Philipp Glahé ist Historiker und wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Philipp Glahé is a Historian and Senior Research Fellow at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law

Alle Artikel von Philipp Glahé

Das Institut als Idyll. Karl Doehrings Weihnachtsansprache 1995

„Ich kann Ihnen erzählen, was ich will. Sie können mich gar nicht korrigieren, denn Sie waren nicht dabei“, so heißt es gleich zu Anfang von Karl Doehrings launiger Weihnachtsansprache aus dem Jahr 1995. Von einem umsichtigen Mitarbeiter oder einer umsichtigen Mitarbeiterin auf Tonband aufgenommen und von der langjährigen Verwaltungsleiterin und Instituts-Chronistin Gerda Wallenwein knapp 30 Jahre aufbewahrt, ist mit Doehrings Rede ein Dokument überliefert, welches einen humorvollen und sehr persönlichen Einblick in die Geschichte des Instituts und seiner Festkultur erlaubt. Auch wenn der Verfasser dieses Beitrags weder bei der Rede und noch viel weniger bei den vom Redner wiedergegebenen Episoden aus der Institutsgeschichte „dabei war“ und Doehring auch gar nicht „korrigieren“ will, möchte er doch ein paar Kontextualisierungen der Ansprache vornehmen.

Den Text zum Nachlesen finden sie hier.

„Bei uns ist nichts mit Förmlichkeiten“. Karl Doehring und das Institut

Karl Doehring, 1960er (Foto: MPIL).

1995 fand das letzte Weihnachtsfest vor dem Umzug in das heutige Gebäude im Neuenheimer Feld statt, was – wie Doehring andeutet – vielleicht der Anlass für seinen nostalgisch-anekdotenhaften Rückblick auf die Geschichte des Instituts gewesen sein mag. Karl Doehrings (1919-2011) wissenschaftliche Karriere war untrennbar mit dem Institut verknüpft. 1949 trat er, auf Vermittlung seines späteren Doktorvaters Ernst Forsthoff, parallel zum Referendariat als erster Assistent dem gerade wiedergegründeten Institut bei.[1] Das Institut durchlief Doehring nicht nur als Doktorand und Habilitand, er übte über Jahrzehnte auch die Funktion eines Verwaltungsleiters und stellvertretenden Direktors aus, von 1980 bis 1987 war er überdies selbst einer der Direktoren des MPIL. Bis zu seinem Tod 2011 arbeitete Doehring täglich im Institut.[2]

Seine Schilderungen sind von anekdotenhafter Nostalgie, was dem Genre der Weihnachtsansprache aber auch der Erzählfreude Doehrings zuzuschreiben ist. Er beschreibt verschiedene Akteurinnen und Akteure sowie Begebenheiten, die er in den zurückliegenden 46 Jahren am Institut erlebt hat. Deutlich wird hierbei die starke Verbundenheit Doehrings mit dem MPIL und seinen Mitarbeitenden, insbesondere mit dem nicht-wissenschaftlichen Personal. So beschränkt sich Doehrings Ansprache keineswegs nur auf die „großen Namen“, die das Institut im Laufe der Jahrzehnte hervorgebracht hat, es überwiegen die Erinnerungen an den Hausmeister Hermann Blum, die frühere Verwaltungssekretärin Ellinor Greinert oder die „Hausbesorgerin“ Mina Wernz. In Doehrings Rückblick erscheint das Institut vor allem als ein geistig wie sozial freier Ort, der von gewisser Kameradschaftlichkeit und Familiarität getragen war.

War früher alles besser? Dem Idyll auf der Spur

„Und wenn ich Ihnen sage Idylle, dann ist das nicht nur besonnte Vergangenheit, sondern es war wirklich eine, sowas gibt es ja auch in der Realität.“

Unter Nostalgie versteht man gemeinhin das Heimweh nach der Vergangenheit – einer Vergangenheit, die meist so nie existiert hat. Gerade Weihnachtsfeiern laden traditionell zur Reflexion des zu Ende gehenden Jahres ein. Mit dem lange überfälligen Umzug in das neue Institutsgebäude endete für das MPIL zudem eine jahrzehntelange Ära. So fragt sich: Wer und was gilt dem damals 76-Jährigen als Ausdruck und Repräsentant jener „Idylle“, an die er auf der Weihnachtsfeier erinnert?

Einladungsschreiben zur Weihnachtsfeier 1995

Als Doehring 1948 nach Heidelberg kam, um sein Studium der Rechtswissenschaften aufzunehmen, hatte er nicht nur vier Jahre Krieg als Soldat, sondern auch fünf lange Jahre britische Kriegsgefangenschaft in Nordafrika hinter sich. Auch sein Studium in Heidelberg war durch äußerste Bescheidenheit geprägt, das Trauma des Krieges hing den Studenten, die zumeist selbst Soldaten gewesen waren, spürbar nach: „Neben einem Studenten, der einen Arm verloren hatte, saß manchmal ein Beinamputierter oder auch ein Rollstuhlfahrer. (…) Die Vorlesungen waren immer voll, denn Bücher gab es wenig. Der Studieneifer war enorm, da alle sobald wie möglich ins Berufsleben wollten. Alle waren wissbegierig, diskussionsfreudig und kritisch denkend.“[3] Vor diesem Hintergrund erstaunt es wenig, dass die Arbeitsstelle am MPIL für Doehring nicht nur ein besonderes Privileg war, sondern ihm rückblickend geradezu als Idyll erschien. Da störte auch die  schwierige räumliche Situation des Instituts nicht, das sich nach der Zerstörung seines ursprünglichen Sitzes im Berliner Schloss 1945 bis 1954 auf zwei mehr oder minder improvisierte Standorte in Heidelberg und eine Rest-Abteilung in Berlin verteilte.[4] Doehrings Zeit in Heidelberg und insbesondere am Institut war für ihn vor allem eine Phase des Friedens und eines beginnenden (bescheidenen) Wohlstands.

Ein weiterer Aspekt, der in Doehrings Rede aufscheint, ist seine Wahrnehmung des Instituts als hierarchiefreien, nahezu egalitären Ort, an dem man sich weniger um gesellschaftliche Konventionen, Rangordnungen und Etikette scherte, als an vielen anderen Orten seinerzeit. Auch diese Wahrnehmung erklärt sich vor allem aus Doehrings Zeit beim Militär. Die von ihm dort erlebte Kameradschaftlichkeit, wie er sie zwischen Soldaten, auch über Dienstränge hinweg, erinnerte, habe es an der Universität nicht gegeben: „Als Student machte ich nun die Erfahrung, dass ich im Krieg als Offizier die Last der Verantwortung getragen hatte und inzwischen das dreißigste Lebensjahr überschritten hatte, mich als Fahnenjunker mit meinem Regimentskommandeur ungezwungener hatte unterhalten können als jetzt mit vielen Professoren.“[5] Das war am Institut aufgrund seiner geringen Größe und Familiarität anders. Eine leichte, teils ironische, Reserviertheit wird in diesem Punkt jedoch gegenüber Hermann Mosler spürbar, der laut Doehring einige der früheren Freiheiten durch feste Arbeitszeiten, Betriebsrat und neue Hierarchien eingeschränkt habe.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts 1985 (Foto: MPIL)

Der meinungsstarke und streitfreudige Doehring, der 1967 den Lehrstuhl seines Lehrers Forsthoff übernommen hatte, wurde von den Aktivistinnen und Aktivisten Studentenbewegung indes als alles andere als „unhierarchisch“ wahrgenommen und geriet aufgrund seiner konservativen Positionen ins Fadenkreuz des studentischen Protestes. Die Erlebnisse jener Zeit und die verbalen wie auch tätlichen Angriffe einiger besonders radikaler Studierender, die Doehring „an Bürgerkrieg erinnerten“, hinterließen bei ihm deutliche und nachhaltige Spuren.[6] Das Institut, das in der Berliner Straße weitab von den oft heftigen Ausschreitungen und Protesten in der Altstadt lag, blieb aufgrund seiner gewissen sozialen und politischen Homogenität indes von „1968“ unberührt, was das Bild von den politischen Stürmen der Zeit verschonten Idylls gestärkt haben mag.

Dem Genre der Weihnachtsansprache eigen ist natürlich, dass Themen und Persönlichkeiten, die für Kontroversen oder Dissonanzen sorgen könnten, ausgespart werden. So meidet Doehring fast zwangsläufig auch Politisches. Deutlich wird dies bei seiner Darstellung des Institutsdirektors Carl Bilfinger (1879-1958). Dieser hatte nach dem Tod des Gründungsdirektors Viktor Bruns, dessen Cousin er war, 1944 die Institutsleitung übernommen und Teile der Forschungseinrichtung nach Heidelberg transferiert. 1946 war er aufgrund seiner starken politischen Belastung von seinem Amt zurückgetreten. Nach seiner überraschenden Entnazifizierung wurde er abermals von 1949 bis 1954 zum Direktor ernannt – eine Entscheidung, die inner- und außerhalb des Instituts und der MPG umstritten war. Als Schwierigkeit für die Wiedergründung stellte sich nicht nur Bilfingers NS-Belastung heraus, sondern auch seine durch Alter und schlechten Gesundheitszustand bedingte Überforderung bei der Leitung und beim Wiederaufbau. Bei Doehring klingen diese Probleme in seiner wohlwollend-anekdotenhaften Schilderung Bilfingers als eines etwas wunderlichen, um nicht zu sagen schrulligen älteren Herrn allenfalls im Subtext an. Bilfinger als zeithistorische Figur tangiert Doehring aber dennoch, indem er darauf hinweist, dass er 1932 mit Carl Schmitt vor dem Staatsgerichtshof im Prozess „Preußen contra Reich“ aufgetreten war, jedoch ohne die politischen Implikationen näher auszuführen. So hielt er es auch bei Bilfingers Darstellung in seiner Autobiographie, anders als bei seinem Lehrer und späteren Freund Forsthoff, dessen „Verstrickungen“ in das „Dritte Reich“ Doehring einzuordnen versuchte.[7]

„Es war dann immer wieder alles gut geworden, was im Jahr falsch war.“

Weihnachtsansprachen haben eine wichtige soziale Funktion: Sie stiften Gemeinschaft. Die in sie eingewobenen Narrative verfolgen nicht den Anspruch wissenschaftlich-historischer Exaktheit, sie sind integrativ, wollen versöhnen und im Sinne des Gemeinschaftsgeistes idealisieren. Und so ist es auch bei Doehrings Ansprache im Jahre 1995. Ihre historische Bedeutung liegt weniger in ihrem faktischen Gehalt als in ihrer Perspektive und der Atmosphäre, die Doehring mit ihr kreiert. Ebenso spricht der Umstand, dass die Ansprache, einer spontanen Eingebung eines oder einer unbekannten Mitarbeitenden folgend, aufgenommen und für die Nachwelt überliefert wurde, für sich. Doehring traf mit seiner Rede einen Ton, der – wenn man so will – noch heute nachhallt. Auch wer damals nicht dabei war, wer weder die „Schildwacht“ kennt, noch Harry Belafonte auf den Lippen hat, fühlt sich beim Hören dieser Rede Doehring förmlich gegenübersitzen, als wäre man dabei gewesen, im Dezember 1995.

[1] Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: WJS Verlag 2008, 122.

[2] Vgl.: Juliane Kokott, Nachruf Professor Dr. iur. Dr. h.c. mult. Karl Doehring, ZaöRV 71 (2011), 435-439.

[3] Doehring (Fn. 1), 117.

[4] Dass es seinerzeit durchaus andere Wahrnehmungen der Lage durch die Institutsbeschäftigen gab, mag der bislang unveröffentlichte Bericht der Bibliothekarin Annelore Schulz aus dem Jahr 1946 über das zerstörte Institut in Berlin veranschaulichen: Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem, 1946. Ferner: Felix Lange, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg. Die Gründungsgeschichte des völkerrechtlichen Max-Planck-Instituts nach dem Zweiten Weltkrieg, ZaöRV 74 (2014), 697-731.

[5] Doehring (Fn. 1), 119

[6] Doehring (Fn. 1), 142

[7] Doehring (Fn. 1), 119.

Völkerrecht im Radio. Marianne Grewe-Partsch interviewt das Institut 1966

Knapp 700.000 „Medieneinheiten“ auf mehr als 43 Regalkilometern Stellfläche umfasst die Bibliothek des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL) in Heidelberg.[1] Hierzu zählen vor allem Bücher und Zeitschriften. Durchforstet man das fußballfeldgroße Bibliotheksmagazin, so stößt man aber auch auf andere, im Zeitalter der Digitalisierung rasant veraltende Speichermedien. Kistenweise CD-ROMS, Disketten und VHS-Kassetten befinden sich im Bibliothekskeller, alles sorgfältig archiviert und mit Signaturen versehen. Doch sammelte sich in hundert Jahren auch einiges an, das in keinem Katalog verzeichnet ist und einen vielfach langen Dornröschenschlaf schlief, wie das Tonband „Rundfunksendung im Hessischen Rundfunk am 6.6.1966“. Versteckt in einem Stehordner überdauerte das Band knapp sechs Jahrzehnte, ehe es sich durch Zufall wiederfand, mitsamt Begleitkorrespondenz und einem Transkript, das Aufschluss über den Inhalt der Sendung gibt. Das Tonband stellt die Aufzeichnung eines Instituts-Portraits der Juristin und Journalistin Marianne Grewe-Partsch (1913-2004) dar. Für die Sendereihe „Wissen im Wandel“ sprach sie 47 Minuten lang mit Institutsangehörigen über deren Forschung. Zu Wort kommen neben dem damaligen Direktor Hermann Mosler (1912-2001) dessen späterer Nachfolger Karl Doehring (1919-2011), der Schriftleiter der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) Helmut Strebel (1911-1992), der Leiter der Bibliothek Otto Steiner (1915-1999) und die Referenten Jochen Abr. Frowein (geb. 1934), Helmut Steinberger (1931-2014), Hermann-Wilfried Bayer (1933-2023) und Werner Morvay (geb.1933). Als besonderes Highlight vermerkt das Protokoll den Tonmitschnitt einer Referentenbesprechung. Das früheste aus der Institutsgeschichte bekannte Audio-Dokument ist ein besonderer historischer Schatz, der Einblicke in die Institutskultur und -arbeit der 1960er Jahre gibt.

Dank der Retrodigitalisierung des Tonbandes durch den Hessischen Rundfunk (HR), der das Original selbst nicht mehr in seinen Archiv-Beständen führte, ist das Radio-Portrait nun für die Öffentlichkeit verfügbar. Dieser Beitrag lädt also zu einer kleinen Zeitreise ein und möchte einige begleitende historische Kontextualisierungen geben.

Lesen statt Hören? Hier das Transkript zur Radiosendung.

Öffentlich-rechtlicher Bildungsauftrag. Rundfunk und Erwachsenenbildung

Marianne Grewe-Partsch 1968[2]

Das Radio-Feature von Marianne Grewe-Partsch ist ein Mitschnitt aus einer anderen Zeit. Etwas steif und formell mutet der Umgangston zwischen der Interviewerin und den Befragten an. Auch die Ausführungen der Interviewten wirken nicht selten wie gedruckt und eher unspontan. Dies mag mit dem ungewohnten Umgang mit Mikrophon und Aufnahmegerät zusammenhängen, aber auch mit dem, gemessen an heutigen Maßstäben, sehr hohen fachlichen Niveau der Sendung. Die Fragen von Marianne Grewe-Partsch, die nicht nur selbst promovierte Juristin war, sondern aus einer weitverzweigten Juristenfamilie stammte, sind anspruchsvoll.[3] Auch wenn die Interviewten sich darum bemühen, ihre Arbeit allgemeinverständlich darzulegen, verlangen ihre Ausführungen den Hörern einiges an Konzentration ab.

Das Feature der Serie „Wissen im Wandel“, die die Arbeit und Forschung verschiedener Max-Planck-Institute der nicht-fachwissenschaftlichen Öffentlichkeit vorstellte, steht im Kontext der Radio-Bildungsprogramme der 1960er Jahre, von denen das von 1966 bis 1998 ebenfalls vom HR betriebene „Funkkolleg“ das bekannteste ist.[4] Angesichts der Bildungsexpansion und Überlastung sowie Neugründung vieler Universitäten, beschritt man mit den Bildungssendungen im Radio neue Wege und versuchte wissenschaftliche und universitäre Inhalte und Debatten einem weiten Publikum im Sinne der „Volksbildung“ zugänglich zu machen. Insbesondere das Funkkolleg fungierte als eine Art Abend- und Fern-Universität für nebenberuflich Studierende des Zweiten Bildungsweges. Marianne Grewe-Partsch, ab 1961 Programmredakteurin für „Frauenfunk und Erwachsenenbildung“ im HR, war eine der führenden Akteurinnen dieser neuen medialen Wissensvermittlung.[5] Die Reihe „Wissen im Wandel“ ist zwar nicht als universitäre Fern-Vorlesung angelegt, ist in ihrem Zuschnitt jedoch erkennbar Teil einer Demokratisierung der Wissensvermittlung. Für das Institut stellt das Feature ebenfalls ein Novum dar, da es bis dahin seine Forschung kaum jenseits der Fachwelt kommuniziert hatte.[6]

Männliche deutsche Prädikatsjuristen erforschen die Welt. Das Institut im Jahre 1966

Der Haupteingang des Instituts in der Berliner Straße 1961[7]

Das Radio-Feature gibt nicht nur einen Einblick in eine andere Zeit, sondern mit ihr in ein sehr anderes Institut, das sich in Aufbau, personeller Zusammensetzung und wissenschaftlichem Selbstverständnis in Vielem vom heutigen unterscheidet. Das Institut des Jahres 1966 war nahezu beschaulich. Insgesamt 47 Mitarbeitende hatte das MPIL, von denen knapp die Hälfte (22) in der Wissenschaft tätig waren.[8] Im Vergleich dazu: Im Jahr 2023 hatte das Institut 168 Mitarbeitende (unter ihnen 102 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler).[9] Die Belegschaft hat sich in sechs Jahrzehnten also mehr als verdreifacht, die Zahl der Forschenden sogar verfünffacht.

Forschung und Wissenschaftsmanagement des Instituts sind 1966 ebenfalls anders, nahezu behördlich, strukturiert. Orientiert am Referatssystem des Auswärtigen Amtes waren seit seiner Gründung 1924 die Forschungsgebiete des Instituts ist in Länderreferate unterteilt, die jeweils von einem Fachreferenten bearbeitet wurden. Im Interview mit Marianne Grewe-Partsch betonen Hermann Mosler und seine Mitarbeiter die im Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) wurzelnde Tradition der gegenwarts- und praxisorientierten Forschung. Diese wurde nicht nur in der Forschungsorganisation, sondern auch in den Publikationsformaten fortgeführt. Themen der 1960er Jahre sind die Anknüpfung an die wissenschaftliche Politikberatung der Europäischen Integration der 1950er, die Politik der Vereinten Nationen und die „Deutsche Frage“.[10] Die 1960er sind für das Institut jedoch auch der Beginn einer langsamen Internationalisierung, die durch eine Vielzahl internationaler verfassungsrechtsvergleichender Kolloquien und der Aufnahme erster ausländischer Gäste am MPIL seinen Ausdruck fand.[11] Dennoch lag der Fokus des Instituts seinerzeit vor allem auf der Konsolidierung der Bundesrepublik, ihrer internationalen Integration und aktuellen Fragen des Völkerrechts beziehungsweise seiner systematischen Weiterentwicklung.[12]

 „Eine Ordnung für eine exklusive Gemeinschaft“. Hermann Mosler über das Völkerrecht (Min. 2:40 bis 10:32 und Min. 16:03 bis 19:41)

Marianne Grewe-Partsch befragt zu Beginn ihres Institutsportraits Hermann Mosler zu seinem Verständnis des Völkerrechts. Bereits 1937 ins Berliner KWI eingetreten und stark von Viktor Bruns in seinem Rechtsdenken beeinflusst, war Mosler 1954 zum Direktor ernannt worden. Mosler war nicht nur Wissenschaftler, sondern hatte als vormaliger Leiter der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes und ab 1959 als deutscher Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einen ausgewiesen praktischen Blick auf das Völkerrecht.

Mosler führt aus, dass das Völkerrecht nach traditionellem Verständnis das „Recht zwischen den Staaten“ darstelle und somit eine „Ordnung für eine exklusive Gemeinschaft“ von Rechtssubjekten sei. Diese Ordnung habe sich Mosler zufolge vor allem im „abendländischen zwischenstaatlichen Verkehr“ entwickelt und basiere auf Verträgen und allgemeinen Grundsätzen. Darüber hinaus hätten sich „in der jüngsten Zeit“ durch die wirtschaftliche Globalisierung und ein wachsendes „Netz“ internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen oder der Europäischen Gemeinschaften eine neue Form der internationalen Verflechtung ergeben.

