bann des Dichters geriet. Für das Verhältnis zwischen Frank Mehnert und dem 41 Jahre älteren George haben Zeitgenossen und die George-Forschung viele Begriffe gefunden. So gilt Mehnert wahlweise als „treuer Begleiter“[37], „Lieblingsjünger“[38], „eine Art Gesellschaftsdame der besonderen Art“[39] oder als „Mädchen für alles“.[40] Belegt ist, dass Frank Mehnert spätestens seit 1928 zum engsten Umfeld des Dichters gehörte. Als „Partnerschaft“ bezeichnen kann die Beziehung Georges zu Mehnert jedoch nur, wer großzügig über das ausgeprägte Machtgefälle zwischen „Meister“ und „Jünger“ wie auch über die offenkundige Labilität Mehnerts hinwegsieht.

Zur Bildhauerei fand Mehnert durch den George-Kreis. Zunächst hatte er wie Berthold von Stauffenberg 1927 in Tübingen ein Studium der Rechtswissenschaft begonnen. Als Berthold von Stauffenberg 1929 seine Stelle am KWI antrat, folgte er ihm nach Berlin. Das Studium brach Mehnert schließlich ab und wandte sich als Autodidakt unter Begleitung des Kreis-Mitglieds Ludwig Thormaehlen der Bildplastik zu.[41] Mehnerts frühe Werke umfassen ausschließlich Büsten von Stefan George, Claus und Berthold von Stauffenberg und weiteren George-Jüngern. Erst ab 1933 verbreiterte der überzeugte Nationalsozialist Mehnert seine Palette, als er die Gelegenheit sah, „mit den neuen Machthabern ins Monumentengeschäft großen Stils zu kommen.“[42] Unter seinem Künstlernamen Viktor Frank entwarf Mehnert bis 1936 circa 40 Hitler-Büsten, die er erfolgreich vermarktete.[43] Darüber hinaus schuf er ein Hitler-Relief und eine Hitler-Plakette, 1934 entwarf er eine überlebensgroße Statue als SA-Denkmal, für die Claus von Stauffenberg Modell stand.[44] Obgleich Mehnerts künstlerisches Werk aufgrund dessen frühen Soldatentods an der Ostfront 1943 letztlich schmal und dilettantisch blieb, erfüllte es in den Augen der George-Jünger eine essentielle Funktion, da er den ästhetischen Anspruch des „Meisters“ über dessen Tod hinaus bewahrte.[45]

Die Spur des Meißels. Bildhauerei im George-Kreis

Der schwedische Bildhauer Adh Hedblom (links) fertigt eine Büste Berthold von Stauffenbergs an (1928)[46]

Die bildende Kunst hatte innerhalb des George-Kreises eine herausgehobene Bedeutung – mehr als 200 Büsten sind im Umfeld Georges entstanden. In merkwürdigem Gegensatz hierzu hatte keiner der drei Bildhauer im Kreis, Ludwig Thormaehlen, Alexander Zschokke und Frank Mehnert, eine künstlerische Ausbildung genossen.[47] Der Kontrast zwischen der amateurhaften Bildhauerei und dem hohen ästhetischen Anspruch, den George an seine eigene Dichtung und das Schaffen seiner Jünger stellte, ist beträchtlich. Begreiflich wird die Bedeutung der Bildplastik als Kunstform im Kreis durch Georges Verständnis seiner Dichtung. Diese verstand er als „Wort-Plastik“, sich selbst sah er als „Bildner“, oder wie Ulrich Raulff es fasst: „Die Worte erschienen wie massive Blöcke, die noch die Spur des Meißels trugen.“[48] Das Bildhauen als Kunst-Praxis stellte für George somit die logische Weiterführung seines sprach-plastischen Schaffens dar. Er verstand die Bildhauerei als didaktischen Prozess, der auf das dichterische Wirken der Jünger zurückwirken sollte.

Das Atelier Thormaehlens und Mehnerts war ein wichtiger sozialer Raum für die Kreis-Mitglieder. „Gemeinsame Arbeit und Gespräch, Übersetzung und Bildhauerei bestimmen das Leben der kleinen Gruppe. Der Raum ist angefüllt mit Gipsfiguren, Köpfen und ganzen Figuren nackter Männer“, umschreibt Ulrich Raulff die Atmosphäre.[49] Das gemeinschaftliche Studium des Georgeschen Werkes stand im Vordergrund. Durch fotographische und bildkünstlerische Abbildung des anderen, versuchte man sich in die Ästhetik des Meisters einzuschreiben. Als letzter Schritt der Integration in den Kreis galt die plastische Nachbildung des eigenen Kopfes.[50] Orientiert am Vorbild der griechischen Antike sollten die Köpfe den Typus eines heroisierten, zu ästhetischem Führertum berufenen „Georgeschen Menschen“, ausdrücken, vor dem „der Bürger sich bekreuzigte“.[51] Die Bildplastiken zeichnen sich somit durch eine gewisse Entindividualisierung sowie eine idealisierte Redundanz aus.[52] Da die Bildhauerei der George-Jünger als kreisinterner Akt der gemeinschaftlichen Kunstschaffung zu verstehen ist, waren die Büsten nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Vielmehr hatten sie eine normative, ästhetische Vorbildfunktion für ihre Betrachter, die sich aus dem Wissen des Georgeschen Werkes heraus speiste.[53]

 

Dies gilt auch für Frank Mehnerts Büste von Berthold von Stauffenberg. Entstanden ist sie, aller Wahrscheinlichkeit nach, im Jahr 1930 als kreisinternes „Freundschaftsprodukt“.[55] Auch sie steht ganz im Sinne der Georgeschen Ästhetik, ist antikisierend idealisiert, ebenso wie die von Mehnert angefertigte Büste Claus von Stauffenbergs, von der ein Abguss in Deutschen Bundestag aufgestellt wurde und ein anderer sich heute in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin befindet. Beide Stauffenberg-Büsten, die lange vor dem Attentat des 20. Juli 1944 geschaffen wurden, sind heute kaum ohne diese Aufstellungsorte zu denken. Sie bilden gleichsam eine Art Ikonographie des deutschen Widerstandes, die bildsprachlich nicht unwesentliche Überschneidungen mit den ästhetischen Präferenzen nationalsozialistischer Kunst aufweist.[56] Für die Öffentlichkeit waren die beiden Büsten anders als Mehnerts Hitler-Köpfe und das SA-Standbild, nie gedacht. Dennoch eignen sich beide in besonderem Maße als Helden-Büsten, deren Entstehungskontext im George-Kosmos weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

„Aristokratisch-esoterisches Gehabe“. Hermann Mosler und die Büste

„Und ich begriff, daß Kunst nur den Sinn hat, Kunst zu sein“[57]

– Carlo Schmid über Stefan George

Hermann Mosler trat 1937 im Alter von 25 Jahren als Referent in das Institut, damals noch als Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin (KWI), ein. Der sieben Jahre ältere Berthold von Stauffenberg war damals bereits Wissenschaftliches Mitglied und Mitherausgeber der Institutszeitschrift Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV). Über das seinerzeitige Verhältnis beider ist praktisch nichts bekannt, Mosler äußerte sich hierzu öffentlich nie. Zu den wenigen publizierten Erinnerungen an Stauffenberg aus dem Institutskontext gehören die Memoiren von Joachim von Elbe (1902-2000), späterer US-Diplomat und in den frühen 1930ern Referent am Institut. Er beschreibt Stauffenberg als „verschlossen“ und jemanden, der gegenüber seinen Kollegen stets „auf Distanz“ geblieben sei. Mit gewissem Befremden erinnert sich Elbe an Stauffenbergs Mitgliedschaft im George-Kreis, „von dessen ‚aristokratisch-esoterischem Gehabe‘ wohl auch Bertholds Verhalten nicht unberührt blieb.“[58] Es gab aber auch Institutsangehörige, denen George keineswegs fremd war. So war Carlo Schmid bereits als Schüler mit der Dichtkunst Georges in Berührung gekommen; sie erschien ihm wie „das Licht, das man vom Himmel geholt hat“.[59] Auch pflegte Carlo Schmid mit zahlreichen Angehörigen des George-Kreises enge Freundschaften, wobei er betont: „Ein ‚Georgianer‘ jedoch bin ich nie geworden.“[60] Neben Schmid ist nur von Helmut Strebel eine lebenslange enge geistige Verbindung zum Werk Georges aus dem Institut überliefert.[61]

Konnte man für das Berliner KWI ein gewisses Interesse am Geistes-Kosmos Georges erkennen, so war dies am Heidelberger MPIL anders. Der Grund hierfür dürfte insbesondere in der geänderten sozialen Zusammensetzung der Mitarbeiter gelegen haben. Rekrutierten sich die Angehörigen des KWI überwiegend aus dem Adel und Großbürgertum, die mit einer elitären, auch anti-demokratischen Ästhetik eines Stefan George durchaus etwas anfangen konnten, war das Personal des Heidelberger Instituts weitaus „bürgerlicher“. Georges symbolistische, auf „hinter den Dingen Liegendes“ und auf eine charismatische Führerpersönlichkeit ausgerichtete, elitäre l‘art pour l‘art Dichtung, die anti-westliche und nationalistische Elemente vereinte, muss Mosler nicht nur fremd geblieben, sondern gleichermaßen Ausdruck einer Geisteshaltung gewesen sein, die ihm schon früh, in den Jahren seines aktiven Engagements in der katholischen Jugendbewegung, wiederstrebt hatte und die er als nüchterner bundesrepublikanischer Katholik unbedingt aus seinem Institut heraushalten wollte.

Als Karl Josef Partsch ab 1966 über Jahre hinweg Hermann Mosler die Büste Bertholds von Stauffenberg anbot, kam dies Mosler aus vielerlei Gründen ungelegen. Ihre Aufstellung an einem zentralen Ort innerhalb des Instituts hätte Debatten ausgelöst, an denen der Direktor keinerlei Interesse hatte. Zunächst hätte sie die Frage der Positionierung des Instituts zum „Dritten Reich“ aufgeworfen.[62] Obgleich Mosler sich zu Stauffenbergs Widerstand bekannte, wollte er ihn nicht wider besseres Wissen „zum Geist des Hauses“ erheben. Überdies war die allgemeine gesellschaftliche Haltung zu den „Verschwörern“ des 20. Juli 1944 in den 1960ern noch keineswegs als durchweg positiv zu bezeichnen, galten die Stauffenbergs seinerzeit noch vielen als „Vaterlandsverräter“ und „Eidbrecher“.[63] Die Aufstellung der Büste wäre somit einem politischen Statement gleichgekommen, das bei einigen Gästen und Mitarbeitern für Irritationen hätte sorgen können.

Jenseits der Frage der Bewertung des deutschen Widerstandes war und ist bis heute umstritten, ob und in welchem Ausmaß Stefan George mit seiner Dichtung dem Nationalsozialismus intellektuellen Vorschub leistete. Anlässlich des hundertsten Geburtstages Georges 1968 wurde in den Feuilletons intensiv über sein Verhältnis zum „Dritten Reich“ gestritten.[64] Während Karl Josef Partsch und Helmut Strebel durchaus ein Interesse daran hatten, George über den Widerstand der Stauffenbergs rückwirkend zu rehabilitieren, wollte Mosler solche Debatten aus seinem Institut heraushalten. Moslers Fokus lag auf der juristischen Begleitung der Integration der Bundesrepublik in die Europäische Union und in den Westen sowie auf der Einbindung des Instituts in die internationale Wissenschaftswelt. In diesen Dienst konnte man die Stauffenberg-Büste schwerlich stellen. Geht man dann noch davon aus, dass Mosler als langjähriger Kollege Stauffenbergs auch über Georges sexuelle Orientierung im Bilde war und den Problemzusammenhang der Entstehungsgeschichte der Büste erahnen konnte, scheint offensichtlich, warum er die Büste nicht im Institut haben wollte.

Im Verlauf der Jahre verlor sich jedoch am Institut das Wissen um den Entstehungskontext der Büste. Man kann sagen, dass die Büste, je weiter ihre Geschichte vergessen wurde, umso mehr von der Peripherie ins Zentrum des Instituts wanderte. Mit dem drastischen Bedeutungswandel, den die gesellschaftliche Bewertung des „20. Juli 1944“ erlebte, wurde auch die Stauffenberg-Büste neu gelesen. Das Institut bekannte und bekennt sich nunmehr stolz zu seinem früheren Mitglied, dessen Wirken weitgehend auf das Attentat gegen Hitler reduziert wurde. Der weitere geistige und historische Zusammenhang der Entstehung der Büste, der bei Hermann Mosler für Ablehnung gesorgt hatte, trat in den Hintergrund. Inzwischen ist nur wenigen Gästen und Forschenden am Institut bekannt, wer Berthold von Stauffenberg war. Dennoch spricht die Büste für sich, atmet und verkörpert das „Heldische“ durch die antikisierende Ästhetik des „Georgeschen Menschen“. Doch wer weiß noch, was damit gemeint war?

***

Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Moritz Vinken und Joachim Schwietzke für ihre hilfreichen Anmerkungen zu diesem Text.

[1] Büste im Besitz von Karl Josef  Partsch; Foto: MPIL.

[2] Schreiben von Karl Josef Partsch an Hermann Mosler, datiert 18. 1. 1966, Mappe „Stefan George Stiftung“, MPIL.

[3] Schreiben von Hermann Mosler an Karl Josef Partsch, datiert 4. 2. 1966, Mappe „Stefan George Stiftung“, MPIL.

[4] Falls er der den sich anbahnenden „68er“-Generationenkonflikt meint, so kann auch dies nicht wirklich überzeugen, da dieser am Institut weitgehend ausfiel, vgl: Ingrid Gilcher-Holtey, Burg in der Brandung? Das MPIL im Mobilisierungsprozess der 68er Bewegung, MPIL100.de.

[5] Schreiben von Hermann Mosler an Karl Josef Partsch, datiert 4. 9. 1967, Mappe „Stefan George Stiftung“, MPIL.

[6] Schreiben von Helmut Strebel an Hermann Mosler, datiert 11. 4. 1972, Mappe „Stefan George Stiftung“, MPIL.

[7] Nur wenige der von mir befragten Zeitzeugen konnten sich an die Stauffenberg-Büste im Institut erinnern. Ich danke Michael Bothe, Stefan Oeter und Georg Nolte für ihre klärende Mithilfe in dieser Sache.

[8] Foto: Stefan-George-Archiv.

[9] Zitiert nach: Wolfgang Graf Vitzthum, Der stille Stauffenberg. Der Verschwörer, Georgeaner und Völkerrechtler Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Berlin: Duncker & Humblot 2024, 27. Die Zitate Stauffenbergs sind allesamt in der für Stefan Georges minimalistischer Ästhetik folgenden Kleinschreibung gehalten.

[10] Daniela Gretz, Mehnert, Frank, in: Achim Aurnhammer et al. (Hrsg.), Stefan George und sein Kreis: Ein Handbuch, Berlin: De Gruyter 2016, 1546–1549.

[11] Wolfgang Graf Vitzthum, Partsch, Karl Josef, in: Achim Aurnhammer et al. (Fn. 10), 1569–1572.

[12] Florian Hofmann, Helmut Strebel (1911–1992). Georgeaner und Völkerrechtler, Baden-Baden: Nomos 2010, 255.

[13] Friedrich Gundolf/Friedrich Wolters, Einleitung der Herausgeber, in: Friedrich Gundolf/Friedrich Wolters (Hrsg.), Jahrbuch für die geistige Bewegung 3 (1912), III–VIII, VIII; Hans-Christof Kraus, Das Geheime Deutschland. Zur Geschichte und Bedeutung einer Idee, Historische Zeitschrift 291 (2010), 385–417, 389; 393; Thomas Karlauf, Stefan George. Die Entdeckung des Charisma, München: Karl Blessing Verlag 2007, 555–556.

[14] Kraus, (Fn. 13), 392–393; Vitzthum, Der stille Staufenberg (Fn. 9), 33.

[15] Rainer Kolk, Literarische Gruppenbildung. Am Beispiel des George Kreises 1890–1945, Berlin: Max Niemeyer Verlag 1998, 242; Vitzthum, Der stille Staufenberg (Fn. 9), 32.

[16] So der 14-jährige Karl Josef Partsch: Ulrich Raulff, Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben, München: C. H. Beck 2012, 84.

[17] Vitzthum, Der stille Staufenberg (Fn. 9), 32; Karlauf Charisma (Fn. 13), 378–382.

[18] Das Problemfeld von Georges Pädophilie wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert (Julia Encke, Das Ende des Geheimen Deutschlands, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13. Mai 2018, 45–46; Julia Encke, Päderastie aus dem Geist Georges? Ein Gespräch mit Thomas Karlauf über den Männerbund im Stefan-George-Kreis, die Verbindungen in zur Reformpädagogik und über die Odenwaldschule, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 5. April 2010, 23–24). Die etablierte und sich vielfach in Georgescher Tradition stehend sehende George-Forschung bestreitet, dass es Übergriffe durch George gegeben habe. So schreibt Carola Groppe: „Auch wenn die Auswahl der Jungen homoerotisch und pädophil motiviert war, gibt es in den Briefwechseln aus dem George-Kreis bislang keine Hinweise auf eine sexuelle Praxis; auch kann man Georges Lyrik nicht für eine Beweisführung in Anspruch nehmen. Es muss offenblieben, ob die Zuneigung zu schönen männlichen Kindern und Jugendlichen im Kreis zu sexualisierter Gewalt diesen gegenüber führte oder nicht“, Carola Groppe, Freundschaften mit Auftrag und Gefährdung: Im George-Kreis, in: Kai Kauffmann/Cornalia Ortlieb (Hrsg.), George-Jahrbuch 13 (2020/21), Berlin: De Gruyter 2020, 1–26, 16. Thomas Karlauf gibt jedoch zu bedenken, dass fast alle Quellen zum George-Kreis von Personen stammten, „die Teil des Systems waren oder, im Falle ihrer Trennung, unter erheblichem Rechtfertigungsdruck standen“, weswegen eine offene Thematisierung eines Missbrauchs kaum zu erwarten sei: Karlauf, Charisma (Fn. 13), 370. Unzweifelhaft ist für Karlauf indes, dass George in seinem Gedichtband „Der Stern des Bundes“ den „ungeheuerliche(n) Versuch“ unternommen habe, „die Päderastie mit pädagogischem Eifer zur höchsten geistigen Daseinsform zu erklären“: Karlauf, Charisma (Fn. 13), 394. Wenngleich Georges Dichtung keineswegs als Beleg für etwaige Handlungen zu sehen ist, wenn man zwischen Kunstform und Tat trennen muss, fehlt zumindest dem Verfasser dieses Beitrags die Fantasie, keine Missbräuchlichkeit in den Rekrutierungsprozessen vielfach minderjähriger Kreismitglieder bzw. in den ausgesprochen asymmetrischen Beziehungen Georges zu oftmals bedeutend jüngeren bzw. emotional abhängigen „Freunden“ zu sehen.

[19] Mit (von links im Uhrzeigersinn): Albrecht von Blumenthal, Ernst Morwitz, Silvio Markees, Max Kommerell, Johann Anton, Alexander von Stauffenberg; Foto: Stefan-George-Archiv.

[20] Vitzthum, Der stille Staufenberg (Fn. 9), 24.

[21] Zitiert nach: Vitzthum Der stille Staufenberg (Fn. 9), 28.

[22] Dass dies womöglich an einem klärenden Gespräch der besorgten Mutter der drei Brüder mit dem Dichter lag, ist zumindest nicht ausgeschlossen: Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt 1992, 53.

[23] Bertram Schefold/Wolfgang Graf Vitzthum, Staatswissenschaften (Nationalökonomie, Staats- und Völkerrecht), in: Achim Aurnhammer et al. (Fn. 10), 1147–1158, 1154; Wolfgang Graf Vitzthum, Rechts- und Staatswissenschaften aus dem Geiste Stefan Georges? Über Johann Anton, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg und Karl Josef Partsch, in: Bernhard Böschenstein et al.(Hrsg.), Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, Berlin: De Gruyter 2005, 83–113, 110–111.

[24] Hoffmann (Fn. 22), 75; 73.

[25] Hoffmann, (Fn. 22), 78; Thomas Karlauf, Stauffenberg. Porträt eines Attentäters, München: Pantheon 2019, 124.

[26] Wolfgang Graf Vitzthum, Stauffenberg, Berthold Alfred Maria Schenk Graf von, in: Achim Aurnhammer et al. (Fn. 10), 1666–1671, 1669. Die Erbfolge sah zunächst Robert Boehringer, dann Berthold von Stauffenberg und schließlich Frank Mehnert vor. Nach Mehnerts Tod 1943 machte Berthold von Stauffenberg seinen Bruder Claus zu seinem Nacherben.

[27] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 635.

[28] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 611.

[29] Raulff, Kreis (Fn. 16), 87.

[30] Raulff, Kreis (Fn. 16), 33.

[31] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 615.

[32] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 614–615; 626–627.

[33] Vitzthum, Der stille Staufenberg (Fn. 9), 118.

[34] Foto: Stefan-George-Archiv.

[35] Schreiben von Claus von Stauffenberg an Frank Mehnert, datiert 26.11.1939, zitiert nach: Raulff, Kreis (Fn. 16), 110.

[36] Diese Abhängigkeit blieb zeitlebens bestehen. Als Berthold von Stauffenberg 1932 seine große Liebe Mika Classen heiraten wollte, reiste Mehnert, der eine „fast krankhafte Abneigung gegen Frauen“ hegte, im Auftrag Georges nach Den Haag, um ihm das Verbot des Meisters mitzuteilen und ihn zu diesem für eine persönliche Unterredung in die Schweiz zu holen. Stauffenbergs Heirat 1936 sah Mehnert als Verrat an George an und brach den Kontakt für drei Jahre nahezu ab: Vitzthum, Berthold von Stauffenberg (Fn. 26), 1548; Karlauf, Stauffenberg (Fn. 25), 124; Hoffmann (Fn. 22), 157.

[37] Michael Stettler, Vorwort, in: Michael Stettler (Hrsg.), Erinnerung an Frank, Düsseldorf: Verlag Helmut Küpper 1968, 7. Der Band gibt ferner einen guten Eindruck von der Bedeutung Mehnerts in der Erinnerungskultur des George-(Nach-)Kreises sowie von Mehnerts eigener Wahrnehmung Georges und seines Kreises.

[38] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 617.

[39] Raulff, Kreis (Fn. 16), 83.

[40] Vitzthum, Berthold von Stauffenberg (Fn. 26), 1548.

[41] Raulff, Kreis (Fn. 16), 202.

[42] Raulff, Kreis (Fn. 16), 202.

[43] Gretz (Fn. 10), 1547.

[44] Hoffmann (Fn. 22), 130–131.

[45] Karlauf, Charisma (Fn. 13), 618; Karlauf, Stauffenberg (Fn. 25), 238.

[46] Foto: Stefan George-Archiv.

[47] Ulrich Raulff, Steinerne Gäste. Im Lapidarium des George-Kreises, in: Ulrich Raulff/Lutz Näfelt (Hrsg.), Das geheime Deutschland. Eine Ausgrabung. Köpfe aus dem George-Kreis, Marbach: Deutsche Schillergesellschaft 2008, 4–33, 6; 7.

[48] Raulff, Steinerne Gäste (Fn. 47), 9.

[49] Raulff, Kreis (Fn. 16), 203–204.

[50] Raulff, Steinerne Gäste (Fn. 47), 16.

[51] Friedrich Wolters, zitiert nach: Raulff, Steinerne Gäste (Fn. 47), 17.

[52] Raulff, Steinerne Gäste (Fn. 47), 28; 29.

[53] Raulff, Steinerne Gäste (Fn. 47), 29.

[54] Foto (links): Maurice Weiss; Foto (rechts): Stefan-George-Archiv. Die Muschelkalk-Sockel, der vom Heidelberger Bildhauer Edzard Hobbing angefertigt wurde, trägt die deutliche Handschrift der Georgeschen Ästhetik. Die Inschrift ist deutlich an Stefan Georges „Stilschrift“ angelehnt.

[55] Die Angaben zur Entstehung der Büste Bertholds von Stauffenberg variieren, zumal es ab Mitte der 1930er eine Reihe von Abgüssen gab. Karl Josef Partsch mutmaßt, dass die Büste entweder 1927 oder 1931 entstanden sei: Schreiben von Karl Josef Partsch (Fn. 2)

[56] Diese bestehen u.a. in der heroisierenden Idealisierung des Dargestellten und in der Anlehnung an das antike griechische Körperbild, wie dies z.B. bei Arno Breker der Fall ist: Karoline Schröder, Ein Bild von Skulptur. Der Einfluss der Fotografie auf die Wahrnehmung von Bildhauerei, Bielefeld: Transkript 2018, 116.

[57] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: S. Hirzel Verlag 2008, 34.

[58] Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, München: C. Bertelsmann 1983, 123. Ein gewisses Unverständnis gegenüber Stauffenbergs Verbindung zu George herrschte auch bei anderen Institutsmitgliedern vor: Alexander N. Makarov, Vorkämpfer der Völkerverständigung und Völkerrechtsgelehrte als Opfer des Nationalsozialismus. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944), Die Friedenswarte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation 6 (1947), 360–365, 364.

[59] Schmid (Fn. 57), 34.

[60] Schmid (Fn. 57), 35.

[61] Dass es aber durchaus auch eine grundsätzliche Affinität zu den Themen und zur Ästhetik des George-Kreises im Institut gab, belegt der Umstand, dass sich zwei der wichtigsten und populärsten Werke aus dem George-Kreis in der Institutsbibliothek befinden, nämlich das Platon-Buch von Kurt Hildebrandt und die Biographie Kaiser Friedrichs II. von Ernst Kantorowicz, letztere sogar aus Privatbesitz Viktor Bruns‘: Kurt Hildebrandt, Platon. Der Kampf des Geistes um die Macht, Berlin: Georg Bondi 1933; Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin: Georg Bondi 1927.

[62] Philipp Glahé, History as a Problem? On the Historical Self-Perception of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, ZaöRV 83 (2023), 565–578.

[63] Ruth Hoffmann, Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird, Goldmann: München 2024, 42.

[64] Raulff, Kreis (Fn. 16), 420–426.

English

Just a few steps away from the main entrance of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL) in Heidelberg stands a bust of Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944) . Stauffenberg was a member of the Institute from 1929 until his execution by the National Socialists due to his involvement in the resistance movement of 20 July 1944. Together with the large-format triptych by H. D. Tylle, ‘9 November 1989 in Deuna, the Morning After’ and a bust of Max Planck, the portrait of Stauffenberg is among the most prominent artworks at the Institute. Although the subject is not immediately recognisable to most people and is often confused with his far more popular brother Claus, who carried out the failed bomb attack on Adolf Hitler, the presence of the bust seems logical: it is generally interpreted as the Institute’s endorsement of its former employee and of the fight against the unjust National Socialist regime. However, this was not always the case. Although the bust has been in the MPIL’s possession since 1974, it was not given a central position until 1996, when the Institute moved into its current building at the Neuenheimer Feld campus and the then-directors (Jochen Frowein and Rüdiger Wolfrum) decided to place it in the atrium. The bust has occupied its current place at the main entrance since the completion of the building extension in 2019. Before 1996, however, it led a veritable shadow existence. In the former Institute building on Berliner Straße, it was tucked away on the second floor, where hardly anyone ever saw it, and remained there for more than 20 years. The reason for this was the aversion of the long-standing director of the Institute, Hermann Mosler, to the bust, which had been offered to him as a gift by his Bonn colleague Karl Josef Partsch as early as 1966. For years, Mosler had tried to prevent it from being displayed – even though he had distanced himself from the Third Reich and endorsed the resistance of 20 July 1944. This raises the question of what problem Hermann Mosler saw in the bust and what history surrounds the object, which is what this blog post aims to explore.

An Unwelcome Gift. Karl Josef Partsch and the Bust

Photograph of the cast by Karl Josef Partsch, patinated and illuminated in an aestheticizing manner[1]

On 18 January 1966, Bonn-based international law expert Karl Josef Partsch wrote a letter to Hermann Mosler in which he told him about a conversation he had had with his friend Helmut Strebel, editor of the Institute Journal Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht (English title: Heidelberg Journal of International Law, HJIL). Strebel and Partsch, who was a passionate art collector with an extensive sculpture collection, had come up with the idea of ‘erecting a portrait bust of Berthold von Stauffenberg in the Institute’s new buildings’.[2] Partsch offered to have a cast of the original from his collection made for the Institute. Mosler’s reply came just under two weeks later. It was cautious and contradictory:

‘The installation of a bust is something un-repeatable that cannot be claimed by others. It means that a person is elevated to the centre, whether it be of shared memories or shared views of those working at the Institute, and possibly even made a symbol of the spirit of the place. The age at which the bust was created and the death assumed to be a sacrifice make it likely that the bust’s placement in a prominent location will be perceived as a symbol. Even those who knew Berthold Stauffenberg as a colleague at the Institute will probably not remember the person they saw every day when they look at the bust.’[3]

Mosler goes on to say:

‘Such a symbol must not be imposed but must be accepted. I do not believe that this is a question of political attitude towards the events of 1944. You know my own position. You also know that three days before the assassination attempt, Berthold Stauffenberg agreed with me to make the Institute available to the expected new government.’

Although Mosler acknowledged his former colleague and his resistance, he showed significant discomfort with Partsch’s and Strebel’s proposal. Mosler feared that, with the bust, a kind of ‘cult of remembrance’ could move into the Institute. Furthermore, he expressed concern that the bust might be perceived as ‘imposed’ by the Institute’s employees and pointed out that there was now ‘a new generation’ at the Institute that had ‘different experiences,’ without elaborating on what he meant by this.[4]

With his cryptic letter of rejection, Mosler wanted to leave the matter at that, but Partsch and Strebel did not give up. For years, they kept broaching the subject, yet Mosler’s responses always remained vague, and he always played for time. When Partsch made a new attempt in 1967, Mosler replied that he had gone through ‘all the possibilities for a dignified, yet unobtrusive installation’ with Strebel, concluding that it would be better to place the bust outside the Institute itself, in the Max Planck House, which was still under construction. Alternatively, his new office, which was also not yet completed, could be considered, ‘but not before the end of 1969’.[5] Partsch and Strebel however were set on displaying the portrait head prominently within the Institute itself. In 1972, the bust was placed in the MPIL for the first time, on a trial basis, with Strebel insisting that it be positioned on a marble pedestal measuring a full 1.85 metres, which apparently corresponded to the height of the late Stauffenberg.[6] The bust then disappeared from the Institute again before being installed at the end of 1974, almost nine years after Partsch’s initial suggestion and just in time for the Institute’s 50th anniversary. It was placed on a simple, low pedestal made of shell limestone, far off on the second floor.[7] There was no consecration or speech.

‘You are sent to this world as a saviour.’ Berthold von Stauffenberg and Stefan George

Saviour with disciples. Stefan George, Claus and Berthold von Stauffenberg, 1924[8]

You have cast me firmly under Your spell/ You, ruler of all my being now/ I will gladly bear all these burdens/ For Your hand – so quietly – strokes my hair

– Berthold von Stauffenberg on Stefan George[9]

An important reason for Mosler’s rejection of the Stauffenberg bust must be seen in the context of its creation, as the bust emerged from the circle around the poet Stefan George (1868–1933), whose political views and aesthetic programme the MPIL director opposed. But it was not only Berthold von Stauffenberg and the creator of the bust, the sculptor Frank Mehnert (1909–1943)[10], who belonged to George’s inner circle; Karl Josef Partsch (1914–1996) did as well.[11]  Helmut Strebel (1911–1992), whose uncle Max Kommerell had possibly been George’s greatest love, was also part of George’s intellectual cosmos, even though his own admission to the circle had failed.[12]

At the turn of the century, Stefan George was one of the most well-known but also most controversial German poets. Strongly influenced by French symbolism, he developed an aestheticist style of poetry with borrowings from ancient culture and medieval German mysticism, which saw itself as a countermovement to the ‘massification’ and ‘Americanisation’ of culture and society in the late industrial age.[13] Due to its presuppositional nature, George’s poetry was particularly appealing to the intellectual and academic avant-garde of the time. However, George also had a great impact through his artful self-production as a visionary poet king who, as a charismatic ‘master,’ gathered around him a hand-picked group of talented young ‘students,’ his boy-club-like ‘circle.’ The inner life of the circle was characterised by the cult-like worship of George, who pursued the goal of raising a new intellectual aristocracy in art, society, and scholarship as representatives of a ‘New Reich’, the so-called ‘Secret Germany’ (Geheimes Deutschland). By this, George meant a ‘different’ Germany, elevated to mystical heights, which sought to realise his intellectual and aesthetic aspirations.[14] Access to the circle was reserved for those called to ‘true leadership’ and who emerged from ‘heroically elevated humanity.’[15] The initiation process was complicated and lengthy. Older members of the circle systematically kept an eye out for potential new recruits, who – often as minors – were selected on the basis of visual and intellectual criteria (at times, at the beach[16]) and carefully prepared for an encounter with the ‘master’.[17]  Due to George’s homoerotic and paedophilic orientation, which was romanticised under the guise of ‘pedagogical Eros’ – a highly aestheticised master-student relationship that legitimised abuse – only good-looking young men and boys were allowed access.[18]

The third generation of the George Circle, photo taken after 1925. Claus (second row, second from right) and Berthold von Stauffenberg (first row, second from right) with Frank Mehnert (first row, third from right)[19]

Among George’s ‘disciples’ were Berthold von Stauffenberg, his twin brother Alexander and his younger brother Claus, who had been introduced into the circle in 1923, at the ages of 18 and 15, by a family acquaintance.[20] George was enthusiastic about the Stauffenberg brothers, as their appearance and aristocratic origins were entirely to his taste. The ‘poet king’, who was almost 40 years older than the three young men, had an impact on them that can hardly be overestimated, as Berthold von Stauffenberg’s words about his first encounter with George – written in all lower case, in keeping with Stefan George’s minimalist aesthetic – show: ‘You have conquered and captivated me […] / You are sent to this world as a saviour’.[21] While George never entered into a sexual relationship with the Stauffenbergs,[22] Berthold and his brother Claus nevertheless belonged to the poet’s innermost circle.

George had high expectations of his disciples. He thus demanded they not only study and educate themselves through his own works and those produced by his circle, but also that they work in their civilian professions in the spirit of George, thereby contributing to the realisation of the ‘Secret Germany’. In the case of the legal scholar Berthold von Stauffenberg, however, the professional implementation of George’s ideas proved difficult. While George was able to exert great influence, for example, in the field of historical scholarship by actively accompanying the research of his disciples in its subject matter and in writing, this was much less the case in jurisprudence.[23] Accordingly, George did not particularly approve of Stauffenberg’s legal career; on the contrary, he was more than critical of his work as a legal clerk at the Permanent Court of International Justice. Since he rejected international jurisdiction, he was of the opinion that Stauffenberg had shown ‘no achievements’, which deeply hurt the legal scholar.[24] However, Stauffenberg himself also had a difficult relationship with jurisprudence, which he pursued only with inner distance, and which was a second choice for him in the absence of the realisation of his true career aspiration of becoming a diplomat. Stauffenberg found his true fulfilment in the poetry of his ‘master,’ whom he followed in almost all matters of life. This went so far that he even sacrificed his great love, Mika Classen, to George’s claims of ownership and submitted to his interdiction of the marriage in 1932.[25] It was not until 1936, three years after the death of his ‘master,’ who had named Berthold as his testamentary heir and trustee of his work, that Stauffenberg finally entered into the marriage.[26]

Legacy and Heirs. Resistance in the name of George?

While George had precisely stipulated who should administer his poetic estate, the question of what the poet’s intellectual legacy actually consisted of immediately became a bone of contention among his disciples and remains controversial in George research to this day. The majority of his work relied on constant interpretation by the ‘master,’ who, as the only legitimate authority, had the final say in its exegesis.[27] One of the major questions was George’s relationship to National Socialism. The ‘master,’ who died in December 1933, failed to take a clear position, as demanded not least by his Jewish followers. Although George has to have viewed National Socialism, like any phenomenon of mass culture, critically, as a matter of principle, parts of his poetry about the ‘New Reich’ were certainly appealing to the National Socialists, so that Reich Propaganda Minister Joseph Goebbels endeavoured to win him over for his own purposes.[28] George was flattered by this and was generally open to National Socialism, yet he considered any co-optation by politics beneath him. At the same time, there were aspects of George’s work and personality that made him appear incompatible with the National Socialist understanding of art and culture: George’s love life, which was an open secret, and the large number of Jewish intellectuals in his circle were repeatedly the subject of homophobic and anti-Semitic pamphlets.[29]

The falling apart of the George Circle over disputes regarding the interpretation of George’s legacy began at the ‘master’s’ deathbed.[30] For the youngest disciples around the Stauffenberg brothers and Frank Mehnert who welcomed National Socialism, it was clear that they were doing so in accordance with the ‘master’.[31] Older companions such as Karl Wolfskehl and Ernst Kantorowicz, who were already exposed to the early stages of National Socialist persecution due to their Jewish origins, tried to mobilise the idea of the ‘Secret Germany’ as an alternative to the ‘Third Reich’.[32] Georges’ legacy was claimed and put to use by many – whether in support or, in the end, in defiance of the Nazi regime or, as in the case of the Stauffenbergs, who later decided to join the resistance in the name of their ‘master,’ in both ways.[33]

A Piece of Immortality. The Sculptor Frank Mehnert

Frank Mehnert next to his plaster likeness by Ludwig Thormaehlen, 1920s[34]

‘With all that you accomplish, You conquer a piece of immortality for us, You make this country more beautiful, You strengthen our belief in our cause and its ultimate infallibility.’

– Claus von Stauffenberg to Frank Mehnert [35]

The bust of Berthold von Stauffenberg was created by Frank Mehnert. Mehnert was a classmate of the Stauffenbergs, who, like him, attended the Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart. In 1922, at the age of 13, Mehnert befriended Berthold, who was four years his senior. Frank Mehnert, who was considered a fragile young boy, entered into a relationship of ‘almost slavish dependence’ with Berthold von Stauffenberg, which Mehnert’s brother Klaus described as ‘a kind of knight-squire relationship’ and which caused great concern within his family.[36] Through the Stauffenberg brothers, Frank Mehnert joined the George Circle in 1924 at the age of 15. George quickly took a great liking to the boy, who himself fell under the poet’s spell. Contemporaries and George researchers have found many terms to describe the relationship between Frank Mehnert and George, who was 41 years older. Mehnert is described as a ‘loyal companion’[37], ‘favourite disciple’[38], ‘a (lady’s) companion of a very special kind’[39], or a ‘jack of all trades’[40]. It is documented that Frank Mehnert belonged to the poet’s innermost circle from 1928 onwards, at the latest. In any case, it is clear that George’s relationship with Mehnert can only be described as a ‘partnership’ by those who generously overlook the pronounced power imbalance between the ‘master’ and his ‘disciple’ as well as Mehnert’s obvious psychological lability.

It was through the George circle that Mehnert became a sculptor. Like Berthold von Stauffenberg, he had initially begun studying law in Tübingen in 1927. When Berthold von Stauffenberg took up his position at the KWI in 1929, he followed him to Berlin. Mehnert eventually dropped out of his studies and turned to sculpture as an autodidact, accompanied by another member of the circle, Ludwig Thormaehlen.[41] Mehnert’s early work consists exclusively of busts of Stefan George, Claus and Berthold von Stauffenberg, and other disciples of George. It was not until 1933 that Mehnert, a staunch National Socialist, broadened his palette when he saw an opportunity to ‘get into the monument business big time with the new rulers.’[42] Under his pseudonym Viktor Frank, Mehnert designed around 40 busts of Hitler by 1936, which he successfully marketed.[43] He also created a relief and a plaque of Hitler, and in 1934 he designed a larger-than-life statue as an SA monument, for which Claus von Stauffenberg served as the model.[44] Although Mehnert’s artistic work ultimately remained limited and amateurish due to his early death as a soldier on the Eastern Front in 1943, it fulfilled an essential function in the eyes of George’s disciples, as it preserved the aesthetic standards of the ‘master’ beyond his death.[45]

The Trace of the Chisel. Sculpture in the George Circle

Swedish sculptor Adh Hedblom (left) creates a bust of Berthold von Stauffenberg (1928)[46]

The visual arts played a prominent role within the George Circle – more than 200 busts were created within his sphere of influence. In strange contrast to this, none of the three sculptors in the circle, Ludwig Thormaehlen, Alexander Zschokke, and Frank Mehnert, had received any artistic training.[47] The contrast between the amateurish sculpture and the high aesthetic standards that George set for his own poetry and the work of his disciples is considerable. The significance of sculpture as an art form within the circle becomes tangible through George’s own understanding of his poetry: He saw it as ‘word sculpture’ and himself as a ‘sculptor,’ or as Ulrich Raulff puts it: ‘The words appeared like massive blocks that still bore the traces of the chisel.’[48] For George, sculpting as an artistic practice was thus the logical continuation of his linguistic-plastic work. He understood sculpture as a didactic process that was intended to stand in dialogue with the poetic work of his disciples.

The Thormaehlen and Mehnert studio was an important social space for the members of the circle. ‘Working together, conversation, translation, and sculpture determine the life of the small group. The room is filled with plaster figures, heads, and entire figures of naked men,’ is how Ulrich Raulff describes the atmosphere.[49] The focus was on the collective study of Georges’ work. Through photographic and artistic representations of each other, one attempted to inscribe oneself into the master’s aesthetic. The final step of integration into the circle was understood to be the sculptural reproduction of one’s own head.[50] In imitation of Greek antiquity, the heads were intended to express the type of a heroised  ‘Georgian man’ called to aesthetic leadership, before whom ‘the bourgeois crossed himself.’[51] The sculptures are thus characterised by a certain de-individualisation and idealised redundancy.[52] Since the sculpture of George’s disciples is to be understood as an internal act of communal art creation within the circle, the busts were not intended for the public. Rather, they served as normative, aesthetic models for the onlookers, informed by their knowledge of George’s work.[53]

This also applies to Frank Mehnert’s bust of Berthold von Stauffenberg. It was most likely created in 1930 as an ‘product of friendship’ within the circle.[55] It, too, is entirely in keeping with George’s aesthetics, idealised in a classicising way, as is Mehnert’s bust of Claus von Stauffenberg, casts of which have been erected in the German Parliamentary Building (Bundestag) and at the German Resistance Memorial in Berlin. Both Stauffenberg busts, which were created long before the assassination attempt of 20 July 1944, can hardly be separated from these placements from today’s perspective. They form a kind of iconography of the German resistance, which, in terms of visual language, shows significant overlaps with the aesthetic preferences of National Socialist art.[56] Unlike Mehnert’s Hitler busts and the SA monument, they were never intended for public display. Yet, both lend themselves to the function of hero statues, whose context of origin in the George cosmos has largely been forgotten.

‘Aristocratic-Esoteric Fuss’. Hermann Mosler and the Bust

‘And I understood that art’s only meaning is to be art’

– Carlo Schmid on Stefan George[57]

Hermann Mosler joined the Institute, at that time still known as the Kaiser Wilhelm Institute (KWI) in Berlin, as a research fellow in 1937 at the age of 25. Berthold von Stauffenberg, seven years his senior, was already a senior member of the academic staff and co-editor of HJIL then. Virtually nothing is known about the relationship between the two at that time, as Mosler never spoke about it publicly. Among the few published recollections of Stauffenberg from the Institute context are the memoirs of Joachim von Elbe (1902–2000), who was a research fellow at the Institute in the early 1930s and later went on to become a US diplomat. He describes Stauffenberg as ‘closed off’ and someone who always ‘kept his distance’ from colleagues. It is with some level of irritation that Elbe recalls Stauffenberg’s membership in the George Circle, ‘the “aristocratic-esoteric fuss” of which seemingly did not leave Berthold’s behaviour unaffected.’[58] However, there were also members of the Institute who were by no means unfamiliar with George. Carlo Schmid, for example, had already as a schoolboy come into contact with George’s poetry, which he felt was like ‘the light that has been brought down from heaven.’[59] Carlo Schmid also cultivated close friendships with numerous members of the George Circle, although he emphasises: ‘I, however, never became a “Georgian [Georgianer]”.’[60] Apart from Schmid, Helmut Strebel is the only one at the Institute known to have had a lifelong close connection to George’s work.[61]

While for the Berlin KWI a certain interest in Georges’ intellectual cosmos can be ascertained, this was not the case at the Heidelberg MPIL. The reason for this can likely primarily be found in the changed social composition of the staff. While the members of the KWI were predominantly recruited from the nobility and upper middle class, who were quite receptive to Stefan George’s elitist, even anti-democratic, aesthetic, the staff of the Heidelberg Institute was far less bourgeois. George’s symbolist l’art pour l’art poetry, with its emphasis on ‘what lies behind things’, charismatic leadership, and elitism, which combined anti-Western and nationalistic elements, must have not only remained foreign to Mosler, but was also the expression of a mindset that he had rejected early on, during his years of active involvement in the Catholic youth movement, and which he, as a sober Federal Republican Catholic, wanted to keep out of his Institute at all costs.

When Karl Josef Partsch started his years-long campaign of offering the bust of Berthold von Stauffenberg to Hermann Mosler in 1966, Mosler considered this an inconvenience for many reasons. Placing it in a central location within the Institute would have sparked debates in which the director had no interest. Firstly, it would have raised the question of the Institute’s position on the Third Reich.[62] Although Mosler endorsed Stauffenberg’s resistance, he did not want to elevate him to the ‘spirit of the house’ against his better judgement. Moreover, the overall societal attitude toward the ‘conspirators’ of 20 July 1944 in the 1960s was by no means entirely positive, as the Stauffenbergs were still considered to be ‘traitors to the fatherland’ and ‘oath breakers’ by many at the time.[63] The installation of the bust would thus have amounted to a political statement that could have caused irritation among some guests and employees.

Beyond the valuation of the German resistance, it was and still is controversial whether and to what extent Stefan George’s poetry provided intellectual support for National Socialism. On the occasion of George’s 100th birthday in 1968, a controversial discourse emerged within the German feuilleton about his relationship with the ‘Third Reich.’[64] While Karl Josef Partsch and Helmut Strebel were keen to retroactively rehabilitate George via the Stauffenbergs’ resistance, Mosler wanted to keep such debates out of his Institute. Mosler’s focus was on providing legal support for the integration of the Federal Republic into the European Union and the West, as well as on integrating the Institute into the international academic community. The Stauffenberg bust could have hardly been useful in this context. If one then assumes that Mosler, as a long-time colleague of Stauffenberg’s, was also aware of George’s sexual orientation and could guess at the problematic context surrounding the bust’s creation, it seems obvious why he did not want it at the Institute.

Over the years, however, knowledge of the context in which the bust was created was lost at the Institute. One could say that the more its history was forgotten, the more the bust moved from the periphery to the centre of the Institute. With the drastic change in the societal evaluation of 20 July 1944, the Stauffenberg bust was reinterpreted as well. The Institute has now proudly endorsed and still endorses its former member, whose work was largely reduced to the attempted Hitler assassination. The broader intellectual and historical context of the bust’s creation, which had caused Hermann Mosler to reject it, receded into the background. Today, only few guests and researchers at the Institute know who Berthold von Stauffenberg was. And yet, the bust speaks for itself, breathing and embodying the ‘heroic’ through the classicised aesthetics of the ‘Georgian man’. But today, who knows what that meant?

***

The author would like to thank Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Moritz Vinken, and Joachim Schwietzke for their helpful annotations to the text.

[1] Bust owned by Karl Josef Partsch; Photo: MPIL.

[2] Letter from Karl Josef Partsch to Hermann Mosler, dated 18.1. 1966, File ‘Stefan George Stiftung’, MPIL. This and all following direct quotes are translated by the editor, except where indicated otherwise.

[3] Letter by Hermann Mosler to Karl Josef Partsch, dated 4. 2. 1966, File ‘Stefan George Stiftung’, MPIL.

[4] Should he be referring to the looming generational conflict of ’68, this is not really convincing either, as it largely failed to materialise at the institute, see: Ingrid Gilcher-Holtey, A Bastion in Troubled Waters? The MPIL in the Mobilisation Process of the 1968 Movement, MPIL100.de.

[5] Letter from Hermann Mosler to Karl Josef Partsch, dated 4. 9. 1967, File ‘Stefan George Stiftung’, MPIL.

[6] Letter from Helmut Strebel to Hermann Mosler, dated 11. 4. 1972, File ‘Stefan George Stiftung’, MPIL.

[7] Only a few of the contemporary witnesses I interviewed could remember the Stauffenberg bust at the institute. I would like to thank Michael Bothe, Stefan Oeter, and Georg Nolte for their helpful clarifications on this matter.

[8] Photo: Stefan-George-Archiv.

[9] Quoted from: Wolfgang Graf Vitzthum, Der stille Stauffenberg. Der Verschwörer, Georgeaner und Völkerrechtler Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Berlin: Duncker & Humblot 2024, 27. Stauffenberg’s quotations are in all lower case, in keeping with Stefan George’s minimalist aesthetic.

[10] Daniela Gretz, Mehnert, Frank, in: Achim Aurnhammer et al. (eds.), Stefan George und sein Kreis: Ein Handbuch, Berlin: De Gruyter 2016, 1546–1549.

[11] Wolfgang Graf Vitzthum, Partsch, Karl Josef, in: Achim Aurnhammer et al. (fn. 10), 1569–1572.

[12] Florian Hofmann, Helmut Strebel (1911–1992). Georgeaner und Völkerrechtler, Baden-Baden: Nomos 2010, 255.

[13] Friedrich Gundolf/Friedrich Wolters, Einleitung der Herausgeber, in: Friedrich Gundolf/Friedrich Wolters (eds.), Jahrbuch für die geistige Bewegung 3 (1912), III–VIII, VIII; Hans-Christof Kraus, Das Geheime Deutschland. Zur Geschichte und Bedeutung einer Idee, Historische Zeitschrift 291(2010), 385–417, 389; 393; Thomas Karlauf, Stefan George. Die Entdeckung des Charisma, Munich: Karl Blessing Verlag 2007, 555–556.

[14] Kraus (fn. 13), 392–393; Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 33.

[15] Rainer Kolk, Literarische Gruppenbildung. Am Beispiel des George Kreises 1890–1945, Berlin: Max Niemeyer Verlag 1998, 242; Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 32.

[16] For example, the 14-year-old Karl Josef Partsch: Ulrich Raulff, Kreis ohne Meister. Stefan Georges Nachleben, Munich: C. H. Beck 2012, 84.

[17] Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 32; Karlauf, Charisma (fn. 13), 378–382.

[18] The issue of George’s paedophilia has been the subject of controversial debate for several years (Julia Encke, Das Ende des Geheimen Deutschlands, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 13 May 2018, 45–46; Julia Encke, Päderastie aus dem Geist Georges? Ein Gespräch mit Thomas Karlauf über den Männerbund im Stefan-George-Kreis, die Verbindungen zur Reformpädagogik und über die Odenwaldschule, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 5 April 2010, 23–24). Established George research, which in many ways sees itself as continuing George’s tradition, denies that George ever committed any assaults. Carola Groppe, for example, writes: ‘Even if the selection of boys was motivated by homoeroticism and paedophilia, so far no evidence of sexual practices has been found in the correspondence of the George Circle; nor can George’s poetry be used as evidence. It must remain open whether the affection for beautiful male children and adolescents within the circle led to sexualised violence against them or not.’: Carola Groppe, Freundschaften mit Auftrag und Gefährdung: Im George-Kreis, in: Kai Kauffmann/Cornalia Ortlieb (eds.), George-Jahrbuch 13 (2020/21), Berlin: De Gruyter 2020, 1–26, 16. Thomas Karlauf points out, however, that almost all sources on the George Circle came from people ‘who were part of the system or, in the event of their separation, were under considerable pressure to justify themselves’, which is why an open discussion of abuse can hardly be expected: Karlauf, Charisma (fn. 13), 370. For Karlauf, there is no doubt that in his poetry collection ‘Der Stern des Bundes’, George made an ‘outrageous attempt’ to ‘declare pederasty, with pedagogical zeal, the highest form of spiritual existence’: Karlauf, Charisma (fn. 13), 394. Although George’s poetry can by no means be seen as evidence of any actions, if one must distinguish between art form and deed, the author of this article at least lacks the imagination to see no abuse in the recruitment processes of the many underage circle members or in George’s decidedly asymmetrical relationships with often significantly younger or emotionally dependent ‘friends’.

[19] With (from left, clockwise): Albrecht von Blumenthal, Ernst Morwitz, Silvio Markees, Max Kommerell, Johann Anton, Alexander von Stauffenberg; Photo: Stefan-George-Archiv.

[20] Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 24.

[21] Quoted from: Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 28.

[22] It cannot be ruled out that this may have been due to a clarifying conversation between the concerned mother of the three brothers and the poet: Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt 1992, 53.

[23] Bertram Schefold/Wolfgang Graf Vitzthum, Staatswissenschaften (Nationalökonomie, Staats- und Völkerrecht), in: Achim Aurnhammer et al. (fn. 10), 1147–1158, 1154; Wolfgang Graf Vitzthum, Rechts- und Staatswissenschaften aus dem Geiste Stefan Georges? Über Johann Anton, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg und Karl Josef Partsch, in: Bernhard Böschenstein et al.(eds.), Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft, Berlin: De Gruyter 2005, 83–113, 110–111.

[24] Hoffmann (Fn. 22), 75; 73.

[25] Hoffmann (Fn. 22), 78; Thomas Karlauf, Stauffenberg. Porträt eines Attentäters, Munich: Pantheon 2019, 124.

[26] Wolfgang Graf Vitzthum, Stauffenberg, Berthold Alfred Maria Schenk Graf von, in: Achim Aurnhammer et al. (fn. 10), 1666–1671, 1669. The order of succession included first Robert Boehringer, then Berthold von Stauffenberg, and finally Frank Mehnert. After Mehnert’s death in 1943, Berthold von Stauffenberg made his brother Claus his reversionary heir.

[27] Karlauf, Charisma (fn. 13), 635.

[28] Karlauf, Charisma (fn. 13), 611.

[29] Raulff, Kreis (fn. 16), 87.

[30] Raulff, Kreis (fn. 16), 87.

[31] Karlauf, Charisma (fn. 13), 615.

[32] Karlauf, Charisma (fn. 13), 614–615; 626–627.

[33] Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 118.

[34] Photo: Stefan-George-Archiv.

[35] Letter from Claus von Stauffenberg to Frank Mehnert, dated 26.11.1939, quoted from: Raulff, Kreis (fn. 16), 110.

[36] This dependency remained throughout his life. When Berthold von Stauffenberg wanted to marry his great love Mika Classen in 1932, Mehnert, who had an ‘almost pathological aversion to women’, travelled to The Hague on George’s behalf to inform him of his ‘master’s’ interdiction and to bring him to Switzerland for a personal meeting. Mehnert saw Stauffenberg’s marriage in 1936 as a betrayal of George and broke off contact almost completely for three years: Vitzthum, Berthold von Stauffenberg (fn. 26), 1548; Karlauf, Stauffenberg (fn. 25), 124; Hoffmann (fn. 22), 157.

[37] Michael Stettler, Vorwort, in: Michael Stettler (ed.), Erinnerung an Frank, Düsseldorf: Verlag Helmut Küpper 1968, 7. The volume also provides a good impression of Mehnert’s significance in the culture of remembrance of the (Post) George Circle and of Mehnert’s own perception of George and his circle.

[38] Karlauf, Charisma (fn. 13), 617.

[39] Raulff, Kreis (fn. 16), 83.

[40] Vitzthum, Der stille Staufenberg (fn. 9), 1548.

[41] Raulff, Kreis (fn. 16), 202.

[42] Raulff, Kreis (fn. 16), 202.

[43]  Gretz (fn. 10), 1547.

[44] Hoffmann (fn. 22), 130–131.

[45] Karlauf, Charisma (fn. 13), 618; Karlauf, Stauffenberg (fn. 25), 238.

[46] Photo: Stefan-George-Archiv.

[47] Ulrich Raulff, Steinerne Gäste. Im Lapidarium des George-Kreises, in: Ulrich Raulff/Lutz Näfelt (eds.), Das geheime Deutschland. Eine Ausgrabung. Köpfe aus dem George-Kreis, Marbach: Deutsche Schillergesellschaft 2008, 4–33, 6; 7.

[48] Raulff, Steinerne Gäste (fn. 47), 9.

[49] Raulff, Kreis (fn. 16), 203–204.

[50] Raulff, Steinerne Gäste (fn. 47), 16.

[51] Friedrich Wolters, quoted from: Raulff, Steinerne Gäste (fn. 47), 17.

[52] Raulff, Steinerne Gäste (fn. 47), 28; 29.

[53] Raulff, Steinerne Gäste (fn. 47), 29.

[54] Photo (left): Maurice Weiss; Photo (right): Stefan-George-Archiv. The pedestal made of shell limestone, created by Heidelberg sculptor Edzard Hobbing, bears the distinct hallmarks of George’s aesthetic. The inscription is clearly inspired by Stefan George’s ‘style writing’ (Stilschrift).

[55] Information regarding the creation of the bust of Berthold von Stauffenberg varies, especially since there were a number of casts made from the mid-1930s onwards. Karl Josef Partsch speculates that the bust was created either in 1927 or 1931: Letter from Karl Josef Partsch (fn. 2)

[56] These include the heroic idealisation of the subject and the reference to the ancient Greek body image, as is the case with Arno Breker, for example: Karoline Schröder, Ein Bild von Skulptur. Der Einfluss der Fotografie auf die Wahrnehmung von Bildhauerei, Bielefeld: Transkript 2018, 116.

[57] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: S. Hirzel Verlag 2008, 34.

[58] Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, Munich: C. Bertelsmann 1983, 123. A certain irritation regarding Stauffenberg’s relationship to George was also prevalent among other members of the Institute: Alexander N. Makarov, Vorkämpfer der Völkerverständigung und Völkerrechtsgelehrte als Opfer des Nationalsozialismus. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944), Die Friedenswarte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation 6 (1947), 360–365, 364.

[59] Schmid (fn. 57), 34.

[60] Schmid (fn. 57), 35.

[61] There was however some level of general affinity for the themes and aesthetics of the George Circle at the Institute, as evidenced by the fact that two of its most important and popular works can be found in the Institute’s library, namely Kurt Hildebrandt’s book on Plato and Ernst Kantorowicz’s biography of Emperor Friedrich II, with the latter even coming from Viktor Bruns’ private collection: Kurt Hildebrandt, Platon. Der Kampf des Geistes um die Macht, Berlin: Georg Bondi 1933; Ernst Kantorowicz, Kaiser Friedrich der Zweite, Berlin: Georg Bondi 1927.

[62] Philipp Glahé, History as a Problem? On the Historical Self-Perception of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, HJIL 83 (2023), 565–578.

[63] Ruth Hoffmann, Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird, Munich: Goldmann 2024, 42.

[64] Raulff, Kreis (fn. 16), 420–426.

Völkerrecht im Widerstand? Berthold von Stauffenberg in der Erinnerungskultur des Instituts

International Law in Resistance? Berthold von Stauffenberg in the Institute's Culture of Remembrance

Deutsch

Im Sommersemester 1966 veranstaltete die Universität Heidelberg eine Studium-Generale-Reihe zum Thema „Wissenschaft und Nationalsozialismus“. Zwei der insgesamt fünf Vorträge wurden von Hermann Mosler übernommen. Seine quasi am Vorabend der Studentenbewegung gehaltenen Vorlesungen über „Staatsrechtslehre und Nationalsozialismus“ zählen zu den wenigen öffentlichen Auseinandersetzungen des Völkerrechtlers mit dem „Dritten Reich“. Sie sind für Moslers Verhältnisse sehr direkt und nahezu persönlich formuliert. Mosler ist deutlich darum bemüht, den Studierenden ein umfassendes Bild von der nationalsozialistischen Staatslehre und ihren Ursprüngen sowie von den Arbeits- und Lebensbedingungen unter der Diktatur zu vermitteln: „Ich gehöre zu einem Jahrgang [1912], der im Jahre 1933 noch nicht handeln konnte, wohl aber urteilsfähig war.“[1] Mosler führt aus, er habe sich als Student, Doktorand und junger Wissenschaftler „zu jeder Phase eine Meinung gebildet. Manches sehe ich heute anders, teils deutlicher, teils weniger deutlich als ich das zu wissen glaubte.“

Detailliert schildert Mosler die Situation Deutschlands und der Staatsrechtswissenschaft in der Endphase der Weimarer Republik, führt die Reaktion seines Faches auf die „Machtergreifung“ aus, schildert den Ausbau des „totalen Staates“ und die Aushöhlung des Rechtsstaates. Mosler scheut sich nicht, eine klare Haltung zu bedeutenden ideologischen Akteuren der NS-Rechtswissenschaft wie Carl Schmitt, Reinhard Höhn oder auch seinem Fakultätskollegen Ernst Forsthoff zu beziehen und ihren Beitrag zur Legitimierung des NS-Regimes zu erörtern.

Mosler verweist aber auch darauf, dass sich nicht jeder Jurist blind auf den NS-Staat eingelassen habe, dass es auch mutige Wissenschaftler gegeben habe, die offen Widerspruch geübt hatten. Als Gewährsmann aus seinem Fach führt er seinen Bonner Mit-Doktoranden Rudolf Timmermans an, der in seiner 1936 erschienenen Dissertation deutliche Kritik am Führerstaat geäußert hatte und dessen Arbeit daraufhin von der Gestapo beschlagnahmt worden war; der Autor selbst hatte ins Ausland fliehen müssen, wo er den Krieg nicht überlebte.[2] Ein anderer Name, der insbesondere mit Blick auf eines der Vorlesungsdaten, den 20. Juli 1966, erwartbar gewesen wäre, fällt indes nicht: Berthold von Stauffenberg. Anders als der völlig unbekannte Timmermans war Stauffenberg für Mosler kein Anknüpfungspunkt für eine Rehabilitierung der Völkerrechtswissenschaft – trotz dessen Beteiligung am Widerstand des 20. Juli 1944. Teile der neueren völkerrechtshistorischen Forschung sehen in Stauffenberg indes eine Lichtgestalt der eigenen Disziplin im „Dritten Reich“ – einen aktiven Verfechter des Rechtstaates, der Völkergemeinschaft, des Friedens und der Humanität, mithin einen Völkerrechtler im Widerstand.[3] Eine Haltung, die der dem NS-Regime kritisch gegenüberstehende und politisch weitgehend unbelastete Hermann Mosler nie einnahm. Wenngleich er sich andernorts zu Stauffenberg bekannte, so blieb seine Haltung zu seinem früheren Kollegen doch stets distanziert. Dieser Beitrag möchte der komplexen Stellung Bertholds von Stauffenberg innerhalb der Erinnerungskultur des heutigen Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL) auf den Grund gehen, indem er schlaglichtartig Leben und Wirken des Völkerrechtlers am Institut untersucht und der Frage nachgeht, welche Bedeutung er heute für das historische Selbstverständnis des MPIL hat.

Zwischen Vaterlandsverrat und Heldenkult. Anmerkungen zu Quellenlage und Literaturstand

Anders als sein weitaus populärerer Bruder Claus von Stauffenberg, der das gescheiterte Bomben-Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 ausgeführt hatte, ist Berthold von Stauffenberg nur wenigen innerhalb der historisch interessierten deutschen Völkerrechtswissenschaft ein Begriff.[4] Sich Berthold von Stauffenberg historisch zu nähern, ist kein leichtes Unterfangen. Hierbei stößt man schnell auf zwei grundlegende Probleme: einen eklatanten Mangel an Quellen und eine hierzu in keinem Verhältnis stehende Überproduktion von Literatur zum Thema „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“.[5] Weder Stauffenbergs Wirken am Institut, noch seine Rolle im Widerstand lässt sich jenseits seiner wissenschaftlichen Publikationen auf stabiler Faktenbasis nachvollziehen, da viele Absprachen im Geheimen und mündlich stattfanden und belastende Dokumente nach dem Scheitern des Attentats vernichtet wurden.[6]

Bei dem Blick in die Literatur lässt sich festhalten, dass Bewertung und Stellung des Widerstands in der deutschen Erinnerungskultur starken Konjunkturen unterlagen, die von vehementer Ablehnung bis zum Heldenkult reichten. Bis weit in die 1950er Jahre hielten sich nationalsozialistische Deutungsmuster, galten die Verschwörer des 20. Juli 1944 manchen als „Eidbrecher“ und „Vaterlandsverräter“, die ihren Kameraden an der Front feige in den Rücken gefallen seien.[7] Erst ab den 1960ern wandelte sich das Bild. In dem Maße, in dem sich die früheren Träger des „Dritten Reiches“ als Funktionselite der Bundesrepublik etablierten und sich in die neue demokratische Ordnung integrierten, wurden die überwiegend aus Adel, Großbürgertum und Militär stammenden Verschwörer des 20. Juli 1944 als Vertreter des „anderen Deutschland“ idealisiert. Während in der Bundesrepublik der bereits seit 1933 aktive kommunistische und sozialdemokratische Widerstand marginalisiert wurde, erhob man nun jene zu Vorkämpfern und Kronzeugen einer freiheitlich demokratischen Wertordnung, die sich erst kurz vor dem Ende des Krieges gegen Hitler gestellt hatten.[8] In der wissenschaftlichen Literatur und öffentlichen Wahrnehmung wurden die Verschwörer, wie Thomas Karlauf schreibt, fortan im Sinne der gesellschaftlichen Vorbildfunktion zu „weitgehend immune[n] Lichtgestalten“ stilisiert:

„Statt zu fragen, wie sie es schafften, sich von der Begeisterung der Mehrheitsgesellschaft abzusetzen und sich zu einer eigenen Haltung durchzuringen, setzte man auf die Fiktion mehr oder weniger ‚autarker‘ Persönlichkeiten, die prinzipiell die Gegenposition zu Hitler verkörperten und niemals vom rechten Weg abkamen.“[9]

Wie auch Ruth Hoffmann in ihrer unlängst erschienenen Studie zum deutschen Widerstand hervorhebt, wurden und werden Ambivalenzen in der Wahrnehmung der Widerstandskämpfer zumeist ignoriert.[10] Dies gilt auch für den Großteil der Publikationen zu Berthold von Stauffenberg, dessen Beteiligung am Widerstand rückblickend als freiheitlich-demokratischer Akt in quasi vorauseilender Verwirklichung des Grundgesetzes gesehen wird, wobei seine zeitgeisttypischen antidemokratischen, antisemitischen und auch nationalsozialistischen Überzeugungen in den Hintergrund gerückt werden.

„Im Grunde vollkommen überflüssig“. Berthold von Stauffenberg am KWI

Berthold von Stauffenberg (rechts) mit Frau Schmitz, der Ehefrau des stellvertretenden Institutsdirektors Ernst Martin Schmitz, auf der Betriebsfeier des Instituts 1939[11]

Berthold von Stauffenberg kam 1929 kurz nach der Verteidigung seiner Tübinger Dissertation an das Institut, das ihm durch seine beiden Berliner Studiensemester bei Viktor Bruns bekannt war.[12] Stauffenbergs Eintritt in das Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) war jedoch nur als Übergang gedacht, da er weder eine wissenschaftliche noch eine juristische Karriere anstrebte.[13] Stattdessen hatte Stauffenberg sein Referendariat abgebrochen und sich 1928 erfolglos um die Aufnahme in den Auswärtigen Dienst beworben.[14] Nach der Absage aus dem AA blieb Stauffenberg zunächst bis 1931 am Institut, ehe ihn Bruns als redigierenden Sekretär in die von Åke Hammarskjöld geleitete Kanzlei des Ständigen Internationalen Gerichtshofs (StIGH) nach Den Haag vermittelte.[15] Wenngleich Stauffenberg hier hauptsächlich in der Verwaltung tätig war, wurde er häufig als Gutachter herangezogen. Schließlich erhielt er von Hammarskjöld den Auftrag zur Abfassung eines Kommentars zum Statut des StIGH, welcher 1934 über das KWI in französischer Sprache erschien und als Stauffenbergs wissenschaftliches Hauptwerk gilt.[16] Doch seine Tätigkeit in Den Haag vermochte den Juristen nicht zufrieden zu stellen. Sein Verhältnis zur internationalen Gerichtsbarkeit, die er für einen „Schwindel“ hielt, war durchaus nicht von zustimmender Überzeugung geprägt.[17] So schrieb er seinem „Meister“, dem Dichter Stefan George, dessen intellektuellem Kreis er seit frühester Jugend angehörte: „Die richter hier scheinen in einen zustand immer grösserer vertrottelung zu geraten und es wäre das beste man würden den ganzen haufen nach hause schicken“.[18] Nach dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund im Jahre 1933 kündigte Stauffenberg seine Stelle, da er „es nicht für richtig halte weiter einen gehalt [sic] vom Völkerbund zu beziehen“.[19] Ein Schritt, den Hammarskjöld für „unnötig“ hielt und mit „grosse[r] Enttäuschung“ aufnahm.[20] Stauffenberg kehrte an das Institut zurück und versuchte es 1934 ein zweites Mal erfolglos beim Auswärtigen Amt. Obgleich er die Rechtswissenschaft eigentlich für sich ausgeschlossen hatte, bewarb er sich 1934, ebenfalls vergeblich, um einen Völkerrechtslehrstuhl in München.[21] So blieb Stauffenberg notgedrungen am KWI, an dem er seine Arbeit für „im grunde [sic] vollkommen überflüssig“ hielt.[22] Seinen Dienst am Institut versah er zwischen 11 und 18 Uhr nach ausgedehnten morgendlichen Reiteinheiten im Tattersall Beermann am Zoologischen Garten eher nach Vorschrift.[23] Stauffenbergs mangelnde Erwärmung für den juristischen Beruf und seine gescheiterten Bewerbungen an das AA und die Universität München 1934 hat die (juristische) Forschung als frühes Zeichen widerständiger Haltung beziehungsweise fehlender NS-Konformität gesehen.[24] Jedoch scheint der eigentliche Grund hierfür in einer ausgeprägten Gehemmtheit Stauffenbergs im persönlichen Auftreten gelegen zu haben.[25] Sein Verhältnis zur Rechtswissenschaft blieb für den musisch und literarisch breit Interessierten distanziert, wie sein langjähriger Kollege Alexander N. Makarov festhält: „Berthold von Stauffenberg hat mir einmal gesagt, er hätte kein einziges juristisches Buch zu Hause. (…) [D]ie Rechtswissenschaft war im Grunde genommen nur sein Beruf, nicht seine Berufung.“[26]

Viktor Bruns wollte Stauffenberg dennoch am Institut halten und förderte ihn nach Kräften. 1934 wurde Stauffenberg zum stellvertretenden Abteilungsleiter für Völkerrecht befördert, 1935 wurde er als Nachfolger des wegen seiner jüdischen Wurzeln aus dem Institut vertriebenen Erich Kaufmann zum wissenschaftlichen Mitglied und Mitherausgeber der ZaöRV ernannt.[27] In demselben Jahr wurde Stauffenberg zum Leiter der kriegsrechtlichen Abteilung im KWI befördert sowie Mitglied im wehrmachtsnahen Ausschuss für Kriegsrecht der Akademie für Deutsches Recht von Hans Frank. Auch war er mit Carl Bilfinger, Carl Schmitt und Ernst Schmitz Mitglied des Ausschusses für Völkerrecht der Akademie.[28] Schwerpunkt von Stauffenbergs wissenschaftlicher Arbeit im Institut war die Herausgabe der ersten Bände der Fontes Iuris Gentium zusammen mit Ernst Martin Schmitz und Abraham Feller. Der Großteil seiner Publikationen setzte sich mit dem Haager Gerichtshof auseinander.[29] Viktor Bruns sah in Stauffenberg einen derart verlässlichen Mitarbeiter, dass er ihn in seinem Testament, nach seinem Cousin Carl Bilfinger, als zweite Option für seine Nachfolge vorschlug.[30]

„Die Grundideen des Nationalsozialismus zum größten Teil durchaus bejaht“. Haltung zum „Dritten Reich“

„Der Gedanke des Führertums, der selbstverantwortlichen und sachverständigen Führung, verbunden mit dem einer gesunden Rangordnung und dem der Volksgemeinschaft, der Grundsatz ‚Gemeinnutz geht vor Eigennutz‘ und der Kampf gegen die Korruption, die Betonung des Bäuerlichen und der Kampf gegen den Geist der Großstädte, der Rassegedanke und der Wille zu einer neuen, deutsch bestimmten Rechtsordnung erschien uns gesund und zukunftsträchtig“[31]

– Verhörprotokoll Berthold von Stauffenberg 16. Oktober 1944

Berthold von Stauffenberg hatte, wie auch das KWI als solches, zunächst kein Problem mit dem Nationalsozialismus. Die Entlassung und Flucht von als Juden verfolgten Institutskollegen löste keinen Protest bei ihm aus, den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund nahm er mit Erleichterung auf. Zur “Röhm-Affäre” 1934, zur NS-Gleichschaltungspolitik, zur Aufhebung von Bürgerrechten oder zur Reichspogromnacht 1938 sind keine Äußerungen Stauffenbergs überliefert – weder zustimmende noch ablehnende. Kontrovers diskutiert werden zwei in der ZaöRV erschienene Aufsätze, die zu den wenigen wissenschaftlichen Stellungnahmen Stauffenbergs zur NS-Politik zählen: „Die Entziehung der Staatsangehörigkeit und das Völkerrecht – Eine Entgegnung“ (1934)[32] und „Die Vorgeschichte des Locarno-Vertrages und das russisch-französische Bündnis[33] (1936). Beide Beiträge rechtfertigen juristisch zwei entscheidende Etappen der nationalsozialistischen (Völker-)Rechtsbruch-Politik.

Erklärt sich Stauffenbergs Rechtfertigungsschrift zum völkerrechtswidrigen Einmarsch deutscher Truppen in das demilitarisierte linksrheinische Gebiet 1936 mit klassischem deutschen Großmachtdenken, so lässt sich sein Aufsatz zur Staatsangehörigkeitsfrage als implizite Zustimmung zur nationalsozialistischen Judenverfolgung lesen.[34] Im Juli 1933 erließ die Reichsregierung das Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Das Gesetz sah vor, Einbürgerungen aus dem Zeitraum vom 9. November 1918 bis zum 30. Januar 1933 zu widerrufen, sofern diese als „unerwünscht“ anzusehen seien (§ 1). Die Unerwünschtheit bemaß sich laut der zugehörigen Durchführungsverordnung nach „völkisch-nationalen Grundsätzen“, explizit sollten neben Kriminellen auch „Ostjuden“ hierunter erfasst sein.[35]

Das Gesetz hatte den französischen Juristen Georges Scelle zu einer engagierten Stellungnahme veranlasst.[36] Stauffenbergs unmittelbare Entgegnung richtet sich dezidiert an ein internationales Publikum, gegenüber dem das deutsche Gesetz gerechtfertigt werden sollte. Anders als Scelle, der das Gesetz vor allem inhaltlich bewertet, argumentiert Stauffenberg positivistisch, insbesondere weist er den von Scelle erhobenen Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zurück. Denn: „Die Entziehung der Staatsangehörigkeit um der Reinheit der Nation willen läßt sich ohne weiteres begreifen.“[37] Stauffenberg argumentiert im Folgenden vorwiegend rechtsvergleichend und kommt zu dem Schluss, dass der Entzug der Staatsangehörigkeit eine souveräne nationalstaatliche Entscheidung sei, die nicht im Widerspruch zur Staatenpraxis und zum Völkerrecht stehe.

Berthold und Claus von Stauffenberg, um 1925[38]

Das mochte sachlich richtig argumentiert sein und für sich genommen wenig Rückschlüsse auf eine antisemitische Haltung des Verfassers geben – so wie auch Stauffenbergs Kommentar zum StIGH-Statut seine Ablehnung der internationalen Gerichtsbarkeit nicht zum Ausdruck brachte. Auch bedient sich Stauffenberg keinesfalls einer völkisch-rassistisch geprägten Sprache, die mit wenigen Ausnahmen auch nicht dem Habitus und Stil des Instituts entsprochen hätte.[39] Setzt man den Text jedoch mit anderen zeitgenössischen Dokumenten in Bezug, so fügt er sich in eine für weite Teile der damaligen deutschen Elite zeitgeisttypische antisemitische Grundhaltung ein, die auch von Bertholds Bruder Claus geteilt wurde.[40] Diese Einstellung bekundete Stauffenberg auch bei der Vernehmung nach seiner Verhaftung im Juli 1944:

„Auf innenpolitischem Gebiet hatten wir die Grundideen des Nationalsozialismus zum größten Teil durchaus bejaht.[41]

Hierzu gehörte auch die Rassepolitik:

„Der Rassegedanke ist in diesem Krieg aufs schwerste verraten worden, indem gerade das rassisch beste deutsche Blut unwiederbringlich hingeopfert wird, während gleichzeitig Deutschland durch Millionen fremder Arbeiter bevölkert ist, die sicher nicht als rassisch hochwertig zu bezeichnen sind.“[42]

Beide Brüder hatten die Rassengrundsätze „an sich bejaht“, wenngleich schließlich für „überspitzt und übersteigert“ gehalten.[43]

Zur Führung berufen. Der Weg in den Widerstand

Statt ‚berufener‘ Führer kamen im allgemeinen ‚kleine Leute‘ an die Spitze, die eine unkontrollierte Macht ausübten. Gegen den Gedanken der Volksgemeinschaft wurde verstoßen, indem gegen die oberen Schichten und die ‚Intellektuellen‘ gehetzt und überhaupt nach Möglichkeit das Ressentiment des Kleinbürgers geweckt wurde.“[44]

– Verhörprotokoll Berthold von Stauffenberg 16. Oktober 1944

Erste Zweifel Berthold von Stauffenbergs am nationalsozialistischen Deutschland sind vom Sommer 1942 überliefert.[45] Diese Zweifel bezogen sich auf die militärische Lage, da Stauffenberg kaum mehr daran glaubte, dass Deutschland den Krieg gewinnen könne.[46] Als Jurist war Stauffenberg ab Mitte der 1930er Jahre an der rechtlichen Vorbereitung eines zu erwartenden nächsten Krieges beteiligt gewesen, von dem er sich eine erneute deutsche Hegemonie in Europa erhoffte.[47] Bei seiner Tätigkeit im Ausschuss für Kriegsrecht erarbeitete er bis 1939 eine neue deutsche Prisenordnung, die Maßnahmen von Kriegsschiffen gegenüber neutralen und feindlichen Handels- und Passagierschiffen regulierte. Ferner war er an der Ausarbeitung einer neuen Luftkriegsordnung beteiligt.[48] Hierbei handelte und dachte er im Rahmen des geltenden Kriegsvölkerrechtes.

Seit Kriegsbeginn war das KWI innerhalb des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) dem für völkerrechtliche Fragen der Kriegsführung zuständigen „Amt Ausland-Abwehr“ unterstellt.[49] Auch Stauffenberg war zum Kriegsdienst verpflichtet, den er im Oberkommando der Marine (OKM) leistete. Zu seinen Aufgaben gehörte die Ausarbeitung von Gutachten zu Völkerrechtsfragen für das OKM. Hierbei kam Stauffenberg, wie auch die anderen KWI-Mitarbeiter, mit den Rechtsbrüchen der deutschen Kriegsführung in Kontakt. War für Stauffenberg der Krieg lange ein legitimes Mittel zur Durchsetzung deutscher Interessen und zur Überwindung des Versailler „Diktatfriedens“ gewesen, schien ihm mit der fortschreitenden Eskalation an der Ostfront ein Ausmaß erreicht, das für ihn nicht mehr tragbar war.[50] Wann dieser Punkt genau erreicht war, lässt sich mangels Quellen nicht eruieren.[51]

Eine geheime Opposition gegen das NS-Regime in zivilen und militärischen Kreisen hatte schon seit 1933 bestanden. Auch Berthold von Stauffenberg war immer wieder mit Vertretern des Widerstands in Kontakt gekommen, so mit Helmuth James Graf von Moltke, einem der führenden Köpfe des „Kreisauer Kreises“, der ebenfalls als Völkerrechtsexperte an das OKW abgeordnet war. Dennoch schloss er sich keiner Gruppe an. Erste konkrete Attentatspläne diskutierten Berthold und Claus im Sommer 1943.[52] Unter dem Druck der sich rapide verschlechternden militärischen Lage arbeiteten zivile und militärische Oppositionsgruppen um den „Kreisauer Kreis“, den ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler und den früheren Generalstabschef Ludwig Beck zusammen und entwarfen einen als „Operation Walküre“ bekannt gewordenen Umsturzplan. Stauffenbergs Bruder Claus geriet in das Zentrum des militärischen Widerstands. Sein wichtigster Berater und Vertrauter war hierbei Berthold von Stauffenberg.[53]

Aufgrund der verschiedenen politischen Zielsetzungen der einzelnen Gruppen – einig waren sie sich nur darin, Hitler beseitigen und den Krieg beenden zu wollen – verzichteten sie auf die detaillierte Planung einer Nachkriegsordnung. Die beiden Stauffenberg-Brüder hatten jedoch für sich einen „Eid“ abgelegt, in dem sie Grundzüge ihrer eigenen, von adeligem Standesdenken und Georgeschen Idealen geprägten Zukunftsvisionen skizzierten: „Wir wollen eine Neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt, verachten aber die Gleichheitslüge und beugen uns vor den naturgegebenen Rängen.“[54] Diese elitäre Haltung kommt auch bei der Vernehmung Stauffenbergs zum Ausdruck, wie der Bericht des Sicherheitsdienstes (SD) nicht undespektierlich festhält:

„Nach der Auffassung der Verschwörer ist die zur Führung berufene Schicht des Adels und des intelligenten Bürgertums durch den Nationalsozialismus abgelöst worden durch Emporkömmlinge, kenntnislose Schreier ohne Bildung und Kinderstube, die nun von der ihnen zur Verfügung stehenden Macht in absolut eigennütziger und selbstsüchtiger Weise Gebrauch machen[55]

Den Abend vor dem Attentat hatten beide Brüder in Bertholds Wohnung verbracht und waren alle Pläne noch einmal durchgegangen. Bereits am 17. Juli hatte Stauffenberg indirekt Hermann Mosler ins Vertrauen gezogen, der mit Stauffenberg und Moltke zusammengearbeitet und einem kritischen Institutsgesprächskreis angehört hatte, in dem man sich über die deutsche Kriegsführung ausgetauscht hatte.[56] Nach dem gescheiterten Attentat wurde Berthold von Stauffenberg zusammen mit seinem Bruder im Bendlerblock verhaftet. Während Claus dort standrechtlich exekutiert wurde, wurde Berthold in Gewahrsam genommen und 21 Tage lang von der Gestapo verhört. Ob er dabei, wie viele andere, gefoltert wurde, ist nicht überliefert. Am 10. August 1944 wurde er vor dem Volksgerichtshof wegen Hoch- und Landesverrats angeklagt und in einem Schauprozess durch den Volksgerichtshofpräsidenten Roland Freisler zum Tode durch den Strang verurteilt. Das Urteil wurde noch am selben Tag vollstreckt, die durch die Hinrichtung angefallenen „Gebühren“ wurden den Hinterbliebenen in Rechnung gestellt.[57] Die Familien Claus‘ und Bertholds von Stauffenberg wurden in „Sippenhaft“ genommen, was hieß, dass ihre Kinder in Heime verbracht und die Ehefrauen in KZs inhaftiert wurden. Sie überlebten das Ende des „Dritten Reiches“.