Auf die Frage, ob es in Zeiten des Blockkonflikts ein einheitliches Völkerrecht in Ost und West gebe, antwortet Mosler differenzierend. „Ost“ und „West“ sind ihm zu grobe Kategorien, „denn der Westen ist keine Einheit in diesem Sinne“, wie auch der Osten kein monolithischer Block sei. Mosler verweist auf die neuen Staatenbildungsprozesse des Globalen Südens und darauf, dass viele dieser Länder „blockfrei“ seien. Auch verwehrt er sich gegen den Begriff des „westlichen Völkerrechts“, da er hierin vielmehr einen ideologisch abwertenden sowjetischen Kampfbegriff sieht. Für Mosler ist das „westliche Völkerrecht“ das „eigentliche“ Völkerrecht, das sich aus der europäischen und amerikanischen Tradition entwickelt habe und „objektiv“ sei. Dennoch gebe es auch ein Völkerrecht, das zwischen Ost und West gleichermaßen gelte als eine „Ordnung für den Interessensausgleich“, wie sie unter anderem in internationalen Handelsabkommen ihren Ausdruck finde. Auch als Marianne Grewe-Partsch nach den Durchsetzungsmöglichkeiten des Völkerrechts fragt, betont Mosler vor allem den friedensorientierten Ordnungsgedanken des Rechts und dessen Durchsetzung über internationale (Schieds-) Gerichte.

Moslers Ausführungen sind in Anbetracht des Interview-Formats denkbar knapp. Dennoch werden sein eurozentrisches und praxisorientiertes Völkerrechtsverständnis wie auch seine Skepsis gegenüber den neuen nicht-staatlichen Akteuren greifbar, die er bald zehn Jahre später in seinem an Viktor Bruns anknüpfenden Grundlagenaufsatz zum „Völkerrecht als Rechtsordnung“ sehr viel mehr differenzieren sollte.[13]

Gemeinschaftsarbeit und Arbeitsteilung. Das Selbstverständnis des Instituts im Jahre 1966 (Min. 10:33-16:02)

Nach einem ersten Interview-Block mit Hermann Mosler folgt ein Überblick über die Geschichte und Aufgaben des Instituts, die an den offiziellen Selbstdarstellungen des MPIL orientiert ist.[14] Als Hauptaufgaben der Forschungseinrichtung charakterisiert werden die Sammlung und Aufbereitung des Materials zum Völkerrecht, Staats- und Verwaltungsrecht des Auslands aus und die Weiterentwicklung von Dogmatik und Systematik dieser Rechtsgebiete. Ebenso gehöre die Publikation dieser Materialien und ihrer begleitenden Erforschung zu den Kernaufgaben. Dies geschehe durch die institutseigene Zeitschrift ZaöRV, eine wissenschaftliche Monographien-Reihe (Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht) und Quellenwerke (Fontes Iuris Gentium). Neben der Forschung habe das Institut jedoch auch praktische Tätigkeiten zu bewältigen, so in der Ausbildung von Nachwuchskräften für Universitäten, Ministerien und internationalen Organisationen und durch Gutachten und wissenschaftliche Beratung von öffentlichen Stellen. Auf die Frage Grewe-Partschs, was „nun die eigentliche Eigenart“ des Instituts sei, betont Mosler die praxisorientierte Gemeinschaftsarbeit.[15]

„Beiträge auch ausländischer Fachgenossen“. Helmut Strebel über die Instituts-Publikationen (Min. 19:41-23:20)

Helmut Strebel, 1972[16]

Helmut Strebel betont in seinem Gespräch mit Marianne Grewe-Partsch vor allem die Kontinuität des Heidelberger Instituts mit seiner Berliner Vorgängereinrichtung.[17] Schwerpunkt der Instituts-Publikationen sei, seit seiner Gründung, die Veröffentlichung amtlicher Quellen aus der völkerrechtlichen Staatenpraxis mit einem Fokus auf vertraglich nicht festgelegten Völkerrechtsgrundsätzen. Strebel kennzeichnet die Publikationspraxis durch ihre „Nähe zur Wirklichkeit und vorsichtige Zurückhaltung gegenüber theoretischer Ableitung“. Der Schriftleiter der ZaöRV hebt die Bedeutung des dokumentarischen Teils der Zeitschrift hervor, der ähnlich dem Editionsprojekt der Fontes Iuris Gentium darum bemüht sei, völkerrechtliche Quellen wie Verträge oder Gerichtsentscheidungen der Fachwelt öffentlich zugänglich zu machen. Strebel hebt hervor, die Zeitschrift habe sich „zu einer Art internationalen Forums entwickelt“. Und, was damals noch nicht selbstverständlich ist, die ZaöRV „bringt also Beiträge auch ausländischer Fachgenossen, vielfach in deren Originalsprache“.

Wie weit Anspruch und Realität bei der Rezeption der ZaöRV in Helmut Strebels Beitrag ineinandergreifen, war seinerzeit bereits strittig. Ein großes institutsinternes Thema war der merkliche Verlust des Deutschen als internationale Wissenschaftssprache, was sich auch auf die Rezeption der ZaöRV niederschlug, weshalb man beschloss, vermehrt auf Englisch zu publizieren.[18] Und auch trotz der vielen am Institut abgehaltenen internationalen Kolloquien bilanziert Felix Lange die internationale Strahlkraft des MPIL zurückhaltend: Das MPIL hätte „keine generellen dogmatischen oder theoretischen Konzeptionen [entwickelt], die international rezipiert wurden“.[19] Hierfür war man schlicht zu sehr auf die deutschen Forschungsfragen fokussiert.

Vor allem für Mitarbeiter. Otto Steiner und die Bibliothek (Min. 23:20-26:25)

Otto Steiner im Magazin im „Bücherturm“[20]

Selbstbewusst stellt Bibliotheksdirektor Otto Steiner[21] die umfangreichen Bestände der Bibliothek vor. 1966 umfasste diese knapp 130.000 Bände und 1200 laufende Zeitschriften, womit sie eine der größten völkerrechtlichen Fachbibliotheken der Welt darstellte: „Wir konkurrieren mit der Bibliothek des Friedenspalastes im Haag und der Bibliothek der Vereinten Nationen in Genf.“ Den Hauptbestand der Bibliothek machten laut Steiner Gesetzesblätter, Entscheidungssammlungen, Zeitschriften, Parlamentsdebatten und die monographische Literatur des Staats- und Verwaltungsrechtes aus. Darüber hinaus würden aber auch „Veröffentlichungen auf dem geschichtlichen, vor allem außenpolitischen Gebiet“ gesammelt. Steiner betont, dass die Institutsbibliothek als Niederlassungsbibliothek der UN und der Europäischen Gemeinschaften sämtliche von diesen Organisationen gedruckte Publikationen sammle, wie auch alle Protokolle der Debatten der UN-Vollversammlung und des Sicherheitsrates.

Steiner unterstreicht, dass die Bibliothek  vordringlich für die Institutsmitarbeiter gedacht sei, „aber jeder, der ein ernsthaftes Interesse nachweisen kann, wird zur Benutzung der Bibliothek in den Räumen des Hauses zugelassen“. Hiermit spricht der Bibliotheksleiter die beginnende Öffnung des Instituts für Gastwissenschaftler an. Im Jahr 1966 wurde die Bibliothek laut Jahresbericht von 187 Gästen aufgesucht, von denen 47 länger als drei Monate am MPIL arbeiteten.[22] Damit kam das Institut seinerzeit an seine Belastungsgrenze. Ursprünglich war das Gebäude an der Berliner Straße ganz ohne Lesesaal gebaut worden, da die Bibliothek als reine Magazin- und Dienstbibliothek konzipiert worden war. 1959 war ein Vortragsraum angebaut worden, der zugleich als „Arbeitssaal“ für Bibliotheks-Gäste verwendet wurde. In den 1970ern wurde ein weiterer Lesesaal außerhalb des Instituts im Max-Planck-Haus mitgenutzt. In den Forschungsalltag integriert waren damals nur wenige Gäste. Im Jahr 1966 forschten zehn „ausländische Gast-Assistenten bzw. Referenten“ und Stipendiaten am Institut.[23]

„Wir haben eigentlich keine Hierarchie“. Karl Doehring über Teamwork (Min. 26:25-30:40)

Karl Doehring (rechts) mit Kay Hailbronner (mitte) und Ernst-Ulrich Petersmann (links), 1972 bei einer Referentenbesprechung.[24]

Karl Doehring wird von Marianne Grewe-Partsch als „stellvertretender Leiter“ des Instituts vorgestellt. Eine seiner Hauptfunktionen am Institut war die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Mit fünf wissenschaftlichen Mitgliedern, acht Referenten („eine Gruppe von jüngeren Herren“) und sechs Assistenten, also Doktoranden („eine Gruppe von, wenn ich das so sagen darf, ganz jungen Herren“), war die Forschungsabteilung am Institut in der Tat überschaubar.[25] Doehring betont, wie auch Mosler, dass sämtliche Institutsprojekte „in sogenanntem Teamwork“ bearbeitet würden. Hierbei gäbe es „eigentlich keine Hierarchie“. Dass Doehring das Institut als weitgehend „hierarchiefrei“ empfand, mag wohl neben der geringen Mitarbeiterzahl auch an der personellen Homogenität des Instituts gelegen haben. Die Forscher waren allesamt deutsche männliche Prädikatsjuristen, von denen die meisten an der Universität Heidelberg ausgebildet worden waren und in jungem Alter an das Institut kamen. Die geringen Auswirkungen der Studentenbewegung, die nur zwei Jahre später ihren Höhepunkt erreichen sollte, auf das MPIL zeugen ferner davon, dass am Institut die etablierten Strukturen seinerzeit nicht in Frage gestellt wurden.[26]

Doehring betont die Bedeutung des Instituts bei der Nachwuchsausbildung für Wissenschaft und Praxis. Ihm zufolge habe das Institut in den damals 42 Jahren seiner Existenz 30 Universitätsprofessoren hervorgebracht. Und in der Tat war der Einfluss des MPIL als „Kaderschmiede“ kaum zu unterschätzen. Sämtliche zehn Habilitanden Hermann Moslers erhielten Berufungen, sodass es laut Rudolf Bernhardt „nahezu ausgeschlossen [war], bei nationalen oder internationalen wissenschaftlichen Veranstaltungen zum Völkerrecht, zum Europarecht oder zum vergleichenden öffentlichen Recht keinem Schüler Hermann Moslers zu begegnen.“[27] Aber auch in das Auswärtige Amt, internationale Organisationen und Gerichte strahlte der Einfluss des MPIL über Jahrzehnte aus. Auch Karl Doehring selbst war, wie er hervorhebt, ein „Produkt“ des Instituts. 1949 war er als Assistent eingetreten, von 1980 bis 1987 war er als Direktor am MPIL tätig. 1967, ein Jahr nach dem Interview, folgte er als Ordinarius an der Heidelberger Universität Ernst Forsthoff nach.[28]

Der Referent. Herr Dr. Frowein (Min. 30:41 bis 33:01)

Schließlich wendet sich Marianne Grewe-Partsch an einen der, wie Karl Doehring es formulieren würde, „jüngeren Herren“. Vom damals 32-jährigen Jochen Abr. Frowein, der seit vier Jahren am Institut tätig ist, möchte sie wissen, was genau seine Aufgaben seien. Frowein berichtet von seiner Tätigkeit als Landesreferent für Großbritannien und das Commonwealth: „Die Aufgabe des Landesreferenten ist es, die Rechtsprechung und Verfassungsentwicklung in den einzelnen Staaten zu beobachten und insbesondere solche Fälle aufzunehmen, die von völkerrechtlichem Interesse sind.“ Auf Grewe-Partschs Frage, ob dies nicht sehr gute Englischkenntnisse voraussetze, erwidert Frowein, dass es am Institut auch „eine Reihe von Herren“ gebe, die auch „ausgefallenere Sprachen“ beherrschten, etwa Spanisch, Italienisch oder skandinavische Sprachen. Hatte die Beherrschung der englischen Sprache in den 1960er Jahren schon Seltenheitswert, so waren darüberhinausgehende Sprachkenntnisse bereits von exotischer Natur. Seit Anfang der 2000er Jahre kann Englisch im Institut als die Hauptwissenschaftssprache gelten, der Italienisch und Spanisch folgen. Obgleich Deutsch in seiner Bedeutung als Wissenschaftssprache schon in den 1960ern spürbar abgenommen hatte wie, auch das Französische, war es institutsintern bis in die 1990er auch bei internationalen Veranstaltungen dominierend.

Hermann Mosler eröffnet 1964 das Kolloquium zur Staatshaftung. Im Hintergrund Jochen Abr. Frowein[29]

Auch Jochen Abr. Frowein sollte zu jenen Absolventen des Instituts gehören, die eine eindrucksvolle Karriere in Wissenschaft und Rechtspraxis zurücklegten – nicht zuletzt, wie auch Karl Doehring und sein Mit-Referent Helmut Steinberger[30], als späterer Direktor des MPIL (1981-2002). Eine der Grundlagen seines späteren Lebensweges legte Frowein während seiner Tätigkeit als Referent, als er sich am Institut mit seiner 1968 erschienenen Schrift über Das de-facto Regime im Völkerrecht habilitierte.[31] Seine Arbeit war hierbei unmittelbar aus seiner Erfahrung als Landesreferent inspiriert, da seine Untersuchung zur Staatenpraxis im Umgang mit nicht-staatlichen beziehungsweise nicht als Staaten anerkannten „Gebilden“ wie der DDR maßgeblich von der Analyse des Umgangs Großbritanniens mit ehemaligen Commonwealth-Staaten beeinflusst war.[32]

Die Referentenbesprechung. Nachbereitung des internationalen Kolloquiums über die Staatshaftung 1964 (Min. 33:01 bis 47:00)

Papier, Stift und Zigarette. Referentenbesprechung, 1972 mit (v.l.n.r.): Fritz Münch, Helmut Strebel, Alexander N. Makarov, Bernhard Raschauer, Georg Ress, Helmut Steinberger, Albert Bleckmann, Alfred Maier, Meinhard Hilf, unbekannt, Rudolf Dolzer, Torsten Stein und Giorgos Papadimitriou[33]

„Jeden Montag treffen sich die Mitarbeiter zu einer Sitzung, in der über die aus der Arbeit entstandenen Fragen berichtet wird“ – ein besonderes „Schmankerl“, wenn man so will, ist der (bislang einzige bekannte) Tonmitschnitt einer Referentenbesprechung. Seit der Institutsgründung 1924 ist die inzwischen in „Montagsrunde“ umbenannte Besprechung ein Kernbestandteil des Institutslebens. Zu Zeiten des Referatssystems, das vor wenigen Jahren aufgegeben worden ist, berichteten die Referenten im Wochenrhythmus über die wichtigsten Entwicklungen in den von ihnen betreuten Landesgebieten.

Thema der 1966 mitgeschnittenen Besprechung, in der neben Hermann Mosler und Jochen Abr. Frowein (Min: 36:32 bis 39:37) die Referenten Helmut Steinberger (Min. 39:38 bis 41:42), Hermann-Wilfried Bayer (Min. 41:52 bis 43:18) und Werner Morvay (Min. 44:13 bis 46:25) zu Wort kommen, ist die Nachbereitung des internationalen Kolloquiums zur Staatshaftung, dessen Ergebnisse 1967 in einem dreisprachigen Bericht in den Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht erschienen sind.[34] Da der Rundfunk anwesend ist, widmet sich die Besprechung nicht der wissenschaftlichen Fachdiskussion, sondern ist erklärend angelegt und versucht der Hörerschaft den Gegenstand des Kolloquiums und die Arbeitsmethode des Instituts zu erläutern.

Hermann Mosler spricht auf dem Kolloquium zur Staatshaftung, 1964[35]

Die internationalen verfassungsvergleichenden Kolloquien der 1960er Jahre gehörten zu den wichtigsten wissenschaftlichen Formaten des Instituts und hatten eine hohe internationale Strahlkraft. An dem Kolloquium zur Staatshaftung nahmen mehr als 90 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 16 verschiedenen Nationen teil.[36] Dies entsprach vor allem Moslers Ansinnen, das Institut breit international zu verankern. Wie auch die anderen Kolloquien diente das Kolloquium zur Staatshaftung dazu, durch Rechtsvergleich empirisch allgemeine Rechtsgrundsätze zu ermitteln und in ihrer Entwicklung nachzuzeichnen.[37] Hierzu wurde im Vorfeld im Institut durch Günther Jaenicke und Jochen Abr. Frowein ein detaillierter Fragenkatalog entwickelt und an Wissenschaftler aus 20 verschiedenen Staaten sowie an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft verschickt.[38] Die Ergebnisse der Fragebögen wurden letztlich am 17. und 18. Juli 1964 durch die Bearbeiter in Heidelberg vorgestellt und vom Institut in einem 900-seitigen, dreisprachigen Band veröffentlicht und analysiert. Mit Jochen Abr. Frowein, Helmut Steinberger, Hermann-Wilfried Bayer[39] und Werner Morvay[40] erläutern vier der Institutsreferenten, die an der Planung und Durchführung des Kolloquiums beteiligt waren,[41] in der Referentenbesprechung für das Radio-Publikum ihre Arbeit und legen Methode, Problemstellung und Erkenntnisse des Kolloquiums dar.

Fazit

Das Radio-Feature erlaubt einen neuen Einblick in die Institutswelt der 1960er Jahre. Als älteste bekannte Tonaufnahme aus dem MPIL ist das Tonband eines der frühesten Zeugnisse von „Öffentlichkeitsarbeit“ des Instituts. Das Radio-Feature dokumentiert die Arbeit und Forschung des MPIL erstmals für eine außerfachwissenschaftliche Öffentlichkeit. Somit liefert es hochspannende Impressionen zum Selbstverständnis der Forschenden, zur Forschungsorganisation, aber auch zum Institut als soziale Gemeinschaft. Gleichzeitig lädt das Feature dazu ein, sich mit dem „immateriellen“ Erbe der Institutsgeschichte zu befassen und innerinstitutionelle Institutionen wie die Referentenbesprechung historisch zu reflektieren, sowie sich mit dem Wandel (und Fortleben) eines institutsspezifischen Duktus und Stil in Denken und Auftreten auseinanderzusetzen.

__

[1] Der Verfasser dankt Konrad Buschbeck und Marianne von Grünigen für ihr Feedback zu diesem Text und den einsichtsvollen Austausch zur Geschichte des Instituts der 1960er Jahre.

[2] Foto: hr/Kurt Bethke.

[3] Marianne Grewe Partsch ist die Tochter des Zivilrechtlers Joseph Partsch (1882-1925) und Schwester des Völkerrechtlers Karl Josef Partsch (1914-1996). Von 1943 bis 1958 war sie mit dem Völkerrechtler Wilhelm Grewe (1911-2000) verheiratet, deren gemeinsame Tochter Constanze Grewe ebenfalls Völkerrechtlerin wurde.

[4] Jochen Greven, Biographie eines Bildungsprojektes, in: Jochen Greven (Hrsg.), Das Funkkolleg 1966-1998. Ein Modell wissenschaftlicher Weiterbildung im Medienverbund, Weinheim: Deutscher Studien Verlag 1998, 7-42, 7; Alexandra Kemmerer, Nur weiter im Skript, Herr Professor, FAZ 17. August 2020.

[5] Uli Gleich, Marianne Grewe-Partsch (6.1.1913–22.2.2004), Publizistik 49 (2004), 215–216, 215.

[6] Dies drückt sich vor allem in den Tätigkeitsberichten aus, die die Forschungsleistung des Instituts ausschließlich für Kuratorium, Fachbeirat und Generalverwaltung dokumentieren. Jenseits gelegentlicher Zeitungsartikel von Institutsangehörigen, in denen Völkerrechtsfragen von allgemeiner Relevanz behandelt wurden, kommunizierte das Institut seine Arbeit in gelegentlichen Broschüren und publizierten Berichten ansonsten rein innerhalb der Max-Planck-Gesellschaft.

[7] Foto: Hermann Mosler, Geschichte des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Jahrbuch der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V.1961, Teil II, Göttingen: Hubert & Co., 687-703, 687.

[8] Jahresbericht Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht über die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1966, Ordner „Kuratorium. Sitzungsunterlagen II“, MPIL-Archiv.

[9] Armin von Bogdandy/Anne Peters (Hrsg.), Statusreport 2021-2023, Heidelberg: Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, 92-93.

[10] Jahresbericht 1966 (Fn. 8); Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik. Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948-2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023, 49-90, 62-64; ferner: Armin von Bogdandy, Moslers europaföderale Sprengung des staatsrechtlichen Denkens, MPIL100.de (im Erscheinen).

[11] Es fanden folgende Kolloquien statt: „Staat und Privateigentum“, 1959; „Verfassungsgerichtsbarkeit der Gegenwart“, 1962; „Haftung des Staats für rechtswidriges Verhalten seiner Organe“, 1967; „Gerichtsschutz gegen die Exekutive“, 1969.

[12] Lange (Fn. 10), 64.

[13] Siehe hierzu: Anne Peters, Völkerrecht als Rechtsordnung: 1929 ─ 1976 ─ 2024, MPIL100.de.

[14] Mosler (Fn. 7).

[15] Mehr zur wissenschaftlichen Ausrichtung des Instituts siehe: Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017.

[16] Foto: MPIL.

[17] Helmut Strebel (1911-1992) war ab 1937 Referent am KWI in Berlin. Seit 1938 war er für die ZaöRV-Redaktion tätig, von 1949 bis zum Ruhestand 1979 war er Schriftleiter. Zudem war er wissenschaftliches Mitglied des Instituts, vgl.: Hermann Mosler, Helmut Strebel (1911-1992), ZaöRV 53 (1993), 266-269.

[18] Hermann Mosler, Vierzig Jahre Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Mitteilungen aus der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1-2 (1965), 32-34.

[19] Lange (Fn. 10), 64.

[20] Foto: MPIL.

[21] Otto Steiner (1915-1999) war 1950 in das Institut eingetreten und von 1960 bis 1980 Leiter der Bibliothek.

[22] Jahresbericht 1966 (Fn. 8).

[23] Als Institutsstipendiaten waren je ein Gast aus den USA, Griechenland und Österreich am Institut. Extern finanziert waren drei Gäste aus Italien, und je einer aus Jugoslawien, Griechenland, Schweiz und Spanien: Jahresbericht 1966 (Fn. 8); siehe auch hier: Moritz Vinken, Auf der Suche nach einer *lustvollen* Bibliothek – Vom Aufleuchten und Verglimmen des Raumkonzepts der Institutsbibliothek, MPIL100.de.

[24] Foto: MPIL.

[25] Die Angaben von Karl Doehring weichen jedoch von denen des Jahresberichtes 1966 ab. Dort heißt es, es seien zehn Referenten und drei Assistenten am Institut beschäftigt. Im Vergleich dazu: Heute arbeiten 34 Referenten (davon 14 Frauen) und 25 Doktoranden (davon 16 Frauen) am MPIL.

[26] Vgl. die Schilderungen von Bernhard Schlink über die 68er-Bewegung in Heidelberg: Bernhard Schlink, Sommer 1970, in: Bernhard Schlink, Vergangenheitsschuld. Beiträge zu einem deutschen Thema, Zürich: Diogenes 2007, 142-169. Das Institut war allein schon mit seiner Lage im Neuenheimer Feld, am damaligen Stadtrand Heidelbergs, weit von den Protestkundgebungen und dem Geschehen an der Universität in der Altstadt entfernt.

[27] Rudolf Bernhardt, Die Rückkehr Deutschlands in die internationale Gemeinschaft. Hermann Moslers Beitrag als Wissenschaftler und internationaler Richter, Der Staat 42 (2003), 583-599, 593; ferner: Felix Lange, Wider das “völkerrechtliche Geschwafel” – Hermann Mosler und die praxisorientierte Herangehensweise an das Völkerrecht im Rahmen des Max-Planck-Instituts, ZaöRV 75 (2015), 307-343, 312; Nico Krisch, The Many Fields of (German) International Law, in: Anthea Roberts et al. (Hrsg.), Comparative International Law, Oxford: Oxford University Press 2016, 91-110.

[28] Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, München: wjs Verlag 2008.

[29]  Foto: MPIL.

[30] Helmut Steinberger war von 1961 bis 1971 Referent am Institut. Nach seiner Tätigkeit als Hochschullehrer und Richter am Bundesverfassungsgericht (1975 bis 1987) war er von 1987 bis 1997 ebenfalls Direktor am MPIL.

[31] Jochen Abr. Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Rechtsstellung ‚nichtanerkannter Staaten‘ und ähnlicher Gebilde, Köln: Carl Heymanns Verlag 1968.

[32] Frowein (Fn. 31), 230.

[33] Foto: MPIL.

[34] Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Hrsg.), Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten seiner Organe. Länderberichte und Rechtsvergleichung (Liability of the State for Illegal Conduct of its Organs. National reports and comparative studies – La responsabilité de l’Etat pour le comportement illégal de ses organes. Exposé de la situation dans différents pays et étude comparée). Internationales Kolloquium, Köln: Carl Heymanns Verlag 1967.

[35] Foto: MPIL.

[36] Darunter: Belgien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Indien, Italien, Japan, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Schweden, Schweiz, Spanien, Südafrika, Türkei, USA; ferner mit Beiträgen von Wissenschaftlern aus Kolumbien (Leopoldo Uprimny) und Australien (Geoffrey Sawer).

[37] Hermann Mosler, Das Heidelberger Kolloquium über die Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten seiner Organe, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), IX-XIII, X.

[38] ‘Systematischer Fragebogen‘, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), 1-7.

[39] Bayer war von 1962 bis 1966 Referent am Institut. Nach der Habilitation 1967 in Tübingen war er von 1972 bis 1998 Professor für Öffentliches Recht, insbesondere Steuerrecht, an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum.

[40] Werner Morvay verbrachte seine wissenschaftliche Karriere am Institut.

[41] Vgl.: die vergleichenden Sachberichte von Helmut Steinberger, Hermann-Wilfried Bayer, Werner Morvay und Jochen Abr. Frowein, in: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Fn. 34), 753-809.

Eine (un)sichtbare Geschichte? Die Max-Planck-Büste Walther Wolffs

History Hidden in Plain Sight. The Max Planck Bust by Walther Wolff

Deutsch

Betritt man das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL), so fallen im Eingangsbereich drei Kunstwerke auf. Linker Hand hängt das großformatige, 6,3 x 2,3 Meter messende Triptychon von H. D. Tylle Der 9. November 1989 in Deuna, am Morgen danach. Rechter Hand stehen zwei Bronze-Büsten. Die erste zeigt den Namensgeber des Instituts und der gleichnamigen Forschungsgesellschaft, den Physiker und Nobelpreisträger Max Planck (1858-1947), die zweite stellt den Widerstandskämpfer und ehemaligen Institutsangehörigen Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944) dar. Thematisiert das Gemälde von Tylle den Fall der Mauer und die deutsche Einheit – die „deutsche Frage“ war über 40 Jahre lang eines der dominierenden Themen am Institut –, stehen die Büsten für zwei Männer, die für die institutionelle Erinnerungskultur beziehungsweise das Selbstverständnis der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) von Bedeutung sind. Alle drei Kunstobjekte stehen der Form ihrer Anordnung nach in einer Sichtachse und sind, gleich einem Schaufenster, über die bodentiefen Fensterfronten auch von außerhalb des Instituts sichtbar.

Der Eingangsbereich des MPIL. Links das Gemälde von H.D. Tylle, rechts die Büsten von Max Planck und Berthold von Stauffenberg[1]

Wenngleich die Geschichte ihrer Aufstellung im Foyer auf den ersten Blick eher zufällig erscheinen mag, korrespondieren die Büsten und das Gemälde inhaltlich und formell miteinander und zitieren sich auch als Kunstform gegenseitig:  So zeigt auch der linke Flügel von Tylles Triptychon eine Büste. Es ist die mannshohe Büste Wladimir Iljitsch Lenins, demontiert und als Altmetall auf dem Hinterhof eines Immobilienunternehmens vor sich hin rostend, vom Unkraut des Vergessens überwuchert.

Somit stellt sich im Eingangsbereich des Instituts ein Schnellabriss der deutschen Geschichte dar, zumindest wie sie sich aus Sicht des Instituts bzw. der MPG präsentiert. Die Spannbreite zwischen den Werken ist breit, changiert sie zwischen abgesetzten Helden der Verlierer-Ideologie des Sozialismus und historischen Bekenntnisfiguren von Institut und MPG.[2] Zwischen den beiden Extremen der deutschen Geschichte steht politisch wie ideologisch unverdächtig Max Planck, ein Physiker, der nicht viel, um nicht zu sagen nichts, mit den Forschungsthemen des Instituts gemein hat. Zwischen 1930 und 1937, sowie von 1945 bis 1946 war Planck Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), innerhalb derer das Institut 1924 ins Leben gerufen worden war. Nach ihrer Neugründung 1948 wurde Planck zum Namensgeber der Forschungsorganisation. Fast jedes der 84 Institute besitzt eine Büste Plancks, viele von ihnen sind, wie diejenige des MPIL, Abgüsse der Büste Walther Wolffs.[3] Max Planck zählt nicht nur zu den bedeutendsten deutschen Naturwissenschaftlern, er war auch ein einflussreicher Wissenschaftsmanager. Seine kommissarische Übernahme des Präsidentenamtes 1945 bedeutete eine personelle wie ideelle Anknüpfung an die Vorkriegsforschung der KWG. Zugleich machte die Umbenennung der Forschungsgesellschaft, die die Briten zur Grundbedingung ihrer Fortführung gemacht hatten, deutlich, dass man sich vom preußischen Militarismus, für den Kaiser Wilhelm II. stand, distanzieren wollte. Die Max-Planck-Büste steht somit für das Ideal der „reinen Forschung“, für Integrität und Spitzenwissenschaft.

Die Büsten von Max Planck und Berthold von Stauffenberg am MPIL, fotografiert 2024 mit starkem Blitz. Kein ästhetisierender Schattenwurf, sondern dokumentarischer Darstellungsmodus. Links Lenin-Büste, Bilddetail H.D. Tylle[4]

Doch stehen die Büste, der Künstler, der sie angefertigt hat, sowie der Portraitierte in einer komplexen historischen Beziehung zueinander, die inzwischen in Vergessenheit geraten ist. Dieser Beitrag möchte einen neuen Blick auf ein altes und viel zu oft übersehenes Objekt werfen: die Max-Planck-Büste. Hierbei möchte er am Beispiel der Büste als Kunstform Schlaglichter werfen auf das historische Selbstverständnis des Instituts und der MPG und auf die Kontinuität von Wissenschaftsnetzwerken über die Systembrüche der neueren deutschen Geschichte.

„Thinking through things“. Objektbiographie und “material turn”

Objekte, insbesondere Kunstgegenstände, haben eine soziale und symbolische Funktion. In den sogenannten „materialbezogenen Wissenschaften“ wie der Archäologie, Volkskunde oder Kunstgeschichte wird das Objekt, im Sinne eines Artefaktes, als ein dem Text gleichrangiges historisches Dokument betrachtet.[5] In Fortführung des „linguistic turn“ erfolgte in den 1980er Jahren der „material turn“, der „Objekte zu unverzichtbaren Instrumenten der Erkenntnis“ erhebt.[6] In der Geschichts- und Literaturwissenschaft wird das „thinking through things“ zwar bis heute kontrovers diskutiert, ist jedoch kaum mehr wegzudenken.[7] Auch die Völkerrechtswissenschaft versucht seit geraumer Zeit, diesen Ansatz für sich nutzbar zu machen.[8]

Was der „material turn“ deutlich in den Fokus gerückt hat, ist die Zentralität des (kulturkonstituierenden) Verhältnisses von Mensch und Objekt.[9] Da Objekte in unauflösbarer Wechselwirkung mit den Menschen stehen, die sich mit ihnen umgeben, können sie auch als Spiegel beziehungsweise Projektionsfläche von Wertvorstellungen, Geschichtsbildern und Selbstverständnissen betrachtet werden. Judy Attfield zufolge haben sie auch eine eigene Biographie, die sich aus der materiellen Geschichte des Gegenstandes, seiner Herstellung und Nutzung und der sich im Laufe der Zeit wechselnden Bedeutungszuschreibung erschließt.[10] Möchte man beim Beispiel der Büste bleiben, so ergibt sich ihre Interpretation und Bedeutungszuschreibung aus dem Zusammenspiel der Betrachtung des Dargestellten, des Darstellungsmodus, der Wahl des Materials und des ästhetischen Zuschnitts. Hinzu kommen externe Faktoren wie die „Genealogie“ der Besitzer oder der Zustand des Materials, die Aufschluss geben über die Nutzung, Aufstellung und Behandlung des Kunstobjektes.

Dies gilt auch für die Max-Planck-Büste, die man als Objekt der Instituts- beziehungsweise der deutschen Wissenschaftsgeschichte begreifen kann. Der Ort ihrer Aufstellung und ihre (Nicht-) Einbindung in den Institutsalltag können einen Aufschluss über den Wandel des historischen Selbstverständnisses der Institution wie der Forschungsgesellschaft, der sie angehört, geben. Doch was genau sagt die Max-Planck-Büste aus, über sich selbst und mehr noch über diejenigen, die sie aufgestellt haben?

„Arbeiten par coeur“. Walther Wolff zwischen Impressionismus und Klassizismus

Nahezu in Vergessenheit geraten ist der Erschaffer der Max-Planck-Büste, der Bildhauer Walther Wolff (1887-1966). Sein Werk weist eine große Spannbreite im Stil, jedoch auch in seiner politisch-ideologischen Anpassung an die Erwartungen seiner Zeit auf. Geboren wurde Wolff in eine wohlhabende Elberfelder Fabrikantenfamilie.[11] Nach dem Studium der Malerei und Bildhauerei in München ging er von 1910 bis 1912 nach Paris. Dort lernte er Auguste Rodin kennen, mit welchem sich eine enge Freundschaft entwickelte, wie auch mit Aristide Maillol und Henry Matisse.[12] Weitere wichtige Prägungen erfuhr Wolff durch Cézanne, van Gogh, Gauguin, Munch, Picasso und Braque, deren Werke er in Paris intensiv rezipierte. Als Wolff 1912 die Einladung des neoklassizistischen Bildhauers Louis Tuaillon zur Meisterschüler-Ausbildung erhielt, ging er zu diesem nach Berlin. In der Folge zeigte sich in Wolff eine lebenslang andauernde Zerrissenheit zwischen der „Lust des spontanen Zupackens und Hinsetzens der Form ohne Glattmacherei“, wie er es bei Rodin gelernt hatte, und der akademischen Strenge wie „formalen Vollendung“, wie er sie bei Tuaillon und Georg Kolbe an der Kunstakademie in Berlin vermittelt bekam.[13]

Wolffs künstlerische Karriere erlebte nach dem Ersten Weltkrieg ihren Aufschwung. Einen Namen machte er sich mit Portraitköpfen von Künstlern und Industriellen. Ebenfalls große Aufmerksamkeit brachten Wolff seine großformatigen Kriegerehrenmale ein, die auf verschiedenen Soldatenfriedhöfen aufgestellt wurden. Während Wolffs Denkmäler im neoklassizistischen Stil gehalten sind und zwischen antikisierender Ästhetisierung des Kriegshelden sowie der unüberhöhten Darstellung von Sterben, Tod, Trauer und Leid schwanken, sind seine Büsten impressionistische Werke.[14]

Wolffs Schaffensweise, die er selbst als „arbeiten par coeur“ bezeichnete, charakterisiert sich durch Spontaneität und Schnelligkeit.[15] Für seine Büsten fertigte er, entweder nach Modell oder aus dem Gedächtnis heraus, vorbereitende Skizzen, nach denen er seine Tonköpfe formte, nach denen wiederum seine Bronzen gegossen wurden.[16] Misslang ein Tonkopf im ersten Versuch, arbeitete Wolff ihn nicht nach, sondern formte ihn komplett neu. „Es ist eine Absage an alles Geglättete und Gefeilte, an eine vordergründige Harmonie“, die Wolffs Werk laut dem Kunsthistoriker Hans Wille charakterisiere und welche die Individualität der Dargestellten und ihre „psychologische Durchdringung“ durch den Bildhauer ganz besonders gut zum Ausdruck bringe.[17]

„Vertreter der botmäßigen Kunst“. Walter Wolff im Nationalsozialismus

Die Max-Planck-Büste auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 (rot umrandet)[18]

Doch nicht nur die Nachkriegskunstkritik lobte Wolffs Gabe zur Erfassung der von ihm Dargestellten – das NS-Regime tat es auch.[19] Denn: Walther Wolff portraitierte ab 1933 mit Vorliebe und Erfolg Protagonisten der völkisch-künstlerischen Avantgarde des „Dritten Reiches“, so Alfred Cortot, Walter Gieseking, Wilhelm Furtwängler und Paul Graener. Der Dirigent Furtwängler und der Pianist Graener gehörten zu jenen 1000 Kulturschaffenden, die 1944 als unverzichtbar für die NS-Ideologie in die „Gottbegnadeten-Liste“ Josef Goebbels‘ aufgenommen worden waren.[20] Doch Walter Wolff begnügte sich nicht mit Darstellungen von Künstlern. Auch nationalsozialistische Politiker wurden von ihm portraitiert, wie der Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront Robert Ley und der SA-Führer Viktor Lutze.[21] 1933 schuf Wolff die zu Propagandazwecken verbreitete „Ehrenplakette des Führers“, welche das Konterfei Hitlers zeigte.[22] Überdies fertigte Wolff Büsten Adolf Hitlers und Hermann Görings an.[23] Wolffs Hitler-Büsten fanden Eingang in die offizielle NS-Propaganda und wurden in Schulbüchern zur Indoktrinierung der Jugend verwendet. Das Allgemeine Künstlerlexikon sieht in Wolff einen der führenden Künstler des „Dritten Reichs“, denn seine Arbeiten „zählten neben Arno Brekers Hitlerbüsten zu den bekanntesten ‚Führer‘-Köpfen und prägten das öff[entliche] Bild Hitlers ikonografisch.“[24] Auch der Soziologe Joachim S. Hohmann scheut den Vergleich mit „Hitlers Hofkünstler“ Arno Breker nicht:

 „Breker wie Wolff unterfangen sich, den Ausdruck von seherischem Ernst und übernatürlicher Entscheidungskraft zu treffen – allein der verfinsterte Blick bei Breker und die überbetonte Augenpartie bei Wolff zeigen, daß es den Vertretern der botmäßigen Kunst nicht um die bloß naturalistische Darstellung Hitlers getan war, sondern sich beide bestrebt zeigen wollten, die ‚Führerpersönlichkeit‘ hervorzuheben.“[25]

Anders als Wolff wendet sich Breker jedoch dem klassizistischen Schönheitsideal zu. Mit seinen monumentalen Plastiken und Figuren, die das „arische“ Menschenbild verkörperten und propagierten, gelang Breker ein beispielloser Aufstieg auf dem nationalsozialistischen Kunstmarkt.[26] Wolff konnte damit nicht mithalten. Wenngleich seine Büsten belegen, dass auch er mit seiner Kunst das Regime unterstützte, diente er sich nicht der völkischen Ästhetik an. Stattdessen behielt er seinen, teils jedoch abgeschwächten, impressionistischen Stil bei, der ihm auch im „Dritten Reich“ große Anerkennung, jedoch keine führende Rolle im Kunstbetrieb brachte.

Detail-Ansicht der Büste[27]

Die von Wolff angefertigte Büste Max Plancks kann als sinnbildlich für die komplexe Stellung des Bildhauers im NS-Kunstbetrieb gelten. Entstanden ist die Bronze-Büste im Jahre 1939. Nähere Hintergründe hierzu haben sich nicht finden lassen. Es ist nicht bekannt, ob die Büste eine Auftragsarbeit ist, und auch nicht, ob Wolff sie, wie viele seiner Werke, aus dem Gedächtnis formte oder ob Max Planck ihm Portrait saß. Auch die Darstellung Plancks ist impressionistischer Machart: Die Oberfläche der Büste ist rau, das Alter des damals schon über 80-jährigen Planck tritt deutlich hervor. Wolffs Planck-Büste fand in der NS-Kunstkritik hohes Lob, zeige sie doch „die starke Einfühlungskraft des Künstlers, der das seelisch-geistige Moment im Dargestellten mit seiner Innerlichkeit sichtbar werden läßt.“[28] Dass die Büste 1939 auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ ausgestellt wurde –  zusammen mit der Büste Robert Leys – belegt, für wie bedeutsam sie gehalten wurde.[29] Die „Große Deutsche Kunstausstellung“ fand zwischen 1937 und 1944 jährlich in München statt und kann als wichtigste nationalsozialistische Kunstveranstaltung gelten. Wolff war 1937, 1939, 1942 und 1943 auf ihr vertreten.[30]

Max Planck ist kein Vertreter der NS-Ideologie gewesen. Dennoch stand der Nobelpreisträger von 1918 dem Regime lange Zeit loyal gegenüber und wurde von diesem als Aushängeschild deutscher Spitzenforschung wahrgenommen. Als Präsident der KWG trug Planck nach 1933 fast alle antisemitischen und antidemokratischen Säuberungsmaßnahmen der Nationalsozialisten in der KWG mit, wenngleich ohne große innere Überzeugung.[31] Gegen Ende der 1930er wurde er, wie viele Intellektuelle, dem „Dritten Reich“ gegenüber kritischer, suchte aber keinen Bruch. Im Gegenteil blieb Planck auch nach dem Ende seiner Amtszeit 1938 dem Regime gegenüber loyal.[32]

„Für die Ehre der deutschen Wissenschaft“. Der Schenker Heinrich Hörlein

Heinrich Hörlein als Angeklagter im I.G.-Farben-Prozess ca. 1948[33]

Die Planck-Büste wurde, vermutlich im Nachgang der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 vom Chemiker Heinrich Hörlein (1882-1954) erworben.[34] Hörlein war im „Dritten Reich“ kein unbeschriebenes Blatt. Das Vorstandsmitglied der I.G. Farben war 1933 der NSDAP beigetreten und wurde 1941 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt.[35] Von 1933 bis 1941 Leiter des I.G.-Farben-Werkes in Elberfeld, fiel die Entwicklung von Kampfstoffen, insbesondere der Nervengase Tabun und Sarin, unter seine Verantwortung. Darüber hinaus war er Mitglied des Aufsichtsrates der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung („Degesch“), die das Giftgas Zyklon B herstellte.[36] Als Senator (ab 1937) bekleidete er in der KWG hohe Ehrenämter: Von 1937 bis 1941 war er stellvertretender beziehungsweise erster Schatzmeister der KWG und Mitglied des Verwaltungsausschusses des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie.[37] 1945 wurde er von den Amerikanern verhaftet und zwei Jahre später im I.G.-Farben-Prozess wegen Planung und Vorbereitung eines Angriffskrieges, Raub und Plünderung von öffentlichem und privatem Eigentum, Sklaverei und Massenmord sowie Teilnahme an verbrecherischen medizinischen Versuchen und Verschwörung zur Begehung von Verbrechen gegen den Frieden angeklagt, jedoch freigesprochen.[38] Es konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass er von der vom Zweck der Verwendung des Zyklon B und von medizinischen Versuchen in den Konzentrationslagern gewusst hatte.[39] Hörlein selbst sah sich als zu Unrecht verfolgt an und bekannte in seinem Schlussplädoyer vor Gericht, er habe stets „für die Menschheit, für die Ehre der deutschen Wissenschaft“ gearbeitet.[40] Prominente Unterstützung im Prozess erhielt Hörlein vom damaligen Präsidenten der KWG Otto Hahn und dem Nobelpreisträger und späteren MPG-Präsidenten Adolf Butenandt, die dem KWG-Senator und Chemiker unpolitische Grundlagenforschung bescheinigten.[41] Nach 1948 wieder Senator in der neu gegründeten Max-Planck-Gesellschaft, vermachte Hörlein 1952 der MPG anlässlich seines 70. Geburtstages die Büste Plancks als Geschenk.