Ein frühes, aber vorsichtiges Bekenntnis. Berthold von Stauffenberg im kollektiven Gedächtnis des Instituts

Für die Institutsangehörigen bedeutete die Verhaftung und Hinrichtung Stauffenbergs einen Schock. Durch den Tod des Direktors Viktor Bruns im September 1943 in gewisser Weise „führungslos“ geworden, hatte sich am KWI, wie Rüdiger Hachtmann schreibt, eine Atmosphäre von „Denunziantentum und Misstrauen“ ausgebildet. Schon im Januar 1944 war der Institutsmitarbeiter Wilhelm Wengler von seinem Kollegen Herbert Kier wegen einer defätistischen Äußerung denunziert und von der Gestapo verhaftet worden.[58] Kurz vor dem Attentat waren Teile des Instituts aus Berlin in das Umland evakuiert worden. Nach der Verhaftung Stauffenbergs befürchtete man Razzien und Festnahmen im KWI, die jedoch ausblieben.[59] Die Bestürzung über das Schicksal des Kollegen wurde schnell eingeholt von den für das Institut nicht minder dramatischen Ereignissen des Kriegsendes, wie die Zerstörung der Institutsräume im Berliner Schloss, die Vernichtung großer Teile der Bibliothek und die Flucht von Mitarbeitern vor der Roten Armee.

Dennoch wurde Berthold von Stauffenberg keinesfalls vergessen. Bereits 1947 veröffentlichte Alexander N. Makarov in der „Friedenswarte“ einen Nachruf auf seinen früheren Kollegen, der in der Reihe „Vorkämpfer der Völkerverständigung und Völkerrechtsgelehrte als Opfer des Nationalsozialismus“ erschien.[60] Die Anfrage zur Abfassung des Erinnerungstextes zu Stauffenberg war eigentlich von Hans Wehberg direkt an Mosler gegangen, der diesen an Makarov delegiert hatte.[61] Auf Makarovs in der ersten Version sehr vorsichtigen Text entgegnete er, dass man „diese günstige Gelegenheit wahrnehmen sollte, die Ehrenrettung des Instituts in einer etwas prononcierteren Weise vorzunehmen, als Sie es bei der Schilderung […] der Beteiligung Bertholds am 20. Juli getan haben. Vielleicht können Sie die darauf bezogenen Sätze als Tatsachen bringen, nicht als Wissen vom Hörensagen. […] Dass Sie Strebels oder meinen Namen als Quellen nennen, scheint mir weder notwendig, noch richtig zu sein.“[62] Mosler, der redaktionell nicht unerheblich in Makarovs Text eingriff, nutzte Stauffenberg hier gezielt und geschickt zur Wiederherstellung des Institutsrufes.

Das erste öffentliche Bekenntnis seitens des Instituts als Ganzes findet sich 1951 in der ersten Nachkriegsausgabe der ZaöRV. In sechs Nekrologen wird dort jener Kollegen gedacht, die während des Krieges und der Nachkriegszeit verstorben waren, unter ihnen Berthold von Stauffenberg. Diese frühe Positionierung zu Stauffenberg ist angesichts der öffentlichen Haltung zum deutschen Widerstand und auch der geringschätzenden Meinung des politisch belasteten Institutsdirektors Carl Bilfinger über seinen ehemaligen Mitarbeiter nicht selbstverständlich.[63] Verfasst wurde der Nachruf vom ZaöRV-Schriftleiter Helmut Strebel, den ein enges persönliches Verhältnis mit Stauffenberg verbunden hatte. Strebels Würdigung ist politisch zurückhaltend, er nimmt Stauffenbergs Widerstandsakt nicht für das Institut im Allgemeinen in Anspruch und betont, dass „seine Beteiligung an den Umsturzplänen erst unmittelbar vor dem Attentat einzelnen andeutend bekannt wurde.“ Hierin unterscheidet er sich von Alexander N. Makarov, der eine größere Implikation des KWI in die Widerstandsplanung andeutet.[64] Gemeinsam ist beiden Nachrufen, dass sie vor allem Stauffenbergs Bedeutung als Wissenschaftler würdigen, wobei sie seinen StIGH-Kommentar hervorheben. Sie erwähnen auch den Locarno-Aufsatz, nicht aber denjenigen zur Staatsangehörigkeit.[65] Beide Nachrufe äußern sich nicht zur Motivation Claus von Stauffenbergs für das Attentat.

Ähnlich hielt es Hermann Mosler, der 1954 das Direktorium von Carl Bilfinger übernahm. Auch er bekannte sich früh zu Berthold von Stauffenberg, ging jedoch jeder näheren Qualifizierung der Motivationen des Widerstandskämpfers aus dem Weg. Gegenüber Karl Josef Partsch äußerte er 1966, dass er sowohl zum zehnten Jahrestag des Attentats 1954 vor Studenten in Frankfurt als auch zum 20. Jahrestag 1964 eine Rede gehalten habe, das zweite Mail jedoch als Direktor für die Belegschaft des Instituts, was ihm bedeutend schwerer gefallen sei.[66] Hier zeigt sich ein Grundmuster im Umgang Moslers mit der NS-Geschichte. Scheute er sich nicht, in der außerinstitutionellen (Fach-) Öffentlichkeit deutlich Stellung gegen den Nationalsozialismus zu beziehen[67], vermied er innerhalb des Instituts jede historische Auseinandersetzung.[68] Wenn Mosler sich zur Geschichte des Instituts äußerte, dann geschah dies so knapp als möglich ausschließlich zu offiziellen Jubiläumsveranstaltungen. Die erste öffentliche Stellungnahme Moslers zu Stauffenberg und zur NS-Zeit am Institut erfolgte 1961 anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft:

„Die nationalsozialistische Epoche schränkte die Wirkungsmöglichkeiten allmählich und in zunehmendem Maße ein, ohne aber die wissenschaftliche Objektivität der Arbeiten zu zerstören. Alle Mitarbeiter, die das Regime ablehnten, verdankten dem Geschick von Bruns und der unbeirrbaren Sachlichkeit von Schmitz, im Institut eine Zuflucht und die Freiheit der wissenschaftlichen Entwicklung gefunden zu haben. Nach Bruns‘ Tod wuchs die Bedrängnis. In den ersten Kriegsjahren unterstützte das Institut durch Beratungen und Gutachten die Bemühungen des wissenschaftlichen Mitglieds Berthold Schenk Graf v. Stauffenberg, der im Oberkommando der Kriegsmarine völkerrechtliche Fragen bearbeitete, und von Graf Helmuth v. Moltke, der die entsprechende Tätigkeit im Oberkommando der Wehrmacht ausübte, um eine völkerrechtsgemäße Kriegsführung. Beide wurden Opfer der Terrormaßnahmen, die auf den 20. Juli 1944 folgten. Die mit Graf Stauffenberg getroffene Abrede, das Institut nach dem Umsturz der neuen Reichsregierung zur Verfügung zu stellen, blieb den Machthabern unbekannt.“[69]

Stauffenbergs Widerstand wird von Mosler gänzlich unpathetisch dargestellt, ohne dass Mosler sich diesen zu eigen macht. Auch Mosler spart die politisch-ideologischen Hintergründe für Stauffenbergs Attentat aus. Stattdessen findet an anderer Stelle in seiner Jubiläumsschrift eine Aneignung Stauffenbergs durch Mosler statt, indem Mosler explizit auf die Bedeutung seines StIGH-Kommentars von 1934 verweist und die Arbeit des Heidelberger MPIL in die Tradition der Internationalisierung des Rechts stellte.[70] Hierbei unterschlug er, dass Stauffenberg gegenüber dem Gericht sehr skeptisch war und die Abfassung des Kommentars als lästige Pflicht empfand.

Schreiben Mosler zum 20. Jahrestag des Hitler-Attentats[71]

Moslers nüchtern-distanziertes Bekenntnis zu Stauffenbergs Widerstand, das er 14 Jahre später anlässlich des 50-jährigen Institutsjubiläums, anlässlich dessen eine Büste Stauffenbergs am Institut aufgestellt wurde, wortgleich wiederholen sollte, hatte verschiedene Gründe.[72] Der Direktor war sich bewusst, dass das „Dritte Reich“ von den Institutsangehörigen durchaus unterschiedlich erlebt worden und nicht jeder Mitarbeiter mit dem Attentat einverstanden gewesen war. Grundsätzliche und potentiell spaltende Debatten zur Rolle des Instituts und seiner Angehörigen im „Dritten Reich“ wollte Mosler in jedem Fall vermeiden. Wenngleich Mosler mit Stauffenbergs Tat durchaus übereinstimmte, mussten ihm viele politische, aber auch lebensanschauliche Einstellungen Stauffenbergs fremd geblieben sein. Mosler kannte Stauffenberg seit seinem eigenen Eintritt in das Institut 1937 und wusste um dessen Mitgliedschaft im Kreis um den Dichter Stefan George, in welchem eine elitäre, vielfach anti-demokratische und antiwestliche Geisteshaltung dominierte. Daran konnte und wollte Hermann Mosler nicht anknüpfen.

„Völkerrecht im Widerstand“? Fazit

Am Institut blieb die Haltung zu Berthold von Stauffenberg komplex. Hermann Mosler befasste sich nach seiner Ansprache zum 50-jährigen Bestehen des Instituts 1975 nie mehr öffentlich mit der Geschichte des Instituts, auch sein Nachfolger Rudolf Bernhardt sparte in seiner Institutschronik von 2018 die Zeit vor 1949 und somit auch Stauffenberg als Institutsakteur aus. Andere Institutsangehörige wie Helmut Strebel setzten sich intensiv mit dem Leben und Werk Stauffenbergs auseinander und versuchten erfolglos auch das Direktorium hierfür zu erwärmen.[73] Eine Verbindung des Instituts mit Stauffenbergs Widerstand beziehungsweise eine Mobilisierung Stauffenbergs für die Rehabilitierung des eigenen Faches vermied insbesondere Hermann Mosler. Dies taten einzelne Exponenten der deutschen Völkerrechtswissenschaft erst eine Generation später, als sie Stauffenbergs Motivation zum Hitler-Attentat als „Völkerrecht im Widerstand“ zu deuten begannen.[74] Das zeigte sich auch innerhalb des Instituts, als Referent Theodor Schweisfurth 1987 im Zuge der Debatte um den Neubau beziehungsweise Umzug des Instituts nach Berlin den Vorschlag machte, das MPIL in „Berthold-von-Stauffenberg-Institut der Max-Planck-Gesellschaft“ umzubenennen.[75] Soweit kam es zwar nie, dennoch bekam die von Frank Mehnert geschaffene Stauffenberg-Büste unter dem Direktorium von Jochen Frowein und Rüdiger Wolfrum einen zentraleren Platz im 1996 neu gebauten Institut. Auch heute steht die Büste des jugendlichen Stauffenberg zentral am Eingang.

Die Stauffenberg-Büste von Frank Mehnert am Haupteingang des MPIL[76]

Doch fragt sich, was sie uns heute sagt und sagen soll – und wofür Stauffenberg heute steht. Im aktuellen Selbstverständnis der Forschenden am Institut stellt Berthold von Stauffenberg kaum mehr eine historische Referenzfigur dar, an der man die eigene Arbeit oder Haltung – in welcher Form auch immer – messen würde. Dafür liegen die Ereignisse des 20. Juli zu weit zurück und strahlen zu wenig aus. Auch gesamtgesellschaftlich ist die Deutung des Widerstands im Umbruch. Die starke Überzeichnung und symbolische Aufladung einzelner Akteure der Widerstandsbewegung, insbesondere des 20. Juli 1944, wirkt mittlerweile unglaubwürdig. In liberalen, aufgeklärten Kreisen sind Helden als Vorbildfiguren zur Überwindung der NS-Geschichte nicht mehr nötig, wir können uns mittlerweile den zeitgebundenen Ambivalenzen der Akteure jener Zeit stellen und halten diese aus. Und vielleicht ist es das, was uns im Institut Berthold von Stauffenberg heute vermittelt: die Erkenntnis historischer Zeitgebundenheit und lebensanschaulicher Komplexität. Doch ist beides gleichzeitig auch Aufgabe an uns. Stauffenberg ist uns Mahnung für die Verantwortung des Wissenschaftlers, er konfrontiert uns mit dem Erbe unserer belasteten Geschichte und lässt uns die Errungenschaft der freiheitlichen, liberalen Demokratie und des Rechtsstaats deutlich werden. Geschichte ist komplex und der Umgang mit ihr nicht einfach. Und wenn er einfach scheint, dann ist er falsch. Überlassen wir Stauffenberg also nicht jenen, die in diesen Zeiten allzu einfache Antworten bieten, sondern nehmen wir ihn als Einladung zur Auseinandersetzung mit uns selbst.

***

Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Moritz Vinken und Joachim Schwietzke für ihre hilfreichen Anmerkungen zum Text.

[1] Hermann Mosler, Staatsrechtslehre und Nationalsozialismus. Vorträge innerhalb der Studium-Generale-Reihe „Wissenschaft und Nationalsozialismus“ im Sommersemester 1966, unveröffentlichtes Typoskript, 3. Der Verfasser dankt Prof. Dr. Karl Mosler für die Überlassung des Textes.

[2] Mosler, Staatsrechtslehre (Fn. 1), 8; Rudolf Timmermans, Demokratie und Führerstaat: Studien über Begriffe und Formen des Volksstaates, Berlin: Fährmann-Verlag 1936.

[3] Alexander Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 261–262; Wolfgang Graf Vitzthum, Der stille Stauffenberg. Der Verschwörer, Georgeaner und Völkerrechtler Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Berlin: Duncker & Humblot 2024, 152–153.

[4] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3); Meyer (Fn. 3); ebenfalls zu nennen: Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt 1992. Allen Werken gemein ist die sehr affirmative Herangehensweise an den Biographierten. Zu Berthold von Stauffenberg ist überdies noch eine Reihe von Aufsätzen von Wolfgang Graf Vitzthum erschienen, die den Juristen im Kontext der georgeschen Geisteswelt diskutieren.

[5] Verwiesen sei hier beispielhaft auf die Bibliographie der Bundeszentrale für politische Bildung.

[6] Zu Stauffenbergs Wirken am Institut gibt es keine überlieferten zeitgenössischen Quellen. Stauffenbergs Personalakte im Archiv der MPG ist dünn und vollzieht v.a. seine innerinstitutionellen Karriereschritte nach. Durch die Zerstörung der Institutsräumlichkeiten im Berliner Schloss im Januar 1945 ist überdies ein Großteil der Institutsakten vernichtet worden, augenscheinlich haben auch Institutsmitarbeiter Unterlagen nach Stauffenbergs Verhaftung vernichtet.

[7] Ruth Hoffmann, Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird, München: Goldmann 2024, 42.

[8] Hoffmann, Das deutsche Alibi (Fn. 7), 10.

[9] Thomas Karlauf, Stauffenberg. Porträt eines Attentäters, München: Pantheon 2019, 27.

[10] Hoffmann, Das deutsche Alibi (Fn. 7), 390.

[11] Foto: AMPG.

[12] Meyer (Fn. 3), 31.

[13] Meyer (Fn. 3), 47.

[14] Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 72.

[15] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 51.

[16] Meyer (Fn. 3), 55.

[17] So schrieb Stauffenberg am 17.10.1932 an George: „Inzwischen bin ich wieder an die arbeit gegangen. nicht mit besonderer freude. Sie scheint nicht sonderlich sinnvoll – man lernt den schwindel rasch kennen. und dann bietet er einem nichts neues mehr“, zitiert nach: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 51. Die Zitate Stauffenbergs sind allesamt in der für Stefan Georges minimalistischer Ästhetik folgenden Kleinschreibung gehalten.

[18] Brief von Berthold von Stauffenberg an Stefan George, datiert 27.10.1933, zitiert nach: Karlauf (Fn. 9), 124.

[19] Brief von Bertholf von Stauffenberg an Stefan George, datiert 27.10.1933, zitiert nach: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 55.

[20] Hans Wehberg, Unveröffentlichte Lebensbeschreibung Berthold von Stauffenberg, Anlage eines Schreibens von Hans Wehbehrg an Hermann Mosler, datiert 15. August 1947, AMPG, III Rep 191 Nr. 20, Bd. 2.

[21] Meyer (Fn. 3), 59.

[22] Brief von Berthold von Stauffenberg an seine Frau Maria, zitiert nach: Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 151.

[23] Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 151.

[24] Meyer (Fn. 3), 58–59; Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 151. Zeitgenössische Quellen, die diese Sicht stützen würden, wurden bislang nicht aufgefunden.

[25] Zeitzeugen zufolge galt Stauffenberg als der „Schweiger“, da er im kollegialen Umgang als still und verschlossen galt und sich auch bei wissenschaftlichen Debatten im Institut kaum zu Wort meldete, vgl.: Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, München: C. Bertelsmann 1983, 123; Helmut Strebel, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944), ZaöRV 13 (1950), 14–16; ferner: Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 492; Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 65. Ein namentlich nicht genannter früherer Mitarbeiter in der Gerichtsschreiberei des StIGH beschrieb Stauffenberg als „reserved and shy“. Ferner: „(H)e kept very much to himself (…) and made no friends amongst the staff of the court“, zitiert nach: Wehberg, Lebensbeschreibung (Fn. 20).

[26] Alexander N. Makarov, Vorkämpfer der Völkerverständigung und Völkerrechtsgelehrte als Opfer des Nationalsozialismus. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944), Die Friedenswarte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation 6 (1947), 360–365, 364.

[27] Wolfgang Graf Vitzthum, Stauffenberg, Berthold Alfred Maria Schenk Graf von, in: Achim Aurnhammer et al. (Hrsg.), Stefan George und sein Kreis: Ein Handbuch, München: De Gruyter 2016, 1666–1671, 1667.

[28] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899–1940, München: De Gruyter 2008, 207–208.

[29] Vgl. die Bibliographie bei Makarov (Fn. 26), 365; ferner: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 69.

[30] Testament Viktor Bruns, AMPG, PA Viktor Bruns, II. Abt., Rep. 0001A, Pag. 40.

[31] Bericht des Sicherheitsdienstes vom 16.10.1944, in: Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), „Spiegelbild einer Verschwörung“. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt, Bd. 1, Stuttgart: Seewald 1984, 447. Hervorhebung im Original.

[32] Berthold von Stauffenberg, Die Entziehung der Staatsangehörigkeit und das Völkerrecht – Eine Entgegnung, ZaöRV 4 (1934), 261–276.

[33] Berthold von Stauffenberg, Die Vorgeschichte des Locarno-Vertrages und das russisch-französische Bündnis, ZaöRV 6 (1936), 215–234.

[34] Karlauff (Fn. 9), 66. Die Stauffenberg-Forschung kommt jedoch durchweg zu dem Ergebnis, dass Stauffenbergs Aufsatz von 1934 keinerlei Rückschlüsse auf seine persönliche Einstellung zulasse. Allgemein wird der Aufsatz als reine Auftragsarbeit aus der Institutsleitung bzw. vom Auswärtigen Amt gedeutet, die Stauffenberg mehr oder weniger gegen seinen Willen durchgeführt habe, so: Meyer (Fn. 3), 62–63; Hoffmann, Stauffenberg (Fn. 4), 152; Wolfgang Graf Vitzthum, Berthold von Stauffenberg und das Widerstandsrecht, in: Frank-Lothar Kroll, Rüder von Voss (Hrsg.), Für Freiheit, Recht, Zivilcourage. Der 20. Juli 1944, Berlin: Bebra Verlag 2020, 145–174, 157–158.

[35] § 2 des Gesetzes sah den Entzug der Staatsangehörigkeit auch für im Ausland befindliche deutsche Staatsangehörige vor, sofern diese „durch ein Verhalten, das gegen die Pflicht zur Treue gegen Reich und Volk verstößt, die deutschen Belange geschädigt haben“, worunter v.a. „feindselige Propaganda“ gefasst wurde. Unmittelbar betroffen hiervon waren u.a. Schriftsteller und Kritiker wie Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Heinrich Mann oder Kurt Tucholsky, was dem literaturaffinen Stauffenberg kaum entgangen sein kann.

[36] Georges Scelle, À propos de la loi allemande du 14 juillet 1933 sur la déchéance de la nationalité, Revue critique de droit international XXIX (1934), 63–76.

[37] Stauffenberg, Entziehung (Fn. 32), 265.

[38] Foto: Ullstein Bild.

[39] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Bd. 2, 490–528, 503; Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.de.

[40] Karlauff (Fn. 9), 66.

[41] Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 447. Hervorhebung im Original.

[42] Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 450.

[43] Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 450.

[44] Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 453.

[45] Brief von Berthold von Stauffenberg an Frank Mehnert, datiert 21. August 1942, zitiert nach: Karlauff (Fn. 9), 194–195.

[46] Auszug Vernehmung Berthold von Stauffenberg, 21.07.1944, Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 19.

[47] Hachtmann (Fn. 39).

[48] Toppe (Fn. 28), 207.

[49] Toppe (Fn. 28), 193. Vom Institut abgestellt wurden Hermann Mosler, Günter Jaenicke, Wilhelm Wengler und Ernst Martin Schmitz mit den Arbeitsschwerpunkten Land- und Seekrieg sowie Kriegsgefangenenrecht.

[50] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 110.

[51] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 110. Die von Institutsangehörigen überlieferten Gutachten waren im Einklang mit dem geltenden Kriegsvölkerrecht gehalten, womit sie nicht als Rechtfertigungen des Weltanschauungskrieges gelten können. Einen offenen Widerstand gegen das „Dritte Reich“ bedeuten sie indes nicht.

[52] Stauffenberg zu Kranzfelder, Herbst 1943, zitiert nach: Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 115.

[53] Meyer (Fn. 3), 90.

[54] Zitiert nach: Karlauff (Fn. 9), 298.

[55] Bericht des Sicherheitsdienstes (Fn. 31), 453. Zum vielfach ignorierten Quellenwert der Protokolle: Karlauff (Fn. 9), 25–26.

[56] Lange, Praxisorientierung (Fn. 50), 110. Dies beruht auf einer nicht durch Zeugnisse Dritter verifizierbaren Selbstauskunft Moslers.

[57] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (Fn. 3), 150.

[58] Felix Lange, Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933–1945, ZaöRV 76 (2016), 633–659, 649.

[59] Mit Ausnahme der Tagebuchaufzeichnungen der Bibliothekarin Annelore Schulz sind keine zeitgenössischen Quellen zur Institutssicht auf diese Ereignisse überliefert. Auch die Notizen von Annelore Schulz sind, vermutlich aus Angst vor Überwachung, zurückhaltend. „Die Attentatsgeschichte bewegt die Gemüter sehr. Wir fürchten alle, daß unser Graf Berthold Schenk v. Stauffenberg mit Familie nicht mehr lebt, für das Institut kann die Angelegenheit die schlimmsten Folgen haben.“, Eintrag 24. Juli 1944. Dass es nicht zu Razzien gekommen war, lag vermutlich daran, dass der Partei-Vertrauensmann Herbert Kier diese verhindert hatte: Lange, Kolonialrecht (Fn. 58), 638.

[60] Makarov (Fn. 26), 360–365.

[61] Brief von Hans Wehberg an Hermann Mosler, datiert 15. August 1947, AMPG, III Rep 191 Nr. 20, Bd. 2.

[62] Brief von Hermann Mosler an Alexander N. Makarov, datiert 13. Oktober 1947, AMGP, III Rep 191 Nr. 20, Bd. 2.

[63] Gegenüber Strebel hatte sich Bilfinger im Sommer 1945 sehr abfällig über Stauffenberg geäußert, was Strebel als „erstaunliche Geschmacklosigkeit“ empfand wie auch als Mangel an  „Fähigkeit zu einem gewissen Schamgefühl“: Brief von Helmut Strebel an Hermann Mosler, datiert 4. Januar 1946, zitiert nach: Florian Hofmann, Helmut Strebel (1911-1992). Georgeaner und Völkerrechtler, Baden-Baden: Nomos 2010, 121.

[64] Makarovs Beitrag liest sich gleichermaßen als ein Nachruf auf Stauffenberg wie auch auf das „Bruns‘sche Institut“ selbst. So betont er, dass es ab Sommer 1943 zu regelmäßigen, offenen und regimekritischen Aussprachen Moltkes und Stauffenbergs mit den Institutsmitarbeitern gekommen sei. Makarov führt ferner die Episode um Moslers indirekte Einweihung in die Attentatspläne an, womit er eine Unterstützung des Widerstands durch das KWI suggeriert: Makarov (Fn. 26).

[65] Makarov erwähnt ihn aber in der von Helmut Strebel zusammengestellten und angefügten Bibliographie.

[66] Brief von Hermann Mosler an Karl Josef Partsch, ohne Datum, jedoch vor dem 4.2.1966, Mappe „Stefan George Stiftung“, Hausbestand MPIL. Der Vortrag von 1954 scheint nicht überliefert zu sein. Zur Ansprache von 1964: siehe Anhang.

[67] Mosler, Staatsrechtslehre (Fn. 1).

[68] Philipp Glahé, History as a Problem? On the Historical Self-Perception of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, ZaöRV 83 (2023), 565–578.

[69] Hermann Mosler, Geschichte des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., Bd. II (1961), 687–703, 696.

[70] Mosler, Geschichte (Fn. 69), 701.

[71] Scan aus: AMPG, III Rep 191, Nr. 101.

[72] Hermann Mosler, Aufgaben und Arbeitsweise des Instituts, in: Max-Planck-Gesellschaft (Hrsg.), Berichte und Mitteilungen 2 (1975), 7–21.

[73] Briefwechsel zwischen Helmut Strebel und Rudolf Bernhardt, Mappe „Betr. Nachforschungen Dr. Strebel im Bundesarchiv/Akten betr. Prisenrecht usw.“, MPIL.

[74] Meyer (Fn. 3).

[75] Theodor Schweisfurth, Vermerk betr. Neubau des Institutes, 4. Oktober 1987, 1–19, 19, Ordner „Institutschronik III, MPIL.

[76] Foto: Maurice Weiss/ MPIL.

English

In the summer semester of 1966, Heidelberg University held a Studium Generale lecture series on “Academia and National Socialism”. Two of the five lectures were delivered by Hermann Mosler. These lectures, held just before the onset of the student movement, are among the few public deliberations on the “Third Reich” by the international law scholar. By Mosler’s standards, they are remarkably direct and almost personal in tone. Born in 1912, he clearly aims to present the young students with a comprehensive picture of the National Socialist political philosophy and its origins, as well as the working and living conditions under the dictatorship: “I belong to a generation that, in 1933, was not capable to act, but was capable of judgement.”[1] Mosler goes on to say that as a student, a doctoral candidate, and a young scholar, he “formed an opinion on every stage. I see some things differently today, some more clearly, some less clearly than I thought I knew.”

Mosler provides a detailed account of the situation in Germany and within constitutional law scholarship in the late Weimar Republic, describes his field’s reaction to the National Socialist seizure of power, and details the expansion of the “total state” and the erosion of the rule of law. He does not shy away from taking a clear stance on key ideological figures of National Socialist legal scholarship, such as Carl Schmitt, Reinhard Höhn, or his own faculty colleague Ernst Forsthoff, and discusses their roles in legitimising the Nazi regime.

However, Mosler also points out that not every jurist blindly submitted to the Nazi state, and that there were courageous scholars who openly voiced dissent. He cites his former doctoral colleague in Bonn, Rudolf Timmermans, as an example. Timmermans had published a dissertation in 1936 that strongly criticised the Führer state and was consequently confiscated by the Gestapo. The author therefore had to flee abroad and did not survive the war.[2] However, one name is missing in Mosler’s lectures, even though one might expect to hear it, especially given the lecture’s date on 20 July 1966 – Berthold von Stauffenberg. Unlike the much less widely known Timmermans and despite his involvement in the resistance of 20 July 1944, Stauffenberg did not serve as a point of reference for Mosler in rehabilitating the discipline of international law. Some recent scholarship, however, presents Berthold von Stauffenberg as a paragon within the field during the “Third Reich” – as an advocate for the rule of law, the international community, peace, and humanity. In other words, an international lawyer in resistance.[3] This was a position that the politically mostly unencumbered Mosler never took. Even though Mosler did reference Stauffenberg positively elsewhere, he always maintained a certain distance. This essay seeks to explore the complex role of Berthold von Stauffenberg within the culture of remembrance at today’s Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL) by examining aspects of his life and work at the Institute and questioning his relevance to the Institute’s historical self-image.

Treason or Heroism? Notes on the Availability of Sources and the Existing Literature

Unlike his far more popular brother Claus von Stauffenberg, who carried out the failed bomb attack on Adolf Hitler on 20 July 1944, Berthold von Stauffenberg is only known to few historically interested German scholars of international law.[4]  Approaching Berthold von Stauffenberg historically is no easy endeavour. In doing so, one quickly encounters two fundamental problems: a glaring lack of sources and a disproportionate overproduction of literature on the subject of “resistance against National Socialism”.[5]  Neither Stauffenberg’s work at the Institute nor his role in the resistance can be reconstructed on a stable factual basis beyond his academic publications, as many agreements were made secretly and verbally and incriminating documents were destroyed after the failure of the assassination attempt.[6]

A look at the literature shows that the assessment and evaluation of the resistance within German remembrance culture was subject to strong fluctuations, ranging from vehement rejection to hero worship. National Socialist patterns of interpretation persisted well into the 1950s, and the conspirators of 20 July 1944 were regarded by some as “oath-breakers” and “traitors” who had cowardly and treacherously backstabbed their comrades at the front.[7]  It was not until the 1960s that the narrative changed. While former supporters of the “Third Reich” established themselves as the functional elite of the new Federal Republic of Germany and integrated themselves into the new democratic order, the conspirators of 20 July 1944, who came predominantly from the aristocracy, the upper middle class, and the military, were idealised as representatives of “the other Germany”. While the communist and social democratic resistance, which had been active since as early as 1933, was marginalised in the Federal Republic, those who had only opposed Hitler shortly before the end of the war were now elevated to the status of pioneers and crown witnesses of a liberal democratic value system.[8]  In academic literature and public perception, the conspirators were henceforth stylised as “paragons mostly immune from criticism” in the name of serving as social role models, according to Thomas Karlauf:

“Instead of asking how they managed to distance themselves from the euphoria of societal mainstream and come to their own opinions, one favoured the fiction of more or less ‘autarkic’ figures, who symbolized the fundamental opposite of Hitler and never strained from righteousness.”[9]

As Ruth Hoffmann also emphasises in her recently published study on the German resistance, ambivalences were and are mostly ignored in the perception of the resistance fighters.[10]  This also applies to the majority of publications on Berthold von Stauffenberg, whose participation in the resistance is seen in retrospect as a liberal-democratic act in quasi-pre-emptive realisation of today’s democratic German constitution, whereby his anti-democratic, anti-Semitic, and even National-Socialist convictions, typical of the zeitgeist, are pushed into the background.

“Really Entirely Superfluous”. Berthold von Stauffenberg at the KWI

Berthold von Stauffenberg (right) with Mrs. Schmitz, the wife of the Institute’s deputy director Ernst Martin Schmitz, at the Institute’s staff party in 1939[11]

Berthold von Stauffenberg came to the Institute, which he knew from his two semesters studying in Berlin under Viktor Bruns, in 1929, shortly after defending his dissertation in Tübingen.[12] However, Stauffenberg’s employment at the Kaiser Wilhelm Institute (KWI) was only intended to be transitionary, as he was not aiming for a career in academia or law.[13] Instead, Stauffenberg had dropped out of his legal clerkship and unsuccessfully applied to join the Foreign Service in 1928.[14] After being turned down by the Foreign Office, Stauffenberg initially remained at the Institute until 1931, when Bruns assisted him in becoming an editorial secretary in the office of the Permanent Court of International Justice (PCIJ) under Åke Hammarskjöld.[15] Stauffenberg’s work there was mainly administrative, but he was frequently called upon for expert opinions. Eventually, Hammarskjöld commissioned him to write a commentary on the Statute of the PCIJ, which was published in French by the KWI in 1934 and is regarded as Stauffenberg’s main academic work.[16] However, his employment in The Hague did not satisfy the jurist. His relationship with international jurisdiction, which he regarded as a “charade”, was not at all characterised by approval.[17] He wrote to his “master”, the poet Stefan George, whose intellectual circle he had belonged to since his earliest youth: “the judges here seem to fall into a state of ever greater idiocy, and it would be best if the whole lot of them were sent home”.[18]  After Germany withdrew from the League of Nations in 1933, Stauffenberg resigned from his position because he “did not think it right to continue drawing a salary from the League of Nations”[19] – a  step that Hammarskjöld considered “uncalled for” and received with “great disappointment”.[20] Stauffenberg returned to the Institute and again applied to the Foreign Office in 1934, without success. Despite having ruled out a career in legal scholarship previously, he then applied, also in vain, for a chair in international law at the University of Munich in 1934.[21] It was for lack of a better option that Stauffenberg remained at the KWI, where he considered his work to be “really entirely superfluous”.[22] He performed his duties at the Institute between 11 a.m. and 6 p.m., after extensive morning horse riding sessions at the Beermann stable near the Berlin Zoological Garden.[23] Staufenberg’s lack of enthusiasm for a legal career as well as his failed application to the Foreign Service and Munich University have been interpreted by scholarship as early signs for his rebellious attitude and nonconformity with National Socialism.[24] However, the real reason seems to have laid in Stauffenberg’s pronounced social inhibitions.[25] While he was widely interested in the fine arts and literature, his relationship to law remained distant as Stauffenberg’s long-time colleague Alexander N. Makarov notes: “Berthold von Stauffenberg once told me that he did not own a single legal textbook. […] Law was really only his profession, not his vocation.”[26]

Viktor Bruns nevertheless wanted to keep Stauffenberg at the Institute and supported him to the best of his ability. In 1934, Stauffenberg was promoted to deputy head of the Department of International Law, and in 1935 he was appointed an academic member and co-editor of the Institute’s journal Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV, English title: Heidelberg Journal of International Law, HJIL). In this position he succeeded Erich Kaufmann, who had been expelled from the Institute due to his Jewish roots.[27] In the same year, Stauffenberg was promoted to Head of the Department for the Law of War at the KWI and became a member of Hans Frank’s Committee for the Law of War at the Academy for German Law (Akademie für Deutsches Recht), which was closely linked to the German military (Wehrmacht). He was also a member of the Academy’s Committee for International Law, along with Carl Bilfinger, Carl Schmitt, and Ernst Schmitz.[28] The focus of Stauffenberg’s academic work at the Institute was the publication of the first volumes of the Fontes Iuris Gentium, together with Ernst Martin Schmitz and Abraham Feller. The majority of his publications dealt with the Hague Court.[29] Viktor Bruns trusted Stauffenberg to such an extent that, in his will, he pointed to him as a second option for his own successor, next to his cousin Carl Bilfinger.[30]

“For the Most Part Generally Affirmed”. Attitude towards the “Third Reich”

“The idea of Führertum, of self-reliant and expert leadership, combined with that of a healthy hierarchy and that of the Volksgemeinschaft, the principle of ‘common good before self-interest’ and the fight against corruption, the emphasis on the rustic and the fight against the metropolitan spirit, race ideology and the will for a new, German-determined legal order seemed healthy and promising to us.”[31]

– Berthold von Stauffenberg interrogation protocol of 16 October 1944

Berthold von Stauffenberg, like the KWI as a whole, was not opposed to National Socialism, initially. The dismissal and flight of Institute colleagues who were persecuted as Jews did not evoke any protest from him, and he was relieved when Germany left the League of Nations. There are no surviving statements by Stauffenberg – neither positive nor critical – on the Röhm murders of 1934, the policy of Gleichschaltung, the abolition of civil rights, or the November Pogroms of 1938. Two essays published in HJIL, which are among the few academic deliberations by Stauffenberg on National Socialist policy, are the subject of controversy: Die Entziehung der Staatsangehörigkeit und das Völkerrecht – Eine Entgegnung (“The Withdrawal of Citizenship and International Law – A Rebuttal”, 1934)[32] and Die Vorgeschichte des Locarno-Vertrages und das russisch-französische Bündnis (“The Origins of the Locarno Treaty and the Russian-French Alliance”, 1936)[33]. These contributions seek to justify, from a jurisprudential point of view, two decisive steps of the National Socialist policy of breaking (international) law.

While Stauffenberg’s justification of the invasion of German troops into the demilitarised area on the left bank of the Rhine in 1936, which violated international law, can be explained with traditional German imperialism, his article on the question of citizenship can be read as implicit approval of the National Socialist persecution of Jews.[34]  In July 1933, the Reich government passed the “Act on the Revocation of Naturalisations and Withdrawal of German Nationality” (Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit). The law provided for naturalisations from the period between 9 November 1918 and 30 January 1933 to be revoked if they were considered “undesirable” (§ 1). According to the associated implementation ordinance, undesirability was to be measured according to “völkisch-national principles”, explicitly including Ostjuden [“Eastern Jews”] alongside criminals.[35]

The law had prompted the French jurist Georges Scelle to issue an impassioned statement.[36]  Stauffenberg’s direct rebuttal was aimed squarely at an international audience, to whom the German law was to be justified. Unlike Scelle, who primarily assessed the content of the law, Stauffenberg utilizes legal positivism, rejecting in particular Scelle’s accusation of an abusive use of law, because: “The revocation of citizenship for the sake of the purity of the nation can easily be grasped.”[37] In the following, Stauffenberg argues primarily from a comparative law perspective and comes to the conclusion that the withdrawal of citizenship is a sovereign decision of the nation-state that does not contradict state practice and international law.