Ein Kultobjekt? Die Max-Planck-Büste in MPG und MPIL

In der Wahrnehmung der Büste standen jedoch weder ihr Erschaffer noch ihr Schenker im Vordergrund, sondern der Dargestellte. Er hatte sich im „Dritten Reich“ nicht kompromittiert, genoss auch im Ausland hohes Ansehen und stellte eine wichtige personelle und intellektuelle Kontinuität in die Vorkriegszeit dar.[42] Dies sahen auch die britischen Besatzungsbehörden so, die wie Otto Hahn 1946 notierte, „sehr glücklich“ über die Wahl Plancks waren. „Auch empfehlen sie das Anbringen einer Planck-Büste, sofern eine solche vorhanden ist.“[43]

An Büsten sollte es der MPG im Folgenden nicht mangeln. Max Planck hatte schon zu Lebzeiten einen nahezu popkulturellen Status und wurde von zahllosen Künstlern in Gemälden aber auch in Bronze- und Marmorbüsten festgehalten, die vielfach der MPG gestiftet worden waren.[44] Insbesondere jedoch die Büste Walther Wolffs avancierte zu einem der „Kultobjekte“ innerhalb der Forschungsgemeinschaft. Das Original wurde im Büro des MPG-Präsidenten in Göttingen platziert, zudem war es bis in die 2000er Jahre Brauch, die Büste Walther Wolffs bei den Generalversammlungen der MPG aufzustellen.[45]

Hubert Markl, Präsident der MPG von 1996 bis 2002, anlässlich der Hauptversammlung der MPG mit Max-Planck-Büste von Walther Wolff (Foto undatiert)[46]

Abgüsse wurden bis Mitte der 1960er Jahre im Rahmen von Festakten von der Generalverwaltung an die neu- beziehungsweise wiedergegründeten Institute überreicht.[47] Das Heidelberger Institut erhielt seine Büste (einen Abguss von 1951) 1954 anlässlich der Einweihung des neuen Institutsgebäudes von MPG-Präsidenten Otto Hahn. Hahn überreichte Institutsdirektor Carl Bilfinger die Büste mit den Worten:

„Die Max-Planck-Gesellschaft schenkt dem Institut zur Einweihung die Büste unseres hochverehrten Max Planck, geschaffen von der Meisterhand des Bildhauers Walther Wolff, des grossen Gelehrten und Menschen Max Planck, der unser Präsident war und dessen Namen zu tragen wir die Ehre haben.“[48]

Die Büste im alten Institutsgebäude: Otto Hahn und Carl Bilfinger bei der Einweihung des Institutsneubaus, 25.06.1954; die Büste im Instituts-Treppenhaus 1954 und 1971[49]

Aufgestellt wurde der Kopf im damaligen Institutsgebäude in der Berliner Straße an zentraler Stelle direkt im Treppenhaus beim Haupteingang, anders als die Büste Berthold von Stauffenbergs, die Institutsdirektor Hermann Mosler aufgrund Stauffenbergs damaliger politischer Umstrittenheit zunächst gar nicht im Institut aufstellen wollte und dies erst 1975, weitab im zweiten Stock, tat.[50] Max Planck indes wurde unpolitisch gelesen. Und dies war natürlich nicht nur im Institut der Fall. Die Bedeutung Plancks als intellektuelle Referenzfigur und Vorbild politischer und menschlicher Integrität ist in der MPG vielfach bis heute ungebrochen, wobei auch kritische, historisch kontextualisierende Töne zur Rolle Plancks als Wissenschaftsakteur spätestens seit der von 1999 bis 2005 eingesetzten Präsidentenkommission zur Geschichte der KWG im Nationalsozialismus hörbar sind.[51]

Für das MPIL selbst ist Planck als Physiker von indirekter Bedeutung, verkörpert er vor allem den auch für dieses Institut geltenden Anspruch wissenschaftlicher Exzellenz und Neutralität. Doch die räumliche Zentralität blieb Planck auch beim Umzug in das aktuelle Institutsgebäude im Neuenheimer Feld 1996 erhalten, auch nach dem Umbau des Eingangsbereiches. Dennoch wandelte sich die Einbeziehung der Büste in den Institutsalltag. Zeitzeugenaussagen zufolge klangen Institutsfeierlichkeiten im alten Gebäude in der Berliner Straße vielfach zu fortgeschrittener Stunde beim Zusammensitzen und gemeinschaftlichen Singen im Treppenhaus aus, wobei man sich gerne um die Planck-Büste gruppierte.[52] Im Neubau war die Büste, die im Ausleihbereich am Haupteingang aufgestellt wurde, bis zum Umbau stark in den Alltag der Bibliothek integriert, „wachte“ sie doch über Bibliotheksmitarbeitende, Gäste und Bücher.

Die Max-Planck-Büste im Ausleih-Bereich des früheren Haupteinganges (ca. 2010) mit den Bibliothekarinnen Dana Zatopkowa und Anna Lamparter[53]

Auch heute hat die Büste einen zentralen Platz im Institut, ihre Wahrnehmbarkeit scheint indes gesunken zu sein. Die räumlichen Gegebenheiten laden weniger zum geselligen wie informellen Beisammensein um die Büste herum ein, zudem wird der Bronzekopf von vielen (internationalen) Gästen kaum erkannt oder an einem juristischen Forschungsinstitut dem Physiker Planck zugeordnet. Gegenüber dem monumentalen Triptychon H.D. Tylles nimmt sich die Büste recht bescheiden aus. Nicht selten stiehlt ihr der deutlich jüngere (und ins Attraktivere idealisierte) Stauffenberg die Show, der im Gegensatz zur Planck-Büste namentlich beschriftet ist und gerne mit dem weitaus populäreren Claus von Stauffenberg verwechselt wird. Durch die neue Anordnung der beiden Büsten erhält diejenige Max Plancks (zumindest für historisch Kundige) einen neuen interpretativen Bezug: Plancks Sohn Erwin(1893-1945) hatte, wie auch Berthold von Stauffenberg, der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 angehört und war im Januar 1945 von den Nationalsozialisten ermordet worden.

Dennoch: Trotz ihrer gesunkenen Wahrnehmung bleibt die Planck-Büste zentral. Jeder Gast, jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter passiert Max Planck tagtäglich mehrfach, sei es beim morgendlichen Betreten oder abendlichen Verlassen des Instituts oder auf dem Weg zu den Montags- oder Dienstagsrunden in den Konferenzräumen 037/038. Üblicher Treffpunkt für gemeinsame Mittagessen in der Uni-Mensa im Neuenheimer Feld unter Institutsangehörigen und Gastforschenden ist zudem der Eingangsbereich des MPIL. Während man auf seine Kolleginnen und Kollegen wartet, wartet man also auch immer mit Max Planck zusammen. Früher oder später bemerkt man den Bronzekopf dann doch und mag sich fragen: Wer ist das eigentlich?

Fazit

Die Büste Walther Wolffs bewegt sich in einem komplexen historischen Spannungsfeld. In ihrer Form am Impressionismus des späten 19. Jahrhunderts orientiert, stellt sie mit dem theoretischen Physiker Max Planck einen vermeintlich unpolitischen Wissenschaftler dar, der als moralische Vorbildfigur und Vertreter deutscher Spitzenforschung wahrgenommen wird. Die Büste selbst gibt wenig Aufschluss über den historisch belasteten Kontext ihrer Entstehung im „Dritten Reich“, ihrer Rezeption durch die NS-Kunstkritik und der Begleitumstände ihrer Schenkung an die MPG. Der Umstand, dass der Nobelpreisträger Planck im Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem „Dritten Reich“ und der Bundesrepublik als gleichermaßen anknüpfungsfähiger Referenzpunkt für Wissenschaftlichkeit, Objektivität und Spitzenforschung gilt, ist eine Erkenntnis, die die Büste übermittelt. Dass die MPG in den 1950ern in ihren Instituten Abgüsse eines NS-belasteten Künstlers fertigen und verteilen ließ, ist Ausdruck der gesellschaftlichen Ambivalenzen und Selbstwahrnehmung der frühen Nachkriegszeit. Seine Andienung an das Regime wurde als gleichermaßen vernachlässigbar angesehen, wie die eines Großteils der Forscherinnen und Forscher der KWG, die wenige Jahre zuvor selbiges getan hatten. Die Geschichte der Büste gibt somit Einblicke (wissenschaftliche) Netzwerke, ästhetische Geschmackspräferenzen und Selbstbilder innerhalb der deutschen Elite und vor allem in der MPG.

[1] Fotos: MPIL.

[2] Die komplexe und wechselhafte Geschichte der Wahrnehmung Berthold von Stauffenbergs und der Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 von „Vaterlandsverrätern“ in den 1950ern zu verklärter Heldenverehrung kann an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Hierzu ist ein separater Blogbeitrag des Verfassers in Vorbereitung. Zur Verortung der juristischen KWI in der deutschen Widerstandsgeschichte: Rolf-Ulrich Kunze, Nische oder Relais? Das Schwester-KWI für ausländisches und internationales Privatrecht, 1933 bis 1939, mit Blick auf das KWI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, MPIL100.de.

[3] Nicht alle im Besitz der MPG und ihrer Institute befindlichen Büsten stammen jedoch von Walther Wolff: Lorenz Friedrich Beck (Hrsg.), Max Planck und die Max-Planck-Gesellschaft. Zum 150. Geburtstag am 23. April 2008 aus den Quellen, Berlin: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft 2008, 219, 287-289. Nachweislich überreicht wurde die Max-Planck-Büste Walther Wolffs an das MPI für Physik der Stratosphäre und der Ionosphäre, das MPI für Biochemie, das MPI für medizinische Forschung, das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, das MPI für ausländisches und internationales Privatrecht und das MPI für Spektroskopie, siehe: Schreiben von Otto Benecke an Walter Dieminger, datiert 19.August 1957, AMPG, II 066 0042 0146; Schreiben von Hans Seeliger an Adolf Butenandt, datiert 18. Juni 1957, AMPG, II 066 0619 m2 0201; Beschreibung des Instituts für medizinische Forschung, AMPG, II 066 1066 m1 0157; Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27. April 1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240; Schreiben von Otto Benecke an Kurt Glässing, datiert 16. Oktober 1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088; Aktennotiz von Adolf Butenandt, datiert 02. Mai 1966, AMPG, II 066 4100 0016. Ein Schreiben Kurt Pfuhls legt nahe, dass bis Mitte der 1960er noch mehr MPIs mit Büsten Walther Wolffs ausgestattet worden sein könnten: Schreiben von Kurt Pfuhl an Reinhold von Sengbusch, datiert 17. Dezember 1965, AMPG, II 066 2121 m1 0158.

[4] Fotos: Maurice Weiss.

[5] Peter J. Bräunlein, Material Turn, in: Georg-August-Universität Göttingen (Hrsg.), Dinge des Wissens. Die Sammlungen, Museen und Gärten der Universität Göttingen, Göttingen: Wallstein Verlag 2012, 30-44, 31.

[6] Bräunlein, (Fn. 5), 31.

[7] Andreas Ludwig, Materielle Kultur, Version: 2.0, Docupedia-Zeitgeschichte, 01.10.2020.

[8] Daniel Ricardo Quiroga-Villamarìn, Beyond Texts? Towards a Material Turn in the Theory and History of International Law, JHIL 23 (2021), 466-500, 467, 470; Jessie Hohmann, The Lives of Objects, in: Jessie Hohmann, Daniel Joyce (Hrsg.), International Law’s Objects, Oxford: Oxford University Press 2018, 30-46, 34; Carl Landauer, The Stuff of International Law, EJIL 32 (2021), 1049-1077, 1052.

[9] Ludwig, (Fn. 7).

[10] Judy Attfield, Wild Things. The Material Culture of Everyday Life, Oxford: Bloombury 2000, 3.

[11] Marie-Luise Baum, Walther Wolff (1887-1966), in: Marie-Luise Baum (Hrsg.): Wuppertaler Biographien, Folge 6 (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals, Bd. 14), Wuppertal: Polyphen 1966, 123-131, 124-125; Hertha Schwarz, Eintrag „Wolff, Walther“, in: Andreas Beyer/Bénédicte Savoy/Wolf Tegethoff (Hrsg.), Allgemeines Künstlerlexikon, Berlin: K. G. Saur 2022.

[12] Baum (Fn. 11), 127; Marie-Luise Baum, Blick auf ein erfülltes Werk. Der Bildhauer Walther Wolff-Ossiach wird 75 Jahre alt, Unsere Bergische Heimat 11 (1962), o. S.

[13] Baum, (Fn. 11), 128.

[14] Hans Wille, Der Bildhauer Walther Wolff, Romerike Berge 11 (1962), 129-135, 130.

[15] Baum, (Fn. 11), 130.

[16] Baum, (Fn. 11), 130.

[17] Wille (Fn. 14), 133.

[18] Foto: GDK 1939 35 02, Jaeger und Goergen, 1939, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek.

[19] Werner Rittich, Monumentale Bildplastik, Die Kunst im Dritten Reich 2 (1938), 16-23, 21-22.

[20] Andreas Domann, „Führer aller schaffenden Musiker“. Paul Graener als nationalsozialistischer Kulturpolitiker, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (Hrsg.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, Köln: Böhlau 2015, 69-86; Ernst Waeltner, Gieseking, Walter Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 6, Berlin: Dunker und Humblot 1964, 384-385; Jörg Osterloh, „Ausschaltung der Juden und des jüdischen Geistes“. Nationalsozialistische Kulturpolitik 1920-1945, Frankfurt am Main: Campus Verlag 2020, 553.

[21] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939. Im Haus der Deutschen Kunst zu München, München: Knorr & Hirth 1939, 93; Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1942 im Haus der Deutschen Kunst zu München, München: Bruckmann Verlag 1942, 80.

[22] Schwarz (Fn. 11); Sammlung Deutsches Historisches Museum Berlin, Metallplatte: Porträt Adolf Hitler.

[23] Claudia Schmölders, Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, München: C. H. Beck 2000, 129; Patrick Rößler, Exil daheim. Die neue Linie und der braune Geist – Beobachtungen zur Avantgarde im Nazi-Deutschland, in: Markus Behmer (Hrsg.), Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945. Personen – Positionen – Perspektiven, Münster: LIT Verlag 2000, 261-281.

[24] Schwarz (Fn. 11).

[25] Joachim Stephan Hohmann, Bauern-, Krieger-, Führertum – Abbildungen im faschistischen Deutschlesebuch, in: Joachim Stephan Hohmann (Hrsg.), Erster Weltkrieg und nationalsozialistische „Bewegung“ im deutschen Lesebuch 1933–1945, Frankfurt am Main: Peter Lang 1988, 161-165, 165

[26] Björn Thomann, Arno Breker, Internetportal Rheinische Geschichte.

[27] Foto: MPIL.

[28] Bruno E. Werner, Die Deutsche Plastik der Gegenwart, Berlin: Rembrandt-Verlag 1940, 65.

[29] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939 (Fn. 21), 93.

[30] Robert Thoms, Die Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung München 1937-1944. Gesamtverzeichnis, Berlin: Neuhaus Verlag 2018, 252. Leider ist der Aufstellung nicht zu entnehmen, mit welchen Werken Wolff vertreten war.

[31] Dieter Hoffmann, Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik, München: C. H. Beck 2008, 87.

[32] Diese Einstellung Plancks zum „Dritten Reich“ gilt für viele führende Akteure der Wissenschaft, vgl. Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.de.

[33] Bild: gemeinfrei.

[34] Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[35] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“, Wollheim-Memorial.de.

[36] Helmut Maier, Chemiker im „Dritten Reich“. Die Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat, Weinheim: Wiley VCH-Verlag 2015, 79.

[37] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“ (Fn. 35); Helmut Maier, Forschung als Waffe. Rüstungsforschung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900-1945/48, Göttingen: Wallstein 2007, 448; Florian Schmaltz, Kampfstoffforschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie, Göttingen: Wallstein, 437-447.

[38] Maren Zummersch, Heinrich Hörlein (1882-1954). Wissenschaftler, Manager und Netzwerker in der pharmazeutischen Industrie. Eine Schlüsselfigur der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung bei Bayer, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019, 285.

[39] Eintrag „Philipp Heinrich Hörlein“, (Fn. 35).

[40] Plädoyer Hörlein, zitiert nach: Zummersch (Fn. 38), 302.

[41] Wolfgang Schieder, Spitzenforschung und Politik. Adolf Butenandt in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, in: Wolfgang Schieder/Achim Tunk (Hrsg.), Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“, Göttingen: Wallstein 2004, 23-77, 73; Michael Schüring, Minervas verstoßene Kinder. Vertriebene Wissenschaftler und die Vergangenheitspolitik der Max-Planck-Gesellschaft, Göttingen: Wallstein 2006, 271.

[42] Zugleich sollte die Umbenennung auch eine Abkehr vom deutschen Militarismus und Nationalismus darstellen, wie ihn Wilhelm II. verkörperte und der auch die KWG in die aktive Unterstützung zweier Weltkriege und des „Dritten Reiches“ geführt hatte.

[43] Zitiert nach: Hubert Markl, Zum Geleit, in: Eckhart Henning (Hrsg.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, München: Max-Planck-Gesellschaft 1997, 7-9, 8.

[44] Einen Einblick in die umfangreiche Büsten-Sammlung, die neben Walther Wolff auch Büsten weiterer politisch belasteter, wie unbelasteter Künstler enthält, findet sich bei Beck, (Fn. 3), 284-289.

[45] Schreiben von Otto Benecke an Kurt Glässing, datiert 16.10.1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088.

[46] Foto: AMPG, VI. Abt., Rep. 1, Nr. Markl, Hubert I/76.B

[47] Neben dem MPIL haben mindestens weitere fünf MPIs einen Abguss der Max-Planck-Büste Walther Wolffs von 1939 erhalten: Schreiben von Hans Seeliger an das MPI für Eiweiß- und Lederforschung, datiert 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[48] Entwurf Rede Otto Hahn zur Einweihung des Neubaus in Heidelberg am 25.06.1954, AMPG, II 066 4510 m2 0060.

[49] Fotos 1 und 2: Fotosammlung Hausarchiv MPIL; Foto 3: Susanne Uebele, Institute im Bild, Teil II. Bauten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 1998, 255.

[50] Hierzu sei auf den noch erscheinenden Beitrag zur Stauffenberg-Büste verwiesen.

[51] Das Bild Max Plancks im „Dritten Reich“ wurde von Seiten der MPG jedoch zugleich immer wieder gegen kritische Wertungen energisch verteidigt und weiterhin stilisiert, vgl: Beck, (Fn. 3); Eckhart Henning (Hrsg.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, München: Max-Planck-Gesellschaft 1997.

[52] Persönliche Mitteilung Gerda Wallenwein, langjährige Mitarbeiterin und Verwaltungsleiterin, an den Verfasser.

[53] Foto: MPIL.

English

Upon entering the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL), one is immediately confronted by three artworks in the foyer. To the left: a large triptych by H. D. Tylle, measuring 6.3 x 2.3 metres, titled Der 9. November 1989 in Deuna, am Morgen danach(the title translates to: “9 November 1989 in Deuna, the Morning After”); to the right: two bronze busts. The first depicts the namesake of both the institute and the wider research association, renowned physicist and Nobel laureate Max Planck (1858-1947), the second portrays the resistance fighter and former institute member Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). While Tylle’s painting addresses the fall of the Berlin Wall and German reunification – a subject that dominated the Institute’s agenda for over 40 years – the busts pay homage to two figures integral to the institutional memory and identity of the Max Planck Society (MPG). All three artworks are aligned along a visual axis, visible, much like in a showcase, even from outside the institute through the floor-to-ceiling windows. Although the history of the placement of these works in the foyer may initially seem rather coincidental, they are interrelated both thematically and formally, quoting each other, not least in terms of genre: The left panel of Tylle’s triptych features a bust. It is a larger-than-life bust of Vladimir Ilyich Lenin, displaced and turned into scrap metal in the backyard of a real estate company, overgrown by the weeds of disregard.

The MPIL Foyer. Left: The painting by H.D. Tylle; right: the busts of Max Planck and Berthold von Stauffenberg[1]

Thus, the entrance area of the MPIL serves as a snapshot of German history, at least as conceived of by the Institute and the MPG. The works span a wide range – from a deposed hero of the defeated socialist ideology to historical figures emblematic of the Institute and the MPG.[2] Situated between these two extremes of German history is the politically and ideologically uncontroversial figure of Max Planck – a physicist who had little, if anything, to do with the MPIL’s field of activity. Between 1930 and 1937, and again from 1945 to 1946, Planck served as President of the Kaiser Wilhelm Society (Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, KWG), within which the Institute was established in 1924. Following its re-establishment in 1948, Planck became the namesake of the research organisation. Nearly all of the 84 institutes possess a bust of Planck, many of which, including the one at the MPIL, are casts of the original bust by Walther Wolff.[3] Max Planck is not only known as one of Germany’s most distinguished scientists; he was also a highly influential scientific manager. His provisional re‑assumption of the presidency in 1945 signalled personnel and ideological continuity with the KWG’s pre-war activities. At the same time, the renaming of the research association , which the British had made a basic condition for its continuation, made it clear that the association wanted to distance itself from the Prussian militarism that Kaiser Wilhelm II had stood for. The Max Planck bust thus represents the ideal of “pure research”, integrity and scientific excellence.

The busts of Max Planck and Berthold von Stauffenberg at the MPIL, photographed in 2024 with heavy flash: no aestheticizing shadowing, but a documentary mode of representation; right: bust of Lenin, detail of the picture by H.D. Tylle[4]

However, the bust, its creator, and the subject it portrays exist within a complex historical context that has largely faded from collective memory. This contribution aims to cast new light on an old and far too frequently overlooked object: the Max Planck bust. Using the bust as an art piece as an example, it seeks to illuminate some aspects of the historical self-conception of the institute and the MPG, as well as the continuity of scientific networks across the ruptures of recent German history.

“Thinking through Things” Object Biography and the “Material Turn” 

Objects, especially works of art, serve a social and symbolic function. In the so-called “material‑focused sciences” like archaeology, ethnology, and art history, objects, in the sense of artefacts, are considered historical documents on par with texts.[5] Following the “linguistic turn”, the “material turn” of the 1980s elevated “objects to indispensable tools of knowledge”[6]. In history and literary studies, the concept of “thinking through things” remains controversial but has become nearly indispensable.[7] International law, too, has since sought to harness this approach.[8]

The “material turn” has highlighted the centrality of the relationship between humans and objects, which constitutes culture.[9] Since objects are inextricably linked with the people who surround themselves with them, they can act as mirrors or projections of values, historical narratives, and self‑perceptions. According to Judy Attfield, objects also have their own biography, which emerges from their material history, production, and usage, as well as the changing meanings attributed to them over time.[10] In the case of a bust as an artwork, its interpretation and the meaning attributed to it is shaped by the interplay of the subject depicted, the mode of representation, the choice of material, and the aesthetic choices that have been made. Additionally, external factors, such as the “genealogy” of owners or the condition of the material, provide insights into the use, placement, and treatment of the art piece.

All of this can be applied to the Max Planck bust, which can be understood as an object of the history of the Institute and the German scientific landscape more broadly. Its placement, presentation, and integration (or lack thereof) into the daily life of the Institute offer insights into the evolution of the institution’s historical self-perception and that of the research association to which it belongs. But what exactly does the Max Planck bust reveal about itself and, more importantly, about those who installed it?

“Working Par Coeur”. Walther Wolff Between Impressionism and Classicism 

The sculptor who created the Max Planck bust, Walther Wolff (1887-1966), has largely faded into obscurity. Wolff’s work is characterised by a wide range in style but also by its political and ideological adaption to the expectations of the time. Born into a wealthy industrialist family in Elberfeld,[11] Wolff studied painting and sculpture in Munich before living in Paris from 1910 to 1912, where he met Auguste Rodin, with whom he developed a close friendship, as well as with Aristide Maillol and Henri Matisse.[12] Wolff was also deeply influenced by Cézanne, van Gogh, Gauguin, Munch, Picasso, and Braque, whose works he avidly absorbed in Paris. In 1912, Wolff accepted an invitation from the neo-classical sculptor Louis Tuaillon to study as a master pupil in Berlin. This marked the beginning of Wolff’s lifelong struggle between the “pleasure of spontaneously seizing and setting the form without smoothing it out,” as he had learned from Rodin, and the academic rigour and “formal perfection” imparted by Tuaillon and Georg Kolbe at the Berlin Academy of Fine Arts.[13]

Wolff’s artistic career took off after the First World War, when he gained recognition for his portrait heads of artists and industrialists. His large-scale war memorials, which were installed in various soldiers’ cemeteries, also garnered significant attention. Wolff’s monuments adhere to a neo‑classical style, oscillating between an aestheticization of the war hero, akin to motives of classical antiquity, and an unadorned portrayal of death, mourning, and suffering. His busts, on the other hand, are impressionistic works.[14]

Wolff’s creative process, which he described as “working par coeur”, was characterised by spontaneity and speed.[15] For his busts, he prepared sketches, either from models or from memory, after which he shaped his clay heads, which were then cast in bronze.[16] If a clay head did not turn out as imagined on the first attempt, Wolff would not rework it but start afresh. According to art historian Hans Wille, Wolff’s work was defined by a “rejection of anything smoothed or polished, of a superficial harmony” which remarkably expressed the individuality of the subjects and the sculptor’s “psychological penetration” of them.[17]

“Proponent of Dutiful Art”: Walther Wolff Under National Socialism 

>Die Max-Planck-Büste auf der „Großen Deutschen Kunstausstellung“ 1939 (rot umrandet)[18]

Yet, Wolff’s ability to capture the essence of his subjects was not only praised by post-war art critics but also by the Nazi regime.[19] After all, from 1933 onwards, Wolff enthusiastically and successfully portrayed leading figures of the völkisch-artistic avant-garde of the so-called “Third Reich”, including Alfred Cortot, Walter Gieseking, Wilhelm Furtwängler, and Paul Graener. Both Furtwängler, a conductor, and Graener, a pianist, were among the 1,000 cultural figures deemed indispensable to the Nazi ideology and listed in Joseph Goebbels’ 1944 “God-gifted list” (Gottbegnadeten-Liste, also known as “Important Artist Exempt List”).[20] However, Wolff did not limit himself to portraying artists; he also created portraits of Nazi politicians such as the leader of the German Labour Front (Deutsche Arbeitsfront) Robert Ley and the leader of the Sturmabteilung (SA) Viktor Lutze.[21] In 1933, Wolff produced the “Honor Plaque of the Führer” (Ehrenplakette des Führers) which featured Hitler’s likeness and was circulated for propaganda purposes.[22] Additionally, Wolff sculpted busts of Adolf Hitler and Hermann Göring,[23] with the former being used in official Nazi propaganda and included in school textbooks for youth indoctrination. The Allgemeines Künstlerlexikon (title translates to: “General Encyclopaedia of Artists”) identifies Wolff as one of the leading artists of the “Third Reich”, noting that his works “were among the most famous Führer busts, alongside those of Arno Breker, and helped shape Hitler’s public image iconographically.”[24] Similarly, sociologist Joachim S. Hohmann does not shy away either from comparing Wolff to “Hitler’s court artist” Arno Breker:

“Breker and Wolff both sought to capture an expression of prophetic seriousness and supernatural decisiveness – only the darkened gaze in Breker’s work and the exaggerated eye area in Wolff’s piece show that both exponents of dutiful art aimed for not merely a naturalistic depiction of Hitler, but sought to show their commitment to highlighting the Führer-personality.”[25]

However, unlike Wolff, Breker adhered to a classical ideal of beauty. With his monumental sculptures and figures embodying and propagating the “Aryan” ideal, Breker achieved an unprecedented success on the National Socialist art market.[26] Wolff could not compete with this: Although his busts demonstrated his support of the regime through his art, he did not embrace völkisch aesthetics. Instead, he retained his impressionistic style, albeit at times in in a diluted form, which secured him great recognition in the “Third Reich”, but not a leading role in the art world.

Detail view of the bust[27]

The bronze bust of Max Planck created by Wolff can be seen as emblematic of the sculptor’s complex position in the Nazi art scene. It was produced in 1939. Little is known about the circumstances of its creation; it remains unclear whether the bust was commissioned and whether Wolff, as with many of his works, crafted it from memory or whether Max Planck sat for the portrait. In any case, the portrayal of Planck, too, is impressionistic: Its surface is rough, clearly emphasising the advanced age of the subject, who was already an octogenarian at the time. The bust received high praise from National Socialist art critics for showcasing “the strong empathetic ability of the artist, who makes the spiritual and mental momentum of the subject visible through his inwardness [Innerlichkeit].”[28] The bust’s inclusion in the 1939 Great German Art Exhibition (Große Deutsche Kunstausstellung), alongside the bust of Robert Ley, attests to its perceived significance.[29] The Great German Art Exhibition, held annually in Munich from 1937 to 1944, can be considered the most important National Socialist art event. Wolff’s work was featured in the exhibition in 1937, 1939, 1942, and 1943.[30]

Max Planck was not a devotee of Nazi ideology. However, the 1918 Nobel laureate did remain loyal to the regime for a long time and was viewed by it as a figurehead of German scientific excellence. As President of the KWG, Planck went along with almost all of the Nazi regime’s anti-Semitic and anti‑democratic purges within the KWG after 1933, albeit without great personal conviction.[31] By the late 1930s, like many intellectuals, he grew more critical of the “Third Reich”, but did not seek to distance himself from it. On the contrary, Planck remained loyal to the regime, even after the end of his term in 1938.[32]

“For the Honour of German Science”. The Donor Heinrich Hörlein

Heinrich Hörlein as a defendant in the IG Farben Trial, ca. 1948[33]

The Planck bust was acquired, likely following the 1939 Great German Art Exhibition, by the chemist Heinrich Hörlein (1882-1954).[34] Hörlein was far from an unknown figure in the “Third Reich”. A member of the management board of German chemical and pharmaceutical conglomerate IG Farben, he joined the National Socialist Party in 1933 and was appointed Wehrwirtschaftsführer (a title given to business executives of companies central to the war effort, giving them quasi-military status) in 1941.[35] As head of the IG Farben plant in Elberfeld from 1933 to 1941, Hörlein was responsible for the development of chemical weapons, particularly the nerve gases tabun and sarin. He was also a member of the supervisory board of the Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (roughly: “German Corporation for Pest Control”, also known as “Degesch”), which produced the infamous pesticide Zyklon B.[36] As a senator (from 1937), he held high honorary positions within the KWG: From 1937 to 1941, he served as its deputy- and first treasurer and as a member of the administrative committee of the Kaiser Wilhelm Institute for Chemistry.[37] In 1945, he was arrested by the Americans and, two years later, charged in the IG Farben Trial with the planning and preparation of a war of aggression, plundering and spoliation of public and private property, slavery and mass murder, as well as participating in the conduction of criminal medical experiments, and conspiracy to commit crimes against peace. However, he was acquitted,[38] as it could not be proven that he was aware of the use of Zyklon B for the purpose of mass murder in the Shoah or the medical experiments in concentration camps.[39] Hörlein himself saw his prosecution as unjust, declaring in his closing statement that he had always worked “for humanity, for the honour of German science”.[40] He received prominent support during the trial from the then-president of the KWG Otto Hahn and Nobel laureate Adolf Butenandt, who would later go on to become KWG President himself. They attested to Hörlein’s commitment to apolitical basic research.[41] After 1948, Hörlein once again became a senator of the association, which had since been re-established as MPG and, on the occasion of his 70th birthday in 1952, gifted it with the Planck bust.

A Cult Object? The Max Planck Bust in the MPG and the MPIL 

However, neither the creator, nor the donor of the bust, but rather its subject, has been the focal point of its perception. Max Planck had not compromised himself during the “Third Reich”, enjoyed high esteem in Germany and abroad, and represented an important personnel and intellectual continuity with the pre-war period.[42] This was also the view of the British occupation authorities, which, as Otto Hahn noted in 1946, were “very happy” with the choice of Planck: “They also recommend the instalment of a bust of Planck, should one be available.”[43]

Busts of Max Planck would soon abound in the MPG. Already during his lifetime, Planck had achieved a somewhat pop cultural status and was immortalised by numerous artists in paintings, as well as bronze and marble busts, many of which were donated to the MPG.[44] However, it was Walther Wolff’s bust in particular that became one of the “cult objects” within the research association. The original was placed in the MPG President’s office in Göttingen, and, until the 2000s, it was customarily displayed at the MPG’s General Assemblies.[45]

Hubert Markl, President of the MPG from 1996 to 2002, at the MPG General Assembly with the Max Planck Bust by Walther Wolff, undated photograph[46] 

Until the mid-1960s, casts of Wolff’s bust were presented by the General Administration to newly and re-established institutes at ceremonial events.[47] The Heidelberg Institute received its bust (a 1951 cast) in 1954, during the official opening of its new building. Then-president of the MPG Otto Hahn handed the bust to the then-director of the institute Carl Bilfinger with the following words:

“The Max Planck Society presents the Institute, on the occasion of its inauguration, with the bust of our highly esteemed Max Planck – created by the master hand of sculptor Walther Wolff – of the great scholar and man Max Planck, who was our president and whose name we are honoured to bear.”[48]

The bust in the old institute building: Otto Hahn and Carl Bilfinger at the inauguration of the new institute building, 25 June 1954; the bust in the institute’s staircase, 1954 and 1971[49] 

The bust was given a prime position in the stairway near the main entrance of the old institute building on Berliner Straße, in contrast to the bust of Berthold von Stauffenberg, which then-director Hermann Mosler initially, due to the political controversy surrounding Stauffenberg at the time, did not want to place in the Institute at all, and only eventually placed in a far-off spot on the second floor in 1975.[50] Max Planck, however, was seen as an apolitical figure – a perception that was not limited to the Institute, of course. Planck’s significance as an intellectual reference figure and as a model of political and moral integrity remains largely unchallenged within the MPG until today, although critical, historically contextualising perspectives on Planck’s role have become more prominent, especially since the Presidential Commission on the History of the KWG in the National Socialist Era, which was active from 1999 to 2005.[51]

For the MPIL itself, Planck, as a physicist, is of indirect significance, embodying first and foremost the commitment to scientific excellence and neutrality upheld by the Institute. Yet, Planck’s spatial centrality was preserved during the move to the current institute building on the Neuenheimer Feld campus in 1996 and even after the remodelling of the entrance area. Nevertheless, the bust’s integration into the institute’s daily life has changed. According to contemporary witnesses, Institute celebrations in the old building on Berliner Straße often concluded late at night, with staff and guests singing together, gathered around the Planck bust in the staircase.[52] In the new building as well, the bust, located, until the renovation, in the library loan area near the main entrance, was deeply integrated into the daily life of the library, “watching over” the library staff, visitors, and books.

The Max Planck Bust in the library loan area of the former main entrance, with librarians Dana Zatopkowa and Anna Lamparter, ca. 2010[53]

Today, the bust still holds a central place in the Institute, but its visibility seems to have diminished. The spatial conditions are less conducive to informal gatherings around the bust, and many international guests do not recognise the bronze head or make the connection to the physicist Planck and at Institute conducting legal research. Compared to the monumental triptych by H.D. Tylle, the bust appears quite modest. It is often overshadowed by the much younger (and more attractively idealised) Stauffenberg, who’s bust is, unlike that of Planck, labelled by name, but is nevertheless often mistaken for a depiction of the much more famous Claus von Stauffenberg. The new arrangement of the two busts gives that of Max Planck a new interpretative context (at least for those familiar with history): Planck’s son Erwin (1893-1945), like Berthold von Stauffenberg, was involved in the 20 July 1944 resistance movement and was murdered by the Nazis in January 1945.

Nevertheless, despite its diminished visibility, the Planck bust remains central. Every guest, every staff member, passes by Max Planck multiple times a day, when entering the institute in the morning, leaving in the evening, or attending the Monday and Tuesday meetings in conference rooms 037/038. Furthermore, the foyer is also a common meeting point for going to lunch in the university canteen among institute members and visiting researchers. While waiting for colleagues, one inevitably finds oneself standing alongside Max Planck. Eventually, one notices the bronze head and cannot help but wonder: Who is that?

Final Thoughts

Walther Wolff’s bust is situated in a complex historical field of tension. Formally tied in with late 19th century impressionism, it depicts the theoretical physicist Max Planck, a supposedly apolitical scientist who is perceived as a moral role model and representative of German top-level research. The bust itself provides little information about the historically charged conditions of its creation during the “Third Reich”, its reception by National Socialist art critics, and the circumstances surrounding its donation to the MPG. One finding that can be derived from reflecting on the artwork, is that the Nobel laureate Planck was widely accepted as a reference point for scientific rigor, excellence, and objectivity in the German Empire, the Weimar Republic, the “Third Reich”, and the Federal Republic of Germany, despite all ruptures of recent German history. The fact that the MPG commissioned casts of the busts and distributed them in its institutes in the 1950s, despite the artist’s entanglement with National Socialism, is an expression of the social ambivalences and the mode of self-perception of the early post-war period. Wolff’s service to the regime was seen as equally negligible as that of the majority of KWG researchers who had acted in a similar way a few years before. The history of the bust thus provides insights into (scientific) networks, as well as aesthetic preferences and self-images within the German elite, especially within the MPG.

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] Photos: MPIL.

[2] The complex and changing history of the perception of Berthold von Stauffenberg and the resistance movement of 20 July 1944 from ‘traitors to the fatherland’ in the 1950s to glorified heroes cannot be detailed here. A separate blog post on this by the author is in preparation. On the relationship of the legal research KWI with German resistance: Rolf-Ulrich Kunze, Niche or Relay? The “Sister” KWI for Comparative and International Private Law, 1933 to 1939, with a View to the KWI for Comparative Public Law and International Law, MPIL100.de.

[3] However, not all busts in the possession of the MPG and its institutes are by Walther Wolff: Lorenz Friedrich Beck (ed.), Max Planck und die Max-Planck-Gesellschaft. Zum 150. Geburtstag am 23. April 2008 aus den Quellen, Berlin: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft 2008, 219, 287-289. The Max Planck bust of Walther Wolff was verifiably presented to the MPI for Stratosphere and Ionosphere Physics, the MPI of Biochemistry, the MPI for Medical Research, the MPI for Protein and Leather Research, the MPI for Comparative and International Private Law and the MPI for Spectroscopy, see: letter from Otto Benecke to Walter Dieminger, dated 19 August 1957, AMPG, II 066 0042 0146; letter from Hans Seeliger to Adolf Butenandt, dated 18 June 1957, AMPG, II 066 0619 m2 0201; description of the Institute for Medical Research, AMPG, II 066 1066 m1 0157; letter from Hans Seeliger to the MPI for Protein and Leather Research, dated 27 April 1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240; letter from Otto Benecke to Kurt Glässing, dated 16 October 1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088; file note from Adolf Butenandt, dated 02 May 1966, AMPG, II 066 4100 0016. A letter from Kurt Pfuhl suggests that even more MPIs have been furnished with busts by Walther Wolff by the mid-1960s: Letter from Kurt Pfuhl to Reinhold von Sengbusch, dated 17 December 1965, AMPG, II 066 2121 m1 0158.

[4] Photos: Maurice Weiss.

[5] Peter J. Bräunlein, Material Turn, in: Georg-August-Universität Göttingen (ed.), Dinge des Wissens. Die Sammlungen, Museen und Gärten der Universität Göttingen, Göttingen: Wallstein Verlag 2012, 30-44, 31.

[6] Bräunlein, (fn. 5), 31. This and all following direct quotes from German sources have been translated by the editor.

[7] Andreas Ludwig, Materielle Kultur, Version: 2.0, Docupedia-Zeitgeschichte, 01.10.2020.

[8] Daniel Ricardo Quiroga-Villamarìn, Beyond Texts? Towards a Material Turn in the Theory and History of International Law, JHIL 23 (2021), 466-500, 467, 470; Jessie Hohmann, The Lives of Objects, in: Jessie Hohmann, Daniel Joyce (eds.), International Law’s Objects, Oxford: Oxford University Press 2018, 30-46, 34; Carl Landauer, The Stuff of International Law, EJIL 32 (2021), 1049-1077, 1052.

[9] Ludwig, (fn. 7).

[10] Judy Attfield, Wild Things. The Material Culture of Everyday Life, Oxford: Bloombury 2000, 3.