Berthold and Claus von Stauffenberg, around 1925[38]

This may have been a coherent argument and, in itself, does not give much indication of an anti-Semitic attitude on the part of the author – just as Stauffenberg’s commentary on the PCIJ Statute did not express his rejection of international jurisdiction. Furthermore, Stauffenberg did not make use of völkisch-racist language, which, with a few exceptions, would not have been in keeping with the Institute’s habitus and style.[39]  However, if one compares the text with other contemporary documents, it is in line with an anti-Semitic attitude typical of the zeitgeist within large sections of the German elite at the time and shared by Berthold’s brother Claus.[40]  Stauffenberg also expressed this attitude during the interrogation after his arrest in July 1944:

“In the area of domestic politics, we had for the most part generally affirmed the basic ideas of National Socialism.”[41]

This also included Rassenpolitik (“race policy”):

The racial idea has been betrayed in the most serious way in this war, in that the racially superior German blood is being irretrievably sacrificed, while at the same time Germany is populated by millions of foreign workers who certainly cannot be described as being of high racial quality.”[42]

Both brothers had “generally affirmed” the racial principles, although they ultimately considered them to be “exaggerated and hyperbolized”.[43]

Called to Leadership. The Path to Resistance

Instead of ‘born’ leaders, it was generally ‘ordinary people’ who came up on top, who exercised uncontrolled power. The idea of the Volksgemeinschaft was violated by agitating against the upper classes and the ‘intellectuals’ and generally trying to arouse the resentment of the petty bourgeoisie as much as possible.”[44]

– Berthold von Stauffenberg interrogation protocol of 16 October 1944

Berthold von Stauffenberg’s first doubts about National Socialist Germany can be traced back to the summer of 1942.[45]  These doubts related to the military situation, as Stauffenberg no longer believed that Germany could win the war.[46] From the mid-1930s, Stauffenberg, as a legal scholar, had been involved in the legal preparations for an anticipated next war, which he hoped would lead to a renewed German hegemony in Europe.[47] As part of his work on the Committee for the Law of War, he finished drafting a new German prize order, which regulated the actions of warships towards neutral and enemy merchant and passenger ships, in 1939. He was also involved in the drafting of new law of aerial warfare.[48] In this capacity, he acted and thought within the framework of the applicable international law of war.

From the beginning of the war, the KWI was subordinated to the Foreign Defence Office (Amt Ausland-Abwehr) within the High Command of the Wehrmacht (Oberkommando der Wehrmacht, OKW), which was responsible for international law issues relating to the conduct of the war.[49]  Stauffenberg was not exempt from military service, which he performed in the High Command of the Navy (Oberkommando der Marine, OKM). His duties included preparing expert opinions on international law issues for the OKM. In doing so, Stauffenberg, like other KWI employees, came into contact with the ways Germany violated legal rules in its warfare. While Stauffenberg had long considered the war to be a legitimate means of asserting German interests and overcoming the “dictated peace” of Versailles, the progressive escalation on the Eastern Front was finally no longer acceptable to him.[50] It is impossible to ascertain exactly when this point was reached due to a lack of sources.[51]

Secret opposition to the National Socialist regime in civilian and military circles had existed since 1933 and Berthold von Stauffenberg repeatedly came into contact with representatives of the resistance, such as Helmuth James Graf von Moltke, one of the leading figures of the “Kreisau Circle”, who, too, was seconded to the OKW as an expert in international law. Nevertheless, Stauffenberg did not join any group. Berthold and Claus discussed their first concrete assassination plans in the summer of 1943.[52] Under the pressure of the rapidly deteriorating military situation, civilian and military opposition groups around the “Kreisau Circle”, the former mayor of Leipzig Carl Friedrich Goerdeler, and the former Military Chief of Staff Ludwig Beck joined forces and drew up a plan to overthrow the regime, which became known as Operation Walküre (“Operation Valkyrie”). Stauffenberg’s brother Claus found himself at the centre of the military resistance. His most important advisor and confidant in this was Berthold von Stauffenberg.[53]

Due to the different political objectives of the individual groups – they were only united in wanting to eliminate Hitler and end the war – they refrained from making any detailed plans for a post-war order. However, the two Stauffenberg brothers took an “oath” for themselves in which they outlined the main features of their own vision for the future, which was characterised by aristocratic class thinking and the ideals of their “master” Stefan George: “We want a New Order that makes all Germans bearers of the state and guarantees them law and justice, but we despise the lie of equality and bow to the natural ranks.”[54] This elitist attitude was came through in Stauffenberg’s interrogation, as the report of the SS intelligence agency “Security Service of the Reichsführer SS” (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, SD) states, not without contempt:

“In the opinion of the conspirators, the class of the nobility and the intelligent bourgeoisie called to leadership has been replaced by National Socialism by upstarts, ignorant bawlers without education or upbringing, who are now making use of the power at their disposal in an absolutely selfish and self-centred manner.”[55]

Both brothers spent the night before the assassination attempt in Berthold’s apartment in Berlin and went over the plans one last time. On 17 July, Stauffenberg had already indirectly taken Hermann Mosler into his confidence, who had worked with Stauffenberg and Moltke and belonged to a critical Institute discussion group in which views on the German warfare had been exchanged.[56] After the failed assassination attempt, Berthold von Stauffenberg and his brother were arrested in the Bendlerblock, the headquarters of the Foreign Defence Office. While Claus was executed immediately, Berthold was taken into custody and interrogated by the Gestapo for 21 days. It is not known whether he, like many others, was tortured. On 10 August 1944, he was charged with treason and treachery and sentenced to death by hanging in a show trial by the president of the so-called Volksgerichtshof (“People’s Court”), Roland Freisler. The sentence was carried out on the same day and the “fees” incurred by the execution were charged to the bereaved.[57] The families of Claus and Berthold von Stauffenberg were taken into “clan custody”, which meant that their children were sent to orphanages and their wives were imprisoned in concentration camps. They survived the end of the “Third Reich”.

An Early but Cautious Tribute. Berthold von Stauffenberg in the Collective Memory of the Institute

Stauffenberg’s arrest and execution came as a shock to the members of the Institute. The death of Director Viktor Bruns in September 1943 had left the Institute “headless” to a certain extent and, as Rüdiger Hachtmann points out, an atmosphere of “denunciation and mistrust” had developed at the KWI. As early as January 1944, Institute employee Wilhelm Wengler had been denounced by his colleague Herbert Kier for making a defeatist statement and arrested by the Gestapo.[58]  Shortly before the assassination attempt, parts of the Institute had been evacuated from Berlin to the surrounding area. After Stauffenberg’s arrest, there were fears of raids and arrests at the KWI, but these failed to materialise.[59] The dismay over the fate of the colleague was quickly overtaken by the events during the end of the war, which were no less dramatic for the Institute, such as the destruction of the Institute’s premises in the Berlin Palace, the destruction of large parts of the library, and the flight of staff from the Red Army.

Nevertheless, Berthold von Stauffenberg was by no means forgotten. As early as 1947, Alexander N. Makarov published an obituary of his former colleague in the journal Friedenswarte, as part of a series entitled “Vanguards of International Understanding and International Law Scholars as Victims of National Socialism”.[60] Hans Wehberg’s request to write the memorial text on Stauffenberg had actually gone out directly to Hermann Mosler, who had delegated it to Makarov.[61] In response to Makarov’s first draft of the text, which was very cautious, he replied that one “should make use of this favourable opportunity to rehabilitate the Institute in a somewhat more pronounced manner than you did in your representation […] of Berthold’s involvement on 20 July. Perhaps you could present the related sentences as facts, not as hearsay. […] Citing Strebel’s or my name as sources seems to me neither necessary nor correct.”[62] Here, Mosler, who made considerable editorial changes to Makarov’s text, skilfully and purposefully used Stauffenberg to restore the Institute’s reputation.

The first public tribute on the part of the Institute as a whole can be found in the first post-war issue of HJIL from 1951. There, six necrologies commemorate those colleagues who had died during the war and the post-war period, including Berthold von Stauffenberg. This early positioning on Stauffenberg cannot be considered a matter of course, given the negative attitude of the general public towards the German resistance and also the disdainful opinion of the then-director of the Institute, Carl Bilfinger, who was himself not at all free from connections to the National Socialist system, towards his former colleague.[63] The obituary was written by HJIL editor Helmut Strebel, who had had a close personal relationship with Stauffenberg. Strebel’s tribute is reserved in terms of political positioning. He does not claim Stauffenberg’s act of resistance for the Institute as a whole and emphasises that “his involvement in the plans to overthrow [the regime] only became known in outlines to a few individuals just before the assassination attempt.” In this, he differs from Alexander N. Makarov, who suggested a greater involvement of the KWI in the resistance’s planning.[64] What both obituaries have in common is that they primarily honour Stauffenberg’s scholarly career, emphasising his PCIJ commentary. They also mention the Locarno essay, but not the one on citizenship.[65] Neither obituary comment on Claus von Stauffenberg’s motivations for the assassination attempt.

Hermann Mosler, who took over the directorship from Carl Bilfinger in 1954, took a similar approach. He, too, declared his allegiance to Berthold von Stauffenberg early on, but avoided any further qualification of the resistance fighter’s motivations. In 1966, he told Karl Josef Partsch that he had given a speech on the tenth anniversary of the assassination attempt in 1954, to students in Frankfurt, as well as on the 20th anniversary in 1964, as director of the Institute to the staff, which he had found significantly more difficult.[66] This reveals an underlying pattern in Mosler’s handling of National Socialist history. While he was not afraid to take a clear stance vis-a-vis the broader scholarly community and the public,[67] he avoided any historical debate within the MPIL.[68] When Mosler did comment on the history of the Institute, he did so as briefly as possible and only at official anniversary events. Mosler’s first public statement on Stauffenberg and the National Socialist era at the Institute was made in 1961 on the occasion of the 50th anniversary of the Kaiser Wilhelm/Max Planck Society:

“The National Socialist era gradually and increasingly restricted the possibilities for action, but without destroying the scientific objectivity of the work. All employees who rejected the regime owed it to Bruns‘ skill and Schmitz’ unwavering objectivity that they had found refuge and the freedom to develop their scholarship at the Institute. After Bruns’ death, the distress grew. In the first years of the war, the Institute supported, by providing advice and expert opinions, the efforts of academic member Berthold Schenk Graf v. Stauffenberg, who worked on international law issues at the High Command of the Navy, and Graf Helmuth v. Moltke, who worked on the equivalent issues at the High Command of the Wehrmacht, towards a conduct of war in line with international law. Both became victims of the terror measures that followed 20 July 1944. The agreement made with Graf Stauffenberg to make the Institute available to the new Reich government after the overthrow [of the old one] remained unknown to those in power.”[69]

Stauffenberg’s resistance is portrayed by Mosler in a completely unpathetic manner and without associating himself with it. Mosler also omits the political and ideological background of Stauffenberg’s assassination attempt. Yet, elsewhere in his anniversary publication, Mosler does appropriate Stauffenberg by explicitly referring to the significance of his PCIJ commentary of 1934 and placing the work of the Heidelberg Institute in the tradition of the internationalisation of law.[70] Here, he fails to mention that Stauffenberg was very sceptical of the court and considered writing the commentary a chore.

Mosler’s letter on the 20th anniversary of the attempted Hitler assassination[71]

There were various reasons for Mosler’s sober and distanced statement on Stauffenberg’s resistance, which he was to repeat verbatim 14 years later on the occasion of the 50th anniversary of the Institute.[72] The Director was aware that the “Third Reich” had been viewed in various different ways by different members of the Institute and that not every member of staff had applauded the assassination attempt. Mosler wanted to avoid fundamental and potentially divisive debates on the role of the Institute and its members in the “Third Reich” at all costs. Although he certainly agreed with Stauffenberg’s actions, many of Stauffenberg’s political and ideological views must have remained alien to him. Mosler had known Stauffenberg since he had joined the Institute in 1937 and was aware of his membership in the circle around the poet Stefan George, in which an elitist, often anti-democratic and anti-Western attitude dominated. Hermann Mosler could not and did not want to build on this.

“International Law in Resistance”? Conclusions

At the Institute, the attitude towards Berthold von Stauffenberg remained complex. After his speech on the 50th anniversary of the Institute in 1975, Hermann Mosler never publicly addressed the history of the Institute again; and similarly, his successor Rudolf Bernhardt omitted the period before 1949 and thus Stauffenberg as an Institute member in his 2018 chronicle of the Institute. Other members of the Institute, such as Helmut Strebel, intensively researched Stauffenberg’s life and work and unsuccessfully tried to win over the directors for this topic.[73] Hermann Mosler in particular avoided linking the Institute with Stauffenberg’s resistance or mobilising Stauffenberg for the rehabilitation of his own discipline. This was only done later, by a number of exponents of German international law of a new generation, who went on to interpret Stauffenberg’s motivation for the assassination attempt as “international law in resistance”.[74] This view materialized within the Institute when, in 1987, during the debate about the Institute’s rebuilding or relocation to Berlin, Theodor Schweisfurth suggested renaming the MPIL “Berthold von Stauffenberg Institute of the Max Planck Society”.[75] Although it never came to that, under the directorship of Jochen Frowein and Rüdiger Wolfrum, the bust of Stauffenberg sculpted by Frank Mehnert was given a more central position in the new Institute building from 1996. Even today, the bust of the young Stauffenberg has a prominent place in the foyer.

The Stauffenberg bust by Frank Mehnert at the main entrance to the MPIL[76]

But the question remains: What does it tell us and what should it tell us today – and what does Stauffenberg stand for today? In the current self-image of the researchers at the Institute, Berthold von Stauffenberg is hardly a historical reference figure against which one would measure one’s own work or attitude – in whatever form. The events of 20 July are too far in the past and have too little impact for that. The views of the resistance in broader society are also undergoing radical change. The strong exaggeration and symbolic charging of individual actors of the resistance movement, especially of 20 July 1944, is considered dishonest today. In liberal, enlightened circles, heroes are no longer necessary as role models for overcoming National Socialist history; we can now face up to the time-bound ambivalence of the protagonists of that period and deal with it. And perhaps this is what Berthold von Stauffenberg conveys to us at the Institute today: the realisation of historical time-boundness and the necessary complexity of our conception of life. But both are also a task for us: Stauffenberg is a reminder of the responsibility of the scholar; he confronts us with the legacy of our burdened history and makes us realise the achievements of liberal democracy and the rule of law. History is complex and dealing with it is not easy. And if it seems easy, it is done wrong. So let us not leave Stauffenberg to those who offer overly simplistic answers in these times but let us take him as an invitation to question ourselves.

***

The author would like to thank Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Moritz Vinken, and Joachim Schwietzke for their helpful annotations to the text.

[1] Hermann Mosler, Staatsrechtslehre und Nationalsozialismus. Vorträge innerhalb der Studium-Generale-Reihe „Wissenschaft und Nationalsozialismus“ im Sommersemester 1966, unpublished typoskript, 3. The author would like to thank Professor Dr. Karl Mosler for providing the text. This and all following direct quotes are translated by the editor, except where indicated otherwise.

[2] Mosler, Staatsrechtslehre (fn. 1), 8; Rudolf Timmermans, Demokratie und Führerstaat: Studien über Begriffe und Formen des Volksstaates, Berlin: Fährmann-Verlag 1936.

[3] Alexander Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 261–262; Wolfgang Graf Vitzthum, Der stille Stauffenberg. Der Verschwörer, Georgeaner und Völkerrechtler Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Berlin: Duncker & Humblot 2024, 152–153.

[4] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3); Meyer (fn. 3); also of relevance: Peter Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Brüder, Stuttgart: Deutsche Verlags Anstalt 1992. What all these works have in common is a very affirmative approach to the object of their biography. There is also a multitude of essays on Berthold von Staufenberg by Wolfgang Graf Vitzthum, which discuss the jurist in the context of George’s thinking.

[5] See, for example, the biography provided by the German Federal Agency for Civic Education.

[6] There are no surviving contemporary sources on Stauffenberg’s work at the Institute. Stauffenberg’s staff file in the MPG archive is thin and mainly traces his career steps within the Institute. Moreover, the destruction of the Institute’s premises in the Berlin Palace in January 1945 destroyed a large part of the Institute’s files, and it appears that Institute staff also destroyed documents after Stauffenberg’s arrest.

[7] Ruth Hoffmann, Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird, Munich: Goldmann 2024, 42.

[8] Hoffmann, Das deutsche Alibi (fn. 7), 10.

[9] Thomas Karlauf, Stauffenberg. Porträt eines Attentäters, Munich: Pantheon 2019, 27.

[10] Hoffmann, Das deutsche Alibi (fn. 7), 390.

[11] Photo: AMPG.

[12] Meyer (fn. 3), 31.

[13] Meyer (fn. 3), 47.

[14] Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 72.

[15] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 51.

[16] Meyer (fn. 3), 55.

[17] Stauffenberg wrote to George on 17 October 1932: “in the meantime, i have gone back to work. not with any particular pleasure. it doesn’t seem particularly meaningful – you quickly get to know the swindle. and then it offers you nothing new”, quoted from: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 51. Stauffenberg’s letters are in all lower case, which is in keeping with Stefan George’s minimalist aesthetic.

[18] Letter from Berthold von Stauffenberg to Stefan George, dated 27.10.1933, quoted from: Karlauf (fn. 9), 124.

[19] Letter from Bertholf von Stauffenberg to Stefan George, dated 27.10.1933, quoted from: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 55.

[20] Hans Wehberg, Unpublished life record of Berthold von Stauffenberg, Attachment to a letter from Hans Wehbehrg to Hermann Mosler, dated 15. 8. 1947, AMPS, III Rep 191 Nr. 20, Bd. 2.

[21] Meyer (fn. 3), 59.

[22] Letter from Berthold von Stauffenberg to his wife Maria, quoted from: Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 151.

[23] Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 151.

[24] Meyer (fn. 3), 58–59; Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 151. So far, no contemporary sources supporting this view have been discovered.

[25] According to contemporary witnesses, Stauffenberg was regarded as the “silent one”, as he was considered quiet and secretive in his dealings with colleagues and hardly ever spoke out in academic debates at the Institute, see: Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, Munich: C. Bertelsmann 1983, 123; Helmut Strebel, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944), HJIL 13 (1950), 14–16; also: Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 492; Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 65. An unnamed former employee in the court clerk’s office of the PCIJ described Stauffenberg as “reserved and shy”. Furthermore: ”(H)e kept very much to himself […] and made no friends among the staff of the court”, quoted from: Wehberg, Lebensbeschreibung (fn. 20).

[26] Alexander N. Makarov, Vorkämpfer der Völkerverständigung und Völkerrechtsgelehrte als Opfer des Nationalsozialismus. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944), Die Friedenswarte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation 6 (1947), 360–365, 364.

[27] Wolfgang Graf Vitzthum, Stauffenberg, Berthold Alfred Maria Schenk Graf von, in: Achim Aurnhammer et al. (eds.), Stefan George und sein Kreis: Ein Handbuch, Munich: De Gruyter 2016, 1666–1671, 1667.

[28] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899–1940, Munich: De Gruyter 2008, 207–208.

[29] See the bibliography in: Makarov (fn. 26), 365; see also: Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 69.

[30] Testament of Viktor Bruns, AMPG, PA Viktor Bruns, II. Abt., Rep. 0001A, Pag. 40.

[31] Report of the Security Service of the Reichsführer SS (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS) of 16.10.1944, in: Hans-Adolf Jacobsen (ed.), „Spiegelbild einer Verschwörung“. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt, Vol. 1, Stuttgart: Seewald 1984, 447. Emphases in the original.

[32] Berthold von Stauffenberg, Die Entziehung der Staatsangehörigkeit und das Völkerrecht – Eine Entgegnung, HJIL 4 (1934), 261–276.

[33] Berthold von Stauffenberg, Die Vorgeschichte des Locarno-Vertrages und das russisch-französische Bündnis, HJIL 6 (1936), 215–234.

[34] Karlauff (fn. 9), 66. However, Stauffenberg research consistently comes to the conclusion that Stauffenberg’s 1934 essay does not allow any conclusions to be drawn about his personal attitude. The essay is generally interpreted as a work simply commissioned by Institute’s management or the Foreign Office, which Stauffenberg carried out more or less against his will, according to Meyer (fn. 3), 62–63; Hoffmann, Stauffenberg (fn. 4), 152; Wolfgang Graf Vitzthum, Berthold von Stauffenberg und das Widerstandsrecht, in: Frank-Lothar Kroll/Rüder von Voss (eds.), Für Freiheit, Recht, Zivilcourage. Der 20. Juli 1944, Berlin: Bebra Verlag 2020, 145–174, 157–158.

[35] §2 of the law provided for the revocation of citizenship even for German citizens abroad, if they had “impaired German interests through any behaviour in defiance of the duty towards the Reich and the [German] people”, which included primarily “hostile propaganda”. This directly affected, among others, writers and critics such as Lion Feuchtwanger, Alfred Kerr, Heinrich Mann, and Kurt Tucholsky, which could have hardly gone unnoticed by Stauffenberg, who was very interested in literature.

[36] Georges Scelle, À propos de la loi allemande du 14 juillet 1933 sur la déchéance de la nationalité, Revue critique de droit international XXIX (1934), 63–76.

[37] Stauffenberg, Entziehung (fn. 32), 265.

[38] Photo: Ullstein Bild.

[39] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Vol. 2, 490–528, 503; Rüdiger Hachtmann, The Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law 1924 to 1945, MPIL100.de.

[40] Karlauff (fn. 9), 66.

[41] Report of the Security Service (fn. 31), 447. Emphases in the original.

[42] Report of the Security Service (fn. 31), 450.

[43] Report of the Security Service (fn. 31), 450. Emphases in the original.

[44] Report of the Security Service (fn. 31), 453.

[45] Letter from Berthold von Stauffenberg to Frank Mehnert, dated 21. 8. 1942, quoted from: Karlauff (fn. 9), 194–195.

[46] Quote from Berthold von Stauffenberg interrogation protocol of 21.07.1944, Report of the Security Service (fn. 31), 19.

[47] Hachtmann (fn. 39).

[48] Toppe (fn. 28), 207.

[49] Toppe (fn. 28), 193. Those assigned there from the Institute included Hermann Mosler, Günter Jaenicke, Wilhelm Wengler, and Ernst Martin Schmitz with the focus of their work being the law of land warfare, of naval warfare and the law of prisoners of war.

[50] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 110.

[51] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 110. The expert reports by members of the Institute which have been recovered were in accordance with the applicable laws of armed conflict and therefore cannot be regarded as justifications for the ideological war waged by the “Third Reich”. However, they do not amount to open resistance against National Socialism.

[52] Stauffenberg to Kranzfelder, autumn 1943, quoted from: Report of the Security Service (fn. 31), 115.

[53] Meyer (fn. 3), 90.

[54] Quoted from: Karlauff (fn. 9), 298.

[55] Report of the Security Service (fn. 31), 453. On the frequently ignored value of the interrogation protocols as historical sources: Karlauff (fn. 9), 25–26.

[56] Lange, Praxisorientierung (fn. 50), 110. This is based on a statement by Mosler himself, which cannot be verified by any third-party testament.

[57] Vitzthum, Der stille Stauffenberg (fn. 3), 150.

[58] Felix Lange, Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933–1945, HJIL 76 (2016), 633–659, 649.

[59] With the exception of the diary entries of librarian Annelore Schulz, no contemporary sources on the Institute’s view of these events have survived. Her notes are cautious, presumably out of fear of surveillance: “The story of the assassination [attempt] is stirring up a lot of emotion. We all fear that our Count Berthold Schenk von Stauffenberg and his family are no longer alive, the matter could have the worst consequences for the Institute.”, Entry dated 24. 7. 1944. The fact that there were no raids was probably due to the party representative Herbert Kier preventing them: Lange, Kolonialrecht (fn. 58), 638.

[60] Makarov (fn. 26), 360–365.

[61] Letter from Hans Wehberg to Hermann Mosler, dated 15. 8. 1947, AMPG, III Rep 191 Nr. 20, Vol. 2.

[62] Letter from Hermann Mosler to Alexander N. Makarov, dated 13. 10. 1947, AMGP, III Rep 191 Nr. 20, Vol. 2.

[63] In the summer of 1945, Bilfinger had made very disparaging remarks about Stauffenberg to Strebel, which the latter found to be “astonishingly distasteful” and indicative of a lack of “capacity for a certain sense of propriety”: Letter by Helmut Strebel to Hermann Mosler, dated 4.1. 1946, cited from: Florian Hofmann, Helmut Strebel (1911–1992). Georgeaner und Völkerrechtler, Baden-Baden: Nomos 2010, 121.

[64] Makarov’s article reads like an obituary not just to Stauffenberg but also to the “Bruns Institute” itself. He points out, for example, that there were regular, open deliberations critical of the regime between Moltke, Stauffenberg, and the Institute staff from the summer of 1943 onwards. He further mentions the episode around Mosler being taken into confidence about the assassination plans, thereby insinuating that the Institute supported the resistance: Makarov (Fn. 26).

[65] Makarov does however mention it in the attached bibliography compiled by Helmut Strebel.

[66] Letter from Hermann Mosler to Karl Josef Partsch, undated, but before 4.2.1966, File entitled „Stefan George Stiftung“ [Stefan George Foundation], MPIL Archive. The 1954 speech does not seem to have survived.

[67] Mosler, Staatsrechtslehre (fn. 1).

[68] Philipp Glahé, History as a Problem? On the Historical Self-Perception of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, HJIL 83 (2023), 565–578.

[69] Hermann Mosler, Geschichte des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., Vol. II (1961), 687–703, 696.

[70] Mosler, Geschichte (fn. 69), 701.

[71] Scan from: AMPG, III Rep 191, Nr. 101.

[72] Hermann Mosler, Aufgaben und Arbeitsweise des Instituts, in: Max-Planck-Gesellschaft (ed.), Berichte und

Mitteilungen 2 (1975), 7–21.

[73] Exchange of letters between Helmut Strebel and Rudolf Bernhardt, File „Betr. Nachforschungen Dr. Strebel im Bundesarchiv/Akten betr. Prisenrecht usw.“ [“On research of Dr. Strebel in the Federal Archive/File on prize law etc.”], MPIL.

[74] Meyer (fn. 3).

[75] Theodor Schweisfurth, Vermerk betr. Neubau des Institutes [“Remark on the rebuilding of the Institute”], 4. 10. 1987, 1–19, 19, File „Institutschronik III” [“Institute Chronical”], MPIL.

[76] Photo: Maurice Weiss/ MPIL.

Das Institut als Idyll. Karl Doehrings Weihnachtsansprache 1995

„Ich kann Ihnen erzählen, was ich will. Sie können mich gar nicht korrigieren, denn Sie waren nicht dabei“, so heißt es gleich zu Anfang von Karl Doehrings launiger Weihnachtsansprache aus dem Jahr 1995. Von einem umsichtigen Mitarbeiter oder einer umsichtigen Mitarbeiterin auf Tonband aufgenommen und von der langjährigen Verwaltungsleiterin und Instituts-Chronistin Gerda Wallenwein knapp 30 Jahre aufbewahrt, ist mit Doehrings Rede ein Dokument überliefert, welches einen humorvollen und sehr persönlichen Einblick in die Geschichte des Instituts und seiner Festkultur erlaubt. Auch wenn der Verfasser dieses Beitrags weder bei der Rede und noch viel weniger bei den vom Redner wiedergegebenen Episoden aus der Institutsgeschichte „dabei war“ und Doehring auch gar nicht „korrigieren“ will, möchte er doch ein paar Kontextualisierungen der Ansprache vornehmen.

Den Text zum Nachlesen finden sie hier.

„Bei uns ist nichts mit Förmlichkeiten“. Karl Doehring und das Institut

Karl Doehring, 1960er (Foto: MPIL).

1995 fand das letzte Weihnachtsfest vor dem Umzug in das heutige Gebäude im Neuenheimer Feld statt, was – wie Doehring andeutet – vielleicht der Anlass für seinen nostalgisch-anekdotenhaften Rückblick auf die Geschichte des Instituts gewesen sein mag. Karl Doehrings (1919-2011) wissenschaftliche Karriere war untrennbar mit dem Institut verknüpft. 1949 trat er, auf Vermittlung seines späteren Doktorvaters Ernst Forsthoff, parallel zum Referendariat als erster Assistent dem gerade wiedergegründeten Institut bei.[1] Das Institut durchlief Doehring nicht nur als Doktorand und Habilitand, er übte über Jahrzehnte auch die Funktion eines Verwaltungsleiters und stellvertretenden Direktors aus, von 1980 bis 1987 war er überdies selbst einer der Direktoren des MPIL. Bis zu seinem Tod 2011 arbeitete Doehring täglich im Institut.[2]

Seine Schilderungen sind von anekdotenhafter Nostalgie, was dem Genre der Weihnachtsansprache aber auch der Erzählfreude Doehrings zuzuschreiben ist. Er beschreibt verschiedene Akteurinnen und Akteure sowie Begebenheiten, die er in den zurückliegenden 46 Jahren am Institut erlebt hat. Deutlich wird hierbei die starke Verbundenheit Doehrings mit dem MPIL und seinen Mitarbeitenden, insbesondere mit dem nicht-wissenschaftlichen Personal. So beschränkt sich Doehrings Ansprache keineswegs nur auf die „großen Namen“, die das Institut im Laufe der Jahrzehnte hervorgebracht hat, es überwiegen die Erinnerungen an den Hausmeister Hermann Blum, die frühere Verwaltungssekretärin Ellinor Greinert oder die „Hausbesorgerin“ Mina Wernz. In Doehrings Rückblick erscheint das Institut vor allem als ein geistig wie sozial freier Ort, der von gewisser Kameradschaftlichkeit und Familiarität getragen war.

War früher alles besser? Dem Idyll auf der Spur

„Und wenn ich Ihnen sage Idylle, dann ist das nicht nur besonnte Vergangenheit, sondern es war wirklich eine, sowas gibt es ja auch in der Realität.“

Unter Nostalgie versteht man gemeinhin das Heimweh nach der Vergangenheit – einer Vergangenheit, die meist so nie existiert hat. Gerade Weihnachtsfeiern laden traditionell zur Reflexion des zu Ende gehenden Jahres ein. Mit dem lange überfälligen Umzug in das neue Institutsgebäude endete für das MPIL zudem eine jahrzehntelange Ära. So fragt sich: Wer und was gilt dem damals 76-Jährigen als Ausdruck und Repräsentant jener „Idylle“, an die er auf der Weihnachtsfeier erinnert?

Einladungsschreiben zur Weihnachtsfeier 1995

Als Doehring 1948 nach Heidelberg kam, um sein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen, hatte er nicht nur vier Jahre Krieg als Soldat, sondern auch fünf lange Jahre britische Kriegsgefangenschaft in Nordafrika hinter sich. Auch sein Studium in Heidelberg war durch äußerste Bescheidenheit geprägt. Wie er in seiner Autobiographie schildert, hing das Trauma des Krieges den Studenten, die zumeist selbst Soldaten gewesen waren, spürbar nach: „Neben einem Studenten, der einen Arm verloren hatte, saß manchmal ein Beinamputierter oder auch ein Rollstuhlfahrer. (…) Die Vorlesungen waren immer voll, denn Bücher gab es wenig. Der Studieneifer war enorm, da alle sobald wie möglich ins Berufsleben wollten. Alle waren wissbegierig, diskussionsfreudig und kritisch denkend.“[3] Vor diesem Hintergrund erstaunt es wenig, dass die Arbeitsstelle am MPIL für Doehring nicht nur ein besonderes Privileg war, sondern ihm rückblickend geradezu als Idyll erschien. Da störte auch die  schwierige räumliche Situation des Instituts nicht, das sich nach der Zerstörung seines ursprünglichen Sitzes im Berliner Schloss 1945 bis 1954 auf zwei mehr oder minder improvisierte Standorte in Heidelberg und eine Rest-Abteilung in Berlin verteilte.[4] Doehrings Zeit in Heidelberg und insbesondere am Institut war für ihn vor allem eine Phase des Friedens und eines beginnenden (bescheidenen) Wohlstands.

Ein weiterer Aspekt, der in Doehrings Rede aufscheint, ist seine Wahrnehmung des Instituts als hierarchiefreien, nahezu egalitären Ort, an dem man sich weniger um gesellschaftliche Konventionen, Rangordnungen und Etikette scherte, als an vielen anderen Orten seinerzeit. Auch diese Wahrnehmung erklärt sich vor allem aus Doehrings Zeit beim Militär. Die von ihm dort erlebte Kameradschaftlichkeit, wie er sie zwischen Soldaten, auch über Dienstränge hinweg, erinnerte, habe es an der Universität nicht gegeben: „Als Student machte ich nun die Erfahrung, dass ich im Krieg als Offizier die Last der Verantwortung getragen hatte und inzwischen das dreißigste Lebensjahr überschritten hatte, mich als Fahnenjunker mit meinem Regimentskommandeur ungezwungener hatte unterhalten können als jetzt mit vielen Professoren.“[5] Das war am Institut aufgrund seiner geringen Größe und Familiarität anders. Eine leichte, teils ironische, Reserviertheit wird in diesem Punkt jedoch gegenüber Hermann Mosler spürbar, der laut Doehring einige der früheren Freiheiten durch feste Arbeitszeiten, Betriebsrat und neue Hierarchien eingeschränkt habe.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts 1985 (Foto: MPIL)

Der meinungsstarke und streitfreudige Doehring, der 1967 den Lehrstuhl seines Lehrers Forsthoff übernommen hatte, wurde von den Aktivistinnen und Aktivisten Studentenbewegung indes als alles andere als „unhierarchisch“ wahrgenommen und geriet aufgrund seiner konservativen Positionen ins Fadenkreuz des studentischen Protestes. Die Erlebnisse jener Zeit und die verbalen wie auch tätlichen Angriffe einiger besonders radikaler Studierender, die Doehring „an Bürgerkrieg erinnerten“, hinterließen bei ihm deutliche und nachhaltige Spuren.[6] Das Institut, das in der Berliner Straße weitab von den oft heftigen Ausschreitungen und Protesten in der Altstadt lag, blieb aufgrund seiner gewissen sozialen und politischen Homogenität indes von „1968“ unberührt, was das Bild von den politischen Stürmen der Zeit verschonten Idylls gestärkt haben mag.

Dem Genre der Weihnachtsansprache eigen ist natürlich, dass Themen und Persönlichkeiten, die für Kontroversen oder Dissonanzen sorgen könnten, ausgespart werden. So meidet Doehring fast zwangsläufig auch Politisches. Deutlich wird dies bei seiner Darstellung des Institutsdirektors Carl Bilfinger (1879-1958). Dieser hatte nach dem Tod des Gründungsdirektors Viktor Bruns, dessen Cousin er war, 1944 die Institutsleitung übernommen und Teile der Forschungseinrichtung nach Heidelberg transferiert. 1946 war er aufgrund seiner starken politischen Belastung von seinem Amt zurückgetreten. Nach seiner überraschenden Entnazifizierung wurde er abermals von 1949 bis 1954 zum Direktor ernannt – eine Entscheidung, die inner- und außerhalb des Instituts und der MPG umstritten war. Als Schwierigkeit für die Wiedergründung stellte sich nicht nur Bilfingers NS-Belastung heraus, sondern auch seine durch Alter und schlechten Gesundheitszustand bedingte Überforderung bei der Leitung und beim Wiederaufbau. Bei Doehring klingen diese Probleme in seiner wohlwollend-anekdotenhaften Schilderung Bilfingers als eines etwas wunderlichen, um nicht zu sagen schrulligen älteren Herrn allenfalls im Subtext an. Bilfinger als zeithistorische Figur tangiert Doehring aber dennoch, indem er darauf hinweist, dass er 1932 mit Carl Schmitt vor dem Staatsgerichtshof im Prozess „Preußen contra Reich“ aufgetreten war, jedoch ohne die politischen Implikationen näher auszuführen. So hielt er es auch bei Bilfingers Darstellung in seiner Autobiographie, anders als bei seinem Lehrer und späteren Freund Forsthoff, dessen „Verstrickungen“ in das „Dritte Reich“ Doehring einzuordnen versuchte.[7]

„Es war dann immer wieder alles gut geworden, was im Jahr falsch war.“

Weihnachtsansprachen haben eine wichtige soziale Funktion: Sie stiften Gemeinschaft. Die in sie eingewobenen Narrative verfolgen nicht den Anspruch wissenschaftlich-historischer Exaktheit, sie sind integrativ, wollen versöhnen und im Sinne des Gemeinschaftsgeistes idealisieren. Und so ist es auch bei Doehrings Ansprache im Jahre 1995. Ihre historische Bedeutung liegt weniger in ihrem faktischen Gehalt als in ihrer Perspektive und der Atmosphäre, die Doehring mit ihr kreiert. Ebenso spricht der Umstand, dass die Ansprache von einem oder einer Mitarbeitenden aufgenommen und für die Nachwelt überliefert wurde, für sich. Doehring traf mit seiner Rede einen Ton, der – wenn man so will – noch heute nachhallt. Auch wer damals nicht dabei war, wer weder die „Schildwacht“ kennt, noch Harry Belafonte auf den Lippen hat, fühlt sich beim Hören dieser Rede Doehring förmlich gegenübersitzen, als wäre man dabei gewesen, im Dezember 1995.

[1] Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: WJS Verlag 2008, 122.

[2] Vgl.: Juliane Kokott, Nachruf Professor Dr. iur. Dr. h.c. mult. Karl Doehring, ZaöRV 71 (2011), 435-439.

[3] Doehring (Fn. 1), 117.

[4] Dass es seinerzeit durchaus andere Wahrnehmungen der Lage durch die Institutsbeschäftigen gab, mag der bislang unveröffentlichte Bericht der Bibliothekarin Annelore Schulz aus dem Jahr 1946 über das zerstörte Institut in Berlin veranschaulichen: Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem, 1946. Ferner: Felix Lange, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg. Die Gründungsgeschichte des völkerrechtlichen Max-Planck-Instituts nach dem Zweiten Weltkrieg, ZaöRV 74 (2014), 697-731.

[5] Doehring (Fn. 1), 119

[6] Doehring (Fn. 1), 142

[7] Doehring (Fn. 1), 119.

Völkerrecht im Radio. Marianne Grewe-Partsch interviewt das Institut 1966

Knapp 700.000 „Medieneinheiten“ auf mehr als 43 Regalkilometern Stellfläche umfasst die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL) in Heidelberg.[1] Hierzu zählen vor allem Bücher und Zeitschriften. Durchforstet man das fußballfeldgroße Bibliotheksmagazin, so stößt man aber auch auf andere, im Zeitalter der Digitalisierung rasant veraltende Speichermedien. Kistenweise CD-ROMS, Disketten und VHS-Kassetten befinden sich im Bibliothekskeller, alles sorgfältig archiviert und mit Signaturen versehen. Doch sammelte sich in hundert Jahren auch einiges an, das in keinem Katalog verzeichnet ist und einen vielfach langen Dornröschenschlaf schlief, wie das Tonband „Rundfunksendung im Hessischen Rundfunk am 6.6.1966“. Versteckt in einem Stehordner überdauerte das Band knapp sechs Jahrzehnte, ehe es sich durch Zufall wiederfand, mitsamt Begleitkorrespondenz und einem Transkript, das Aufschluss über den Inhalt der Sendung gibt. Das Tonband stellt die Aufzeichnung eines Instituts-Portraits der Juristin und Journalistin Marianne Grewe-Partsch (1913-2004) dar. Für die Sendereihe „Wissen im Wandel“ sprach sie 47 Minuten lang mit Institutsangehörigen über deren Forschung. Zu Wort kommen neben dem damaligen Direktor Hermann Mosler (1912-2001) dessen späterer Nachfolger Karl Doehring (1919-2011), der Schriftleiter der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) Helmut Strebel (1911-1992), der Leiter der Bibliothek Otto Steiner (1915-1999) und die Referenten Jochen Abr. Frowein (geb. 1934), Helmut Steinberger (1931-2014), Hermann-Wilfried Bayer (1933-2023) und Werner Morvay (geb.1933). Als besonderes Highlight vermerkt das Protokoll den Tonmitschnitt einer Referentenbesprechung. Das früheste aus der Institutsgeschichte bekannte Audio-Dokument ist ein besonderer historischer Schatz, der Einblicke in die Institutskultur und -arbeit der 1960er Jahre gibt.

Dank der Retrodigitalisierung des Tonbandes durch den Hessischen Rundfunk (HR), der das Original selbst nicht mehr in seinen Archiv-Beständen führte, ist das Radio-Portrait nun für die Öffentlichkeit verfügbar. Dieser Beitrag lädt also zu einer kleinen Zeitreise ein und möchte einige begleitende historische Kontextualisierungen geben.

Lesen statt Hören? Hier das Transkript zur Radiosendung.

Öffentlich-rechtlicher Bildungsauftrag. Rundfunk und Erwachsenenbildung

Marianne Grewe-Partsch 1968[2]

Das Radio-Feature von Marianne Grewe-Partsch ist ein Mitschnitt aus einer anderen Zeit. Etwas steif und formell mutet der Umgangston zwischen der Interviewerin und den Befragten an. Auch die Ausführungen der Interviewten wirken nicht selten wie gedruckt und eher unspontan. Dies mag mit dem ungewohnten Umgang mit Mikrophon und Aufnahmegerät zusammenhängen, aber auch mit dem, gemessen an heutigen Maßstäben, sehr hohen fachlichen Niveau der Sendung. Die Fragen von Marianne Grewe-Partsch, die nicht nur selbst promovierte Juristin war, sondern aus einer weitverzweigten Juristenfamilie stammte, sind anspruchsvoll.[3] Auch wenn die Interviewten sich darum bemühen, ihre Arbeit allgemeinverständlich darzulegen, verlangen ihre Ausführungen den Hörern einiges an Konzentration ab.