[11] Marie-Luise Baum, Walther Wolff (1887-1966), in: Marie-Luise Baum (ed.): Wuppertaler Biographien, Folge [Volume] 6 (= Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde des Wuppertals, Vol. 14), Wuppertal: Polyphen 1966, 123-131, 124-125; Hertha Schwarz, Entry „Wolff, Walther“, in: Andreas Beyer/Bénédicte Savoy/Wolf Tegethoff (eds.), Allgemeines Künstlerlexikon, Berlin: K. G. Saur 2022.

[12] Baum (fn. 11), 127; Marie-Luise Baum, Blick auf ein erfülltes Werk. Der Bildhauer Walther Wolff-Ossiach wird 75 Jahre alt, Unsere Bergische Heimat 11 (1962), o. S.

[13] Baum (fn. 11), 128.

[14] Hans Wille, Der Bildhauer Walther Wolff, Romerike Berge 11 (1962), 129-135, 130.

[15] Baum (fn. 11), 130.

[16] Baum (fn. 11), 130.

[17] Baum (fn. 11), 133.

[18] Photo: GDK 1939 35 02, Jaeger und Goergen, 1939, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Photothek.

[19] Werner Rittich, Monumentale Bildplastik, Die Kunst im Dritten Reich 2 (1938), 16-23, 21-22.

[20] Andreas Domann, „Führer aller schaffenden Musiker“. Paul Graener als nationalsozialistischer Kulturpolitiker, in: Albrecht Riethmüller/Michael Custodis (eds.), Die Reichsmusikkammer. Kunst im Bann der Nazi-Diktatur, Cologne: Böhlau 2015, 69-86; Ernst Waeltner, Gieseking, Walter Wilhelm, in: Neue Deutsche Biographie, Vol. 6, Berlin: Dunker und Humblot 1964, 384-385; Jörg Osterloh, „Ausschaltung der Juden und des jüdischen Geistes“. Nationalsozialistische Kulturpolitik 1920-1945, Frankfurt am Main: Campus Verlag 2020, 553.

[21] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939. Im Haus der Deutschen Kunst zu München, Munich: Knorr & Hirth 1939, 93; Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1942 im Haus der Deutschen Kunst zu München, Munich: Bruckmann Verlag 1942, 80.

[22] Schwarz (fn. 11); Sammlung Deutsches Historisches Museum Berlin, Metallplatte: Porträt Adolf Hitler.

[23] Claudia Schmölders, Hitlers Gesicht. Eine physiognomische Biographie, Munich: C. H. Beck 2000, 129; Patrick Rößler, Exil daheim. Die neue Linie und der braune Geist – Beobachtungen zur Avantgarde im Nazi-Deutschland, in: Markus Behmer (ed.), Deutsche Publizistik im Exil 1933 bis 1945. Personen – Positionen – Perspektiven, Münster: LIT Verlag 2000, 261-281.

[24] Schwarz (fn. 11); translation and italics added by the editor.

[25] Joachim Stephan Hohmann, Bauern-, Krieger-, Führertum – Abbildungen im faschistischen Deutschlesebuch, in: Joachim Stephan Hohmann (ed.), Erster Weltkrieg und nationalsozialistische „Bewegung“ im deutschen Lesebuch 1933–1945, Frankfurt am Main: Peter Lang 1988, 161-165, 165

[26] Björn Thomann, Arno Breker, Internetportal Rheinische Geschichte.

[27] Photo: MPIL.

[28] Bruno E. Werner, Die Deutsche Plastik der Gegenwart, Berlin: Rembrandt-Verlag 1940, 65.

[29] Katalog Große Deutsche Kunstausstellung 1939 (fn. 21), 93.

[30] Robert Thoms, Die Künstler der Großen Deutschen Kunstausstellung München 1937-1944. Gesamtverzeichnis, Berlin: Neuhaus Verlag 2018, 252. Unfortunately, it is not clear from the list which works Wolff was represented with.

[31] Dieter Hoffmann, Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik, Munich: C. H. Beck 2008, 87.

[32] Planck’s attitude towards the “Third Reich” applies to many leading figures in science, see: Rüdiger Hachtmann, The Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law 1924 to 1945, MPIL100.de.

[33] Photo: Public Domain.

[34] Letter by Hans Seeliger to the MPI for Protein and Leather Research, dated 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[35] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“, Wollheim-Memorial.de.

[36] Helmut Maier, Chemiker im „Dritten Reich“. Die Deutsche Chemische Gesellschaft und der Verein Deutscher Chemiker im NS-Herrschaftsapparat, Weinheim: Wiley VCH-Verlag 2015, 79.

[37] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“ (fn. 35); Helmut Maier, Forschung als Waffe. Rüstungsforschung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für Metallforschung 1900-1945/48, Göttingen: Wallstein 2007, 448; Florian Schmaltz, Kampfstoffforschung im Nationalsozialismus. Zur Kooperation von Kaiser-Wilhelm-Instituten, Militär und Industrie, Göttingen: Wallstein, 437-447.

[38] Maren Zummersch, Heinrich Hörlein (1882-1954). Wissenschaftler, Manager und Netzwerker in der pharmazeutischen Industrie. Eine Schlüsselfigur der pharmazeutischen Forschung und Entwicklung bei Bayer, Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2019, 285.

[39] Entry „Philipp Heinrich Hörlein“ (fn. 35).

[40] Pleading by Hörlein, cited after: Zummersch (fn. 38), 302.

[41] Wolfgang Schieder, Spitzenforschung und Politik. Adolf Butenandt in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, in: Wolfgang Schieder/Achim Tunk (eds), Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“, Göttingen: Wallstein 2004, 23-77, 73; Michael Schüring, Minervas verstoßene Kinder. Vertriebene Wissenschaftler und die Vergangenheitspolitik der Max-Planck-Gesellschaft, Göttingen: Wallstein 2006, 271.

[42] At the same time, the renaming was also intended to represent a renunciation of German militarism and nationalism, as embodied by Wilhelm II, which had led the KWG to actively support two world wars and the “Third Reich”.

[43] Cited after: Hubert Markl, Zum Geleit, in: Eckhart Henning (ed.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, Munich: Max-Planck-Gesellschaft 1997, 7-9, 8.

[44] For an insight into the extensive collection of busts, which in addition to Walther Wolff also includes busts of other politically charged as well as uncharged artists, see Beck (fn. 3), 284-289.

[45] Letter from Otto Benecke to Kurt Glässing, dated 16.10.1956, AMPG, II 066 3659 m1 0088.

[46] Photo: AMPG, VI. Abt., Rep. 1, Nr. Markl, Hubert I/76.B.

[47] In addition to the MPIL, at least five other MPIs have received a cast of Walther Wolff’s Max Planck bust from 1939: Letter from Hans Seeliger to the MPI Protein and Leather Research, dated 27.04.1957, AMPG, II 066 1066 m1 0240.

[48] Draft speech by Otto Hahn on the occasion of the inauguration of the new institute building in Heidelberg on 25.06.1954, AMPG, II 066 4510 m2 0060.

[49] Photos 1 and 2: Photo collection, MPIL Archive; Photo 3: Susanne Uebele, Institute im Bild, Teil II. Bauten der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 1998, 255.

[50] On this, please refer to the forthcoming article on the Stauffenberg bust.

[51] At the same time, the MPG vigorously defended Max Planck’s image in the ‘Third Reich’ against critical assessments and continued to idealise it, see: Beck (fn. 3); Eckhart Henning (ed.), Max Planck (1858-1947). Zum Gedenken an seinen 50. Todestag am 4. Oktober 1997, Munich: Max-Planck-Gesellschaft 1997.

[52] Personal communication from Gerda Wallenwein, long-time employee and head of administration to the author.

[53] Photo: MPIL.

Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte

Two Defeats in Two World Wars as a Red Thread in the Institute’s History

Deutsch

Die Kapitulationen am Ende des Ersten und des Zweiten Weltkrieg gelten als Niederlagen Deutschlands, nicht nur seiner Armee oder Regierung. Sie bilden tiefe gesellschaftliche Zäsuren und prägen den deutschen Weg bis heute, auch den des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Wir verstehen diese Kapitulationen als critical junctures[1] und zeigen, dass sie einen roten Faden bilden, der viele Positionierungen des Instituts verbindet und seine Forschung durchzieht. Eine Kontrastfolie bildet das Genfer Institut de hautes études internationales, das ab 1927 die neue Ordnung aus der Siegerperspektive begleitete.[2]

Der rote Faden der Niederlagen dominiert das Institut der Zwischenkriegszeit und der frühen Bundesrepublik, erschließt aber auch viele Aspekte der jüngeren Institutsgeschichte. Er findet sich in den Studien zur deutschen Einheit und zum Zusammenwachsen Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, zum Völkerrecht als Werteordnung, zum globalen Konstitutionalismus. Gewiss verliert er an Deutungskraft mit der zeitlichen Distanz und mit der personellen Internationalisierung des MPIL. Dieser Beitrag zeigt den roten Faden anhand prägender Positionierungen des Instituts in der Weimarer Republik und seiner Neupositionierung in der jungen Bundesrepublik.

Wohlgemerkt: Der rote Faden besteht allein aus der Deutung der Kapitulationen als prägende deutsche Niederlagen. Nur diese Deutung ist geradezu selbstverständlich, anders als Deutungen der Kriegsursachen, der Kriegsschuld, von Ausmaß und Einzigartigkeit deutscher Verbrechen. Es sei weiter betont, dass diese These nicht monokausal und nicht deterministisch ist.[3] Viele weitere Kräfte haben den Weg des Instituts mitgeprägt. Der rote Faden verläuft zudem alles andere als geradlinig: So zielte das Institut nach der ersten Niederlage auf eine Revision der völkerrechtlichen Nachkriegsordnung, nach der zweiten hingegen auf deren konsequente Entfaltung. Die Behauptung eines roten Fadens behauptet auch keinen Konsens in der Bewertung oder der Konsequenzen, die man zog. Viele Beiträge dieses Blogs zeigen einen bisweilen erstaunlichen Pluralismus, wie innerhalb des Instituts mit den Niederlagen umgegangen wurde. Unser roter Faden kann nur deshalb ein roter Faden sein, weil er vieles offen, ja strittig lässt. Auf den Punkt gebracht: Wir schreiben kein Narrativ.

Eine Verliererinstitution

Die Gründung des Instituts am 19. Dezember 1924 ist eine Folge der Kapitulation. Deutschland musste sich als Verlierer einer neuen internationalen Ordnung beugen und sich in ein von seinen Gegnern dominiertes System einordnen. Die Niederlage stellte das deutsche Völkerrecht, auch als wissenschaftliche Disziplin, vor unerhörte Herausforderungen. Nunmehr stand es allein, ohne eine große Armee an seiner Seite. Die Pariser Vorortverträge, zumal der von Versailles, gaben ihm schwerste Probleme auf, etwa die Gebietsabtrennungen, die Beschränkungen der Souveränität, enorme Reparationszahlungen, die Kriegsschuld, weltpolitische Isolation. Zudem litt das deutsche Völkerrecht an einem Mangel kompetenter Völkerrechtler, von Völkerrechtlerinnen ganz zu schweigen. Der Etatismus des Kaiserreichs hatte wenig Interesse am Völkerrecht gehabt, so dass die Disziplin über Jahrzehnte vernachlässigt worden war.

Die Gründung des Instituts reagierte auf diese Lage. So heißt es in der von dem Generalsekretär der KWG Friedrich Glum und die beiden Berliner Professoren Viktor Bruns und Heinrich Triepel verfasste Denkschrift zu seiner Gründung:

Deutschland wird sich für Jahrzehnte die Pflege internationaler Beziehungen mehr denn je angelegen sein lassen müssen, um sich zu schützen gegen die unberechtigten Ansprüche seiner Kriegsgegner, um seinen Landsleuten in den abgetretenen Gebieten zu helfen und um sich aufs neue Geltung in der Welt zu verschaffen.“[4]

Das Institut begann als „Verlierer-Institution“. Das hatte Folgen, die aber ganz unterschiedlich ausfallen konnten, etwa als ein kritisches oder aber als ein emphatisches Völkerrechtsverständnis. Eine naheliegende Folge wäre ein Verständnis als ein Instrument der Starken zur Unterdrückung der Schwachen gewesen, ‚the strong do what they can and the weak suffer what they must‘. Das Institut entschied sich anders, klüger. Einem Land mit einer Wehrmacht von nur 100.000 Mann nutzt eher ein Völkerrechtsverständnis, wonach das Recht mehr ist als nur die Formalisierung von Macht. Der Interessenlage entspricht ein Verständnis als ein eigenständiges, gerade auch machthemmendes Ordnungssystem. So ist es kein Zufall, dass Bruns‘ Gründungsaufsatz der Institutszeitschrift die Autonomie des Völkerrechts beschwört, „Völkerrecht als Rechtsordnung“.

Diese Art der Verarbeitung der Niederlage durch das KWI war keineswegs zwangsläufig. Das zeigt der Vergleich mit dem 1922 von Albrecht Mendelssohn Bartholdy gegründeten Hamburger „Institut für auswärtige Politik“ und insbesondere dem bereits 1914 ins Leben gerufenen Kieler „Institut für Internationales Recht“, das ab 1926 Walther Schücking leitete. Auch diese beiden Institute verarbeiteten die Niederlage, aber mit einem progressiveren Verständnis des Völkerrechts, das sich zur internationalen Ordnung und Völkerbund bekannte. Solche Bekenntnisse kennzeichneten nicht die Arbeit des KWI. Selbst ‚Völkerrecht als Rechtsordnung‘ erscheint mehr ein Mittel als ein Zweck.  Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich diese Offenheit des Umgangs mit der Niederlage sogar intern. Während Carl Bilfinger (1879-1958) als Wiedergründungsdirektor 1950 eine Friedensordnung im Gleichgewicht der Mächte nach dem überkommenen Muster des Wiener Kongresses empfahl, setzte sein Nachfolger Hermann Mosler (1912-2001) konsequent auf eine Westintegration, welche die bisherigen völkerrechtlichen Formen sprengte.

Konkrete Erfahrungen der Niederlagen

Das ausgebrannte Schloss 1946[5]

Die Prägekraft der Niederlagen sei anhand der Institutsangehörigen konkretisiert. Betrachtet man die Personalstruktur des KWI, so war sie „vergleichbar mit der am Auswärtigen Amt: Adlige Herkunft, bürgerliche Tradition und ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel dominierten.“[6] Angesichts einer zumeist ausgeprägt nationalen Haltung empfanden viele die Niederlage als besonders schmerzlich. Das ist offensichtlich bei der Leitungsebene des Institutes um seinen Gründer Viktor Bruns (1884-1943), die die wissenschaftlichen Mitglieder bzw. Berater Rudolf Smend (1882-1975), Erich Kaufmann (1880-1972) sowie den zweiten Direktor und Cousin Viktor Bruns‘ Carl Bilfinger (1879-1958) umfasste. Dabei hatte lediglich Erich Kaufmann als mehrfach dekorierter Soldat am Krieg teilgenommen, den er in seiner berühmten, inzwischen berüchtigten Schrift über das „Wesen des Völkerrechts“ geradezu herbei gewünscht hatte.[7] Viktor Bruns und Heinrich Triepel gehörten zu den mehr als 3000 Professoren, die 1914 die nationalistische „Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches“ unterzeichnet und den Krieg dann auch aktiv begleitet hatten.

Als Soldaten am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatten nur wenige Institutsangehörige, wie Hermann Heller (1891-1933), Carlo Schmid (1896-1979) oder Friedrich Berber (1898-1984). Die meisten Referenten hatten den Krieg im Jugendalter und fernab der Front erlebt, so Joachim Dieter Bloch (1906-1945), Karl Bünger (1903-1997), Joachim von Elbe (1902-2000), Herbert Kier (1900-1973), Gerhard Leibholz (1901-1982), Hans-Joachim von Merkatz (1905-1982), Hermann Mosler (1912-2001), Hermann Raschhofer (1905-1979), Helmut Strebel (1911-1992), Ulrich Scheuner (1903-1981), Berthold von Stauffenberg (1905-1944) oder Wilhelm Wengler (1907-1995).[8] Die Angehörigen dieser „Kriegsjugendgeneration“, die ganz im Geiste des deutschen Nationalismus und der Kriegspropaganda aufgewachsen waren, zeichnete eine merkwürdige Verbitterung aus: Sie hatten die Kriegsteilnahme und somit  die nationale Bewährung verpasst, was sie anderweitig zu kompensieren suchten.[9] Die Prägung durch Krieg und Niederlage tritt in autobiographischen Schriften von Institutsangehörigen deutlich zu Tage.[10]

Geteilte Kriegserfahrung: Erich Kaufmann und Carlo Schmid als Offiziere im Ersten Weltkrieg. Fotos: UB der HU zu Berlin, Porträtsammlung: Erich Kaufmann; AdSD 6/FOTA020638.

Die Kollektiv-Erfahrung der Niederlage hatte für das Institut eine bedeutende soziale Funktion: Der „Kampf gegen Versailles“ integrierte die Angehörigen des KWI über ihre politischen Differenzen hinweg. Somit gab es durchaus eine gewisse „Diversität“ im Institut, an dem mit Erich Kaufmann, Hermann Heller und Gerhard Leibholz sogar jüdische Forscher und politische Gegner zusammenfanden. Die Differenzen, die zwischen den Sozialdemokraten Heller und Carlo Schmid auf der einen und Nationalkonservativen wie Kaufmann oder Berthold von Stauffenberg auf der anderen Seite bestanden, bedürfen keiner Erläuterung. Diversität bringen weiter Referentinnen wie Ellinor von Puttkamer, Marguerite Wolff oder Angèle Auburtin. Der Kitt, der diese Gegensätze überbrückte, war die Absicht, die Nachkriegsordnung zu revidieren. Sie erleichterte die Zusammenarbeit, auch über 1933 hinaus. Gewiss hatte die Leitung die jüdischen Mitarbeiter Erich Kaufmann und Marguerite Wolff aus dem Institut verdrängt, gleichwohl gab es bis 1944 ein Miteinander aus völkischen Juristen wie Herbert Kier und Georg Raschhofer mit politisch Unangepassten wie Wilhelm Wengler, Regime-Zweiflern wie Hermann Mosler und später Berthold von Stauffenberg.

Die wissenschaftliche Begleitung des Krieges

Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudentenland, Jahrestagung KWG 1938 (Bruns dritter von rechts, neben Max Planck, zweiter von rechts)[12]

Die positive Haltung des Instituts gegenüber dem Nationalsozialismus versteht sich vor allem aus der Niederlage im Ersten Weltkrieg. Viktor Bruns und seine Mitarbeiter hofften auf die Revision des Versailler Vertrages und die Wiederherstellung einer deutschen Großmachtstellung.[13] So war das Institut schon früh in die Kriegsvorbereitungen des Dritten Reiches involviert. Bereits 1934 schuf Bruns eine eigene Abteilung für Kriegsrecht, der Berthold von Stauffenberg vorstand.[14] Ab 1935 kooperierte das KWI mit der „Deutschen Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften“, einem NS-Thinktank zu Kriegsfragen. Dessen „Ausschuss für Kriegsrecht“ hatte das Ziel, das heterogene Kriegsrecht zu vereinfachen und – im Hinblick auf einen kommenden Krieg – alle notwendigen Unterlagen zu sammeln, um nach einem siegreichen Abschluß des Krieges die deutschen Interessen (…) möglichst gut vertreten zu können.[15] Neben Viktor Bruns, Hermann Mosler, Ernst Schmitz und Berthold von Stauffenberg waren Angehörige von Auswärtigem Amt, Reichsjustizministerium, Oberkommando der Wehrmacht und der Marine und des Reichsluftfahrtsministeriums beteiligt.[16] Er erarbeitete eine Prisenordnung (hierfür verantwortlich war Berthold von Stauffenberg), eine Prisengerichtsordnung und Teile einer Luftkriegsordnung. Sie waren, das ist ihnen zu Gute zu halten, stark am Kriegsvölkerrecht orientiert.