Das Feature der Serie „Wissen im Wandel“, die die Arbeit und Forschung verschiedener Max-Planck-Institute der nicht-fachwissenschaftlichen Öffentlichkeit vorstellte, steht im Kontext der Radio-Bildungsprogramme der 1960er Jahre, von denen das von 1966 bis 1998 ebenfalls vom HR betriebene „Funkkolleg“ das bekannteste ist.[4] Angesichts der Bildungsexpansion und Überlastung sowie Neugründung vieler Universitäten, beschritt man mit den Bildungssendungen im Radio neue Wege und versuchte wissenschaftliche und universitäre Inhalte und Debatten einem weiten Publikum im Sinne der „Volksbildung“ zugänglich zu machen. Insbesondere das Funkkolleg fungierte als eine Art Abend- und Fern-Universität für nebenberuflich Studierende des Zweiten Bildungsweges. Marianne Grewe-Partsch, ab 1961 Programmredakteurin für „Frauenfunk und Erwachsenenbildung“ im HR, war eine der führenden Akteurinnen dieser neuen medialen Wissensvermittlung.[5] Die Reihe „Wissen im Wandel“ ist zwar nicht als universitäre Fern-Vorlesung angelegt, ist in ihrem Zuschnitt jedoch erkennbar Teil einer Demokratisierung der Wissensvermittlung. Für das Institut stellt das Feature ebenfalls ein Novum dar, da es bis dahin seine Forschung kaum jenseits der Fachwelt kommuniziert hatte.[6]

Männliche deutsche Prädikatsjuristen erforschen die Welt. Das Institut im Jahre 1966

Der Haupteingang des Instituts in der Berliner Straße 1961[7]

Das Radio-Feature gibt nicht nur einen Einblick in eine andere Zeit, sondern mit ihr in ein sehr anderes Institut, das sich in Aufbau, personeller Zusammensetzung und wissenschaftlichem Selbstverständnis in Vielem vom heutigen unterscheidet. Das Institut des Jahres 1966 war nahezu beschaulich. Insgesamt 47 Mitarbeitende hatte das MPIL, von denen knapp die Hälfte (22) in der Wissenschaft tätig waren.[8] Im Vergleich dazu: Im Jahr 2023 hatte das Institut 168 Mitarbeitende (unter ihnen 102 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler).[9] Die Belegschaft hat sich in sechs Jahrzehnten also mehr als verdreifacht, die Zahl der Forschenden sogar verfünffacht.

Forschung und Wissenschaftsmanagement des Instituts sind 1966 ebenfalls anders, nahezu behördlich, strukturiert. Orientiert am Referatssystem des Auswärtigen Amtes waren seit seiner Gründung 1924 die Forschungsgebiete des Instituts ist in Länderreferate unterteilt, die jeweils von einem Fachreferenten bearbeitet wurden. Im Interview mit Marianne Grewe-Partsch betonen Hermann Mosler und seine Mitarbeiter die im Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) wurzelnde Tradition der gegenwarts- und praxisorientierten Forschung. Diese wurde nicht nur in der Forschungsorganisation, sondern auch in den Publikationsformaten fortgeführt. Themen der 1960er Jahre sind die Anknüpfung an die wissenschaftliche Politikberatung der Europäischen Integration der 1950er, die Politik der Vereinten Nationen und die „Deutsche Frage“.[10] Die 1960er sind für das Institut jedoch auch der Beginn einer langsamen Internationalisierung, die durch eine Vielzahl internationaler verfassungsrechtsvergleichender Kolloquien und der Aufnahme erster ausländischer Gäste am MPIL seinen Ausdruck fand.[11] Dennoch lag der Fokus des Instituts seinerzeit vor allem auf der Konsolidierung der Bundesrepublik, ihrer internationalen Integration und aktuellen Fragen des Völkerrechts beziehungsweise seiner systematischen Weiterentwicklung.[12]

 „Eine Ordnung für eine exklusive Gemeinschaft“. Hermann Mosler über das Völkerrecht (Min. 2:40 bis 10:32 und Min. 16:03 bis 19:41)

Marianne Grewe-Partsch befragt zu Beginn ihres Institutsportraits Hermann Mosler zu seinem Verständnis des Völkerrechts. Bereits 1937 ins Berliner KWI eingetreten und stark von Viktor Bruns in seinem Rechtsdenken beeinflusst, war Mosler 1954 zum Direktor ernannt worden. Mosler war nicht nur Wissenschaftler, sondern hatte als vormaliger Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes und ab 1959 als deutscher Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einen ausgewiesen praktischen Blick auf das Völkerrecht.

Mosler führt aus, dass das Völkerrecht nach traditionellem Verständnis das „Recht zwischen den Staaten“ darstelle und somit eine „Ordnung für eine exklusive Gemeinschaft“ von Rechtssubjekten sei. Diese Ordnung habe sich Mosler zufolge vor allem im „abendländischen zwischenstaatlichen Verkehr“ entwickelt und basiere auf Verträgen und allgemeinen Grundsätzen. Darüber hinaus hätten sich „in der jüngsten Zeit“ durch die wirtschaftliche Globalisierung und ein wachsendes „Netz“ internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen oder der Europäischen Gemeinschaften eine neue Form der internationalen Verflechtung ergeben.

Auf die Frage, ob es in Zeiten des Blockkonflikts ein einheitliches Völkerrecht in Ost und West gebe, antwortet Mosler differenzierend. „Ost“ und „West“ sind ihm zu grobe Kategorien, „denn der Westen ist keine Einheit in diesem Sinne“, wie auch der Osten kein monolithischer Block sei. Mosler verweist auf die neuen Staatenbildungsprozesse des Globalen Südens und darauf, dass viele dieser Länder „blockfrei“ seien. Auch verwehrt er sich gegen den Begriff des „westlichen Völkerrechts“, da er hierin vielmehr einen ideologisch abwertenden sowjetischen Kampfbegriff sieht. Für Mosler ist das „westliche Völkerrecht“ das „eigentliche“ Völkerrecht, das sich aus der europäischen und amerikanischen Tradition entwickelt habe und „objektiv“ sei. Dennoch gebe es auch ein Völkerrecht, das zwischen Ost und West gleichermaßen gelte als eine „Ordnung für den Interessensausgleich“, wie sie unter anderem in internationalen Handelsabkommen ihren Ausdruck finde. Auch als Marianne Grewe-Partsch nach den Durchsetzungsmöglichkeiten des Völkerrechts fragt, betont Mosler vor allem den friedensorientierten Ordnungsgedanken des Rechts und dessen Durchsetzung über internationale (Schieds-) Gerichte.

Moslers Ausführungen sind in Anbetracht des Interview-Formats denkbar knapp. Dennoch werden sein eurozentrisches und praxisorientiertes Völkerrechtsverständnis wie auch seine Skepsis gegenüber den neuen nicht-staatlichen Akteuren greifbar, die er bald zehn Jahre später in seinem an Viktor Bruns anknüpfenden Grundlagenaufsatz zum „Völkerrecht als Rechtsordnung“ sehr viel mehr differenzieren sollte.[13]

Gemeinschaftsarbeit und Arbeitsteilung. Das Selbstverständnis des Instituts im Jahre 1966 (Min. 10:33-16:02)

Nach einem ersten Interview-Block mit Hermann Mosler folgt ein Überblick über die Geschichte und Aufgaben des Instituts, die an den offiziellen Selbstdarstellungen des MPIL orientiert ist.[14] Als Hauptaufgaben der Forschungseinrichtung charakterisiert werden die Sammlung und Aufbereitung des Materials zum Völkerrecht, Staats- und Verwaltungsrecht des Auslands aus und die Weiterentwicklung von Dogmatik und Systematik dieser Rechtsgebiete. Ebenso gehöre die Publikation dieser Materialien und ihrer begleitenden Erforschung zu den Kernaufgaben. Dies geschehe durch die institutseigene Zeitschrift ZaöRV, eine wissenschaftliche Monographien-Reihe (Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht) und Quellenwerke (Fontes Iuris Gentium). Neben der Forschung habe das Institut jedoch auch praktische Tätigkeiten zu bewältigen, so in der Ausbildung von Nachwuchskräften für Universitäten, Ministerien und internationalen Organisationen und durch Gutachten und wissenschaftliche Beratung von öffentlichen Stellen. Auf die Frage Grewe-Partschs, was „nun die eigentliche Eigenart“ des Instituts sei, betont Mosler die praxisorientierte Gemeinschaftsarbeit.[15]

„Beiträge auch ausländischer Fachgenossen“. Helmut Strebel über die Instituts-Publikationen (Min. 19:41-23:20)

Helmut Strebel, 1972[16]

Helmut Strebel betont in seinem Gespräch mit Marianne Grewe-Partsch vor allem die Kontinuität des Heidelberger Instituts mit seiner Berliner Vorgängereinrichtung.[17] Schwerpunkt der Instituts-Publikationen sei, seit seiner Gründung, die Veröffentlichung amtlicher Quellen aus der völkerrechtlichen Staatenpraxis mit einem Fokus auf vertraglich nicht festgelegten Völkerrechtsgrundsätzen. Strebel kennzeichnet die Publikationspraxis durch ihre „Nähe zur Wirklichkeit und vorsichtige Zurückhaltung gegenüber theoretischer Ableitung“. Der Schriftleiter der ZaöRV hebt die Bedeutung des dokumentarischen Teils der Zeitschrift hervor, der ähnlich dem Editionsprojekt der Fontes Iuris Gentium darum bemüht sei, völkerrechtliche Quellen wie Verträge oder Gerichtsentscheidungen der Fachwelt öffentlich zugänglich zu machen. Strebel hebt hervor, die Zeitschrift habe sich „zu einer Art internationalen Forums entwickelt“. Und, was damals noch nicht selbstverständlich ist, die ZaöRV „bringt also Beiträge auch ausländischer Fachgenossen, vielfach in deren Originalsprache“.

Wie weit Anspruch und Realität bei der Rezeption der ZaöRV in Helmut Strebels Beitrag ineinandergreifen, war seinerzeit bereits strittig. Ein großes institutsinternes Thema war der merkliche Verlust des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache, was sich auch auf die Rezeption der ZaöRV niederschlug, weshalb man beschloss, vermehrt auf Englisch zu publizieren.[18] Und auch trotz der vielen am Institut abgehaltenen internationalen Kolloquien bilanziert Felix Lange die internationale Strahlkraft des MPIL zurückhaltend: Das MPIL hätte „keine generellen dogmatischen oder theoretischen Konzeptionen [entwickelt], die international rezipiert wurden“.[19] Hierfür war man schlicht zu sehr auf die deutschen Forschungsfragen fokussiert.

Vor allem für Mitarbeiter. Otto Steiner und die Bibliothek (Min. 23:20-26:25)

Otto Steiner im Magazin im „Bücherturm“[20]

Selbstbewusst stellt Bibliotheksdirektor Otto Steiner[21] die umfangreichen Bestände der Bibliothek vor. 1966 umfasste diese knapp 130.000 Bände und 1200 laufende Zeitschriften, womit sie eine der größten völkerrechtlichen Fachbibliotheken der Welt darstellte: „Wir konkurrieren mit der Bibliothek des Friedenspalastes im Haag und der Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf.“ Den Hauptbestand der Bibliothek machten laut Steiner Gesetzesblätter, Entscheidungssammlungen, Zeitschriften, Parlamentsdebatten und die monographische Literatur des Staats- und Verwaltungsrechtes aus. Darüber hinaus würden aber auch „Veröffentlichungen auf dem geschichtlichen, vor allem außenpolitischen Gebiet“ gesammelt. Steiner betont, dass die Institutsbibliothek als Niederlassungsbibliothek der UN und der Europäischen Gemeinschaften sämtliche von diesen Organisationen gedruckte Publikationen sammle, wie auch alle Protokolle der Debatten der UN-Vollversammlung und des Sicherheitsrates.

Steiner unterstreicht, dass die Bibliothek  vordringlich für die Institutsmitarbeiter gedacht sei, „aber jeder, der ein ernsthaftes Interesse nachweisen kann, wird zur Benutzung der Bibliothek in den Räumen des Hauses zugelassen“. Hiermit spricht der Bibliotheksleiter die beginnende Öffnung des Instituts für Gastwissenschaftler an. Im Jahr 1966 wurde die Bibliothek laut Jahresbericht von 187 Gästen aufgesucht, von denen 47 länger als drei Monate am MPIL arbeiteten.[22] Damit kam das Institut seinerzeit an seine Belastungsgrenze. Ursprünglich war das Gebäude an der Berliner Straße ganz ohne Lesesaal gebaut worden, da die Bibliothek als reine Magazin- und Dienstbibliothek konzipiert worden war. 1959 war ein Vortragsraum angebaut worden, der zugleich als „Arbeitssaal“ für Bibliotheks-Gäste verwendet wurde. In den 1970ern wurde ein weiterer Lesesaal außerhalb des Instituts im Max-Planck-Haus mitgenutzt. In den Forschungsalltag integriert waren damals nur wenige Gäste. Im Jahr 1966 forschten zehn „ausländische Gast-Assistenten bzw. Referenten“ und Stipendiaten am Institut.[23]

„Wir haben eigentlich keine Hierarchie“. Karl Doehring über Teamwork (Min. 26:25-30:40)

Karl Doehring (rechts) mit Kay Hailbronner (mitte) und Ernst-Ulrich Petersmann (links), 1972 bei einer Referentenbesprechung.[24]

Karl Doehring wird von Marianne Grewe-Partsch als „stellvertretender Leiter“ des Instituts vorgestellt. Eine seiner Hauptfunktionen am Institut war die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mit fünf wissenschaftlichen Mitgliedern, acht Referenten („eine Gruppe von jüngeren Herren“) und sechs Assistenten, also Doktoranden („eine Gruppe von, wenn ich das so sagen darf, ganz jungen Herren“), war die Forschungsabteilung am Institut in der Tat überschaubar.[25] Doehring betont, wie auch Mosler, dass sämtliche Institutsprojekte „in sogenanntem Teamwork“ bearbeitet würden. Hierbei gäbe es „eigentlich keine Hierarchie“. Dass Doehring das Institut als weitgehend „hierarchiefrei“ empfand, mag wohl neben der geringen Mitarbeiterzahl auch an der personellen Homogenität des Instituts gelegen haben. Die Forscher waren allesamt deutsche männliche Prädikatsjuristen, von denen die meisten an der Universität Heidelberg ausgebildet worden waren und in jungem Alter an das Institut kamen. Die geringen Auswirkungen der Studentenbewegung, die nur zwei Jahre später ihren Höhepunkt erreichen sollte, auf das MPIL zeugen ferner davon, dass am Institut die etablierten Strukturen seinerzeit nicht in Frage gestellt wurden.[26]

Doehring betont die Bedeutung des Instituts bei der Nachwuchsausbildung für Wissenschaft und Praxis. Ihm zufolge habe das Institut in den damals 42 Jahren seiner Existenz 30 Universitätsprofessoren hervorgebracht. Und in der Tat war der Einfluss des MPIL als „Kaderschmiede“ kaum zu unterschätzen. Sämtliche zehn Habilitanden Hermann Moslers erhielten Berufungen, sodass es laut Rudolf Bernhardt „nahezu ausgeschlossen [war], bei nationalen oder internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen zum Völkerrecht, zum Europarecht oder zum vergleichenden öffentlichen Recht keinem Schüler Hermann Moslers zu begegnen.“[27] Aber auch in das Auswärtige Amt, internationale Organisationen und Gerichte strahlte der Einfluss des MPIL über Jahrzehnte aus. Auch Karl Doehring selbst war, wie er hervorhebt, ein „Produkt“ des Instituts. 1949 war er als Assistent eingetreten, von 1980 bis 1987 war er als Direktor am MPIL tätig. 1967, ein Jahr nach dem Interview, folgte er als Ordinarius an der Heidelberger Universität Ernst Forsthoff nach.[28]

Der Referent. Herr Dr. Frowein (Min. 30:41 bis 33:01)

Schließlich wendet sich Marianne Grewe-Partsch an einen der, wie Karl Doehring es formulieren würde, „jüngeren Herren“. Vom damals 32-jährigen Jochen Abr. Frowein, der seit vier Jahren am Institut tätig ist, möchte sie wissen, was genau seine Aufgaben seien. Frowein berichtet von seiner Tätigkeit als Landesreferent für Großbritannien und das Commonwealth: „Die Aufgabe des Landesreferenten ist es, die Rechtsprechung und Verfassungsentwicklung in den einzelnen Staaten zu beobachten und insbesondere solche Fälle aufzunehmen, die von völkerrechtlichem Interesse sind.“ Auf Grewe-Partschs Frage, ob dies nicht sehr gute Englischkenntnisse voraussetze, erwidert Frowein, dass es am Institut auch „eine Reihe von Herren“ gebe, die auch „ausgefallenere Sprachen“ beherrschten, etwa Spanisch, Italienisch oder skandinavische Sprachen. Hatte die Beherrschung der englischen Sprache in den 1960er Jahren schon Seltenheitswert, so waren darüberhinausgehende Sprachkenntnisse bereits von exotischer Natur. Seit Anfang der 2000er Jahre kann Englisch im Institut als die Hauptwissenschaftssprache gelten, der Italienisch und Spanisch folgen. Obgleich Deutsch in seiner Bedeutung als Wissenschaftssprache schon in den 1960ern spürbar abgenommen hatte, wie auch das Französische, war es institutsintern bis in die 1990er auch bei internationalen Veranstaltungen dominierend.

Hermann Mosler eröffnet 1964 das Kolloquium zur Staatshaftung. Im Hintergrund Jochen Abr. Frowein[29]

Auch Jochen Abr. Frowein sollte zu jenen Absolventen des Instituts gehören, die eine eindrucksvolle Karriere in Wissenschaft und Rechtspraxis zurücklegten – nicht zuletzt, wie auch Karl Doehring und sein Mit-Referent Helmut Steinberger[30], als späterer Direktor des MPIL (1981-2002). Eine der Grundlagen seines späteren Lebensweges legte Frowein während seiner Tätigkeit als Referent, als er sich am Institut mit seiner 1968 erschienenen Schrift über Das de-facto Regime im Völkerrecht habilitierte.[31] Seine Arbeit war hierbei unmittelbar aus seiner Erfahrung als Landesreferent inspiriert, da seine Untersuchung zur Staatenpraxis im Umgang mit nicht-staatlichen beziehungsweise nicht als Staaten anerkannten „Gebilden“ wie der DDR maßgeblich von der Analyse des Umgangs Großbritanniens mit ehemaligen Commonwealth-Staaten beeinflusst war.[32]

Die Referentenbesprechung. Nachbereitung des internationalen Kolloquiums über die Staatshaftung 1964 (Min. 33:01 bis 47:00)

Papier, Stift und Zigarette. Referentenbesprechung, 1972 mit (v.l.n.r.): Fritz Münch, Helmut Strebel, Alexander N. Makarov, Bernhard Raschauer, Georg Ress, Helmut Steinberger, Albert Bleckmann, Alfred Maier, Meinhard Hilf, unbekannt, Rudolf Dolzer, Torsten Stein und Giorgos Papadimitriou[33]

„Jeden Montag treffen sich die Mitarbeiter zu einer Sitzung, in der über die aus der Arbeit entstandenen Fragen berichtet wird“ – ein besonderes „Schmankerl“, wenn man so will, ist der (bislang einzige bekannte) Tonmitschnitt einer Referentenbesprechung. Seit der Institutsgründung 1924 ist die inzwischen in „Montagsrunde“ umbenannte Besprechung ein Kernbestandteil des Institutslebens. Zu Zeiten des Referatssystems, das vor wenigen Jahren aufgegeben worden ist, berichteten die Referenten im Wochenrhythmus über die wichtigsten Entwicklungen in den von ihnen betreuten Landesgebieten.

Thema der 1966 mitgeschnittenen Besprechung, in der neben Hermann Mosler und Jochen Abr. Frowein (Min: 36:32 bis 39:37) die Referenten Helmut Steinberger (Min. 39:38 bis 41:42), Hermann-Wilfried Bayer (Min. 41:52 bis 43:18) und Werner Morvay (Min. 44:13 bis 46:25) zu Wort kommen, ist die Nachbereitung des internationalen Kolloquiums zur Staatshaftung, dessen Ergebnisse 1967 in einem dreisprachigen Bericht in den Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht erschienen sind.[34] Da der Rundfunk anwesend ist, widmet sich die Besprechung nicht der wissenschaftlichen Fachdiskussion, sondern ist erklärend angelegt und versucht der Hörerschaft den Gegenstand des Kolloquiums und die Arbeitsmethode des Instituts zu erläutern.

Hermann Mosler spricht auf dem Kolloquium zur Staatshaftung, 1964[35]

Die internationalen verfassungsvergleichenden Kolloquien der 1960er Jahre gehörten zu den wichtigsten wissenschaftlichen Formaten des Instituts und hatten eine hohe internationale Strahlkraft. An dem Kolloquium zur Staatshaftung nahmen mehr als 90 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 16 verschiedenen Nationen teil.[36] Dies entsprach vor allem Moslers Ansinnen, das Institut breit international zu verankern. Wie auch die anderen Kolloquien diente das Kolloquium zur Staatshaftung dazu, durch Rechtsvergleich empirisch allgemeine Rechtsgrundsätze zu ermitteln und in ihrer Entwicklung nachzuzeichnen.[37] Hierzu wurde im Vorfeld im Institut durch Günther Jaenicke und Jochen Abr. Frowein ein detaillierter Fragenkatalog entwickelt und an Wissenschaftler aus 20 verschiedenen Staaten sowie an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft verschickt.[38] Die Ergebnisse der Fragebögen wurden letztlich am 17. und 18. Juli 1964 durch die Bearbeiter in Heidelberg vorgestellt und vom Institut in einem 900-seitigen, dreisprachigen Band veröffentlicht und analysiert. Mit Jochen Abr. Frowein, Helmut Steinberger, Hermann-Wilfried Bayer[39] und Werner Morvay[40] erläutern vier der Institutsreferenten, die an der Planung und Durchführung des Kolloquiums beteiligt waren,[41] in der Referentenbesprechung für das Radio-Publikum ihre Arbeit und legen Methode, Problemstellung und Erkenntnisse des Kolloquiums dar.

Fazit

Das Radio-Feature erlaubt einen neuen Einblick in die Institutswelt der 1960er Jahre. Als älteste bekannte Tonaufnahme aus dem MPIL ist das Tonband eines der frühesten Zeugnisse von „Öffentlichkeitsarbeit“ des Instituts. Das Radio-Feature dokumentiert die Arbeit und Forschung des MPIL erstmals für eine außerfachwissenschaftliche Öffentlichkeit. Somit liefert es hochspannende Impressionen zum Selbstverständnis der Forschenden, zur Forschungsorganisation, aber auch zum Institut als soziale Gemeinschaft. Gleichzeitig lädt das Feature dazu ein, sich mit dem „immateriellen“ Erbe der Institutsgeschichte zu befassen und innerinstitutionelle Institutionen wie die Referentenbesprechung historisch zu reflektieren, sowie sich mit dem Wandel (und Fortleben) eines institutsspezifischen Duktus und Stil in Denken und Auftreten auseinanderzusetzen.

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[1] Der Verfasser dankt Konrad Buschbeck und Marianne von Grünigen für ihr Feedback zu diesem Text und den einsichtsvollen Austausch zur Geschichte des Instituts der 1960er Jahre.

[2] Foto: hr/Kurt Bethke.

[3] Marianne Grewe Partsch ist die Tochter des Zivilrechtlers Joseph Partsch (1882-1925) und Schwester des Völkerrechtlers Karl Josef Partsch (1914-1996). Von 1943 bis 1958 war sie mit dem Völkerrechtler Wilhelm Grewe (1911-2000) verheiratet, deren gemeinsame Tochter Constanze Grewe ebenfalls Völkerrechtlerin wurde.

[4] Jochen Greven, Biographie eines Bildungsprojektes, in: Jochen Greven (Hrsg.), Das Funkkolleg 1966-1998. Ein Modell wissenschaftlicher Weiterbildung im Medienverbund, Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1998, 7-42, 7; Alexandra Kemmerer, Nur weiter im Skript, Herr Professor, FAZ 17. August 2020.

[5] Uli Gleich, Marianne Grewe-Partsch (6.1.1913–22.2.2004), Publizistik 49 (2004), 215–216, 215.

[6] Dies drückt sich vor allem in den Tätigkeitsberichten aus, die die Forschungsleistung des Instituts ausschließlich für Kuratorium, Fachbeirat und Generalverwaltung dokumentieren. Jenseits gelegentlicher Zeitungsartikel von Institutsangehörigen, in denen Völkerrechtsfragen von allgemeiner Relevanz behandelt wurden, kommunizierte das Institut seine Arbeit in gelegentlichen Broschüren und publizierten Berichten ansonsten rein innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft.

[7] Foto: Hermann Mosler, Geschichte des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.1961, Teil II, Göttingen: Hubert & Co., 687-703, 687.

[8] Jahresbericht Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht über die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1966, Ordner „Kuratorium. Sitzungsunterlagen II“, MPIL-Archiv.

[9] Armin von Bogdandy/Anne Peters (Hrsg.), Statusreport 2021-2023, Heidelberg: Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, 92-93.

[10] Jahresbericht 1966 (Fn. 8); Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik. Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948-2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023, 49-90, 62-64; ferner: Armin von Bogdandy, Moslers europaföderale Sprengung des staatsrechtlichen Denkens, MPIL100.de (im Erscheinen).

[11] Es fanden folgende Kolloquien statt: „Staat und Privateigentum“, 1959; „Verfassungsgerichtsbarkeit der Gegenwart“, 1962; „Haftung des Staats für rechtswidriges Verhalten seiner Organe“, 1967; „Gerichtsschutz gegen die Exekutive“, 1969.

[12] Lange (Fn. 10), 64.

[13] Siehe hierzu: Anne Peters, Völkerrecht als Rechtsordnung: 1929 ─ 1976 ─ 2024, MPIL100.de.

[14] Mosler (Fn. 7).

[15] Mehr zur wissenschaftlichen Ausrichtung des Instituts siehe: Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017.

[16] Foto: MPIL.

[17] Helmut Strebel (1911-1992) war ab 1937 Referent am KWI in Berlin. Seit 1938 war er für die ZaöRV-Redaktion tätig, von 1949 bis zum Ruhestand 1979 war er Schriftleiter. Zudem war er wissenschaftliches Mitglied des Instituts, vgl.: Hermann Mosler, Helmut Strebel (1911-1992), ZaöRV 53 (1993), 266-269.

[18] Hermann Mosler, Vierzig Jahre Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Mitteilungen aus der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1-2 (1965), 32-34.

[19] Lange (Fn. 10), 64.

[20] Foto: MPIL.

[21] Otto Steiner (1915-1999) war 1950 in das Institut eingetreten und von 1960 bis 1980 Leiter der Bibliothek.

[22] Jahresbericht 1966 (Fn. 8).

[23] Als Institutsstipendiaten waren je ein Gast aus den USA, Griechenland und Österreich am Institut. Extern finanziert waren drei Gäste aus Italien, und je einer aus Jugoslawien, Griechenland, Schweiz und Spanien: Jahresbericht 1966 (Fn. 8); siehe auch hier: Moritz Vinken, Auf der Suche nach einer *lustvollen* Bibliothek – Vom Aufleuchten und Verglimmen des Raumkonzepts der Institutsbibliothek, MPIL100.de.

[24] Foto: MPIL.

[25] Die Angaben von Karl Doehring weichen jedoch von denen des Jahresberichtes 1966 ab. Dort heißt es, es seien zehn Referenten und drei Assistenten am Institut beschäftigt. Im Vergleich dazu: Heute arbeiten 34 Referenten (davon 14 Frauen) und 25 Doktoranden (davon 16 Frauen) am MPIL.

[26] Vgl. die Schilderungen von Bernhard Schlink über die 68er-Bewegung in Heidelberg: Bernhard Schlink, Sommer 1970, in: Bernhard Schlink, Vergangenheitsschuld. Beiträge zu einem deutschen Thema, Zürich: Diogenes 2007, 142-169. Das Institut war allein schon mit seiner Lage im Neuenheimer Feld, am damaligen Stadtrand Heidelbergs, weit von den Protestkundgebungen und dem Geschehen an der Universität in der Altstadt entfernt.

[27] Rudolf Bernhardt, Die Rückkehr Deutschlands in die internationale Gemeinschaft. Hermann Moslers Beitrag als Wissenschaftler und internationaler Richter, Der Staat 42 (2003), 583-599, 593; ferner: Felix Lange, Wider das “völkerrechtliche Geschwafel” – Hermann Mosler und die praxisorientierte Herangehensweise an das Völkerrecht im Rahmen des Max-Planck-Instituts, ZaöRV 75 (2015), 307-343, 312; Nico Krisch, The Many Fields of (German) International Law, in: Anthea Roberts et al. (Hrsg.), Comparative International Law, Oxford: Oxford University Press 2016, 91-110.

[28] Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, München: wjs Verlag 2008.

[29]  Foto: MPIL.

[30] Helmut Steinberger war von 1961 bis 1971 Referent am Institut. Nach seiner Tätigkeit als Hochschullehrer und Richter am Bundesverfassungsgericht (1975 bis 1987) war er von 1987 bis 1997 ebenfalls Direktor am MPIL.

[31] Jochen Abr. Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Rechtsstellung ‚nichtanerkannter Staaten‘ und ähnlicher Gebilde, Köln: Carl Heymanns Verlag 1968.

[32] Frowein (Fn. 31), 230.

[33] Foto: MPIL.

[34] Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Hrsg.), Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten seiner Organe. Länderberichte und Rechtsvergleichung (Liability of the State for Illegal Conduct of its Organs. National reports and comparative studies – La responsabilité de l’Etat pour le comportement illégal de ses organes. Exposé de la situation dans différents pays et étude comparée). Internationales Kolloquium, Köln: Carl Heymanns Verlag 1967.

[35] Foto: MPIL.

[36] Darunter: Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Indien, Italien, Japan, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, Südafrika, Türkei, USA; ferner mit Beiträgen von Wissenschaftlern aus Kolumbien (Leopoldo Uprimny) und Australien (Geoffrey Sawer).

[37] Hermann Mosler, Das Heidelberger Kolloquium über die Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten seiner Organe, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), IX-XIII, X.

[38] ‘Systematischer Fragebogen‘, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), 1-7.

[39] Bayer war von 1962 bis 1966 Referent am Institut. Nach der Habilitation 1967 in Tübingen war er von 1972 bis 1998 Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Steuerrecht, an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.

[40] Werner Morvay verbrachte seine wissenschaftliche Karriere am Institut.

[41] Vgl.: die vergleichenden Sachberichte von Helmut Steinberger, Hermann-Wilfried Bayer, Werner Morvay und Jochen Abr. Frowein, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), 753-809.

Eine (un)sichtbare Geschichte? Die Max-Planck-Büste Walther Wolffs

History Hidden in Plain Sight. The Max Planck Bust by Walther Wolff

Deutsch

Betritt man das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL), so fallen im Eingangsbereich drei Kunstwerke auf. Linker Hand hängt das großformatige, 6,3 x 2,3 Meter messende Triptychon von H. D. Tylle Der 9. November 1989 in Deuna, am Morgen danach. Rechter Hand stehen zwei Bronze-Büsten. Die erste zeigt den Namensgeber des Instituts und der gleichnamigen Forschungsgesellschaft, den Physiker und Nobelpreisträger Max Planck (1858-1947), die zweite stellt den Widerstandskämpfer und ehemaligen Institutsangehörigen Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944) dar. Thematisiert das Gemälde von Tylle den Fall der Mauer und die deutsche Einheit – die „deutsche Frage“ war über 40 Jahre lang eines der dominierenden Themen am Institut –, stehen die Büsten für zwei Männer, die für die institutionelle Erinnerungskultur beziehungsweise das Selbstverständnis der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) von Bedeutung sind. Alle drei Kunstobjekte stehen der Form ihrer Anordnung nach in einer Sichtachse und sind, gleich einem Schaufenster, über die bodentiefen Fensterfronten auch von außerhalb des Instituts sichtbar.

Der Eingangsbereich des MPIL. Links das Gemälde von H.D. Tylle, rechts die Büsten von Max Planck und Berthold von Stauffenberg[1]

Wenngleich die Geschichte ihrer Aufstellung im Foyer auf den ersten Blick eher zufällig erscheinen mag, korrespondieren die Büsten und das Gemälde inhaltlich und formell miteinander und zitieren sich auch als Kunstform gegenseitig:  So zeigt auch der linke Flügel von Tylles Triptychon eine Büste. Es ist die mannshohe Büste Wladimir Iljitsch Lenins, demontiert und als Altmetall auf dem Hinterhof eines Immobilienunternehmens vor sich hin rostend, vom Unkraut des Vergessens überwuchert.

Somit stellt sich im Eingangsbereich des Instituts ein Schnellabriss der deutschen Geschichte dar, zumindest wie sie sich aus Sicht des Instituts bzw. der MPG präsentiert. Die Spannbreite zwischen den Werken ist breit, changiert sie zwischen abgesetzten Helden der Verlierer-Ideologie des Sozialismus und historischen Bekenntnisfiguren von Institut und MPG.[2] Zwischen den beiden Extremen der deutschen Geschichte steht politisch wie ideologisch unverdächtig Max Planck, ein Physiker, der nicht viel, um nicht zu sagen nichts, mit den Forschungsthemen des Instituts gemein hat. Zwischen 1930 und 1937, sowie von 1945 bis 1946 war Planck Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), innerhalb derer das Institut 1924 ins Leben gerufen worden war. Nach ihrer Neugründung 1948 wurde Planck zum Namensgeber der Forschungsorganisation. Fast jedes der 84 Institute besitzt eine Büste Plancks, viele von ihnen sind, wie diejenige des MPIL, Abgüsse der Büste Walther Wolffs.[3] Max Planck zählt nicht nur zu den bedeutendsten deutschen Naturwissenschaftlern, er war auch ein einflussreicher Wissenschaftsmanager. Seine kommissarische Übernahme des Präsidentenamtes 1945 bedeutete eine personelle wie ideelle Anknüpfung an die Vorkriegsforschung der KWG. Zugleich machte die Umbenennung der Forschungsgesellschaft, die die Briten zur Grundbedingung ihrer Fortführung gemacht hatten, deutlich, dass man sich vom preußischen Militarismus, für den Kaiser Wilhelm II. stand, distanzieren wollte. Die Max-Planck-Büste steht somit für das Ideal der „reinen Forschung“, für Integrität und Spitzenwissenschaft.

Die Büsten von Max Planck und Berthold von Stauffenberg am MPIL, fotografiert 2024 mit starkem Blitz. Kein ästhetisierender Schattenwurf, sondern dokumentarischer Darstellungsmodus. Links Lenin-Büste, Bilddetail H.D. Tylle[4]

Doch stehen die Büste, der Künstler, der sie angefertigt hat, sowie der Portraitierte in einer komplexen historischen Beziehung zueinander, die inzwischen in Vergessenheit geraten ist. Dieser Beitrag möchte einen neuen Blick auf ein altes und viel zu oft übersehenes Objekt werfen: die Max-Planck-Büste. Hierbei möchte er am Beispiel der Büste als Kunstform Schlaglichter werfen auf das historische Selbstverständnis des Instituts und der MPG und auf die Kontinuität von Wissenschaftsnetzwerken über die Systembrüche der neueren deutschen Geschichte.

„Thinking through things“. Objektbiographie und “material turn”

Objekte, insbesondere Kunstgegenstände, haben eine soziale und symbolische Funktion. In den sogenannten „materialbezogenen Wissenschaften“ wie der Archäologie, Volkskunde oder Kunstgeschichte wird das Objekt, im Sinne eines Artefaktes, als ein dem Text gleichrangiges historisches Dokument betrachtet.[5] In Fortführung des „linguistic turn“ erfolgte in den 1980er Jahren der „material turn“, der „Objekte zu unverzichtbaren Instrumenten der Erkenntnis“ erhebt.[6] In der Geschichts- und Literaturwissenschaft wird das „thinking through things“ zwar bis heute kontrovers diskutiert, ist jedoch kaum mehr wegzudenken.[7] Auch die Völkerrechtswissenschaft versucht seit geraumer Zeit, diesen Ansatz für sich nutzbar zu machen.[8]

Was der „material turn“ deutlich in den Fokus gerückt hat, ist die Zentralität des (kulturkonstituierenden) Verhältnisses von Mensch und Objekt.[9] Da Objekte in unauflösbarer Wechselwirkung mit den Menschen stehen, die sich mit ihnen umgeben, können sie auch als Spiegel beziehungsweise Projektionsfläche von Wertvorstellungen, Geschichtsbildern und Selbstverständnissen betrachtet werden. Judy Attfield zufolge haben sie auch eine eigene Biographie, die sich aus der materiellen Geschichte des Gegenstandes, seiner Herstellung und Nutzung und der sich im Laufe der Zeit wechselnden Bedeutungszuschreibung erschließt.[10] Möchte man beim Beispiel der Büste bleiben, so ergibt sich ihre Interpretation und Bedeutungszuschreibung aus dem Zusammenspiel der Betrachtung des Dargestellten, des Darstellungsmodus, der Wahl des Materials und des ästhetischen Zuschnitts. Hinzu kommen externe Faktoren wie die „Genealogie“ der Besitzer oder der Zustand des Materials, die Aufschluss geben über die Nutzung, Aufstellung und Behandlung des Kunstobjektes.

Dies gilt auch für die Max-Planck-Büste, die man als Objekt der Instituts- beziehungsweise der deutschen Wissenschaftsgeschichte begreifen kann. Der Ort ihrer Aufstellung und ihre (Nicht-) Einbindung in den Institutsalltag können einen Aufschluss über den Wandel des historischen Selbstverständnisses der Institution wie der Forschungsgesellschaft, der sie angehört, geben. Doch was genau sagt die Max-Planck-Büste aus, über sich selbst und mehr noch über diejenigen, die sie aufgestellt haben?