Es ist festzuhalten, dass das KWI sich an der Vorbereitung eines neuen Krieges beteiligte und damit nationalsozialistische Politik unterstützte, jedoch zumeist im Rahmen des Völkerrechts.[17] Die Grenzen dieser Unterstützung wurden denn auch mit dem Bekanntwerden der grob völkerrechtswidrigen Kriegsführung an der Ostfront erreicht. Wenngleich das Institut deswegen nicht zu einem Zentrum des Widerstands wurde, so haben sich Schmitz, Wengler, Mosler und Stauffenberg doch „strikt für humanitäres Völkerrecht“ bei der Kriegsführung eingesetzt.[18] Die ebenso bedeutende wie komplexe Frage seiner Involvierung beim Attentat vom 20. Juli 1944 kann hier nicht ausgeführt werden.[19]

„Kriegsfolgenforschung“

Auch der verlorene Zweite Weltkrieg war eine Erfahrung, die die Angehörigen der Institution prägte. Die Niederlage mit all‘ ihren Konsequenzen, die Zerstörung des Berliner Schlosses, die dramatische Rettung der Institutsbibliothek, der Tod von Kollegen, ist in Zeitzeugenberichten und Nachrufen in der ZaöRV greifbar.[20]

Bis zu seiner Neu-Gründung durch die Max-Planck-Gesellschaft 1949 in Heidelberg befand sich das Institut in einem höchst prekären Zustand. Teile des Inventars befanden sich bereits in Heidelberg, ein Großteil jedoch noch im zerstörten Berlin, insbesondre im Privathaus der Familie Bruns. In dieser Zeit befassten sich die Institutsmitarbeiter vor allem mit der rechtlichen Erfassung der als „Kriegsfolgen“ verbrämten Niederlage. Carl Bilfinger war als Gutachter in alliierten Kriegsverbrecherprozessen für die I.G.-Farben sowie für die Industriellen Hermann Röchling und Friedrich Flick tätig, Hermann Mosler trat vor dem Internationalen Militärtribunal in Nürnberg für Gustav Krupp und Albert Speer auf.[21] Bis in die 1960er Jahre verfasste das Institut zahlreiche Gutachten zu Fragen des Besatzungsrechtes, Reparationen, des Status von Berlin und der Sowjetischen Besatzungszone.[22]

Boltzmannstraße 1 in Berlin. Die Direktorenvilla des KWI für Biologie beherbergte von 1947 bis 1960 die Berliner Zweigstelle des MPIL [23]

In der ersten Nachkriegsausgabe der ZaöRV 1950 definierte der trotz seiner eindeutigen NS-Belastung als Direktor wiederberufene Carl Bilfinger die Forschungsaufgaben des Instituts. Ohne den Nationalsozialismus, den Zweiten Weltkrieg, die deutschen Verbrechen auch nur zu erwähnen ging es ihm vor allem um eine Kritik der Behandlung Deutschlands durch die Alliierten. Er setzte die Lage 1950 mit der des Berliner Instituts in den 1920ern gleich: „Die Zeitschrift des Instituts befindet sich auch insoweit in einer neuen, zwar schon nach dem ersten Weltkrieg diskutierten, aber nicht voll geklärten Situation gegenüber einer alten Fragestellung.“[24] Als Hauptleistung von Bruns‘ KWI lobte Bilfinger, dieses habe Deutschlands Gegner „zur Demaskierung ihres rein machtpolitischen Standpunktes gezwungen“,[25] womit er das Heidelberger Institut in diese Linie stellte. Bilfinger sah Deutschland als Opfer der Alliierten. Von seiner restaurativen Konzeption der Nachkriegsordnung war bereits die Rede.

Die Alternative: Westintegration

Vordenker der europäischen Integration: Walter Hallstein hält 1962 am MPIL den Vortrag „Die EWG politisch gesehen). Am Tisch Hermann Mosler und Hans Dölle. Links im Hintergrund hört eine Schar junger Referenten zu, dritter von rechts ist Rudolf Bernhardt. [26]

Ganz andere Lehren zog Hermann Mosler aus der deutschen Niederlage. Mosler, Direktor ab 1954, entwickelte ein Verständnis des EGKS-Vertrags, welches das überkommene Völkerrecht im Sinne Schumans sprengte. Auch im Weiteren begleitete er eng die Westintegration Konrad Adenauers. Dem folgten letztlich alle nachfolgenden Direktoren. So hatte der rote Faden eine neue Richtung.

In den 1950ern und 1960ern dominierten am Institut Studien, welche die Westintegration begleiteten. Im Fokus stand die europäische Integration mit ihren vielen Aspekten, Menschenrechte, Verfassungsgerichtsbarkeit sowie die vielen Themen, welche die deutsche Außenpolitik in der Verarbeitung der Niederlage beschäftigten. Als die Ostpolitik ab den späten 1960er Jahren eine weitere Dimension der deutschen Niederlage zu bearbeiten begann, wurde dies selbstredend zu einem zentralen Thema. Zugleich ließ der rote Faden vieles offen: Der Umgang mit der wichtigsten Kriegsfolge, der deutschen Teilung, polarisierte wie kaum ein anderes Thema.[27] Der rote Faden findet sich just darin, dass diese Frage so wichtig war, dass sie polarisieren konnte.

Viele Mitglieder und Mitarbeiter des Instituts, allen voran Karl Doehring, Hartmut Schiedermair, Fritz Münch, aber auch Helmut Steinberger und Hermann Mosler, sahen die Ostverträge, die eine Reihe von Verträgen mit osteuropäischen Staaten, allen voran der UdSSR, Polen und später der DDR umfassten, kritisch.[28] Mit Jochen Frowein und dessen Grundlagenwerk zum „De facto Regime“ hatte das Institut aber zugleich einen Vordenker der neuen Ostpolitik in seinen Reihen.[29] Wir sehen hierin einen Beitrag zu Willy Brandts Nobelpreis. Auf jeden Fall prägte die „deutsche Frage“ als die offensichtlichste Folge der Niederlage Generationen von Wissenschaftlern. So begann auch mit der Wiedervereinigung die Präsenz der Niederlagen sich langsam zu verlieren.

Die Niederlagen im Institut des 21. Jahrhunderts

Fortleben soldatischen Stolzes, Karl Doehring (rechts) im Gespräch mit Gerhard Gutmachter, früherer Richter am Landgericht Heidelberg, anlässlich der Feier von Doehrings 80. Geburtstag am 22.03.1999 im Institut. Das Eiserne Kreuz weist den Gutmacher als hochdekorierten Teilnehmer des Zweiten Weltkrieges aus. [30]

Mit Karl Doehring und Rudolf Bernhardt starben 2011 und 2021 die letzten Direktoren mit Kriegserfahrung.[31] Wo stehen Bewusstsein, Verständnis und Relevanz der beiden Kapitulationen heute? Mit dem Gang der Zeit und der Internationalisierung des Institutspersonals ist ein Verblassen unausweichlich. Zudem haben heute viele Mitarbeitenden in der Wissenschaft, aber auch in der Bibliothek und in der Verwaltung eine Migrationsgeschichte, haben ihre Sozialisation und Ausbildung im Ausland erfahren.

Und doch gilt die Erfahrung, welche der historische Institutionalismus mit den Begriffen der critical juncture und der Pfadabhängigkeit artikuliert. Wir hoffen, mit diesem Beitrag unseren Lesern einen Faden gegeben zu haben, um sich auch auf jüngste Publikationen des Instituts einen Reim zu machen, der zur Lage Deutschlands spricht. Falls der Faden nicht mehr rot oder vielleicht gar nicht mehr auffindbar ist, so ist das auch erkenntnisträchtig. Man mag sich dann nämlich fragen, ob die Wissenschaftlerin, das Institut, Deutschland die Niederlagen vergessen, verwunden oder ‚bewältigt‘ hat, und weiter, ob man dies feiern oder aber bedauern sollte. Für uns gilt letzteres.

[1] Giovanni Capoccia, Critical Junctures, in: Orfeo Fioretos/Tulia G. Falleti/Adam  Sheingate (Hrsg.), The Oxford Handbook of Historical Institutionalism, Oxford: Oxford University Press 2016, 89-106.

[2]  Jan Stöckmann, The Architects of International Relations. Building a Discipline, Designing the World, 1914-1940, Cambridge: Cambridge University Press 2022, 97-98.

[3] Jan-Holger Kirsch, „Wir haben aus der Geschichte gelernt“. Der 8. Mai als politischer Gedenktag in Deutschland, Köln: Böhlau 1999, 8; Reinhart Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropologische Skizze (1988), in: Reinhart Koselleck, Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000, 27-77; 68-69.

[4] Denkschrift über die Errichtung eines Institutes für internationales öffentliches Recht der Kaiser Wilhelm Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften (undatiert, jedoch vor Dezember 1924), BArch, R 1501, pag. 3-10, pag. 3.

[5] Foto: BArch, Bild 183-U0628-501/ Erich O. Krueger.

[6] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Bd. 2, 490-528, 510.

[7] Erich Kaufmann, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sic stantibus, Tübingen: Mohr 1911.

[8] Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg: Hamburger Edition 2002; Ulrich Herbert, Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989, München: Beck 2016.

[9] Siehe: Herbert (Fn. 8) 54; Samuel Salzborn, Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts, Sozial.Geschichte 21(2006), 29-52, 33.

[10] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: Hirzel 2008, 40 ff.; Friedrich Berber, Zwischen Macht und Gewissen. Lebenserinnerungen, München: Beck 1986, 13-18; Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, München: Bertelsmann 1983, 54-57.

[12] Foto:Weltbild Foto Verlag. Das Originalbild war in besserer Ausführung nicht auffindbar. Recherchen im Bundesarchiv, im Bildarchiv der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und bei Ullstein Bild und beim Scherl-Archiv/SZ-Foto, die Teile des Weltbild-Bestandes übernommen haben, blieben erfolglos. Für weitere Informationen wären wir dankbar.

[13] Vgl. etwa: Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudetenland, 31.05.1938, in: Ernst Telschow (Hrsg.), Jahrbuch 1939 der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Leipzig: Drugulin 1939, 57-85.

[14] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, München: De Gruyter 2008; 207; Andreas Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 60.

[15] Meyer (Fn. 14), 64.

[16] Toppe (Fn, 14), 207.

[17] Ernst Schmitz, Vorlesung Kriegsrecht 1938, unveröffentlichtes Manuskript, in der Bibliothek des MPIL vorhanden unter der Signatur: VR: XVII H: 40; ferner überliefert sind die Gutachten Hermann Moslers, ohne Signatur, MPIL; ferner: Hueck (Fn. 6), 512. Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 76.

[18] Hueck (Fn. 6), 522.

[19] Hueck (Fn. 6), 522..

[20] Die Nachkriegs-ZaöRV, Band 13 im Jahre 1950, beginnt mit sechs Nachrufen. Durch den Krieg kamen Joachim-Dieter Bloch ums Leben, der bei der Befreiung Berlins von Rotarmisten erschossen wurde, Alexander N. Makarov, Joachim-Dieter Bloch (1906-1945), ZaöRV 13 (1950), 16-18; Der 22-jährige Referent Ferdinand Schlüter galt seit 1944 als vermisst. „Die alten Gefährten des Instituts bewahren ihm ein treues Andenken und haben die Hoffnung auf seine Rückkehr noch nicht aufgegeben“, Helmut Strebel, Ferdinand Schlüter (vermißt), ZaöRV 13 (1950), 20-21, 21; Eindrucksvoll der Zeitzeugenbericht der Bibliothekarin Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem, 1946 (unveröffentlicht).

[21] Lange (Fn. 17), 150; Hubert Seliger, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse, Baden-Baden: Nomos 2016, 181; 548; Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Hrsg.). Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879-1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024, 329.

[22] Hierzu siehe umfangreiche Gutachtensammlung im MPIL-Bestand. Die bis 1960 bestehende Berliner Abteilung des Instituts war vor allem dem Kriegsfolgenrecht gewidmet. In den 1950er Jahren wurden ferner zwei bedeutende juristische Archivbestände vom MPI übernommen, das „Heidelberger Dokumentenarchiv“, das einen vollen Satz der Prozessunterlagen der Nürnberger Prozesse umfasst und Teile der Bestände des „Instituts für Besatzungsfragen“, das in Tübingen angesiedelt war und u.a. zu alliierten Besatzungsrechtsverstößen forschte, siehe Bestand im MPIL-Keller; Hermann Mosler, Der Einfluss der Rechtsstellung Deutschlands auf die Kriegsverbrecherprozesse, Süddeutsche Juristenzeitung 2 (1947), 362-370; Hermann Mosler, Die Kriegshandlung im rechtswidrigen Kriege, in: Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg/Institut für internationales Recht an der Universität Kiel, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1948, Bd. 2, Hamburg: Hansischer Gildenverlag 1948, 335-358.

[23] Foto: AMPG.

[24] Carl Bilfinger, Prolegomena, ZaöRV 13 (1950), 22-26, 26.

[25] Carl Bilfinger, Völkerrecht und Historie, in: Boris Rajewski/Georg Schreiber (Hrsg,), Aus der deutschen Forschung der letzten Dezennien. Dr. Ernst Telschow zum 65. Geburtstag gewidmet, Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1954, 29-32, 30.

[26] Foto: MPIL.

[27] Hiervon zeugen die überlieferten Protokolle der Referentenbesprechungen.

[28] Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948–2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2023, 26.

[29] Jochen Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, Köln: Carl Heymanns Verlag 1968.

[30] Foto: MPIL.

[31] Bernhardt schien sich zeitlebens nicht zu dieser Erfahrung geäußert zu haben, in seiner Privatbibliothek dominierten aber Werke, die sich mit dem Phänomen des Nationalsozialismus auseinandersetzten. Anders: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs 2008, 71-114. Zu Rudolf Bernhardts Erfahrungen in der Kriegsgefangenschaft: Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945-1947, hrsg. von Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024.

English

The capitulations at the end of the First and Second World Wars are regarded as defeats for Germany, not only for its army or government. They represent deep social caesuras and continue to characterise the German path to this day, including that of the Institute for Comparative Public Law and International Law. We perceive these capitulations as critical junctures [1] and will demonstrate that they form a common thread that links many of the Institute’s positions and runs through its research. The Geneva Institut de hautes études internationales, which accompanied the new order from a victor’s perspective from 1927 onwards, forms a contrasting foil.[2] The thread of defeat dominates the Institute in the inter-war period and the early Federal Republic, yet also taps into many aspects of the Institute’s more recent history.  It can be found in the studies on German unity and on European integration after the fall of the iron curtain, on international law as a value-based order, as well as on global constitutionalism. Certainly, it loses some of its interpretative power with increasing historical distance and with the internationalisation of the MPIL. This article opens shows the common thread on the basis of the formative positioning of the institute in the Weimar Republic and its repositioning in the young Federal Republic of Germany.

Please note, we propose as the red thread the interpretation of the capitulations as formative German defeats. This interpretation is almost universally shared, in stark contrast to the understanding of the causes of the wars, war guilt, and the extent and uniqueness of Germany’s crimes. Moreover, our thesis is not monocausal or deterministic: further causes have been shaping the Institute’s path.[3] The red thread we are describing by no means follows a straight path: After the first defeat, the Institute aimed to revise the post-war international legal order, whereas after the second defeat it aimed to for its consistent development. The assertion of a common thread also does not claim a consensus in the assessment or the consequences that were drawn. Many contributions to this blog show the sometimes-astonishing pluralism in how the defeats were dealt with within the Institute. Our common thread can only be a common thread because it leaves many aspects open and up for debate. In a nutshell: we are not writing a narrative.

A Loser’s Institution

The foundation of the institute on 19 December 1924 was a result of the capitulation. Having lost the war, Germany had to submit to a new international order dominated by its opponents. The defeat presented the German international lawyers and the entire discipline with unprecedented challenges. They now stood alone, without a powerful army at their side. Moreover, the Treaty of Versailles confronted Germany with intricate international problems, such as the loss of territory, restrictions on sovereignty, enormous reparations, war debts and political isolation. In addition, Germany suffered from a lack of competent lawyers. The statism of the German Empire had little interest in international law, so the discipline was neglected for decades.

The establishment of the Institute responded to this situation. The founding memorandum, written by KWG Secretary General Friedrich Glum, the eminent Weimar professor Heinrich Triepel and the founding director Viktor Bruns stated:

“In the decades to come, Germany will have to deal more than ever with the cultivation of international relations, in order to protect itself from the unjustified claims of its war enemies, to help its compatriots in the ceded territories and to reassert itself in the world.” [4]

The Institute started a “loser’s institution”. The consequences of this, however, could turn out very differently, leading for example to a critical or an emphatic understanding of international law. One obvious consequence could have been a critical understanding of international law as an instrument of the strong to suppress the weak, ‘the strong do what they can and the weak suffer what they must’. The Institute decided differently, more wisely: a country with a Wehrmacht of only 100,000 men is better served by an understanding of international law according to which law is more than just the formalisation of power. Corresponding to the interests at stake is an understanding as an independent system of order, which also serves to inhibit pure power. It is therefore by no means a coincidence that Bruns’ programmatic first article in the Institute’s newly founded journal theorizes the autonomy of international law: “International Law as a Legal Order“.

The KWI’s approach to the defeat was not the only possible. Consider the Hamburg Institut für auswärtige Politik (“Institute for Foreign Policy”), founded in 1922 by Albrecht Mendelssohn Bartholdy, and the Kiel Institut für Internationales Recht (“Institute for International Law”) under the directorship of Walther Schücking. These two institutes also addressed the defeat, but with a more progressive understanding of international law committed to the international order and the League of Nations. Such commitments do not characterise the work of the KWI. Even ‘international law as a legal order’ appears to be more a means than an end.  After the Second World War, this openness in dealing with the defeat was even evident internally.Whereas Carl Bilfinger (1879-1958), who oversaw the re-foundation of the institute in 1950, , recommended a peace order based on the balance of power according to the traditional model of the Congress of Vienna, his successor Hermann Mosler (1912-2001) focussed on theintegration into the West that ‘detonated’ (“sprengen”) traditional thinking.

Concrete Experiences of Defeat

The burned-out castle in June 1946[5]

The influential power of the defeats can be concretised by looking at the members of the institute. Looking at the staff structure of the KWI, it was “comparable to that at the Federal Foreign Office: aristocratic origins, bourgeois tradition and a certain social arrogance dominated.”[6] Due to an, in many cases, starkly nationalist sentiment, many felt the defeat particularly deeply. This is most evident in the leadership of the Institute, its founder Viktor Bruns (1884-1943),  and the academic members and advisors Rudolf Smend (1882-1975), Erich Kaufmann (1880-1972) and from 1944 onwards by the second director, Carl Bilfinger (1879-1958). Among them, Erich Kaufmann, a highly decorated soldier, was the only one who had served in the war, which he had almost yearned for  in his famous – by now infamous – bellicose essay on the “Nature of International Law” (“Das Wesen des Völkerrechts”).[7] Viktor Bruns and Heinrich Triepel were among the more than 3,000 professors who had signed the nationalistic “Declaration of the Professors of the German Empire” (“Erklärung der Hochschullehrer des Deutschen Reiches”) in 1914 and consequently showed active support of the war.

Among staff members, only a few, such as Hermann Heller (1891-1933), Carlo Schmid (1896-1979) and Friedrich Berber (1898-1984), had fought in the First World War. Most had experienced the war as teenagers, such as Joachim Dieter Bloch (1906-1945), Karl Bünger (1903-1997), Joachim von Elbe (1902-2000), Herbert Kier (1900-1973) and Gerhard Leibholz (1901-1982), Hans-Joachim von Merkatz (1905-1982), Hermann Mosler (1912-2001), Hermann Raschhofer (1905-1979), Helmut Strebel (1911-1992), Ulrich Scheuner (1903-1981), Berthold von Stauffenberg (1905-1944) and Wilhelm Wengler (1907-1995).[8] Yet, educated in the spirit of German nationalism and subject to the war propaganda, they were characterised by a strange bitterness: For not fighting in the war to avoid defeat, they felt to have missed the opportunity to prove themselves to their nation, and many tried to make up in other ways.[9] Some have reported on the experience of defeat in autobiographies.[10]

Shared war experience: Erich Kaufmann in 1918 and Carlo Schmid in 1917 as officers (Photos: UB der HU zu Berlin, Porträtsammlung: Erich Kaufmann; AdSD 6/FOTA020638).

The shared experience of defeat had an important social function for the Institute: the “fight against Versailles” integrated the members of the KWI beyond their political differences. Indeed, there was a certain degree of “diversity” at the Institute. It provided a space for researchers of Jewish origin such as Erich Kaufmann, Hermann Heller and Gerhard Leibholz. There was also political diversity, and the differences between the social democrats Heller and Carlo Schmid on the one hand and conservatives such as Kaufmann or Berthold von Stauffenberg ran deep. It is worth mentioning diversity for female researchers such as Ellinor von Puttkamer, Marguerite Wolff and Angèle Auburtin.

The glue among the members was the intention to revise the post-war order. This shared objective facilitated cooperation among the Institute’s members, even after 1933. It is true that the Jewish members Erich Kaufmann and Marguerite Wolff were forced out. However, until 1944, political nonconformists such as Wilhelm Wengler, regime-sceptics such as Hermann Mosler and, later, the dissident and member of the resistance movement of 20 July 1944 Berthold von Stauffenberg worked with national socialist lawyers such as Herbert Kier and Georg Raschhofer.