„Arbeiten par coeur“. Walther Wolff zwischen Impressionismus und Klassizismus

Nahezu in Vergessenheit geraten ist der Erschaffer der Max-Planck-Büste, der Bildhauer Walther Wolff (1887-1966). Sein Werk weist eine große Spannbreite im Stil, jedoch auch in seiner politisch-ideologischen Anpassung an die Erwartungen seiner Zeit auf. Geboren wurde Wolff in eine wohlhabende Elberfelder Fabrikantenfamilie.[11] Nach dem Studium der Malerei und Bildhauerei in München ging er von 1910 bis 1912 nach Paris. Dort lernte er Auguste Rodin kennen, mit welchem sich eine enge Freundschaft entwickelte, wie auch mit Aristide Maillol und Henry Matisse.[12] Weitere wichtige Prägungen erfuhr Wolff durch Cézanne, van Gogh, Gauguin, Munch, Picasso und Braque, deren Werke er in Paris intensiv rezipierte. Als Wolff 1912 die Einladung des neoklassizistischen Bildhauers Louis Tuaillon zur Meisterschüler-Ausbildung erhielt, ging er zu diesem nach Berlin. In der Folge zeigte sich in Wolff eine lebenslang andauernde Zerrissenheit zwischen der „Lust des spontanen Zupackens und Hinsetzens der Form ohne Glattmacherei“, wie er es bei Rodin gelernt hatte, und der akademischen Strenge wie „formalen Vollendung“, wie er sie bei Tuaillon und Georg Kolbe an der Kunstakademie in Berlin vermittelt bekam.[13]

Wolffs künstlerische Karriere erlebte nach dem Ersten Weltkrieg ihren Aufschwung. Einen Namen machte er sich mit Portraitköpfen von Künstlern und Industriellen. Ebenfalls große Aufmerksamkeit brachten Wolff seine großformatigen Kriegerehrenmale ein, die auf verschiedenen Soldatenfriedhöfen aufgestellt wurden. Während Wolffs Denkmäler im neoklassizistischen Stil gehalten sind und zwischen antikisierender Ästhetisierung des Kriegshelden sowie der unüberhöhten Darstellung von Sterben, Tod, Trauer und Leid schwanken, sind seine Büsten impressionistische Werke.[14]

Wolffs Schaffensweise, die er selbst als „arbeiten par coeur“ bezeichnete, charakterisiert sich durch Spontaneität und Schnelligkeit.[15] Für seine Büsten fertigte er, entweder nach Modell oder aus dem Gedächtnis heraus, vorbereitende Skizzen, nach denen er seine Tonköpfe formte, nach denen wiederum seine Bronzen gegossen wurden.[16] Misslang ein Tonkopf im ersten Versuch, arbeitete Wolff ihn nicht nach, sondern formte ihn komplett neu. „Es ist eine Absage an alles Geglättete und Gefeilte, an eine vordergründige Harmonie“, die Wolffs Werk laut dem Kunsthistoriker Hans Wille charakterisiere und welche die Individualität der Dargestellten und ihre „psychologische Durchdringung“ durch den Bildhauer ganz besonders gut zum Ausdruck bringe.[17]

„Vertreter der botmäßigen Kunst“. Walter Wolff im Nationalsozialismus

Die Max-Planck-Büste auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 (rot umrandet)[18]

Doch nicht nur die Nachkriegskunstkritik lobte Wolffs Gabe zur Erfassung der von ihm Dargestellten – das NS-Regime tat es auch.[19] Denn: Walther Wolff portraitierte ab 1933 mit Vorliebe und Erfolg Protagonisten der völkisch-künstlerischen Avantgarde des „Dritten Reiches“, so Alfred Cortot, Walter Gieseking, Wilhelm Furtwängler und Paul Graener. Der Dirigent Furtwängler und der Pianist Graener gehörten zu jenen 1000 Kulturschaffenden, die 1944 als unverzichtbar für die NS-Ideologie in die „Gottbegnadeten-Liste“ Josef Goebbels‘ aufgenommen worden waren.[20] Doch Walter Wolff begnügte sich nicht mit Darstellungen von Künstlern. Auch nationalsozialistische Politiker wurden von ihm portraitiert, wie der Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront Robert Ley und der SA-Führer Viktor Lutze.[21] 1933 schuf Wolff die zu Propagandazwecken verbreitete „Ehrenplakette des Führers“, welche das Konterfei Hitlers zeigte.[22] Überdies fertigte Wolff Büsten Adolf Hitlers und Hermann Görings an.[23] Wolffs Hitler-Büsten fanden Eingang in die offizielle NS-Propaganda und wurden in Schulbüchern zur Indoktrinierung der Jugend verwendet. Das Allgemeine Künstlerlexikon sieht in Wolff einen der führenden Künstler des „Dritten Reichs“, denn seine Arbeiten „zählten neben Arno Brekers Hitlerbüsten zu den bekanntesten ‚Führer‘-Köpfen und prägten das öff[entliche] Bild Hitlers ikonografisch.“[24] Auch der Soziologe Joachim S. Hohmann scheut den Vergleich mit „Hitlers Hofkünstler“ Arno Breker nicht:

 „Breker wie Wolff unterfangen sich, den Ausdruck von seherischem Ernst und übernatürlicher Entscheidungskraft zu treffen – allein der verfinsterte Blick bei Breker und die überbetonte Augenpartie bei Wolff zeigen, daß es den Vertretern der botmäßigen Kunst nicht um die bloß naturalistische Darstellung Hitlers getan war, sondern sich beide bestrebt zeigen wollten, die ‚Führerpersönlichkeit‘ hervorzuheben.“[25]

Anders als Wolff wendet sich Breker jedoch dem klassizistischen Schönheitsideal zu. Mit seinen monumentalen Plastiken und Figuren, die das „arische“ Menschenbild verkörperten und propagierten, gelang Breker ein beispielloser Aufstieg auf dem nationalsozialistischen Kunstmarkt.[26] Wolff konnte damit nicht mithalten. Wenngleich seine Büsten belegen, dass auch er mit seiner Kunst das Regime unterstützte, diente er sich nicht der völkischen Ästhetik an. Stattdessen behielt er seinen, teils jedoch abgeschwächten, impressionistischen Stil bei, der ihm auch im „Dritten Reich“ große Anerkennung, jedoch keine führende Rolle im Kunstbetrieb brachte.

Detail-Ansicht der Büste[27]

Die von Wolff angefertigte Büste Max Plancks kann als sinnbildlich für die komplexe Stellung des Bildhauers im NS-Kunstbetrieb gelten. Entstanden ist die Bronze-Büste im Jahre 1939. Nähere Hintergründe hierzu haben sich nicht finden lassen. Es ist nicht bekannt, ob die Büste eine Auftragsarbeit ist, und auch nicht, ob Wolff sie, wie viele seiner Werke, aus dem Gedächtnis formte oder ob Max Planck ihm Portrait saß. Auch die Darstellung Plancks ist impressionistischer Machart: Die Oberfläche der Büste ist rau, das Alter des damals schon über 80-jährigen Planck tritt deutlich hervor. Wolffs Planck-Büste fand in der NS-Kunstkritik hohes Lob, zeige sie doch „die starke Einfühlungskraft des Künstlers, der das seelisch-geistige Moment im Dargestellten mit seiner Innerlichkeit sichtbar werden läßt.“[28] Dass die Büste 1939 auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ ausgestellt wurde –  zusammen mit der Büste Robert Leys – belegt, für wie bedeutsam sie gehalten wurde.[29] Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ fand zwischen 1937 und 1944 jährlich in München statt und kann als wichtigste nationalsozialistische Kunstveranstaltung gelten. Wolff war 1937, 1939, 1942 und 1943 auf ihr vertreten.[30]

Max Planck ist kein Vertreter der NS-Ideologie gewesen. Dennoch stand der Nobelpreisträger von 1918 dem Regime lange Zeit loyal gegenüber und wurde von diesem als Aushängeschild deutscher Spitzenforschung wahrgenommen. Als Präsident der KWG trug Planck nach 1933 fast alle antisemitischen und antidemokratischen Säuberungsmaßnahmen der Nationalsozialisten in der KWG mit, wenngleich ohne große innere Überzeugung.[31] Gegen Ende der 1930er wurde er, wie viele Intellektuelle, dem „Dritten Reich“ gegenüber kritischer, suchte aber keinen Bruch. Im Gegenteil blieb Planck auch nach dem Ende seiner Amtszeit 1938 dem Regime gegenüber loyal.[32]

„Für die Ehre der deutschen Wissenschaft“. Der Schenker Heinrich Hörlein

Heinrich Hörlein als Angeklagter im I.G.-Farben-Prozess ca. 1948[33]

Die Planck-Büste wurde, vermutlich im Nachgang der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 vom Chemiker Heinrich Hörlein (1882-1954) erworben.[34] Hörlein war im „Dritten Reich“ kein unbeschriebenes Blatt. Das Vorstandsmitglied der I.G. Farben war 1933 der NSDAP beigetreten und wurde 1941 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt.[35] Von 1933 bis 1941 Leiter des I.G.-Farben-Werkes in Elberfeld, fiel die Entwicklung von Kampfstoffen, insbesondere der Nervengase Tabun und Sarin, unter seine Verantwortung. Darüber hinaus war er Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung („Degesch“), die das Giftgas Zyklon B herstellte.[36] Als Senator (ab 1937) bekleidete er in der KWG hohe Ehrenämter: Von 1937 bis 1941 war er stellvertretender beziehungsweise erster Schatzmeister der KWG und Mitglied des Verwaltungsausschusses des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.[37] 1945 wurde er von den Amerikanern verhaftet und zwei Jahre später im I.G.-Farben-Prozess wegen Planung und Vorbereitung eines Angriffskrieges, Raub und Plünderung von öffentlichem und privatem Eigentum, Sklaverei und Massenmord sowie Teilnahme an verbrecherischen medizinischen Versuchen und Verschwörung zur Begehung von Verbrechen gegen den Frieden angeklagt, jedoch freigesprochen.[38] Es konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass er von der vom Zweck der Verwendung des Zyklon B und von medizinischen Versuchen in den Konzentrationslagern gewusst hatte.[39] Hörlein selbst sah sich als zu Unrecht verfolgt an und bekannte in seinem Schlussplädoyer vor Gericht, er habe stets „für die Menschheit, für die Ehre der deutschen Wissenschaft“ gearbeitet.[40] Prominente Unterstützung im Prozess erhielt Hörlein vom damaligen Präsidenten der KWG Otto Hahn und dem Nobelpreisträger und späteren MPG-Präsidenten Adolf Butenandt, die dem KWG-Senator und Chemiker unpolitische Grundlagenforschung bescheinigten.[41] Nach 1948 wieder Senator in der neu gegründeten Max-Planck-Gesellschaft, vermachte Hörlein 1952 der MPG anlässlich seines 70. Geburtstages die Büste Plancks als Geschenk.

Ein Kultobjekt? Die Max-Planck-Büste in MPG und MPIL

In der Wahrnehmung der Büste standen jedoch weder ihr Erschaffer noch ihr Schenker im Vordergrund, sondern der Dargestellte. Er hatte sich im „Dritten Reich“ nicht kompromittiert, genoss auch im Ausland hohes Ansehen und stellte eine wichtige personelle und intellektuelle Kontinuität in die Vorkriegszeit dar.[42] Dies sahen auch die britischen Besatzungsbehörden so, die wie Otto Hahn 1946 notierte, „sehr glücklich“ über die Wahl Plancks waren. „Auch empfehlen sie das Anbringen einer Planck-Büste, sofern eine solche vorhanden ist.“[43]

An Büsten sollte es der MPG im Folgenden nicht mangeln. Max Planck hatte schon zu Lebzeiten einen nahezu popkulturellen Status und wurde von zahllosen Künstlern in Gemälden aber auch in Bronze- und Marmorbüsten festgehalten, die vielfach der MPG gestiftet worden waren.[44] Insbesondere jedoch die Büste Walther Wolffs avancierte zu einem der „Kultobjekte“ innerhalb der Forschungsgemeinschaft. Das Original wurde im Büro des MPG-Präsidenten in Göttingen platziert, zudem war es bis in die 2000er Jahre Brauch, die Büste Walther Wolffs bei den Generalversammlungen der MPG aufzustellen.[45]

Hubert Markl, Präsident der MPG von 1996 bis 2002, anlässlich der Hauptversammlung der MPG mit Max-Planck-Büste von Walther Wolff (Foto undatiert)[46]

Abgüsse wurden bis Mitte der 1960er Jahre im Rahmen von Festakten von der Generalverwaltung an die neu- beziehungsweise wiedergegründeten Institute überreicht.[47] Das Heidelberger Institut erhielt seine Büste (einen Abguss von 1951) 1954 anlässlich der Einweihung des neuen Institutsgebäudes von MPG-Präsidenten Otto Hahn. Hahn überreichte Institutsdirektor Carl Bilfinger die Büste mit den Worten:

„Die Max-Planck-Gesellschaft schenkt dem Institut zur Einweihung die Büste unseres hochverehrten Max Planck, geschaffen von der Meisterhand des Bildhauers Walther Wolff, des grossen Gelehrten und Menschen Max Planck, der unser Präsident war und dessen Namen zu tragen wir die Ehre haben.“[48]

Die Büste im alten Institutsgebäude: Otto Hahn und Carl Bilfinger bei der Einweihung des Institutsneubaus, 25.06.1954; die Büste im Instituts-Treppenhaus 1954 und 1971[49]

Aufgestellt wurde der Kopf im damaligen Institutsgebäude in der Berliner Straße an zentraler Stelle direkt im Treppenhaus beim Haupteingang, anders als die Büste Berthold von Stauffenbergs, die Institutsdirektor Hermann Mosler aufgrund Stauffenbergs damaliger politischer Umstrittenheit zunächst gar nicht im Institut aufstellen wollte und dies erst 1975, weitab im zweiten Stock, tat.[50] Max Planck indes wurde unpolitisch gelesen. Und dies war natürlich nicht nur im Institut der Fall. Die Bedeutung Plancks als intellektuelle Referenzfigur und Vorbild politischer und menschlicher Integrität ist in der MPG vielfach bis heute ungebrochen, wobei auch kritische, historisch kontextualisierende Töne zur Rolle Plancks als Wissenschaftsakteur spätestens seit der von 1999 bis 2005 eingesetzten Präsidentenkommission zur Geschichte der KWG im Nationalsozialismus hörbar sind.[51]

Für das MPIL selbst ist Planck als Physiker von indirekter Bedeutung, verkörpert er vor allem den auch für dieses Institut geltenden Anspruch wissenschaftlicher Exzellenz und Neutralität. Doch die räumliche Zentralität blieb Planck auch beim Umzug in das aktuelle Institutsgebäude im Neuenheimer Feld 1996 erhalten, auch nach dem Umbau des Eingangsbereiches. Dennoch wandelte sich die Einbeziehung der Büste in den Institutsalltag. Zeitzeugenaussagen zufolge klangen Institutsfeierlichkeiten im alten Gebäude in der Berliner Straße vielfach zu fortgeschrittener Stunde beim Zusammensitzen und gemeinschaftlichen Singen im Treppenhaus aus, wobei man sich gerne um die Planck-Büste gruppierte.[52] Im Neubau war die Büste, die im Ausleihbereich am Haupteingang aufgestellt wurde, bis zum Umbau stark in den Alltag der Bibliothek integriert, „wachte“ sie doch über Bibliotheksmitarbeitende, Gäste und Bücher.

Die Max-Planck-Büste im Ausleih-Bereich des früheren Haupteinganges (ca. 2010) mit den Bibliothekarinnen Dana Zatopkowa und Anna Lamparter[53]

Auch heute hat die Büste einen zentralen Platz im Institut, ihre Wahrnehmbarkeit scheint indes gesunken zu sein. Die räumlichen Gegebenheiten laden weniger zum geselligen wie informellen Beisammensein um die Büste herum ein, zudem wird der Bronzekopf von vielen (internationalen) Gästen kaum erkannt oder an einem juristischen Forschungsinstitut dem Physiker Planck zugeordnet. Gegenüber dem monumentalen Triptychon H.D. Tylles nimmt sich die Büste recht bescheiden aus. Nicht selten stiehlt ihr der deutlich jüngere (und ins Attraktivere idealisierte) Stauffenberg die Show, der im Gegensatz zur Planck-Büste namentlich beschriftet ist und gerne mit dem weitaus populäreren Claus von Stauffenberg verwechselt wird. Durch die neue Anordnung der beiden Büsten erhält diejenige Max Plancks (zumindest für historisch Kundige) einen neuen interpretativen Bezug: Plancks Sohn Erwin(1893-1945) hatte, wie auch Berthold von Stauffenberg, der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 angehört und war im Januar 1945 von den Nationalsozialisten ermordet worden.

Dennoch: Trotz ihrer gesunkenen Wahrnehmung bleibt die Planck-Büste zentral. Jeder Gast, jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter passiert Max Planck tagtäglich mehrfach, sei es beim morgendlichen Betreten oder abendlichen Verlassen des Instituts oder auf dem Weg zu den Montags- oder Dienstagsrunden in den Konferenzräumen 037/038. Üblicher Treffpunkt für gemeinsame Mittagessen in der Uni-Mensa im Neuenheimer Feld unter Institutsangehörigen und Gastforschenden ist zudem der Eingangsbereich des MPIL. Während man auf seine Kolleginnen und Kollegen wartet, wartet man also auch immer mit Max Planck zusammen. Früher oder später bemerkt man den Bronzekopf dann doch und mag sich fragen: Wer ist das eigentlich?

Fazit

Die Büste Walther Wolffs bewegt sich in einem komplexen historischen Spannungsfeld. In ihrer Form am Impressionismus des späten 19. Jahrhunderts orientiert, stellt sie mit dem theoretischen Physiker Max Planck einen vermeintlich unpolitischen Wissenschaftler dar, der als moralische Vorbildfigur und Vertreter deutscher Spitzenforschung wahrgenommen wird. Die Büste selbst gibt wenig Aufschluss über den historisch belasteten Kontext ihrer Entstehung im „Dritten Reich“, ihrer Rezeption durch die NS-Kunstkritik und der Begleitumstände ihrer Schenkung an die MPG. Der Umstand, dass der Nobelpreisträger Planck im Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem „Dritten Reich“ und der Bundesrepublik als gleichermaßen anknüpfungsfähiger Referenzpunkt für Wissenschaftlichkeit, Objektivität und Spitzenforschung gilt, ist eine Erkenntnis, die die Büste übermittelt. Dass die MPG in den 1950ern in ihren Instituten Abgüsse eines NS-belasteten Künstlers fertigen und verteilen ließ, ist Ausdruck der gesellschaftlichen Ambivalenzen und Selbstwahrnehmung der frühen Nachkriegszeit. Seine Andienung an das Regime wurde als gleichermaßen vernachlässigbar angesehen, wie die eines Großteils der Forscherinnen und Forscher der KWG, die wenige Jahre zuvor selbiges getan hatten. Die Geschichte der Büste gibt somit Einblicke (wissenschaftliche) Netzwerke, ästhetische Geschmackspräferenzen und Selbstbilder innerhalb der deutschen Elite und vor allem in der MPG.

[1] Fotos: MPIL.

[2] Die komplexe und wechselhafte Geschichte der Wahrnehmung Berthold von Stauffenbergs und der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 von „Vaterlandsverrätern“ in den 1950ern zu verklärter Heldenverehrung kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Siehe hierzu: Philipp Glahé, Völkerrecht im Widerstand? Berthold von Stauffenberg in der Erinnerungskultur des Instituts, MPIL100.de.

[3] Nicht alle im Besitz der MPG und ihrer Institute befindlichen Büsten stammen jedoch von Walther Wolff: Lorenz Friedrich Beck (Hrsg.), Max Planck und die Max-Planck-Gesellschaft. Zum 150. Geburtstag am 23. April 2008 aus den Quellen, Berlin: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft 2008, 219, 287-289. Nachweislich überreicht wurde die Max-Planck-Büste Walther Wolffs an das MPI für Physik der Stratosphäre und der Ionosphäre, das MPI für Biochemie, das MPI für medizinische Forschung, das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, das MPI für ausländisches und internationales Privatrecht und das MPI für Spektroskopie, siehe: Schreiben von Otto Benecke an Walter Dieminger, datiert 19.August 1957, AMPG, II 066 0042 0146; Schreiben von Hans Seeliger an Adolf Butenandt, datiert 18. Juni 1957, AMPG, II 066 0619 m2 0201; Beschreibung des Instituts für medizinische Forschung, AMPG, II 066 1066 m1 0157; Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27. April 1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240; Schreiben von Otto Benecke an Kurt Glässing, datiert 16. Oktober 1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088; Aktennotiz von Adolf Butenandt, datiert 02. Mai 1966, AMPG, II 066 4100 0016. Ein Schreiben Kurt Pfuhls legt nahe, dass bis Mitte der 1960er noch mehr MPIs mit Büsten Walther Wolffs ausgestattet worden sein könnten: Schreiben von Kurt Pfuhl an Reinhold von Sengbusch, datiert 17. Dezember 1965, AMPG, II 066 2121 m1 0158.

[4] Fotos: Maurice Weiss.

[5] Peter J. Bräunlein, Material Turn, in: Georg-August-Universität Göttingen (Hrsg.), Dinge des Wissens. Die Sammlungen, Museen und Gärten der Universität Göttingen, Göttingen: Wallstein Verlag 2012, 30-44, 31.

[6] Bräunlein, (Fn. 5), 31.

[7] Andreas Ludwig, Materielle Kultur, Version: 2.0, Docupedia-Zeitgeschichte, 01.10.2020.

[8] Daniel Ricardo Quiroga-Villamarìn, Beyond Texts? Towards a Material Turn in the Theory and History of International Law, JHIL 23 (2021), 466-500, 467, 470; Jessie Hohmann, The Lives of Objects, in: Jessie Hohmann, Daniel Joyce (Hrsg.), International Law’s Objects, Oxford: Oxford University Press 2018, 30-46, 34; Carl Landauer, The Stuff of International Law, EJIL 32 (2021), 1049-1077, 1052.

[9] Ludwig, (Fn. 7).

[10] Judy Attfield, Wild Things. The Material Culture of Everyday Life, Oxford: Bloombury 2000, 3.

[11] Marie-Luise Baum, Walther Wolff (1887-1966), in: Marie-Luise Baum (Hrsg.): Wuppertaler Biographien, Folge 6 (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals, Bd. 14), Wuppertal: Polyphen 1966, 123-131, 124-125; Hertha Schwarz, Eintrag „Wolff, Walther“, in: Andreas Beyer/Bénédicte Savoy/Wolf Tegethoff (Hrsg.), Allgemeines Künstlerlexikon, Berlin: K. G. Saur 2022.

[12] Baum (Fn. 11), 127; Marie-Luise Baum, Blick auf ein erfülltes Werk. Der Bildhauer Walther Wolff-Ossiach wird 75 Jahre alt, Unsere Bergische Heimat 11 (1962), o. S.

[13] Baum, (Fn. 11), 128.

[14] Hans Wille, Der Bildhauer Walther Wolff, Romerike Berge 11 (1962), 129-135, 130.

[15] Baum, (Fn. 11), 130.

[16] Baum, (Fn. 11), 130.

[17] Wille (Fn. 14), 133.

[18] Foto: GDK 1939 35 02, Jaeger und Goergen, 1939, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek.

[19] Werner Rittich, Monumentale Bildplastik, Die Kunst im Dritten Reich 2 (1938), 16-23, 21-22.

[20] Andreas Domann, „Führer aller schaffenden Musiker“. Paul Graener als nationalsozialistischer Kulturpolitiker, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (Hrsg.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, Köln: Böhlau 2015, 69-86; Ernst Waeltner, Gieseking, Walter Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 6, Berlin: Dunker und Humblot 1964, 384-385; Jörg Osterloh, „Ausschaltung der Juden und des jüdischen Geistes“. Nationalsozialistische Kulturpolitik 1920-1945, Frankfurt am Main: Campus Verlag 2020, 553.

[21] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939. Im Haus der Deutschen Kunst zu München, München: Knorr & Hirth 1939, 93; Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1942 im Haus der Deutschen Kunst zu München, München: Bruckmann Verlag 1942, 80.

[22] Schwarz (Fn. 11); Sammlung Deutsches Historisches Museum Berlin, Metallplatte: Porträt Adolf Hitler.

[23] Claudia Schmölders, Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, München: C. H. Beck 2000, 129; Patrick Rößler, Exil daheim. Die neue Linie und der braune Geist – Beobachtungen zur Avantgarde im Nazi-Deutschland, in: Markus Behmer (Hrsg.), Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945. Personen – Positionen – Perspektiven, Münster: LIT Verlag 2000, 261-281.

[24] Schwarz (Fn. 11).

[25] Joachim Stephan Hohmann, Bauern-, Krieger-, Führertum – Abbildungen im faschistischen Deutschlesebuch, in: Joachim Stephan Hohmann (Hrsg.), Erster Weltkrieg und nationalsozialistische „Bewegung“ im deutschen Lesebuch 1933–1945, Frankfurt am Main: Peter Lang 1988, 161-165, 165

[26] Björn Thomann, Arno Breker, Internetportal Rheinische Geschichte.

[27] Foto: MPIL.

[28] Bruno E. Werner, Die Deutsche Plastik der Gegenwart, Berlin: Rembrandt-Verlag 1940, 65.

[29] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939 (Fn. 21), 93.

[30] Robert Thoms, Die Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung München 1937-1944. Gesamtverzeichnis, Berlin: Neuhaus Verlag 2018, 252. Leider ist der Aufstellung nicht zu entnehmen, mit welchen Werken Wolff vertreten war.

[31] Dieter Hoffmann, Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik, München: C. H. Beck 2008, 87.

[32] Diese Einstellung Plancks zum „Dritten Reich“ gilt für viele führende Akteure der Wissenschaft, vgl. Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.de.

[33] Bild: gemeinfrei.

[34] Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[35] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“, Wollheim-Memorial.de.

[36] Helmut Maier, Chemiker im „Dritten Reich“. Die Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat, Weinheim: Wiley VCH-Verlag 2015, 79.

[37] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“ (Fn. 35); Helmut Maier, Forschung als Waffe. Rüstungsforschung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900-1945/48, Göttingen: Wallstein 2007, 448; Florian Schmaltz, Kampfstoffforschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie, Göttingen: Wallstein, 437-447.

[38] Maren Zummersch, Heinrich Hörlein (1882-1954). Wissenschaftler, Manager und Netzwerker in der pharmazeutischen Industrie. Eine Schlüsselfigur der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung bei Bayer, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019, 285.

[39] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“, (Fn. 35).

[40] Plädoyer Hörlein, zitiert nach: Zummersch (Fn. 38), 302.

[41] Wolfgang Schieder, Spitzenforschung und Politik. Adolf Butenandt in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, in: Wolfgang Schieder/Achim Tunk (Hrsg.), Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“, Göttingen: Wallstein 2004, 23-77, 73; Michael Schüring, Minervas verstoßene Kinder. Vertriebene Wissenschaftler und die Vergangenheitspolitik der Max-Planck-Gesellschaft, Göttingen: Wallstein 2006, 271.

[42] Zugleich sollte die Umbenennung auch eine Abkehr vom deutschen Militarismus und Nationalismus darstellen, wie ihn Wilhelm II. verkörperte und der auch die KWG in die aktive Unterstützung zweier Weltkriege und des „Dritten Reiches“ geführt hatte.

[43] Zitiert nach: Hubert Markl, Zum Geleit, in: Eckhart Henning (Hrsg.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, München: Max-Planck-Gesellschaft 1997, 7-9, 8.

[44] Einen Einblick in die umfangreiche Büsten-Sammlung, die neben Walther Wolff auch Büsten weiterer politisch belasteter, wie unbelasteter Künstler enthält, findet sich bei Beck, (Fn. 3), 284-289.

[45] Schreiben von Otto Benecke an Kurt Glässing, datiert 16.10.1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088.

[46] Foto: AMPG, VI. Abt., Rep. 1, Nr. Markl, Hubert I/76.B

[47] Neben dem MPIL haben mindestens weitere fünf MPIs einen Abguss der Max-Planck-Büste Walther Wolffs von 1939 erhalten: Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[48] Entwurf Rede Otto Hahn zur Einweihung des Neubaus in Heidelberg am 25.06.1954, AMPG, II 066 4510 m2 0060.

[49] Fotos 1 und 2: Fotosammlung Hausarchiv MPIL; Foto 3: Susanne Uebele, Institute im Bild, Teil II. Bauten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 1998, 255.

[50] Hierzu sei auf den noch erscheinenden Beitrag zur Stauffenberg-Büste verwiesen.

[51] Das Bild Max Plancks im „Dritten Reich“ wurde von Seiten der MPG jedoch zugleich immer wieder gegen kritische Wertungen energisch verteidigt und weiterhin stilisiert, vgl: Beck, (Fn. 3); Eckhart Henning (Hrsg.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, München: Max-Planck-Gesellschaft 1997.

[52] Persönliche Mitteilung Gerda Wallenwein, langjährige Mitarbeiterin und Verwaltungsleiterin, an den Verfasser.

[53] Foto: MPIL.

English

Upon entering the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL), one is immediately confronted by three artworks in the foyer. To the left: a large triptych by H. D. Tylle, measuring 6.3 x 2.3 metres, titled Der 9. November 1989 in Deuna, am Morgen danach(the title translates to: “9 November 1989 in Deuna, the Morning After”); to the right: two bronze busts. The first depicts the namesake of both the institute and the wider research association, renowned physicist and Nobel laureate Max Planck (1858-1947), the second portrays the resistance fighter and former institute member Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). While Tylle’s painting addresses the fall of the Berlin Wall and German reunification – a subject that dominated the Institute’s agenda for over 40 years – the busts pay homage to two figures integral to the institutional memory and identity of the Max Planck Society (MPG). All three artworks are aligned along a visual axis, visible, much like in a showcase, even from outside the institute through the floor-to-ceiling windows. Although the history of the placement of these works in the foyer may initially seem rather coincidental, they are interrelated both thematically and formally, quoting each other, not least in terms of genre: The left panel of Tylle’s triptych features a bust. It is a larger-than-life bust of Vladimir Ilyich Lenin, displaced and turned into scrap metal in the backyard of a real estate company, overgrown by the weeds of disregard.

The MPIL Foyer. Left: The painting by H.D. Tylle; right: the busts of Max Planck and Berthold von Stauffenberg[1]

Thus, the entrance area of the MPIL serves as a snapshot of German history, at least as conceived of by the Institute and the MPG. The works span a wide range – from a deposed hero of the defeated socialist ideology to historical figures emblematic of the Institute and the MPG.[2] Situated between these two extremes of German history is the politically and ideologically uncontroversial figure of Max Planck – a physicist who had little, if anything, to do with the MPIL’s field of activity. Between 1930 and 1937, and again from 1945 to 1946, Planck served as President of the Kaiser Wilhelm Society (Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, KWG), within which the Institute was established in 1924. Following its re-establishment in 1948, Planck became the namesake of the research organisation. Nearly all of the 84 institutes possess a bust of Planck, many of which, including the one at the MPIL, are casts of the original bust by Walther Wolff.[3] Max Planck is not only known as one of Germany’s most distinguished scientists; he was also a highly influential scientific manager. His provisional re‑assumption of the presidency in 1945 signalled personnel and ideological continuity with the KWG’s pre-war activities. At the same time, the renaming of the research association , which the British had made a basic condition for its continuation, made it clear that the association wanted to distance itself from the Prussian militarism that Kaiser Wilhelm II had stood for. The Max Planck bust thus represents the ideal of “pure research”, integrity and scientific excellence.

The busts of Max Planck and Berthold von Stauffenberg at the MPIL, photographed in 2024 with heavy flash: no aestheticizing shadowing, but a documentary mode of representation; right: bust of Lenin, detail of the picture by H.D. Tylle[4]

However, the bust, its creator, and the subject it portrays exist within a complex historical context that has largely faded from collective memory. This contribution aims to cast new light on an old and far too frequently overlooked object: the Max Planck bust. Using the bust as an art piece as an example, it seeks to illuminate some aspects of the historical self-conception of the institute and the MPG, as well as the continuity of scientific networks across the ruptures of recent German history.

“Thinking through Things” Object Biography and the “Material Turn” 

Objects, especially works of art, serve a social and symbolic function. In the so-called “material‑focused sciences” like archaeology, ethnology, and art history, objects, in the sense of artefacts, are considered historical documents on par with texts.[5] Following the “linguistic turn”, the “material turn” of the 1980s elevated “objects to indispensable tools of knowledge”[6]. In history and literary studies, the concept of “thinking through things” remains controversial but has become nearly indispensable.[7] International law, too, has since sought to harness this approach.[8]

The “material turn” has highlighted the centrality of the relationship between humans and objects, which constitutes culture.[9] Since objects are inextricably linked with the people who surround themselves with them, they can act as mirrors or projections of values, historical narratives, and self‑perceptions. According to Judy Attfield, objects also have their own biography, which emerges from their material history, production, and usage, as well as the changing meanings attributed to them over time.[10] In the case of a bust as an artwork, its interpretation and the meaning attributed to it is shaped by the interplay of the subject depicted, the mode of representation, the choice of material, and the aesthetic choices that have been made. Additionally, external factors, such as the “genealogy” of owners or the condition of the material, provide insights into the use, placement, and treatment of the art piece.

All of this can be applied to the Max Planck bust, which can be understood as an object of the history of the Institute and the German scientific landscape more broadly. Its placement, presentation, and integration (or lack thereof) into the daily life of the Institute offer insights into the evolution of the institution’s historical self-perception and that of the research association to which it belongs. But what exactly does the Max Planck bust reveal about itself and, more importantly, about those who installed it?

“Working Par Coeur”. Walther Wolff Between Impressionism and Classicism 

The sculptor who created the Max Planck bust, Walther Wolff (1887-1966), has largely faded into obscurity. Wolff’s work is characterised by a wide range in style but also by its political and ideological adaption to the expectations of the time. Born into a wealthy industrialist family in Elberfeld,[11] Wolff studied painting and sculpture in Munich before living in Paris from 1910 to 1912, where he met Auguste Rodin, with whom he developed a close friendship, as well as with Aristide Maillol and Henri Matisse.[12] Wolff was also deeply influenced by Cézanne, van Gogh, Gauguin, Munch, Picasso, and Braque, whose works he avidly absorbed in Paris. In 1912, Wolff accepted an invitation from the neo-classical sculptor Louis Tuaillon to study as a master pupil in Berlin. This marked the beginning of Wolff’s lifelong struggle between the “pleasure of spontaneously seizing and setting the form without smoothing it out,” as he had learned from Rodin, and the academic rigour and “formal perfection” imparted by Tuaillon and Georg Kolbe at the Berlin Academy of Fine Arts.[13]

Wolff’s artistic career took off after the First World War, when he gained recognition for his portrait heads of artists and industrialists. His large-scale war memorials, which were installed in various soldiers’ cemeteries, also garnered significant attention. Wolff’s monuments adhere to a neo‑classical style, oscillating between an aestheticization of the war hero, akin to motives of classical antiquity, and an unadorned portrayal of death, mourning, and suffering. His busts, on the other hand, are impressionistic works.[14]

Wolff’s creative process, which he described as “working par coeur”, was characterised by spontaneity and speed.[15] For his busts, he prepared sketches, either from models or from memory, after which he shaped his clay heads, which were then cast in bronze.[16] If a clay head did not turn out as imagined on the first attempt, Wolff would not rework it but start afresh. According to art historian Hans Wille, Wolff’s work was defined by a “rejection of anything smoothed or polished, of a superficial harmony” which remarkably expressed the individuality of the subjects and the sculptor’s “psychological penetration” of them.[17]

“Proponent of Dutiful Art”: Walther Wolff Under National Socialism 

>Die Max-Planck-Büste auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 (rot umrandet)[18]

Yet, Wolff’s ability to capture the essence of his subjects was not only praised by post-war art critics but also by the Nazi regime.[19] After all, from 1933 onwards, Wolff enthusiastically and successfully portrayed leading figures of the völkisch-artistic avant-garde of the so-called “Third Reich”, including Alfred Cortot, Walter Gieseking, Wilhelm Furtwängler, and Paul Graener. Both Furtwängler, a conductor, and Graener, a pianist, were among the 1,000 cultural figures deemed indispensable to the Nazi ideology and listed in Joseph Goebbels’ 1944 “God-gifted list” (Gottbegnadeten-Liste, also known as “Important Artist Exempt List”).[20] However, Wolff did not limit himself to portraying artists; he also created portraits of Nazi politicians such as the leader of the German Labour Front (Deutsche Arbeitsfront) Robert Ley and the leader of the Sturmabteilung (SA) Viktor Lutze.[21] In 1933, Wolff produced the “Honor Plaque of the Führer” (Ehrenplakette des Führers) which featured Hitler’s likeness and was circulated for propaganda purposes.[22] Additionally, Wolff sculpted busts of Adolf Hitler and Hermann Göring,[23] with the former being used in official Nazi propaganda and included in school textbooks for youth indoctrination. The Allgemeines Künstlerlexikon (title translates to: “General Encyclopaedia of Artists”) identifies Wolff as one of the leading artists of the “Third Reich”, noting that his works “were among the most famous Führer busts, alongside those of Arno Breker, and helped shape Hitler’s public image iconographically.”[24] Similarly, sociologist Joachim S. Hohmann does not shy away either from comparing Wolff to “Hitler’s court artist” Arno Breker:

“Breker and Wolff both sought to capture an expression of prophetic seriousness and supernatural decisiveness – only the darkened gaze in Breker’s work and the exaggerated eye area in Wolff’s piece show that both exponents of dutiful art aimed for not merely a naturalistic depiction of Hitler, but sought to show their commitment to highlighting the Führer-personality.”[25]

However, unlike Wolff, Breker adhered to a classical ideal of beauty. With his monumental sculptures and figures embodying and propagating the “Aryan” ideal, Breker achieved an unprecedented success on the National Socialist art market.[26] Wolff could not compete with this: Although his busts demonstrated his support of the regime through his art, he did not embrace völkisch aesthetics. Instead, he retained his impressionistic style, albeit at times in in a diluted form, which secured him great recognition in the “Third Reich”, but not a leading role in the art world.

Detail view of the bust[27]

The bronze bust of Max Planck created by Wolff can be seen as emblematic of the sculptor’s complex position in the Nazi art scene. It was produced in 1939. Little is known about the circumstances of its creation; it remains unclear whether the bust was commissioned and whether Wolff, as with many of his works, crafted it from memory or whether Max Planck sat for the portrait. In any case, the portrayal of Planck, too, is impressionistic: Its surface is rough, clearly emphasising the advanced age of the subject, who was already an octogenarian at the time. The bust received high praise from National Socialist art critics for showcasing “the strong empathetic ability of the artist, who makes the spiritual and mental momentum of the subject visible through his inwardness [Innerlichkeit].”[28] The bust’s inclusion in the 1939 Great German Art Exhibition (Große Deutsche Kunstausstellung), alongside the bust of Robert Ley, attests to its perceived significance.[29] The Great German Art Exhibition, held annually in Munich from 1937 to 1944, can be considered the most important National Socialist art event. Wolff’s work was featured in the exhibition in 1937, 1939, 1942, and 1943.[30]

Max Planck was not a devotee of Nazi ideology. However, the 1918 Nobel laureate did remain loyal to the regime for a long time and was viewed by it as a figurehead of German scientific excellence. As President of the KWG, Planck went along with almost all of the Nazi regime’s anti-Semitic and anti‑democratic purges within the KWG after 1933, albeit without great personal conviction.[31] By the late 1930s, like many intellectuals, he grew more critical of the “Third Reich”, but did not seek to distance himself from it. On the contrary, Planck remained loyal to the regime, even after the end of his term in 1938.[32]

“For the Honour of German Science”. The Donor Heinrich Hörlein

Heinrich Hörlein as a defendant in the IG Farben Trial, ca. 1948[33]

The Planck bust was acquired, likely following the 1939 Great German Art Exhibition, by the chemist Heinrich Hörlein (1882-1954).[34] Hörlein was far from an unknown figure in the “Third Reich”. A member of the management board of German chemical and pharmaceutical conglomerate IG Farben, he joined the National Socialist Party in 1933 and was appointed Wehrwirtschaftsführer (a title given to business executives of companies central to the war effort, giving them quasi-military status) in 1941.[35] As head of the IG Farben plant in Elberfeld from 1933 to 1941, Hörlein was responsible for the development of chemical weapons, particularly the nerve gases tabun and sarin. He was also a member of the supervisory board of the Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (roughly: “German Corporation for Pest Control”, also known as “Degesch”), which produced the infamous pesticide Zyklon B.[36] As a senator (from 1937), he held high honorary positions within the KWG: From 1937 to 1941, he served as its deputy- and first treasurer and as a member of the administrative committee of the Kaiser Wilhelm Institute for Chemistry.[37] In 1945, he was arrested by the Americans and, two years later, charged in the IG Farben Trial with the planning and preparation of a war of aggression, plundering and spoliation of public and private property, slavery and mass murder, as well as participating in the conduction of criminal medical experiments, and conspiracy to commit crimes against peace. However, he was acquitted,[38] as it could not be proven that he was aware of the use of Zyklon B for the purpose of mass murder in the Shoah or the medical experiments in concentration camps.[39] Hörlein himself saw his prosecution as unjust, declaring in his closing statement that he had always worked “for humanity, for the honour of German science”.[40] He received prominent support during the trial from the then-president of the KWG Otto Hahn and Nobel laureate Adolf Butenandt, who would later go on to become KWG President himself. They attested to Hörlein’s commitment to apolitical basic research.[41] After 1948, Hörlein once again became a senator of the association, which had since been re-established as MPG and, on the occasion of his 70th birthday in 1952, gifted it with the Planck bust.

A Cult Object? The Max Planck Bust in the MPG and the MPIL 

However, neither the creator, nor the donor of the bust, but rather its subject, has been the focal point of its perception. Max Planck had not compromised himself during the “Third Reich”, enjoyed high esteem in Germany and abroad, and represented an important personnel and intellectual continuity with the pre-war period.[42] This was also the view of the British occupation authorities, which, as Otto Hahn noted in 1946, were “very happy” with the choice of Planck: “They also recommend the instalment of a bust of Planck, should one be available.”[43]

Busts of Max Planck would soon abound in the MPG. Already during his lifetime, Planck had achieved a somewhat pop cultural status and was immortalised by numerous artists in paintings, as well as bronze and marble busts, many of which were donated to the MPG.[44] However, it was Walther Wolff’s bust in particular that became one of the “cult objects” within the research association. The original was placed in the MPG President’s office in Göttingen, and, until the 2000s, it was customarily displayed at the MPG’s General Assemblies.[45]

Hubert Markl, President of the MPG from 1996 to 2002, at the MPG General Assembly with the Max Planck Bust by Walther Wolff, undated photograph[46] 

Until the mid-1960s, casts of Wolff’s bust were presented by the General Administration to newly and re-established institutes at ceremonial events.[47] The Heidelberg Institute received its bust (a 1951 cast) in 1954, during the official opening of its new building. Then-president of the MPG Otto Hahn handed the bust to the then-director of the institute Carl Bilfinger with the following words:

“The Max Planck Society presents the Institute, on the occasion of its inauguration, with the bust of our highly esteemed Max Planck – created by the master hand of sculptor Walther Wolff – of the great scholar and man Max Planck, who was our president and whose name we are honoured to bear.”[48]

The bust in the old institute building: Otto Hahn and Carl Bilfinger at the inauguration of the new institute building, 25 June 1954; the bust in the institute’s staircase, 1954 and 1971[49] 

The bust was given a prime position in the stairway near the main entrance of the old institute building on Berliner Straße, in contrast to the bust of Berthold von Stauffenberg, which then-director Hermann Mosler initially, due to the political controversy surrounding Stauffenberg at the time, did not want to place in the Institute at all, and only eventually placed in a far-off spot on the second floor in 1975.[50] Max Planck, however, was seen as an apolitical figure – a perception that was not limited to the Institute, of course. Planck’s significance as an intellectual reference figure and as a model of political and moral integrity remains largely unchallenged within the MPG until today, although critical, historically contextualising perspectives on Planck’s role have become more prominent, especially since the Presidential Commission on the History of the KWG in the National Socialist Era, which was active from 1999 to 2005.[51]

For the MPIL itself, Planck, as a physicist, is of indirect significance, embodying first and foremost the commitment to scientific excellence and neutrality upheld by the Institute. Yet, Planck’s spatial centrality was preserved during the move to the current institute building on the Neuenheimer Feld campus in 1996 and even after the remodelling of the entrance area. Nevertheless, the bust’s integration into the institute’s daily life has changed. According to contemporary witnesses, Institute celebrations in the old building on Berliner Straße often concluded late at night, with staff and guests singing together, gathered around the Planck bust in the staircase.[52] In the new building as well, the bust, located, until the renovation, in the library loan area near the main entrance, was deeply integrated into the daily life of the library, “watching over” the library staff, visitors, and books.