Scientific Support of the War

Viktor Bruns, The Guilt of “Peace” and the German Right to the Sudetenland, Annual Conference of theKWG 1938 (Bruns third from right, next to Max Planck, second from right) [12]

The Institute’s support of National Socialism can be explained with the defeat in the First World War, not with deep belief in the regime’s ideology. Viktor Bruns and his staff longed for a revision of the Treaty of Versailles and the restoration of Germany as a great power.[13] With this aim, the Institute became involved in the Third Reich’s war preparations early on. Already in 1934, Bruns set up a department for martial law, headed by Berthold von Stauffenberg.[14] From 1935, the Institute participated in the Deutsche Gesellschaft für Wehrpolitik und Wehrwissenschaften (“German Society for Defence Policy and Defence Sciences”), a Nazi think-tank on war issues. Its Ausschuss für Kriegsrecht (“Committee for the Law of War”) aimed to “simplify the heterogeneous law of war and – in view of a coming war – to collect all the necessary documents in order to be able to represent German interests  as well as possible after the German victory.”[15]  In this think tank, Viktor Bruns, Hermann Mosler, Ernst Schmitz and Berthold von Stauffenberg joined members of the Foreign Office, the Ministry of Justice, the High Command of the Wehrmacht and the Navy, and the Ministry of Aviation.[16] It developeda draft for a prize law (“Prisenordnung”), for which Berthold von Stauffenberg was responsible, as well as a law of admiralty courts and parts of a law on aerial warfare. These were, to their credit, heavily oriented on the international law of war.While the KWI was involved in preparing a new war and supported Nazi policy, it was so mostly within the limits of international law.[17] Thus, its support weakened when the gross violation of international law on the Eastern Front became known. Although the Institute did not become a centre of resistance, there is evidence that Schmitz, Wengler, Mosler and Stauffenberg were “strictly committed to international humanitarian law”. [18] An issue of both great relevance and complexity is Stauffenberg’s involvement in the operation Walküre of 20 July 1944.[19] It can, however, not be discussed here.

Kriegsfolgenforschung” -“Research on the Consequences of the War”

The defeat in the Second World War with all its consequences, the destruction of Berlin Palace, the dramatical rescue of the institute’s library, and the deaths of colleagues, was another experience impacting the institute’s staff. Much of this becomes tangible in the eyewitness accounts and obituaries in the ZaöRV.[20]  Until the Institute’s re-establishment by the newly founded Max Planck Society in Heidelberg in 1949, it was in a most precarious state. Parts had already been moved to Heidelberg where Bilfinger was living, but much of the library and staff were still in Berlin, but in Bruns’ villa. The Institute’s staff was primarily concerned with the legal side of the defeat, euphemistically termed “the law of the consequences of war” (Kriegsfolgenrecht). Carl Bilfinger worked for the industrialists Hermann Röchling and Friedrich Flick in the Allied war crimes trials, while Hermann Mosler appeared on behalf of Gustav Krupp and Albert Speer.[21] Until the 1960s, the Institute was busy with questions of the law of occupation, reparations, and the status of Berlin and the Soviet occupation zone.[22]

Boltzmannstraße 1 in Berlin. The Director’s Villa of the KWI for Biology housed the Berlin branch of the MPIL from 1947 to 1960[23]

In the first post-war issue of the ZaöRV in 1950, Carl Bilfinger, reappointed as director despite his Nazi background, defined the Institute’s research tasks. Without any mentioning National Socialism, the Second World War or German crimes, he was primarily concerned with criticising the treatment of Germany by the Allies. He compared the situation in 1950 with that of the Berlin Institute in the 1920s: “In this respect, the journal of the Institute also finds itself in a new situation, which was already discussed after the First World War, but not fully clarified, in relation to an old question.” [24]  Bilfinger praised the main achievement of Bruns’s KWI as having “forced Germany’s opponents to unmask their purely power-political standpoint”, thus placing the Heidelberg Institute in this line. [25] Bilfinger saw Germany as a victim of the Allies. His restorative conception of the post-war order has already been mentioned.

The Alternative: The Federal Republic’s Integration into the West

Protagonist of European integration: Walter Hallstein gives a lecture on “The EEC seen from a political point of view” at the MPIL in 1962. Hermann Mosler and Hans Dölle at the table. In the background on the left, a group of young researchers listening, third from the right is Rudolf Bernhardt, later director of the Institute.[26]

Hermann Mosler drew very different lessons from Germany’s defeat. Mosler, who took over as director in 1954, developed a new understanding of the ESCS treaty, which transcended traditional international law according to Schuman. Generally, he closely followed and supported Konrad Adenauer’s Western integration. All subsequent directors followed suit, and thus the red thread took on a new direction.

In the 1950s and 1960s, the research agenda of the Institute was dominated by studies accompanying this integration of the West: European integration in its many aspects, human rights, and, on the comparative side, constitutional adjudication and the control of the executive. When, in the late 1960s, the Ostpolitik began to address a further dimension of the German defeat, this naturally became a central issue. At the same time, the red thread left much open, namely how to deal with the most visible consequence of the defeat: the division of Germany and its loss of territory. The issue was a polarising the Institute as it was polarizing the country.[27] The red thread is that the issue was so important that it could polarise the Institute.

Many members and staff of the Institute, above all Karl Doehring, Hartmut Schiedermair, Fritz Münch, but also Helmut Steinberger and Hermann Mosler, rejected the Ostverträge, a series of treaties of the Federal Republic with the Eastern European countries, above all the Soviet Union, Poland and later the German Democratic Republic.[28] But with Jochen Frowein and his fundamental work on the “de facto regime”, the Institute had also produced much of the legal thought of the new Ostpolitik. [29] We see this as a contribution to Willy Brandt’s Nobel Peace Prize. In any case, the “German question”, as the most obvious consequence of the defeat, had a formative influence on generations of researchers. Consequently, with German reunification, the presence of the defeat slowly began to fade.

The Defeats and the Institute in the 21st century

he Continuous Relevance of Military Pride. Karl Doehring (right) in conversation with Gerhard Gutmacher, former judge at the Landgericht Heidelberg, on the occasion of Doehring’s 80th birthday on 22 March 1999 at the Institute. The Iron Cross identifies the guest as a highly decorated participant in the Second World War.[30]

Karl Doehring and Rudolf Bernhardt, the last directors with war experience, died in 2011 and 2021 respectively. [31] What is the awareness, understanding and relevance of Germany’s capitulations today?  With the passage of time and the internationalisation of the MPIL’s staff, fading is inevitable, not least because many of today’s academic, library and administrative staff have a history of migration and were socialised and educated abroad.

And yet, historical institutionalism’s concepts of critical juncture and path dependency express a deep truth. With this article, we hope to have provided our readers with a thread leading towards a grasp of the Institute’s most recent publications, and by that, also of the situation in Germany more broadly. If the thread is no longer red or even has become impossible to find, this is also significant. Then one might ask whether researchers, the institute, and Germany have forgotten, overcome, or coped with the defeats and whether this should be reason for celebration or for regret. For us it would be the latter.

[1] Giovanni Capoccia, Critical Junctures, in: Orfeo Fioretos/Tulia G. Falleti/Adam  Sheingate (eds), The Oxford Handbook of Historical Institutionalism, Oxford: Oxford University Press 2016, 89-106.

[2] Jan Stöckmann, The Architects of International Relations. Building a Discipline, Designing the World, 1914-1940, Cambridge 2022, 97-98.

[3] Jan-Holger Kirsch, „Wir haben aus der Geschichte gelernt“. Der 8. Mai als politischer Gedenktag in Deutschland, Köln: Böhlau 1999, 8; Reinhart Koselleck, Erfahrungswandel und Methodenwechsel. Eine historisch-anthropologische Skizze (1988), in: Reinhart Koselleck, Zeitschichten. Studien zur Historik, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000, 27-77; 68-69.

[4] Memorandum on the foundation of the Institute for Comparative Public Law and International Law (undated, but drafted before December 1924), BArch, R 1501, 3-10, 3, translated by the authors.

[5] Photo: BArch, Bild 183-U0628-501/ Erich O. Krueger.

[6] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, Vol. 2, 490-528, 510.

[7] Erich Kaufmann, Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus sic stantibus, Tübingen: Mohr 1911.

[8] Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg: Hamburger Edition 2002; Ulrich Herbert, Best. Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903–1989. Munich: C.H. Beck 2016.

[9] Cf. Herbert (fn. 8), 54; Samuel Salzborn, Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts, Sozial.Geschichte 21 (2006), 29-52, 33.

[10] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: Hirzel 2008, 40 et seqq; Friedrich Berber, Zwischen Macht und Gewissen. Lebenserinnerungen, Munich: Beck 1986, 13-18; Joachim von Elbe, Unter Preußenadler und Sternenbanner. Ein Leben für Deutschland und Amerika, Munich: Bertelsmann 1983, 54-57.

[11] Photo: University Library of the Humbolt University (Berlin), portrait collection: Erich Kaufmann; AdSD  6/FOTA020638.

[12] Photo: Weltbild Foto Verlag. The original image could not be found in a better version. Searches in the Bundesarchiv (German Federal Archive), the picture archive of the Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Prussian Cultural Heritage Foundation) and the archives of Ullstein Bild and Scherl/SZ-Foto, which have taken over parts of the Weltbild collection, were unsuccessful. We would be grateful for any further information.

[13] Cf. Viktor Bruns, Die Schuld am „Frieden“ und das deutsche Recht am Sudetenland, 31.05.1938, in: Ernst Telschow (ed.), Jahrbuch 1939 der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Leipzig: Drugulin 1939, 57-85.

[14] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899-1940, Munich: De Gruyter 2008, 207; Andreas Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). Völkerrecht im Widerstand, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 60.

[15] Meyer (fn. 14), 64, translated by the authors.

[16] Toppe (fn. 14), 207.

[17] Ernst Schmitz, Vorlesung Kriegsrecht [“Lecture on the Law of War”] 1938, unpublished manuscript, in the MPIL’s library under signature: VR: XVII H: 40; there are also legal opinions by Hermann Moslers, without signature, MPIL; see also: Hueck (fn. 6), 512; Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945, Heidelberg: Springer 2017, 76.

[18] Hueck (fn. 6), 522.

[19] Hueck (fn. 6), 522.

[20] The post-war issue of the ZaöRV (today also under the English title Heidelberg Journal of International Law, HJIL), vol. 13 of 1950, begins with six obituaries. The war claimed the life of Joachim-Dieter Bloch, who was shot by Red Army soldiers during the liberation of Berlin, Alexander N. Makarov, Joachim-Dieter Bloch (1906-1945), HJIL 13 (1950), 16-18; the 22-year-old lecturer Ferdinand Schlüter had been missing since 1944: “The old companions of the Institute honour his memory faithfully and have not yet given up hope of his return”: Helmut Strebel, Ferdinand Schlüter (vermißt), HJIL 13 (1950), 20-21, 21; Impressive contemporary witness report by librarian Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem [“The repatriation of our institute library from the Uckermark to Berlin-Dahlem”], 1946 (unpublished).

[21] Lange (fn, 17), 150; Hubert Seliger, Politische Anwälte? Die Verteidiger der Nürnberger Prozesse, Baden-Baden: Nomos 2016, 181, 548; Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Hrsg.). Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879-1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024, 329.

[22] See the extensive collection of expert opinions in the MPIL’s holdings. The Institute’s Berlin department, which existed until 1960, was primarily concerned with the legal consequences of the war. In the 1950s, the MPI also took over two important collections of legal archives: the “Heidelberger Dokumentenarchiv”, which contains a complete set of the trial documents of the Nuremberg Trials, and parts of the certificates of the “Institut für Besatzungsfragen”, which was based in Tübingen and researched, among other things, violations of the law of the Allied occupation; see the collection in the basement of the MPIL; Hermann Mosler, Der Einfluss der Rechtsstellung Deutschlands auf die Kriegsverbrecherprozesse, Süddeutsche Juristenzeitung 2 (1947), 362-370; Hermann Mosler, Die Kriegshandlung im rechtswidrigen Kriege, in: Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg/Institut für internationales Recht an der Universität Kiel, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1948, vol. 2, Hamburg: Hansischer Gildenverlag 1948, 335-358.

[23] Photo: AMPG.

[24] Carl Bilfinger, Prolegomena, HJIL 13 (1950), 22-26, translated by the authors.

[25] Carl Bilfinger, Völkerrecht und Historie, in: Boris Rajewski/Georg Schreiber (eds.), Aus der deutschen Forschung der letzten Dezennien. Dr. Ernst Telschow zum 65. Geburtstag gewidmet, Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1954, 29-32, 30.

[26] Photo: MPIL.

[27] The surviving minutes of the “Referentenbesprechung” bear witness to this.

[28] Felix Lange, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, 1945–2002, in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (eds.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft, 1948–2002, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2022, 26.

[29] Jochen Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht, Cologne: Carl Heymanns Verlag 1968.

[30] Photo: MPIL.

[31] Bernhardt does not seem to have commented on this experience throughout his life, but his private library was dominated by works dealing with the phenomenon of National Socialism, unlike Karl Doehring, who wrote extensively about his time as a soldier: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs Verlag 2008, 71-114. On Rudolf Bernhardt’s experiences as a prisoner of war: Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945-1947, ed. by Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024.

MPIL100 – Beginn einer Spurensuche

MPIL100 – Beginnings of an Exploration

Deutsch

Am Anfang steht in der Wissenschaft oft ein Zufall. Oder, um genauer zu sein: ein Moment der serendipity, jener glücklichen Gelegenheit, die im scheinbar absichtslosen Zusammenfallen von Konstellation und Ereignis Erkenntnis ermöglicht und hervorbringt. Im Winter 1924/25 kam es für die Völkerrechtswissenschaft zu so einem Glücksfall. Viktor Bruns, seit 1912 Professor für Staats- und Völkerrecht an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, hatte, so notierte es seine Frau Marie später in ihrem Tagebuch, „in den vergangenen Jahren oft und reiflich den Plan eines deutschen Lehrbuchs für Völkerrecht erwogen“. Er las Bücher und Broschüren, „ließ sich von Frau Wolff und juristischen Assistenten oder Studenten über den Inhalt von Büchern berichten, damit er nicht alles selbst durchlesen mußte“. Bald schon sei ihm aber klar gewesen, dass es für den Gesamtüberblick, der ihm vorschwebte, mehr brauchen würde als ein paar kluge und fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nötig war: ein Institut. Einige Wochen vor Weihnachten, so schildert es Marie Bruns, ließ er diesen Gedanken beiläufig in ein Gespräch mit Friedrich Glum, dem Generaldirektor der 1911 gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, einfließen. „Sofort nahm ihn Glum sehr lebhaft auf. ‚Das ließe sich aber sehr gut machen‘, so der einflussreiche preußische Wissenschaftsmanager; „voriges Jahr hat unsere Gesellschaft zu viel Geld bewilligt bekommen. Den Überschuß können wir für Ihr Institut verwenden. Aber wir müssen rasch handeln, denn sonst kommen uns andere mit törichten Unternehmungen zuvor. Da wird z.B. ein Institut für Theaterkunde geplant – was hat das für einen praktischen Nutzen?‘“

So also hat, wenn man der eifrigen Chronistin Marie Bruns trauen darf, an einem Wintertag in den mittleren, den oft verklärten “goldenen Jahren” der Weimarer Republik, alles begonnen. Natürlich waren noch einige Kämpfe zu bestehen. Es brauchte Verbündete in Wissenschaft und Politik und ein tatkräftiges advance team, angeführt von Marguerite Wolff, „Hausfrau des neuen Instituts“ und zugleich mit einem juristischen Referat betraut. Es brauchte eine Gründungsgruppe mit Bibliothekar und Bibliothekarin, fünf Assistenten und fünf Sekretärinnen, die dem Direktor Bruns in den Institutsräumen im Berliner Schloss zur Seite standen. Doch das „Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“, zu dem sich 1926 ein privatrechtliches Schwesterinstitut gesellte, war Realität geworden – ein juristisches Kompetenzzentrum ersten Ranges, gut ausgestattet mit Büchern, Zeitschriften, Dokumenten und klugen Köpfen. Ort der Grundlagenforschung und völkerrechtspolitischer think tank, Elfenbeinturm und Advokatur.

Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL), das seit 1949 in Heidelberg die Tradition der Berliner Gründung fortführt, kann 2024 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken. Als Institution der Grundlagenforschung im Völkerrecht, im Recht der Europäischen Union und im vergleichenden öffentlichen Recht ist The Institute (oder auch: The Max Planck) weit über die deutschsprachige Rechtswissenschaft hinaus ein Begriff.  Über seine Auseinandersetzung mit aktuellen Rechtsproblemen leistet das MPIL nicht nur einen Beitrag zur theoretischen Fortbildung des Rechts, es berät auch nationale, europäische und internationale Institutionen. Im Laufe seiner Geschichte waren das Institut und seine Mitarbeitenden an wegweisenden juristischen und politischen Entwicklungen beteiligt und schrieben vielfach selbst (Rechts-) Geschichte. Gute Gründe also, um anlässlich des Jubiläums die historische Entwicklung des Instituts und seinen Beitrag in Wissenschaft und Praxis zu erinnern und zu reflektieren.

Geschichte als Problem? Zum historischen Wissensstand

Geschichte, so scheint es, war für das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht immer ein Problem. Geschichte war Dissens, denn Geschichte, das war für das MPIL für lange Zeit die über allem schwebende Gretchenfrage um die Positionierung des Instituts und seiner Mitarbeiter zum „Dritten Reich“. Es hatte seinerzeit alles gegeben: überzeugte Bejaher, skeptische Beobachter, schweigende Ablehner und einen, der es wagte, unter Einsatz seines Lebens am Ende doch gegen das System aufzubegehren. Es gab die nach 1933 Ausgestoßenen und Verfolgten, es ab die nach 1945 als „belastet“ Geltenden und die rasch „Entlasteten“, es gab jene, die das Institut über alle Systemwechsel und Brüche hinweg am Leben hielten und verkörperten. Mitunter gab es gute Gründe zum Vergessen, Vieles verlor sich im Verlauf der Jahrzehnte jedoch eher nebenbei. Seit seiner Neugründung in Heidelberg 1949 schaute das Institut vor allem nach vorne, betrieb Rechtswissenschaft am Puls der Zeit, thematisierte sich selbst und seine Geschichte, wie die gesamte deutsche Gesellschaft seinerzeit, jedoch nur ungern.[1] Nicht die Vergangenheit stand im Vordergrund, sondern die großen Aufgaben der Gegenwart, die von der juristischen Begleitung des Wiederaufbaus der Bundesrepublik bis zur Westintegration reichten.

Dennoch haben sich immer wieder einmal Wissenschaftler mit der Geschichte des Instituts beschäftigt. An einer weitgespannten historiographischen Darstellung fehlt es aber bislang. Die wechselhafte Geschichte des Berliner KWI von 1924 bis 1945 ist mit Ausnahme eines Aufsatzes von Ingo Hueck aus dem Jahr 2000 praktisch nicht bearbeitet worden.[2] Rudolf Bernhardt und Karin Oellers-Frahm, selbst über Jahrzehnte wichtige Akteure der Institutsgeschichte, haben 2018 eine Chronik vorgelegt, die entlang direktoraler Forschungsagenden und Outputs die Institutsgeschichte seit der Wiedergründung in Heidelberg dokumentiert.[3]  Felix Lange hat mit seiner Biographie Hermann Moslers und diversen Einzelstudien erste wesentliche Beiträge geleistet.[4] Vieles aber war bislang unerforscht und unerzählt, viel ist verloren und verdrängt, viele sind vergessen.

Ein kritischer Blick in die Institution: Erinnerungskultur, Netzwerke und Kanonisierungsprozesse

Der Blog MPIL100 möchte hier ansetzen, historische Leerstellen identifizieren und füllen, aber auch weitere Fragen anregen. Er wird aktuelle Fachfragen der Forschungsfelder des MPIL in ihrer historischen Dimension neu denken, auch Akteurinnen und Akteure, die in den vergangenen 100 Jahren am Institut gewirkt haben, in den Blick nehmen. Von großer Bedeutung werden auch die formalisierten wie informellen Netzwerke des Instituts sein, lokal und national, europäisch und global. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf Erinnerungskultur und Kanonisierungsprozesse innerhalb des Instituts.  Insbesondere sollen Personen wieder in den Fokus gerückt werden, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft, ihrer religiösen oder politischen Orientierung, zumal durch Verfolgung im „Dritten Reich“, in Vergessenheit geraten sind. Sichtbar werden sollen aber auch die, die im Zuge der demokratischen Transition nach 1945 aus dem Institutskontext verschwanden. Hierbei wird eine große personelle Bandbreite abgedeckt, die auch Protagonistinnen und Protagonisten umfasst, die als nicht-wissenschaftliches Personal in der Verwaltung, Haustechnik oder Bibliothek das Institut teils über viele Jahrzehnte geprägt und seine wissenschaftliche Arbeit mitermöglicht haben.

Altes neu gelesen: disziplinengeschichtliche Aspekte

Aus der historischen Distanz möchten wir auch die Forschungsleistung des Instituts neu und kritisch würdigen. Dies betrifft die inhaltliche Vielfalt und Breite der Forschungsthemen der letzten hundert Jahre, die mit der Auseinandersetzung um den Versailler Vertrag 1924 beginnen, über den Völkerbund, das Kriegsrecht im Zweiten Weltkrieg, die europäische Integration in den 1950ern über die deutsche Wiedervereinigung bis zur Gründung der Europäischen Union reichen. Ob vergleichendes Verfassungsrecht, Völker- und Europarecht, Menschen-, Tier- und Umweltrechte – diese zahlreichen wissenschaftlichen Entwicklungen werden innerhalb ihres Entstehungs- und Wirkungskontextes nachvollzogen. Dies bezieht auch eine Untersuchung der Positionierung des Instituts und seiner Mitarbeitenden zu historisch „kritischen“ Themen und politischen Kontexten mit ein, wie die Haltung gegenüber dem „Dritten Reich“ und der Ideologie des Nationalsozialismus oder