The Max Planck Bust in the library loan area of the former main entrance, with librarians Dana Zatopkowa and Anna Lamparter, ca. 2010[53]

Today, the bust still holds a central place in the Institute, but its visibility seems to have diminished. The spatial conditions are less conducive to informal gatherings around the bust, and many international guests do not recognise the bronze head or make the connection to the physicist Planck and at Institute conducting legal research. Compared to the monumental triptych by H.D. Tylle, the bust appears quite modest. It is often overshadowed by the much younger (and more attractively idealised) Stauffenberg, who’s bust is, unlike that of Planck, labelled by name, but is nevertheless often mistaken for a depiction of the much more famous Claus von Stauffenberg. The new arrangement of the two busts gives that of Max Planck a new interpretative context (at least for those familiar with history): Planck’s son Erwin (1893-1945), like Berthold von Stauffenberg, was involved in the 20 July 1944 resistance movement and was murdered by the Nazis in January 1945.

Nevertheless, despite its diminished visibility, the Planck bust remains central. Every guest, every staff member, passes by Max Planck multiple times a day, when entering the institute in the morning, leaving in the evening, or attending the Monday and Tuesday meetings in conference rooms 037/038. Furthermore, the foyer is also a common meeting point for going to lunch in the university canteen among institute members and visiting researchers. While waiting for colleagues, one inevitably finds oneself standing alongside Max Planck. Eventually, one notices the bronze head and cannot help but wonder: Who is that?

Final Thoughts

Walther Wolff’s bust is situated in a complex historical field of tension. Formally tied in with late 19th century impressionism, it depicts the theoretical physicist Max Planck, a supposedly apolitical scientist who is perceived as a moral role model and representative of German top-level research. The bust itself provides little information about the historically charged conditions of its creation during the “Third Reich”, its reception by National Socialist art critics, and the circumstances surrounding its donation to the MPG. One finding that can be derived from reflecting on the artwork, is that the Nobel laureate Planck was widely accepted as a reference point for scientific rigor, excellence, and objectivity in the German Empire, the Weimar Republic, the “Third Reich”, and the Federal Republic of Germany, despite all ruptures of recent German history. The fact that the MPG commissioned casts of the busts and distributed them in its institutes in the 1950s, despite the artist’s entanglement with National Socialism, is an expression of the social ambivalences and the mode of self-perception of the early post-war period. Wolff’s service to the regime was seen as equally negligible as that of the majority of KWG researchers who had acted in a similar way a few years before. The history of the bust thus provides insights into (scientific) networks, as well as aesthetic preferences and self-images within the German elite, especially within the MPG.

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] Photos: MPIL.

[2] The complex and changing history of the perception of Berthold von Stauffenberg and the resistance movement of 20 July 1944 from ‘traitors to the fatherland’ in the 1950s to glorified heroes cannot be detailed here. On this topic, see: Philipp Glahé, International Law in Resistance? Berthold von Stauffenberg in the Institute’s Culture of Remembrance, MPIL100.de.

[3] However, not all busts in the possession of the MPG and its institutes are by Walther Wolff: Lorenz Friedrich Beck (ed.), Max Planck und die Max-Planck-Gesellschaft. Zum 150. Geburtstag am 23. April 2008 aus den Quellen, Berlin: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft 2008, 219, 287-289. The Max Planck bust of Walther Wolff was verifiably presented to the MPI for Stratosphere and Ionosphere Physics, the MPI of Biochemistry, the MPI for Medical Research, the MPI for Protein and Leather Research, the MPI for Comparative and International Private Law and the MPI for Spectroscopy, see: letter from Otto Benecke to Walter Dieminger, dated 19 August 1957, AMPG, II 066 0042 0146; letter from Hans Seeliger to Adolf Butenandt, dated 18 June 1957, AMPG, II 066 0619 m2 0201; description of the Institute for Medical Research, AMPG, II 066 1066 m1 0157; letter from Hans Seeliger to the MPI for Protein and Leather Research, dated 27 April 1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240; letter from Otto Benecke to Kurt Glässing, dated 16 October 1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088; file note from Adolf Butenandt, dated 02 May 1966, AMPG, II 066 4100 0016. A letter from Kurt Pfuhl suggests that even more MPIs have been furnished with busts by Walther Wolff by the mid-1960s: Letter from Kurt Pfuhl to Reinhold von Sengbusch, dated 17 December 1965, AMPG, II 066 2121 m1 0158.

[4] Photos: Maurice Weiss.

[5] Peter J. Bräunlein, Material Turn, in: Georg-August-Universität Göttingen (ed.), Dinge des Wissens. Die Sammlungen, Museen und Gärten der Universität Göttingen, Göttingen: Wallstein Verlag 2012, 30-44, 31.

[6] Bräunlein, (fn. 5), 31. This and all following direct quotes from German sources have been translated by the editor.

[7] Andreas Ludwig, Materielle Kultur, Version: 2.0, Docupedia-Zeitgeschichte, 01.10.2020.

[8] Daniel Ricardo Quiroga-Villamarìn, Beyond Texts? Towards a Material Turn in the Theory and History of International Law, JHIL 23 (2021), 466-500, 467, 470; Jessie Hohmann, The Lives of Objects, in: Jessie Hohmann, Daniel Joyce (eds.), International Law’s Objects, Oxford: Oxford University Press 2018, 30-46, 34; Carl Landauer, The Stuff of International Law, EJIL 32 (2021), 1049-1077, 1052.

[9] Ludwig, (fn. 7).

[10] Judy Attfield, Wild Things. The Material Culture of Everyday Life, Oxford: Bloombury 2000, 3.

[11] Marie-Luise Baum, Walther Wolff (1887-1966), in: Marie-Luise Baum (ed.): Wuppertaler Biographien, Folge [Volume] 6 (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals, Vol. 14), Wuppertal: Polyphen 1966, 123-131, 124-125; Hertha Schwarz, Entry „Wolff, Walther“, in: Andreas Beyer/Bénédicte Savoy/Wolf Tegethoff (eds.), Allgemeines Künstlerlexikon, Berlin: K. G. Saur 2022.

[12] Baum (fn. 11), 127; Marie-Luise Baum, Blick auf ein erfülltes Werk. Der Bildhauer Walther Wolff-Ossiach wird 75 Jahre alt, Unsere Bergische Heimat 11 (1962), o. S.

[13] Baum (fn. 11), 128.

[14] Hans Wille, Der Bildhauer Walther Wolff, Romerike Berge 11 (1962), 129-135, 130.

[15] Baum (fn. 11), 130.

[16] Baum (fn. 11), 130.

[17] Baum (fn. 11), 133.

[18] Photo: GDK 1939 35 02, Jaeger und Goergen, 1939, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek.

[19] Werner Rittich, Monumentale Bildplastik, Die Kunst im Dritten Reich 2 (1938), 16-23, 21-22.

[20] Andreas Domann, „Führer aller schaffenden Musiker“. Paul Graener als nationalsozialistischer Kulturpolitiker, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (eds.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, Cologne: Böhlau 2015, 69-86; Ernst Waeltner, Gieseking, Walter Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie, Vol. 6, Berlin: Dunker und Humblot 1964, 384-385; Jörg Osterloh, „Ausschaltung der Juden und des jüdischen Geistes“. Nationalsozialistische Kulturpolitik 1920-1945, Frankfurt am Main: Campus Verlag 2020, 553.

[21] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939. Im Haus der Deutschen Kunst zu München, Munich: Knorr & Hirth 1939, 93; Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1942 im Haus der Deutschen Kunst zu München, Munich: Bruckmann Verlag 1942, 80.

[22] Schwarz (fn. 11); Sammlung Deutsches Historisches Museum Berlin, Metallplatte: Porträt Adolf Hitler.

[23] Claudia Schmölders, Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, Munich: C. H. Beck 2000, 129; Patrick Rößler, Exil daheim. Die neue Linie und der braune Geist – Beobachtungen zur Avantgarde im Nazi-Deutschland, in: Markus Behmer (ed.), Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945. Personen – Positionen – Perspektiven, Münster: LIT Verlag 2000, 261-281.

[24] Schwarz (fn. 11); translation and italics added by the editor.

[25] Joachim Stephan Hohmann, Bauern-, Krieger-, Führertum – Abbildungen im faschistischen Deutschlesebuch, in: Joachim Stephan Hohmann (ed.), Erster Weltkrieg und nationalsozialistische „Bewegung“ im deutschen Lesebuch 1933–1945, Frankfurt am Main: Peter Lang 1988, 161-165, 165

[26] Björn Thomann, Arno Breker, Internetportal Rheinische Geschichte.

[27] Photo: MPIL.

[28] Bruno E. Werner, Die Deutsche Plastik der Gegenwart, Berlin: Rembrandt-Verlag 1940, 65.

[29] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939 (fn. 21), 93.

[30] Robert Thoms, Die Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung München 1937-1944. Gesamtverzeichnis, Berlin: Neuhaus Verlag 2018, 252. Unfortunately, it is not clear from the list which works Wolff was represented with.

[31] Dieter Hoffmann, Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik, Munich: C. H. Beck 2008, 87.

[32] Planck’s attitude towards the “Third Reich” applies to many leading figures in science, see: Rüdiger Hachtmann, The Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law 1924 to 1945, MPIL100.de.

[33] Photo: Public Domain.

[34] Letter by Hans Seeliger to the MPI for Protein and Leather Research, dated 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[35] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“, Wollheim-Memorial.de.

[36] Helmut Maier, Chemiker im „Dritten Reich“. Die Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat, Weinheim: Wiley VCH-Verlag 2015, 79.

[37] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“ (fn. 35); Helmut Maier, Forschung als Waffe. Rüstungsforschung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900-1945/48, Göttingen: Wallstein 2007, 448; Florian Schmaltz, Kampfstoffforschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie, Göttingen: Wallstein, 437-447.

[38] Maren Zummersch, Heinrich Hörlein (1882-1954). Wissenschaftler, Manager und Netzwerker in der pharmazeutischen Industrie. Eine Schlüsselfigur der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung bei Bayer, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019, 285.

[39] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“ (fn. 35).

[40] Pleading by Hörlein, cited after: Zummersch (fn. 38), 302.

[41] Wolfgang Schieder, Spitzenforschung und Politik. Adolf Butenandt in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, in: Wolfgang Schieder/Achim Tunk (eds), Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“, Göttingen: Wallstein 2004, 23-77, 73; Michael Schüring, Minervas verstoßene Kinder. Vertriebene Wissenschaftler und die Vergangenheitspolitik der Max-Planck-Gesellschaft, Göttingen: Wallstein 2006, 271.

[42] At the same time, the renaming was also intended to represent a renunciation of German militarism and nationalism, as embodied by Wilhelm II, which had led the KWG to actively support two world wars and the “Third Reich”.

[43] Cited after: Hubert Markl, Zum Geleit, in: Eckhart Henning (ed.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, Munich: Max-Planck-Gesellschaft 1997, 7-9, 8.

[44] For an insight into the extensive collection of busts, which in addition to Walther Wolff also includes busts of other politically charged as well as uncharged artists, see Beck (fn. 3), 284-289.

[45] Letter from Otto Benecke to Kurt Glässing, dated 16.10.1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088.

[46] Photo: AMPG, VI. Abt., Rep. 1, Nr. Markl, Hubert I/76.B.

[47] In addition to the MPIL, at least five other MPIs have received a cast of Walther Wolff’s Max Planck bust from 1939: Letter from Hans Seeliger to the MPI Protein and Leather Research, dated 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[48] Draft speech by Otto Hahn on the occasion of the inauguration of the new institute building in Heidelberg on 25.06.1954, AMPG, II 066 4510 m2 0060.

[49] Photos 1 and 2: Photo collection, MPIL Archive; Photo 3: Susanne Uebele, Institute im Bild, Teil II. Bauten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 1998, 255.

[50] On this, please refer to the forthcoming article on the Stauffenberg bust.

[51] At the same time, the MPG vigorously defended Max Planck’s image in the ‘Third Reich’ against critical assessments and continued to idealise it, see: Beck (fn. 3); Eckhart Henning (ed.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, Munich: Max-Planck-Gesellschaft 1997.

[52] Personal communication from Gerda Wallenwein, long-time employee and head of administration to the author.

[53] Photo: MPIL.

Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte

Two Defeats in Two World Wars as a Red Thread in the Institute’s History

Deutsch

Die Kapitulationen am Ende des Ersten und des Zweiten Weltkrieg gelten als Niederlagen Deutschlands, nicht nur seiner Armee oder Regierung. Sie bilden tiefe gesellschaftliche Zäsuren und prägen den deutschen Weg bis heute, auch den des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Wir verstehen diese Kapitulationen als critical junctures[1] und zeigen, dass sie einen roten Faden bilden, der viele Positionierungen des Instituts verbindet und seine Forschung durchzieht. Eine Kontrastfolie bildet das Genfer Institut de hautes études internationales, das ab 1927 die neue Ordnung aus der Siegerperspektive begleitete.[2]

Der rote Faden der Niederlagen dominiert das Institut der Zwischenkriegszeit und der frühen Bundesrepublik, erschließt aber auch viele Aspekte der jüngeren Institutsgeschichte. Er findet sich in den Studien zur deutschen Einheit und zum Zusammenwachsen Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, zum Völkerrecht als Werteordnung, zum globalen Konstitutionalismus. Gewiss verliert er an Deutungskraft mit der zeitlichen Distanz und mit der personellen Internationalisierung des MPIL. Dieser Beitrag zeigt den roten Faden anhand prägender Positionierungen des Instituts in der Weimarer Republik und seiner Neupositionierung in der jungen Bundesrepublik.

Wohlgemerkt: Der rote Faden besteht allein aus der Deutung der Kapitulationen als prägende deutsche Niederlagen. Nur diese Deutung ist geradezu selbstverständlich, anders als Deutungen der Kriegsursachen, der Kriegsschuld, von Ausmaß und Einzigartigkeit deutscher Verbrechen. Es sei weiter betont, dass diese These nicht monokausal und nicht deterministisch ist.[3] Viele weitere Kräfte haben den Weg des Instituts mitgeprägt. Der rote Faden verläuft zudem alles andere als geradlinig: So zielte das Institut nach der ersten Niederlage auf eine Revision der völkerrechtlichen Nachkriegsordnung, nach der zweiten hingegen auf deren konsequente Entfaltung. Die Behauptung eines roten Fadens behauptet auch keinen Konsens in der Bewertung oder der Konsequenzen, die man zog. Viele Beiträge dieses Blogs zeigen einen bisweilen erstaunlichen Pluralismus, wie innerhalb des Instituts mit den Niederlagen umgegangen wurde. Unser roter Faden kann nur deshalb ein roter Faden sein, weil er vieles offen, ja strittig lässt. Auf den Punkt gebracht: Wir schreiben kein Narrativ.

Eine Verliererinstitution

Die Gründung des Instituts am 19. Dezember 1924 ist eine Folge der Kapitulation. Deutschland musste sich als Verlierer einer neuen internationalen Ordnung beugen und sich in ein von seinen Gegnern dominiertes System einordnen. Die Niederlage stellte das deutsche Völkerrecht, auch als wissenschaftliche Disziplin, vor unerhörte Herausforderungen. Nunmehr stand es allein, ohne eine große Armee an seiner Seite. Die Pariser Vorortverträge, zumal der von Versailles, gaben ihm schwerste Probleme auf, etwa die Gebietsabtrennungen, die Beschränkungen der Souveränität, enorme Reparationszahlungen, die Kriegsschuld, weltpolitische Isolation. Zudem litt das deutsche Völkerrecht an einem Mangel kompetenter Völkerrechtler, von Völkerrechtlerinnen ganz zu schweigen. Der Etatismus des Kaiserreichs hatte wenig Interesse am Völkerrecht gehabt, so dass die Disziplin über Jahrzehnte vernachlässigt worden war.

Die Gründung des Instituts reagierte auf diese Lage. So heißt es in der von dem Generalsekretär der KWG Friedrich Glum und die beiden Berliner Professoren Viktor Bruns und Heinrich Triepel verfasste Denkschrift zu seiner Gründung:

Deutschland wird sich für Jahrzehnte die Pflege internationaler Beziehungen mehr denn je angelegen sein lassen müssen, um sich zu schützen gegen die unberechtigten Ansprüche seiner Kriegsgegner, um seinen Landsleuten in den abgetretenen Gebieten zu helfen und um sich aufs neue Geltung in der Welt zu verschaffen.“[4]

Das Institut begann als „Verlierer-Institution“. Das hatte Folgen, die aber ganz unterschiedlich ausfallen konnten, etwa als ein kritisches oder aber als ein emphatisches Völkerrechtsverständnis. Eine naheliegende Folge wäre ein Verständnis als ein Instrument der Starken zur Unterdrückung der Schwachen gewesen, ‚the strong do what they can and the weak suffer what they must‘. Das Institut entschied sich anders, klüger. Einem Land mit einer Wehrmacht von nur 100.000 Mann nutzt eher ein Völkerrechtsverständnis, wonach das Recht mehr ist als nur die Formalisierung von Macht. Der Interessenlage entspricht ein Verständnis als ein eigenständiges, gerade auch machthemmendes Ordnungssystem. So ist es kein Zufall, dass Bruns‘ Gründungsaufsatz der Institutszeitschrift die Autonomie des Völkerrechts beschwört, „Völkerrecht als Rechtsordnung“.

Diese Art der Verarbeitung der Niederlage durch das KWI war keineswegs zwangsläufig. Das zeigt der Vergleich mit dem 1922 von Albrecht Mendelssohn Bartholdy gegründeten Hamburger „Institut für auswärtige Politik“ und insbesondere dem bereits 1914 ins Leben gerufenen Kieler „Institut für Internationales Recht“, das ab 1926 Walther Schücking leitete. Auch diese beiden Institute verarbeiteten die Niederlage, aber mit einem progressiveren Verständnis des Völkerrechts, das sich zur internationalen Ordnung und Völkerbund bekannte. Solche Bekenntnisse kennzeichneten nicht die Arbeit des KWI. Selbst ‚Völkerrecht als Rechtsordnung‘ erscheint mehr ein Mittel als ein Zweck.  Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich diese Offenheit des Umgangs mit der Niederlage sogar intern. Während Carl Bilfinger (1879-1958) als Wiedergründungsdirektor 1950 eine Friedensordnung im Gleichgewicht der Mächte nach dem überkommenen Muster des Wiener Kongresses empfahl, setzte sein Nachfolger Hermann Mosler (1912-2001) konsequent auf eine Westintegration, welche die bisherigen völkerrechtlichen Formen sprengte.

Konkrete Erfahrungen der Niederlagen

Das ausgebrannte Schloss 1946[5]

Die Prägekraft der Niederlagen sei anhand der Institutsangehörigen konkretisiert. Betrachtet man die Personalstruktur des KWI, so war sie „vergleichbar mit der am Auswärtigen Amt: Adlige Herkunft, bürgerliche Tradition und ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel dominierten.“[6] Angesichts einer zumeist ausgeprägt nationalen Haltung empfanden viele die Niederlage als besonders schmerzlich. Das ist offensichtlich bei der Leitungsebene des Institutes um seinen Gründer Viktor Bruns (1884-1943), die die wissenschaftlichen Mitglieder bzw. Berater Rudolf Smend (1882-1975), Erich Kaufmann (1880-1972) sowie den zweiten Direktor und Cousin Viktor Bruns‘ Carl Bilfinger (1879-1958) umfasste. Dabei hatte lediglich Erich Kaufmann als mehrfach dekorierter Soldat am Krieg teilgenommen, den er in seiner berühmten, inzwischen berüchtigten Schrift über das „Wesen des Völkerrechts“ geradezu herbei gewünscht hatte.[7] Viktor Bruns und Heinrich Triepel gehörten zu den mehr als 3000 Professoren, die 1914 die nationalistische „Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches“ unterzeichnet und den Krieg dann auch aktiv begleitet hatten.

Als Soldaten am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatten nur wenige Institutsangehörige, wie Hermann Heller (1891-1933), Carlo Schmid (1896-1979) oder Friedrich Berber (1898-1984). Die meisten Referenten hatten den Krieg im Jugendalter und fernab der Front erlebt, so Joachim Dieter Bloch (1906-1945), Karl Bünger (1903-1997), Joachim von Elbe (1902-2000), Herbert Kier (1900-1973), Gerhard Leibholz (1901-1982), Hans-Joachim von Merkatz (1905-1982), Hermann Mosler (1912-2001), Hermann Raschhofer (1905-1979), Helmut Strebel (1911-1992), Ulrich Scheuner (1903-1981), Berthold von Stauffenberg (1905-1944) oder Wilhelm Wengler (1907-1995).[8] Die Angehörigen dieser „Kriegsjugendgeneration“, die ganz im Geiste des deutschen Nationalismus und der Kriegspropaganda aufgewachsen waren, zeichnete eine merkwürdige Verbitterung aus: Sie hatten die Kriegsteilnahme und somit  die nationale Bewährung verpasst, was sie anderweitig zu kompensieren suchten.[9] Die Prägung durch Krieg und Niederlage tritt in autobiographischen Schriften von Institutsangehörigen deutlich zu Tage.[10]

Geteilte Kriegserfahrung: Erich Kaufmann und Carlo Schmid als Offiziere im Ersten Weltkrieg. Fotos: UB der HU zu Berlin, Porträtsammlung: Erich Kaufmann; AdSD 6/FOTA020638.

Die Kollektiv-Erfahrung der Niederlage hatte für das Institut eine bedeutende soziale Funktion: Der „Kampf gegen Versailles“ integrierte die Angehörigen des KWI über ihre politischen Differenzen hinweg. Somit gab es durchaus eine gewisse „Diversität“ im Institut, an dem mit Erich Kaufmann, Hermann Heller und Gerhard Leibholz sogar jüdische Forscher und politische Gegner zusammenfanden. Die Differenzen, die zwischen den Sozialdemokraten Heller und Carlo Schmid auf der einen und Nationalkonservativen wie Kaufmann oder Berthold von Stauffenberg auf der anderen Seite bestanden, bedürfen keiner Erläuterung. Diversität bringen weiter Referentinnen wie Ellinor von Puttkamer, Marguerite Wolff oder Angèle Auburtin. Der Kitt, der diese Gegensätze überbrückte, war die Absicht, die Nachkriegsordnung zu revidieren. Sie erleichterte die Zusammenarbeit, auch über 1933 hinaus. Gewiss hatte die Leitung die jüdischen Mitarbeiter Erich Kaufmann und Marguerite Wolff aus dem Institut verdrängt, gleichwohl gab es bis 1944 ein Miteinander aus völkischen Juristen wie Herbert Kier und Georg Raschhofer mit politisch Unangepassten wie Wilhelm Wengler, Regime-Zweiflern wie Hermann Mosler und später Berthold von Stauffenberg.

Die wissenschaftliche Begleitung des Krieges

Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudentenland, Jahrestagung KWG 1938 (Bruns dritter von rechts, neben Max Planck, zweiter von rechts)[12]

Die positive Haltung des Instituts gegenüber dem Nationalsozialismus versteht sich vor allem aus der Niederlage im Ersten Weltkrieg. Viktor Bruns und seine Mitarbeiter hofften auf die Revision des Versailler Vertrages und die Wiederherstellung einer deutschen Großmachtstellung.[13] So war das Institut schon früh in die Kriegsvorbereitungen des Dritten Reiches involviert. Bereits 1934 schuf Bruns eine eigene Abteilung für Kriegsrecht, der Berthold von Stauffenberg vorstand.[14] Ab 1935 kooperierte das KWI mit der „Deutschen Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften“, einem NS-Thinktank zu Kriegsfragen. Dessen „Ausschuss für Kriegsrecht“ hatte das Ziel, das heterogene Kriegsrecht zu vereinfachen und – im Hinblick auf einen kommenden Krieg – alle notwendigen Unterlagen zu sammeln, um nach einem siegreichen Abschluß des Krieges die deutschen Interessen (…) möglichst gut vertreten zu können.[15] Neben Viktor Bruns, Hermann Mosler, Ernst Schmitz und Berthold von Stauffenberg waren Angehörige von Auswärtigem Amt, Reichsjustizministerium, Oberkommando der Wehrmacht und der Marine und des Reichsluftfahrtsministeriums beteiligt.[16] Er erarbeitete eine Prisenordnung (hierfür verantwortlich war Berthold von Stauffenberg), eine Prisengerichtsordnung und Teile einer Luftkriegsordnung. Sie waren, das ist ihnen zu Gute zu halten, stark am Kriegsvölkerrecht orientiert.

Es ist festzuhalten, dass das KWI sich an der Vorbereitung eines neuen Krieges beteiligte und damit nationalsozialistische Politik unterstützte, jedoch zumeist im Rahmen des Völkerrechts.[17] Die Grenzen dieser Unterstützung wurden denn auch mit dem Bekanntwerden der grob völkerrechtswidrigen Kriegsführung an der Ostfront erreicht. Wenngleich das Institut deswegen nicht zu einem Zentrum des Widerstands wurde, so haben sich Schmitz, Wengler, Mosler und Stauffenberg doch „strikt für humanitäres Völkerrecht“ bei der Kriegsführung eingesetzt.[18] Die ebenso bedeutende wie komplexe Frage seiner Involvierung beim Attentat vom 20. Juli 1944 kann hier nicht ausgeführt werden.[19]

„Kriegsfolgenforschung“

Auch der verlorene Zweite Weltkrieg war eine Erfahrung, die die Angehörigen der Institution prägte. Die Niederlage mit all‘ ihren Konsequenzen, die Zerstörung des Berliner Schlosses, die dramatische Rettung der Institutsbibliothek, der Tod von Kollegen, ist in Zeitzeugenberichten und Nachrufen in der ZaöRV greifbar.[20]

Bis zu seiner Neu-Gründung durch die Max-Planck-Gesellschaft 1949 in Heidelberg befand sich das Institut in einem höchst prekären Zustand. Teile des Inventars befanden sich bereits in Heidelberg, ein Großteil jedoch noch im zerstörten Berlin, insbesondre im Privathaus der Familie Bruns. In dieser Zeit befassten sich die Institutsmitarbeiter vor allem mit der rechtlichen Erfassung der als „Kriegsfolgen“ verbrämten Niederlage. Carl Bilfinger war als Gutachter in alliierten Kriegsverbrecherprozessen für die I.G.-Farben sowie für die Industriellen Hermann Röchling und Friedrich Flick tätig, Hermann Mosler trat vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg für Gustav Krupp und Albert Speer auf.[21] Bis in die 1960er Jahre verfasste das Institut zahlreiche Gutachten zu Fragen des Besatzungsrechtes, Reparationen, des Status von Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone.[22]

Boltzmannstraße 1 in Berlin. Die Direktorenvilla des KWI für Biologie beherbergte von 1947 bis 1960 die Berliner Zweigstelle des MPIL [23]

In der ersten Nachkriegsausgabe der ZaöRV 1950 definierte der trotz seiner eindeutigen NS-Belastung als Direktor wiederberufene Carl Bilfinger die Forschungsaufgaben des Instituts. Ohne den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg, die deutschen Verbrechen auch nur zu erwähnen ging es ihm vor allem um eine Kritik der Behandlung Deutschlands durch die Alliierten. Er setzte die Lage 1950 mit der des Berliner Instituts in den 1920ern gleich: „Die Zeitschrift des Instituts befindet sich auch insoweit in einer neuen, zwar schon nach dem ersten Weltkrieg diskutierten, aber nicht voll geklärten Situation gegenüber einer alten Fragestellung.“[24] Als Hauptleistung von Bruns‘ KWI lobte Bilfinger, dieses habe Deutschlands Gegner „zur Demaskierung ihres rein machtpolitischen Standpunktes gezwungen“,[25] womit er das Heidelberger Institut in diese Linie stellte. Bilfinger sah Deutschland als Opfer der Alliierten. Von seiner restaurativen Konzeption der Nachkriegsordnung war bereits die Rede.

Die Alternative: Westintegration

Vordenker der europäischen Integration: Walter Hallstein hält 1962 am MPIL den Vortrag „Die EWG politisch gesehen). Am Tisch Hermann Mosler und Hans Dölle. Links im Hintergrund hört eine Schar junger Referenten zu, dritter von rechts ist Rudolf Bernhardt. [26]

Ganz andere Lehren zog Hermann Mosler aus der deutschen Niederlage. Mosler, Direktor ab 1954, entwickelte ein Verständnis des EGKS-Vertrags, welches das überkommene Völkerrecht im Sinne Schumans sprengte. Auch im Weiteren begleitete er eng die Westintegration Konrad Adenauers. Dem folgten letztlich alle nachfolgenden Direktoren. So hatte der rote Faden eine neue Richtung.

In den 1950ern und 1960ern dominierten am Institut Studien, welche die Westintegration begleiteten. Im Fokus stand die europäische Integration mit ihren vielen Aspekten, Menschenrechte, Verfassungsgerichtsbarkeit sowie die vielen Themen, welche die deutsche Außenpolitik in der Verarbeitung der Niederlage beschäftigten. Als die Ostpolitik ab den späten 1960er Jahren eine weitere Dimension der deutschen Niederlage zu bearbeiten begann, wurde dies selbstredend zu einem zentralen Thema. Zugleich ließ der rote Faden vieles offen: Der Umgang mit der wichtigsten Kriegsfolge, der deutschen Teilung, polarisierte wie kaum ein anderes Thema.[27] Der rote Faden findet sich just darin, dass diese Frage so wichtig war, dass sie polarisieren konnte.

Viele Mitglieder und Mitarbeiter des Instituts, allen voran Karl Doehring, Hartmut Schiedermair, Fritz Münch, aber auch Helmut Steinberger und Hermann Mosler, sahen die Ostverträge, die eine Reihe von Verträgen mit osteuropäischen Staaten, allen voran der UdSSR, Polen und später der DDR umfassten, kritisch.[28] Mit Jochen Frowein und dessen Grundlagenwerk zum „De facto Regime“ hatte das Institut aber zugleich einen Vordenker der neuen Ostpolitik in seinen Reihen.[29] Wir sehen hierin einen Beitrag zu Willy Brandts Nobelpreis. Auf jeden Fall prägte die „deutsche Frage“ als die offensichtlichste Folge der Niederlage Generationen von Wissenschaftlern. So begann auch mit der Wiedervereinigung die Präsenz der Niederlagen sich langsam zu verlieren.

Die Niederlagen im Institut des 21. Jahrhunderts

Fortleben soldatischen Stolzes, Karl Doehring (rechts) im Gespräch mit Gerhard Gutmachter, früherer Richter am Landgericht Heidelberg, anlässlich der Feier von Doehrings 80. Geburtstag am 22.03.1999 im Institut. Das Eiserne Kreuz weist den Gutmacher als hochdekorierten Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges aus. [30]

Mit Karl Doehring und Rudolf Bernhardt starben 2011 und 2021 die letzten Direktoren mit Kriegserfahrung.[31] Wo stehen Bewusstsein, Verständnis und Relevanz der beiden Kapitulationen heute? Mit dem Gang der Zeit und der Internationalisierung des Institutspersonals ist ein Verblassen unausweichlich. Zudem haben heute viele Mitarbeitenden in der Wissenschaft, aber auch in der Bibliothek und in der Verwaltung eine Migrationsgeschichte, haben ihre Sozialisation und Ausbildung im Ausland erfahren.

Und doch gilt die Erfahrung, welche der historische Institutionalismus mit den Begriffen der critical juncture und der Pfadabhängigkeit artikuliert. Wir hoffen, mit diesem Beitrag unseren Lesern einen Faden gegeben zu haben, um sich auch auf jüngste Publikationen des Instituts einen Reim zu machen, der zur Lage Deutschlands spricht. Falls der Faden nicht mehr rot oder vielleicht gar nicht mehr auffindbar ist, so ist das auch erkenntnisträchtig. Man mag sich dann nämlich fragen, ob die Wissenschaftlerin, das Institut, Deutschland die Niederlagen vergessen, verwunden oder ‚bewältigt‘ hat, und weiter, ob man dies feiern oder aber bedauern sollte. Für uns gilt letzteres.

[1] Giovanni Capoccia, Critical Junctures, in: Orfeo Fioretos/Tulia G. Falleti/Adam  Sheingate (Hrsg.), The Oxford Handbook of Historical Institutionalism, Oxford: Oxford University Press 2016, 89-106.

[2]  Jan Stöckmann, The Architects of International Relations. Building a Discipline, Designing the World, 1914-1940, Cambridge: Cambridge University Press 2022, 97-98.

[3] Jan-Holger Kirsch, „Wir haben aus der Geschichte gelernt“. Der 8. Mai als politischer Gedenktag in Deutschland, Köln: Böhlau 1999, 8; Reinhart Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropologische Skizze (1988), in: Reinhart Koselleck, Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000, 27-77; 68-69.

[4] Denkschrift über die Errichtung eines Institutes für internationales öffentliches Recht der Kaiser Wilhelm Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (undatiert, jedoch vor Dezember 1924), BArch, R 1501, pag. 3-10, pag. 3.

[5] Foto: BArch, Bild 183-U0628-501/ Erich O. Krueger.

[6] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Bd. 2, 490-528, 510.

[7] Erich Kaufmann, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sic stantibus, Tübingen: Mohr 1911.

[8] Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg: Hamburger Edition 2002; Ulrich Herbert, Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989, München: Beck 2016.

[9] Siehe: Herbert (Fn. 8) 54; Samuel Salzborn, Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts, Sozial.Geschichte 21(2006), 29-52, 33.

[10] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: Hirzel 2008, 40 ff.; Friedrich Berber, Zwischen Macht und Gewissen. Lebenserinnerungen, München: Beck 1986, 13-18; Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, München: Bertelsmann 1983, 54-57.

[12] Foto:Weltbild Foto Verlag. Das Originalbild war in besserer Ausführung nicht auffindbar. Recherchen im Bundesarchiv, im Bildarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und bei Ullstein Bild und beim Scherl-Archiv/SZ-Foto, die Teile des Weltbild-Bestandes übernommen haben, blieben erfolglos. Für weitere Informationen wären wir dankbar.

[13] Vgl. etwa: Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudetenland, 31.05.1938, in: Ernst Telschow (Hrsg.), Jahrbuch 1939 der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Leipzig: Drugulin 1939, 57-85.

[14] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, München: De Gruyter 2008; 207; Andreas Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 60.

[15] Meyer (Fn. 14), 64.

[16] Toppe (Fn, 14), 207.

[17] Ernst Schmitz, Vorlesung Kriegsrecht 1938, unveröffentlichtes Manuskript, in der Bibliothek des MPIL vorhanden unter der Signatur: VR: XVII H: 40; ferner überliefert sind die Gutachten Hermann Moslers, ohne Signatur, MPIL; ferner: Hueck (Fn. 6), 512. Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 76.

[18] Hueck (Fn. 6), 522.

[19] Hueck (Fn. 6), 522..

[20] Die Nachkriegs-ZaöRV, Band 13 im Jahre 1950, beginnt mit sechs Nachrufen. Durch den Krieg kamen Joachim-Dieter Bloch ums Leben, der bei der Befreiung Berlins von Rotarmisten erschossen wurde, Alexander N. Makarov, Joachim-Dieter Bloch (1906-1945), ZaöRV 13 (1950), 16-18; Der 22-jährige Referent Ferdinand Schlüter galt seit 1944 als vermisst. „Die alten Gefährten des Instituts bewahren ihm ein treues Andenken und haben die Hoffnung auf seine Rückkehr noch nicht aufgegeben“, Helmut Strebel, Ferdinand Schlüter (vermißt), ZaöRV 13 (1950), 20-21, 21; Eindrucksvoll der Zeitzeugenbericht der Bibliothekarin Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem, 1946 (unveröffentlicht).

[21] Lange (Fn. 17), 150; Hubert Seliger, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse, Baden-Baden: Nomos 2016, 181; 548; Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Hrsg.). Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879-1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024, 329.

[22] Hierzu siehe umfangreiche Gutachtensammlung im MPIL-Bestand. Die bis 1960 bestehende Berliner Abteilung des Instituts war vor allem dem Kriegsfolgenrecht gewidmet. In den 1950er Jahren wurden ferner zwei bedeutende juristische Archivbestände vom MPI übernommen, das „Heidelberger Dokumentenarchiv“, das einen vollen Satz der Prozessunterlagen der Nürnberger Prozesse umfasst und Teile der Bestände des „Instituts für Besatzungsfragen“, das in Tübingen angesiedelt war und u.a. zu alliierten Besatzungsrechtsverstößen forschte, siehe Bestand im MPIL-Keller; Hermann Mosler, Der Einfluss der Rechtsstellung Deutschlands auf die Kriegsverbrecherprozesse, Süddeutsche Juristenzeitung 2 (1947), 362-370; Hermann Mosler, Die Kriegshandlung im rechtswidrigen Kriege, in: Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg/Institut für internationales Recht an der Universität Kiel, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1948, Bd. 2, Hamburg: Hansischer Gildenverlag 1948, 335-358.

[23] Foto: AMPG.

[24] Carl Bilfinger, Prolegomena, ZaöRV 13 (1950), 22-26, 26.

[25] Carl Bilfinger, Völkerrecht und Historie, in: Boris Rajewski/Georg Schreiber (Hrsg,), Aus der deutschen Forschung der letzten Dezennien. Dr. Ernst Telschow zum 65. Geburtstag gewidmet, Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1954, 29-32, 30.

[26] Foto: MPIL.

[27] Hiervon zeugen die überlieferten Protokolle der Referentenbesprechungen.

[28] Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948–2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023, 26.

[29] Jochen Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, Köln: Carl Heymanns Verlag 1968.

[30] Foto: MPIL.

[31] Bernhardt schien sich zeitlebens nicht zu dieser Erfahrung geäußert zu haben, in seiner Privatbibliothek dominierten aber Werke, die sich mit dem Phänomen des Nationalsozialismus auseinandersetzten. Anders: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs 2008, 71-114. Zu Rudolf Bernhardts Erfahrungen in der Kriegsgefangenschaft: Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945-1947, hrsg. von Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024.

English

The capitulations at the end of the First and Second World Wars are regarded as defeats for Germany, not only for its army or government. They represent deep social caesuras and continue to characterise the German path to this day, including that of the Institute for Comparative Public Law and International Law. We perceive these capitulations as critical junctures [1] and will demonstrate that they form a common thread that links many of the Institute’s positions and runs through its research. The Geneva Institut de hautes études internationales, which accompanied the new order from a victor’s perspective from 1927 onwards, forms a contrasting foil.[2] The thread of defeat dominates the Institute in the inter-war period and the early Federal Republic, yet also taps into many aspects of the Institute’s more recent history.  It can be found in the studies on German unity and on European integration after the fall of the iron curtain, on international law as a value-based order, as well as on global constitutionalism. Certainly, it loses some of its interpretative power with increasing historical distance and with the internationalisation of the MPIL. This article opens shows the common thread on the basis of the formative positioning of the institute in the Weimar Republic and its repositioning in the young Federal Republic of Germany.

Please note, we propose as the red thread the interpretation of the capitulations as formative German defeats. This interpretation is almost universally shared, in stark contrast to the understanding of the causes of the wars, war guilt, and the extent and uniqueness of Germany’s crimes. Moreover, our thesis is not monocausal or deterministic: further causes have been shaping the Institute’s path.[3] The red thread we are describing by no means follows a straight path: After the first defeat, the Institute aimed to revise the post-war international legal order, whereas after the second defeat it aimed to for its consistent development. The assertion of a common thread also does not claim a consensus in the assessment or the consequences that were drawn. Many contributions to this blog show the sometimes-astonishing pluralism in how the defeats were dealt with within the Institute. Our common thread can only be a common thread because it leaves many aspects open and up for debate. In a nutshell: we are not writing a narrative.

A Loser’s Institution

The foundation of the institute on 19 December 1924 was a result of the capitulation. Having lost the war, Germany had to submit to a new international order dominated by its opponents. The defeat presented the German international lawyers and the entire discipline with unprecedented challenges. They now stood alone, without a powerful army at their side. Moreover, the Treaty of Versailles confronted Germany with intricate international problems, such as the loss of territory, restrictions on sovereignty, enormous reparations, war debts and political isolation. In addition, Germany suffered from a lack of competent lawyers. The statism of the German Empire had little interest in international law, so the discipline was neglected for decades.

The establishment of the Institute responded to this situation. The founding memorandum, written by KWG Secretary General Friedrich Glum, the eminent Weimar professor Heinrich Triepel and the founding director Viktor Bruns stated:

“In the decades to come, Germany will have to deal more than ever with the cultivation of international relations, in order to protect itself from the unjustified claims of its war enemies, to help its compatriots in the ceded territories and to reassert itself in the world.” [4]

The Institute started a “loser’s institution”. The consequences of this, however, could turn out very differently, leading for example to a critical or an emphatic understanding of international law. One obvious consequence could have been a critical understanding of international law as an instrument of the strong to suppress the weak, ‘the strong do what they can and the weak suffer what they must’. The Institute decided differently, more wisely: a country with a Wehrmacht of only 100,000 men is better served by an understanding of international law according to which law is more than just the formalisation of power. Corresponding to the interests at stake is an understanding as an independent system of order, which also serves to inhibit pure power. It is therefore by no means a coincidence that Bruns’ programmatic first article in the Institute’s newly founded journal theorizes the autonomy of international law: “International Law as a Legal Order“.

The KWI’s approach to the defeat was not the only possible. Consider the Hamburg Institut für auswärtige Politik (“Institute for Foreign Policy”), founded in 1922 by Albrecht Mendelssohn Bartholdy, and the Kiel Institut für Internationales Recht (“Institute for International Law”) under the directorship of Walther Schücking. These two institutes also addressed the defeat, but with a more progressive understanding of international law committed to the international order and the League of Nations. Such commitments do not characterise the work of the KWI. Even ‘international law as a legal order’ appears to be more a means than an end.  After the Second World War, this openness in dealing with the defeat was even evident internally.Whereas Carl Bilfinger (1879-1958), who oversaw the re-foundation of the institute in 1950, , recommended a peace order based on the balance of power according to the traditional model of the Congress of Vienna, his successor Hermann Mosler (1912-2001) focussed on theintegration into the West that ‘detonated’ (“sprengen”) traditional thinking.

Concrete Experiences of Defeat

The burned-out castle in June 1946[5]

The influential power of the defeats can be concretised by looking at the members of the institute. Looking at the staff structure of the KWI, it was “comparable to that at the Federal Foreign Office: aristocratic origins, bourgeois tradition and a certain social arrogance dominated.[6] Due to an, in many cases, starkly nationalist sentiment, many felt the defeat particularly deeply. This is most evident in the leadership of the Institute, its founder Viktor Bruns (1884-1943),  and the academic members and advisors Rudolf Smend (1882-1975), Erich Kaufmann (1880-1972) and from 1944 onwards by the second director, Carl Bilfinger (1879-1958). Among them, Erich Kaufmann, a highly decorated soldier, was the only one who had served in the war, which he had almost yearned for  in his famous – by now infamous – bellicose essay on the “Nature of International Law” (“Das Wesen des Völkerrechts”).[7] Viktor Bruns and Heinrich Triepel were among the more than 3,000 professors who had signed the nationalistic “Declaration of the Professors of the German Empire” (“Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches”) in 1914 and consequently showed active support of the war.

Among staff members, only a few, such as Hermann Heller (1891-1933), Carlo Schmid (1896-1979) and Friedrich Berber (1898-1984), had fought in the First World War. Most had experienced the war as teenagers, such as Joachim Dieter Bloch (1906-1945), Karl Bünger (1903-1997), Joachim von Elbe (1902-2000), Herbert Kier (1900-1973) and Gerhard Leibholz (1901-1982), Hans-Joachim von Merkatz (1905-1982), Hermann Mosler (1912-2001), Hermann Raschhofer (1905-1979), Helmut Strebel (1911-1992), Ulrich Scheuner (1903-1981), Berthold von Stauffenberg (1905-1944) and Wilhelm Wengler (1907-1995).[8] Yet, educated in the spirit of German nationalism and subject to the war propaganda, they were characterised by a strange bitterness: For not fighting in the war to avoid defeat, they felt to have missed the opportunity to prove themselves to their nation, and many tried to make up in other ways.[9] Some have reported on the experience of defeat in autobiographies.[10]

Shared war experience: Erich Kaufmann in 1918 and Carlo Schmid in 1917 as officers (Photos: UB der HU zu Berlin, Porträtsammlung: Erich Kaufmann; AdSD 6/FOTA020638).

The shared experience of defeat had an important social function for the Institute: the “fight against Versailles” integrated the members of the KWI beyond their political differences. Indeed, there was a certain degree of “diversity” at the Institute. It provided a space for researchers of Jewish origin such as Erich Kaufmann, Hermann Heller and Gerhard Leibholz. There was also political diversity, and the differences between the social democrats Heller and Carlo Schmid on the one hand and conservatives such as Kaufmann or Berthold von Stauffenberg ran deep. It is worth mentioning diversity for female researchers such as Ellinor von Puttkamer, Marguerite Wolff and Angèle Auburtin.

The glue among the members was the intention to revise the post-war order. This shared objective facilitated cooperation among the Institute’s members, even after 1933. It is true that the Jewish members Erich Kaufmann and Marguerite Wolff were forced out. However, until 1944, political nonconformists such as Wilhelm Wengler, regime-sceptics such as Hermann Mosler and, later, the dissident and member of the resistance movement of 20 July 1944 Berthold von Stauffenberg worked with national socialist lawyers such as Herbert Kier and Georg Raschhofer.

Scientific Support of the War

Viktor Bruns, The Guilt of “Peace” and the German Right to the Sudetenland, Annual Conference of theKWG 1938 (Bruns third from right, next to Max Planck, second from right) [12]

The Institute’s support of National Socialism can be explained with the defeat in the First World War, not with deep belief in the regime’s ideology. Viktor Bruns and his staff longed for a revision of the Treaty of Versailles and the restoration of Germany as a great power.[13] With this aim, the Institute became involved in the Third Reich’s war preparations early on. Already in 1934, Bruns set up a department for martial law, headed by Berthold von Stauffenberg.[14] From 1935, the Institute participated in the Deutsche Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften (“German Society for Defence Policy and Defence Sciences”), a Nazi think-tank on war issues. Its Ausschuss für Kriegsrecht (“Committee for the Law of War”) aimed to “simplify the heterogeneous law of war and – in view of a coming war – to collect all the necessary documents in order to be able to represent German interests  as well as possible after the German victory.”[15]  In this think tank, Viktor Bruns, Hermann Mosler, Ernst Schmitz and Berthold von Stauffenberg joined members of the Foreign Office, the Ministry of Justice, the High Command of the Wehrmacht and the Navy, and the Ministry of Aviation.[16] It developeda draft for a prize law (“Prisenordnung”), for which Berthold von Stauffenberg was responsible, as well as a law of admiralty courts and parts of a law on aerial warfare. These were, to their credit, heavily oriented on the international law of war.While the KWI was involved in preparing a new war and supported Nazi policy, it was so mostly within the limits of international law.[17] Thus, its support weakened when the gross violation of international law on the Eastern Front became known. Although the Institute did not become a centre of resistance, there is evidence that Schmitz, Wengler, Mosler and Stauffenberg were “strictly committed to international humanitarian law”. [18] An issue of both great relevance and complexity is Stauffenberg’s involvement in the operation Walküre of 20 July 1944.[19] It can, however, not be discussed here.

Kriegsfolgenforschung” -“Research on the Consequences of the War”

The defeat in the Second World War with all its consequences, the destruction of Berlin Palace, the dramatical rescue of the institute’s library, and the deaths of colleagues, was another experience impacting the institute’s staff. Much of this becomes tangible in the eyewitness accounts and obituaries in the ZaöRV.[20]  Until the Institute’s re-establishment by the newly founded Max Planck Society in Heidelberg in 1949, it was in a most precarious state. Parts had already been moved to Heidelberg where Bilfinger was living, but much of the library and staff were still in Berlin, but in Bruns’ villa. The Institute’s staff was primarily concerned with the legal side of the defeat, euphemistically termed “the law of the consequences of war” (Kriegsfolgenrecht). Carl Bilfinger worked for the industrialists Hermann Röchling and Friedrich Flick in the Allied war crimes trials, while Hermann Mosler appeared on behalf of Gustav Krupp and Albert Speer.[21] Until the 1960s, the Institute was busy with questions of the law of occupation, reparations, and the status of Berlin and the Soviet occupation zone.[22]

Boltzmannstraße 1 in Berlin. The Director’s Villa of the KWI for Biology housed the Berlin branch of the MPIL from 1947 to 1960[23]

In the first post-war issue of the ZaöRV in 1950, Carl Bilfinger, reappointed as director despite his Nazi background, defined the Institute’s research tasks. Without any mentioning National Socialism, the Second World War or German crimes, he was primarily concerned with criticising the treatment of Germany by the Allies. He compared the situation in 1950 with that of the Berlin Institute in the 1920s: “In this respect, the journal of the Institute also finds itself in a new situation, which was already discussed after the First World War, but not fully clarified, in relation to an old question.” [24]  Bilfinger praised the main achievement of Bruns’s KWI as having “forced Germany’s opponents to unmask their purely power-political standpoint”, thus placing the Heidelberg Institute in this line. [25] Bilfinger saw Germany as a victim of the Allies. His restorative conception of the post-war order has already been mentioned.

The Alternative: The Federal Republic’s Integration into the West

Protagonist of European integration: Walter Hallstein gives a lecture on “The EEC seen from a political point of view” at the MPIL in 1962. Hermann Mosler and Hans Dölle at the table. In the background on the left, a group of young researchers listening, third from the right is Rudolf Bernhardt, later director of the Institute.[26]

Hermann Mosler drew very different lessons from Germany’s defeat. Mosler, who took over as director in 1954, developed a new understanding of the ESCS treaty, which transcended traditional international law according to Schuman. Generally, he closely followed and supported Konrad Adenauer’s Western integration. All subsequent directors followed suit, and thus the red thread took on a new direction.

In the 1950s and 1960s, the research agenda of the Institute was dominated by studies accompanying this integration of the West: European integration in its many aspects, human rights, and, on the comparative side, constitutional adjudication and the control of the executive. When, in the late 1960s, the Ostpolitik began to address a further dimension of the German defeat, this naturally became a central issue. At the same time, the red thread left much open, namely how to deal with the most visible consequence of the defeat: the division of Germany and its loss of territory. The issue was a polarising the Institute as it was polarizing the country.[27] The red thread is that the issue was so important that it could polarise the Institute.

Many members and staff of the Institute, above all Karl Doehring, Hartmut Schiedermair, Fritz Münch, but also Helmut Steinberger and Hermann Mosler, rejected the Ostverträge, a series of treaties of the Federal Republic with the Eastern European countries, above all the Soviet Union, Poland and later the German Democratic Republic.[28] But with Jochen Frowein and his fundamental work on the “de facto regime”, the Institute had also produced much of the legal thought of the new Ostpolitik. [29] We see this as a contribution to Willy Brandt’s Nobel Peace Prize. In any case, the “German question”, as the most obvious consequence of the defeat, had a formative influence on generations of researchers. Consequently, with German reunification, the presence of the defeat slowly began to fade.

The Defeats and the Institute in the 21st century

he Continuous Relevance of Military Pride. Karl Doehring (right) in conversation with Gerhard Gutmacher, former judge at the Landgericht Heidelberg, on the occasion of Doehring’s 80th birthday on 22 March 1999 at the Institute. The Iron Cross identifies the guest as a highly decorated participant in the Second World War.[30]

Karl Doehring and Rudolf Bernhardt, the last directors with war experience, died in 2011 and 2021 respectively. [31] What is the awareness, understanding and relevance of Germany’s capitulations today?  With the passage of time and the internationalisation of the MPIL’s staff, fading is inevitable, not least because many of today’s academic, library and administrative staff have a history of migration and were socialised and educated abroad.

And yet, historical institutionalism’s concepts of critical juncture and path dependency express a deep truth. With this article, we hope to have provided our readers with a thread leading towards a grasp of the Institute’s most recent publications, and by that, also of the situation in Germany more broadly. If the thread is no longer red or even has become impossible to find, this is also significant. Then one might ask whether researchers, the institute, and Germany have forgotten, overcome, or coped with the defeats and whether this should be reason for celebration or for regret. For us it would be the latter.

[1] Giovanni Capoccia, Critical Junctures, in: Orfeo Fioretos/Tulia G. Falleti/Adam  Sheingate (eds), The Oxford Handbook of Historical Institutionalism, Oxford: Oxford University Press 2016, 89-106.

[2] Jan Stöckmann, The Architects of International Relations. Building a Discipline, Designing the World, 1914-1940, Cambridge 2022, 97-98.

[3] Jan-Holger Kirsch, „Wir haben aus der Geschichte gelernt“. Der 8. Mai als politischer Gedenktag in Deutschland, Köln: Böhlau 1999, 8; Reinhart Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropologische Skizze (1988), in: Reinhart Koselleck, Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000, 27-77; 68-69.

[4] Memorandum on the foundation of the Institute for Comparative Public Law and International Law (undated, but drafted before December 1924), BArch, R 1501, 3-10, 3, translated by the authors.

[5] Photo: BArch, Bild 183-U0628-501/ Erich O. Krueger.

[6] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Vol. 2, 490-528, 510.

[7] Erich Kaufmann, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sic stantibus, Tübingen: Mohr 1911.

[8] Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg: Hamburger Edition 2002; Ulrich Herbert, Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989. Munich: C.H. Beck 2016.

[9] Cf. Herbert (fn. 8), 54; Samuel Salzborn, Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts, Sozial.Geschichte 21 (2006), 29-52, 33.

[10] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: Hirzel 2008, 40 et seqq; Friedrich Berber, Zwischen Macht und Gewissen. Lebenserinnerungen, Munich: Beck 1986, 13-18; Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, Munich: Bertelsmann 1983, 54-57.

[11] Photo: University Library of the Humbolt University (Berlin), portrait collection: Erich Kaufmann; AdSD  6/FOTA020638.

[12] Photo: Weltbild Foto Verlag. The original image could not be found in a better version. Searches in the Bundesarchiv (German Federal Archive), the picture archive of the Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Prussian Cultural Heritage Foundation) and the archives of Ullstein Bild and Scherl/SZ-Foto, which have taken over parts of the Weltbild collection, were unsuccessful. We would be grateful for any further information.

[13] Cf. Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudetenland, 31.05.1938, in: Ernst Telschow (ed.), Jahrbuch 1939 der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Leipzig: Drugulin 1939, 57-85.

[14] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, Munich: De Gruyter 2008, 207; Andreas Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 60.

[15] Meyer (fn. 14), 64, translated by the authors.

[16] Toppe (fn. 14), 207.

[17] Ernst Schmitz, Vorlesung Kriegsrecht [“Lecture on the Law of War”] 1938, unpublished manuscript, in the MPIL’s library under signature: VR: XVII H: 40; there are also legal opinions by Hermann Moslers, without signature, MPIL; see also: Hueck (fn. 6), 512; Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 76.

[18] Hueck (fn. 6), 522.

[19] Hueck (fn. 6), 522.

[20] The post-war issue of the ZaöRV (today also under the English title Heidelberg Journal of International Law, HJIL), vol. 13 of 1950, begins with six obituaries. The war claimed the life of Joachim-Dieter Bloch, who was shot by Red Army soldiers during the liberation of Berlin, Alexander N. Makarov, Joachim-Dieter Bloch (1906-1945), HJIL 13 (1950), 16-18; the 22-year-old lecturer Ferdinand Schlüter had been missing since 1944: “The old companions of the Institute honour his memory faithfully and have not yet given up hope of his return”: Helmut Strebel, Ferdinand Schlüter (vermißt), HJIL 13 (1950), 20-21, 21; Impressive contemporary witness report by librarian Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem [“The repatriation of our institute library from the Uckermark to Berlin-Dahlem”], 1946 (unpublished).

[21] Lange (fn, 17), 150; Hubert Seliger, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse, Baden-Baden: Nomos 2016, 181, 548; Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Hrsg.). Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879-1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024, 329.

[22] See the extensive collection of expert opinions in the MPIL’s holdings. The Institute’s Berlin department, which existed until 1960, was primarily concerned with the legal consequences of the war. In the 1950s, the MPI also took over two important collections of legal archives: the “Heidelberger Dokumentenarchiv”, which contains a complete set of the trial documents of the Nuremberg Trials, and parts of the certificates of the “Institut für Besatzungsfragen”, which was based in Tübingen and researched, among other things, violations of the law of the Allied occupation; see the collection in the basement of the MPIL; Hermann Mosler, Der Einfluss der Rechtsstellung Deutschlands auf die Kriegsverbrecherprozesse, Süddeutsche Juristenzeitung 2 (1947), 362-370; Hermann Mosler, Die Kriegshandlung im rechtswidrigen Kriege, in: Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg/Institut für internationales Recht an der Universität Kiel, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1948, vol. 2, Hamburg: Hansischer Gildenverlag 1948, 335-358.

[23] Photo: AMPG.

[24] Carl Bilfinger, Prolegomena, HJIL 13 (1950), 22-26, translated by the authors.

[25] Carl Bilfinger, Völkerrecht und Historie, in: Boris Rajewski/Georg Schreiber (eds.), Aus der deutschen Forschung der letzten Dezennien. Dr. Ernst Telschow zum 65. Geburtstag gewidmet, Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1954, 29-32, 30.

[26] Photo: MPIL.

[27] The surviving minutes of the “Referentenbesprechung” bear witness to this.

[28] Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (eds.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948–2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2022, 26.

[29] Jochen Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, Cologne: Carl Heymanns Verlag 1968.

[30] Photo: MPIL.

[31] Bernhardt does not seem to have commented on this experience throughout his life, but his private library was dominated by works dealing with the phenomenon of National Socialism, unlike Karl Doehring, who wrote extensively about his time as a soldier: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs Verlag 2008, 71-114. On Rudolf Bernhardt’s experiences as a prisoner of war: Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945-1947, ed. by Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024.

MPIL100 – Beginn einer Spurensuche

MPIL100 – Beginnings of an Exploration

Deutsch

Am Anfang steht in der Wissenschaft oft ein Zufall. Oder, um genauer zu sein: ein Moment der serendipity, jener glücklichen Gelegenheit, die im scheinbar absichtslosen Zusammenfallen von Konstellation und Ereignis Erkenntnis ermöglicht und hervorbringt. Im Winter 1924/25 kam es für die Völkerrechtswissenschaft zu so einem Glücksfall. Viktor Bruns, seit 1912 Professor für Staats- und Völkerrecht an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, hatte, so notierte es seine Frau Marie später in ihrem Tagebuch, „in den vergangenen Jahren oft und reiflich den Plan eines deutschen Lehrbuchs für Völkerrecht erwogen“. Er las Bücher und Broschüren, „ließ sich von Frau Wolff und juristischen Assistenten oder Studenten über den Inhalt von Büchern berichten, damit er nicht alles selbst durchlesen mußte“. Bald schon sei ihm aber klar gewesen, dass es für den Gesamtüberblick, der ihm vorschwebte, mehr brauchen würde als ein paar kluge und fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nötig war: ein Institut. Einige Wochen vor Weihnachten, so schildert es Marie Bruns, ließ er diesen Gedanken beiläufig in ein Gespräch mit Friedrich Glum, dem Generaldirektor der 1911 gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, einfließen. „Sofort nahm ihn Glum sehr lebhaft auf. ‚Das ließe sich aber sehr gut machen‘, so der einflussreiche preußische Wissenschaftsmanager; „voriges Jahr hat unsere Gesellschaft zu viel Geld bewilligt bekommen. Den Überschuß können wir für Ihr Institut verwenden. Aber wir müssen rasch handeln, denn sonst kommen uns andere mit törichten Unternehmungen zuvor. Da wird z.B. ein Institut für Theaterkunde geplant – was hat das für einen praktischen Nutzen?‘“

So also hat, wenn man der eifrigen Chronistin Marie Bruns trauen darf, an einem Wintertag in den mittleren, den oft verklärten “goldenen Jahren” der Weimarer Republik, alles begonnen. Natürlich waren noch einige Kämpfe zu bestehen. Es brauchte Verbündete in Wissenschaft und Politik und ein tatkräftiges advance team, angeführt von Marguerite Wolff, „Hausfrau des neuen Instituts“ und zugleich mit einem juristischen Referat betraut. Es brauchte eine Gründungsgruppe mit Bibliothekar und Bibliothekarin, fünf Assistenten und fünf Sekretärinnen, die dem Direktor Bruns in den Institutsräumen im Berliner Schloss zur Seite standen. Doch das „Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“, zu dem sich 1926 ein privatrechtliches Schwesterinstitut gesellte, war Realität geworden – ein juristisches Kompetenzzentrum ersten Ranges, gut ausgestattet mit Büchern, Zeitschriften, Dokumenten und klugen Köpfen. Ort der Grundlagenforschung und völkerrechtspolitischer think tank, Elfenbeinturm und Advokatur.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL), das seit 1949 in Heidelberg die Tradition der Berliner Gründung fortführt, kann 2024 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken. Als Institution der Grundlagenforschung im Völkerrecht, im Recht der Europäischen Union und im vergleichenden öffentlichen Recht ist The Institute (oder auch: The Max Planck) weit über die deutschsprachige Rechtswissenschaft hinaus ein Begriff.  Über seine Auseinandersetzung mit aktuellen Rechtsproblemen leistet das MPIL nicht nur einen Beitrag zur theoretischen Fortbildung des Rechts, es berät auch nationale, europäische und internationale Institutionen. Im Laufe seiner Geschichte waren das Institut und seine Mitarbeitenden an wegweisenden juristischen und politischen Entwicklungen beteiligt und schrieben vielfach selbst (Rechts-) Geschichte. Gute Gründe also, um anlässlich des Jubiläums die historische Entwicklung des Instituts und seinen Beitrag in Wissenschaft und Praxis zu erinnern und zu reflektieren.

Geschichte als Problem? Zum historischen Wissensstand

Geschichte, so scheint es, war für das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht immer ein Problem. Geschichte war Dissens, denn Geschichte, das war für das MPIL für lange Zeit die über allem schwebende Gretchenfrage um die Positionierung des Instituts und seiner Mitarbeiter zum „Dritten Reich“. Es hatte seinerzeit alles gegeben: überzeugte Bejaher, skeptische Beobachter, schweigende Ablehner und einen, der es wagte, unter Einsatz seines Lebens am Ende doch gegen das System aufzubegehren. Es gab die nach 1933 Ausgestoßenen und Verfolgten, es ab die nach 1945 als „belastet“ Geltenden und die rasch „Entlasteten“, es gab jene, die das Institut über alle Systemwechsel und Brüche hinweg am Leben hielten und verkörperten. Mitunter gab es gute Gründe zum Vergessen, Vieles verlor sich im Verlauf der Jahrzehnte jedoch eher nebenbei. Seit seiner Neugründung in Heidelberg 1949 schaute das Institut vor allem nach vorne, betrieb Rechtswissenschaft am Puls der Zeit, thematisierte sich selbst und seine Geschichte, wie die gesamte deutsche Gesellschaft seinerzeit, jedoch nur ungern.[1] Nicht die Vergangenheit stand im Vordergrund, sondern die großen Aufgaben der Gegenwart, die von der juristischen Begleitung des Wiederaufbaus der Bundesrepublik bis zur Westintegration reichten.

Dennoch haben sich immer wieder einmal Wissenschaftler mit der Geschichte des Instituts beschäftigt. An einer weitgespannten historiographischen Darstellung fehlt es aber bislang. Die wechselhafte Geschichte des Berliner KWI von 1924 bis 1945 ist mit Ausnahme eines Aufsatzes von Ingo Hueck aus dem Jahr 2000 praktisch nicht bearbeitet worden.[2] Rudolf Bernhardt und Karin Oellers-Frahm, selbst über Jahrzehnte wichtige Akteure der Institutsgeschichte, haben 2018 eine Chronik vorgelegt, die entlang direktoraler Forschungsagenden und Outputs die Institutsgeschichte seit der Wiedergründung in Heidelberg dokumentiert.[3]  Felix Lange hat mit seiner Biographie Hermann Moslers und diversen Einzelstudien erste wesentliche Beiträge geleistet.[4] Vieles aber war bislang unerforscht und unerzählt, viel ist verloren und verdrängt, viele sind vergessen.

Ein kritischer Blick in die Institution: Erinnerungskultur, Netzwerke und Kanonisierungsprozesse

Der Blog MPIL100 möchte hier ansetzen, historische Leerstellen identifizieren und füllen, aber auch weitere Fragen anregen. Er wird aktuelle Fachfragen der Forschungsfelder des MPIL in ihrer historischen Dimension neu denken, auch Akteurinnen und Akteure, die in den vergangenen 100 Jahren am Institut gewirkt haben, in den Blick nehmen. Von großer Bedeutung werden auch die formalisierten wie informellen Netzwerke des Instituts sein, lokal und national, europäisch und global. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Erinnerungskultur und Kanonisierungsprozesse innerhalb des Instituts. Insbesondere sollen Personen wieder in den Fokus gerückt werden, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer religiösen oder politischen Orientierung, zumal durch Verfolgung im „Dritten Reich“, in Vergessenheit geraten sind. Sichtbar werden sollen aber auch die, die im Zuge der demokratischen Transition nach 1945 aus dem Institutskontext verschwanden. Hierbei wird eine große personelle Bandbreite abgedeckt, die auch Protagonistinnen und Protagonisten umfasst, die als nicht-wissenschaftliches Personal in der Verwaltung, Haustechnik oder Bibliothek das Institut teils über viele Jahrzehnte geprägt und seine wissenschaftliche Arbeit mitermöglicht haben.

Altes neu gelesen: disziplinengeschichtliche Aspekte

Aus der historischen Distanz möchten wir auch die Forschungsleistung des Instituts neu und kritisch würdigen. Dies betrifft die inhaltliche Vielfalt und Breite der Forschungsthemen der letzten hundert Jahre, die mit der Auseinandersetzung um den Versailler Vertrag 1924 beginnen, über den Völkerbund, das Kriegsrecht im Zweiten Weltkrieg, die europäische Integration in den 1950ern über die deutsche Wiedervereinigung bis zur Gründung der Europäischen Union reichen. Ob vergleichendes Verfassungsrecht, Völker– und Europarecht, Menschen-, Tier- und Umweltrechte – diese zahlreichen wissenschaftlichen Entwicklungen werden innerhalb ihres Entstehungs- und Wirkungskontextes nachvollzogen. Dies bezieht auch eine Untersuchung der Positionierung des Instituts und seiner Mitarbeitenden zu historisch „kritischen“ Themen und politischen Kontexten mit ein, wie die Haltung gegenüber dem „Dritten Reich“ und der Ideologie des Nationalsozialismus oder zur Kolonialisierung. Ein Zugriff hierzu kann die Auseinandersetzung mit den zahlreichen Veröffentlichungen und Editionen sein, die vom Institut verantwortet werden und wurden. Seit 1927 sind in den „Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“ mehr als 300 Bände erschienen, seit 1929 hat die „Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“ mehr als 80 Ausgaben herausgebracht. Beide sind die zentralen und langlebigsten Publikationsorgane und Spiegel der wissenschaftlichen Produktion des Instituts. Der Blog gibt Gelegenheit und Forum, diese Publikationen mit dem heutigen Blick und unseren Fragen an die Geschichte neu zu lesen und zu kommentieren.

Vom Fachaufsatz zum Tagebuch: die Quellen

Jenseits der wissenschaftlichen Publikationen gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Quellen, die Aufschluss über die Geschichte des Instituts geben können. Im Zuge erster Recherchen wurden zahlreiche bislang unerschlossene Dokumente aufgefunden, die auf dem Blog erstmals wissenschaftlich untersucht werden. Hierzu zählen Rechtsgutachten und -auskünfte des Heidelberger Instituts, die Zeugnis geben von seiner rechtsberatenden Tätigkeit für Ministerien, Behörden und Gerichte. Akten zur Selbstorganisation (wie historische Personal- und Verwaltungsakten) ermöglichen sozialgeschichtliche Analysen der Mitarbeiterschaft des Instituts, Korrespondenzen und bislang verschollene Nachlässe bedeutender Institutspersönlichkeiten helfen bei der Rekonstruktion wissenschaftlicher Netzwerke. Nicht zuletzt neu aufgefundene Ego-Dokumente wie die Tagebuch-Aufzeichnungen von Marie Bruns eröffnen persönliche Perspektiven auf die Einrichtung und ihr wissenschaftliches Schaffen. Komplettiert wird dies durch eine Vielzahl überlieferter Fotografien und auch frühen Ton- und Filmaufnahmen, denen der Blog ein Forum bieten wird. Verbunden wird dies mit Interviews von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die ebenso auf dem Blog erscheinen sollen.

Ein Kaleidoskop der Perspektiven

MPIL100 möchte eine inklusive, dynamische und vernetzte Form der multiperspektivischen Historiographie und ihrer Vermittlung ermöglichen. Wir laden Forschende verschiedener Disziplinen ein, sich an unserem Projekt zu beteiligen. Aktive und ehemalige Angehörige des Instituts sind ebenso willkommen wie externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Unser Blog möchte bisherige Narrative und Deutungsweisen zur Arbeit und Geschichte des Instituts hinterfragen und setzt auf eine Vielzahl fachwissenschaftlicher und interdisziplinärer Perspektiven aus dem In- und Ausland. Um der offenen und global vernetzten Struktur des Instituts und seiner Vielsprachigkeit Rechnung zu tragen, werden die Beiträge des Blogs auf Deutsch und Englisch erscheinen, teilweise zusätzlich auf Spanisch und Französisch. Die Reflexion einer Institution und ihrer Akteure in der Zeit soll auch eine Auseinandersetzung mit heutigen Protagonistinnen und Bedingungen juristischer Wissensproduktion anregen und ermöglichen. Dazu laden wir ein und freuen uns auf engagierte Beitragende und ein lesefreudiges Publikum.

 

[1] Hermann Mosler, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Heidelberger Jahrbücher XX (1976), 53-78.

[2] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen 2000, Bd. 2, 490-528.

[3] Rudolf Bernhardt/ Karin Oellers-Frahm, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Geschichte und Entwicklung von 1949 bis 2013 (Berlin, Heidelberg: Springer 2018). Ferner: Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) / Kaiser-Wilhelm- / Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Eckart Henning/ Marion Kazemi (Hrsg.), Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft Zur Förderung der Wissenschaften 1911– 2011. Daten und Quellen, Bd. 2, (Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016), 1619-1645.

[4] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945 (Berlin, Heidelberg: Springer 2017). Ferner u.a. Ders., Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg – Die Wiederbegründung des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht nach 1945, ZaöRV 74 (2014), 697-732; Ders. Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933-1945, ZaöRV 76 (2016), 633-659; Ders., Between Systematization and Expertise for Foreign Policy – The Practice-Oriented Approach in Germany’s International Legal Scholarship (1920-1980), European Journal of International Law 28 (2017), 535-558; Ders., Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik – Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (1945-2002), in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft 1948-2002, Göttingen 2023, 49-90.

Suggested Citation:

Philipp Glahé/Alexandra Kemmerer, MPIL100 – Beginn einer Spurensuche, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20231114-233459-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

Science often begins with a coincidence. Or more precisely: a moment of serendipity, that happy opportunity that enables and produces knowledge in the seemingly unintentional coincidence of constellation and event. In the winter of 1924/25, such a stroke of luck occurred for international law scholarship. Viktor Bruns, Professor of Constitutional and International Law at the Friedrich Wilhelm University in Berlin since 1912, had, as his wife Marie later noted in her diary, “often and carefully considered the plan for a German textbook on international law in recent years”. He read books and brochures, “had Mrs. Wolff and legal assistants or students tell him about the contents of books so that he didn’t have to read through everything himself”. However, he soon realised that it would take more than a few clever and hard-working employees to achieve the overall vision he had in mind. What was needed was an institute. A few weeks before Christmas, according to Marie Bruns, he casually let this idea slip into a conversation with Friedrich Glum, the Director General of the Kaiser Wilhelm Society, which was founded in 1911. “Glum immediately took it up very enthusiastically. “But that could be done very well”, said the influential Prussian science manager; “last year our society was granted too much money. We can use the surplus for your institute. But we must act quickly, otherwise others will beat us to it with foolish endeavours. For example, an institute for theatre studies is being planned – what is the practical use of that?”.

If we can trust the zealous chronicler Marie Bruns, then this is how it all began on a winter’s day in the mid, often romanticised “golden” years of the Weimar Republic. Of course, there were still some battles to be fought. Allies were needed in science and politics and an effective advance team, led by Marguerite Wolff, “housewife of the new institute” and simultaneously in charge of a legal department. It took a founding group with a librarian, five assistants and five secretaries to support Director Bruns in the institute’s rooms in the Berlin Palace. But the “Institute for Foreign Public Law and International Law”, which was joined by a sister institute of private law in 1926, had become a reality – a first-class centre of legal expertise, well equipped with books, journals, documents and bright minds. A centre for basic research, a think tank for international law, an ivory tower, and an advocacy office.

The Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL), which has been continuing the tradition of the Berlin foundation in Heidelberg since 1949, can now look back on 100 years of history. As an institution for basic research in international law, European Union law and comparative public law, the Max Planck is recognised far beyond the German-speaking legal community.  By analysing current legal problems, the MPIL not only contributes to the theoretical development of law, but it also advises national, European, and international institutions. Throughout its history, the Institute and its staff have been involved in pioneering legal and political developments and have often made (legal) history themselves. Thus, there are ample reasons to commemorate and reflect on the historical development of the institute and its contribution to science and practice on the special occasion of the anniversary.

History as a problem? The state of historical knowledge

History, it seems, has always been a problem for the Institute for Comparative Public Law and International Law. History was a matter of dissent, because for a long time, history was the overriding issue for the MPIL regarding the positioning of the institute and its staff in relation to the “Third Reich”. In those times, everything was represented: convinced supporters, skeptical observers, silent rejecters, and someone who finally dared to rebel against the system at the risk of his life. There were those who were expelled and persecuted after 1933, there were those who were deemed “incriminated” after 1945 and those who were quickly “exonerated”, there were those who kept the institute alive and embodied it through all system changes and disruptions. Sometimes there were good reasons to forget, but many things were lost in passing over the decades. Since its re-establishment in Heidelberg in 1949, the Institute has primarily looked to the future, pursuing jurisprudence at the pulse of the times, but was reluctant to address itself and its history, as was German society as a whole at the time. [1]  The focus was not on the past, but on the major tasks of the present, which ranged from legal support for the reconstruction of the Federal Republic of Germany to the process of Western integration.

Nonetheless, scholars have repeatedly studied the history of the institute. To date, however, a wide-ranging historiographical account has been lacking. With the exception of an essay by Ingo Hueck from the year 2000, the eventful history of the Berlin KWI from 1924 to 1945 has hardly been dealt with.[2] Rudolf Bernhardt and Karin Oellers-Frahm, who themselves played an important role in the history of the institute for decades, published a chronicle in 2018 that documents the history of the institute since its re-founding in Heidelberg along directorial research agendas and outputs.[3]  Felix Lange paved the way with his biography of Hermann Mosler and various individual studies.[4] Yet a great deal has remained unexplored and untold, much has been lost and suppressed, and many have been forgotten.

A critical look at the institution: Culture of remembrance, networks and canonisation processes

The MPIL100 blog aims to take this opportunity as a starting point, to identify and fill historical gaps, but also to stimulate further questions. It will rethink current issues in the MPIL’s fields of research in their historical context and also look at the protagonists who have worked at the institute over the past 100 years. The Institute’s formal and informal networks will be of great importance. Particular attention will be paid to cultures of remembrance and canonisation processes within the Institute. Individuals who were previously overlooked due to their gender, origin, religious, or political orientation (in particular those who were persecuted in the “Third Reich”) are brought back into focus. But also those who disappeared from the context of the institute in the course of the democratic transition after 1945 should become visible. In this process, a wide range of persons shall be covered, including actors who, as non-academic staff in the administration, building services, or the library, have shaped the institute, in some cases over many decades, and helped to make its academic work possible.

A new reading of the old: aspects of disciplinary history

With the benefit of historical distance, we would also like to take a fresh and critical look at the Institute’s research achievements. This concerns the diversity and breadth of the research topics of the last hundred years, which begin with the dispute over the Treaty of Versailles in 1924 and extend to the League of Nations, martial law in the Second World War, European integration in the 1950s, German reunification, and the founding of the European Union. Whether comparative constitutional law, international and European law, human, animal, and environmental rights – these numerous academic developments are traced within the context of their origins and impact. This also includes an examination of the positioning of the Institute and its staff on historically critical topics and political contexts, such as the attitude towards the “Third Reich” and the ideology of National Socialism or colonialism. Access to these topics can be gained by analysing the numerous publications and editions for which the Institute is and was responsible. Since 1927, more than 300 volumes have been published in the “Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“, while the “Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht” has brought out more than 80 issues since 1929. Both encompass the central and longest-running publication organs and with this are a reflection of the Institute’s academic production. The blog provides an opportunity and forum to re-read and comment on these publications with today’s perspective and our questions about history.

From technical essay to diary: the sources

In addition to the academic publications, there are a wide range of other sources that can shed light on the history of the institute. During initial research, numerous previously unexplored documents were discovered, which are being scientifically analysed for the first time on this blog. These include legal opinions and information from the Heidelberg Institute, which bear witness to its legal advisory activities for ministries, authorities, and courts. Files on self-organisation, such as historical personnel and administrative files, enable socio-historical analyses of the Kaiser Wilhelm Institute’s staff, while letters and previously lost archives of important Institute personalities help to reconstruct scientific networks. Last but not least, first-person documents such as Marie Bruns’ diary entries and other autobiographical reflections by former members of the Institute open up personal perspectives on the Institute and its scholarly work. This is complemented by a large number of surviving photographs and early sound and film recordings, which the blog will provide a forum for. These will be combined with interviews featuring historical witnesses, which will also appear on the blog.

A Kaleidoscope of Perspectives

MPIL100 aims to facilitate an inclusive, dynamic, and interconnected form of multi-perspective historiography and its transmission. We invite researchers from various disciplines to participate in our project. Active and former members of the Institute are just as welcome as external researchers. Our blog aims to question existing narratives and interpretations of the Institute’s work and history and draws on a variety of academic and interdisciplinary perspectives from Germany and abroad. In order to take account of the open and globally networked structure of the Institute and its multilingualism, the blog posts will appear in German and English, and in some cases also in Spanish and French. Reflecting on an institution and its protagonists over time should also stimulate and enable a discussion of today’s actors and conditions of legal knowledge production. We invite you to participate and look forward to welcoming committed contributors and an eager audience.

Translation from the German original: Áine Fellenz

 

[1] Hermann Mosler, ‘Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht‘, Heidelberger Jahrbücher XX (1976), 53-78.

[2] Ingo Hueck. ‘The Discipline of the History of International Law’, JHIL 3 (2001), 194-217.

[3] Rudolf Bernhardt and Karin Oellers-Frahm, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Geschichte und Entwicklung von 1949 bis 2013 (Berlin, Heidelberg: Springer 2018). Furthermore: Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) / Kaiser-Wilhelm- / Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Eckart Henning and Marion Kazemi (eds.), Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1911- 2011. Daten und Quellen, vol. 2, (Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016), 1619-1645.

[4] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945 (Berlin, Heidelberg: Springer 2017). Also, inter alia, Idem, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg – Die Wiederbegründung des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht nach 1945, HJIL 74 (2014), 697-732; Ders. Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933-1945, HJIL 76 (2016), 633-659; Idem, Between Systematisation and Expertise for Foreign Policy – The Practice-Oriented Approach in Germany’s International Legal Scholarship (1920-1980), EJIL 28 (2017), 535-558; Idem, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik – Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (1945-2002), in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (eds.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft 1948-2002, Göttingen 2023, 49-90.

Suggested Citation:

Philipp Glahé/Alexandra Kemmerer, MPIL100 – Beginnings of an Exploration, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20231114-233459-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED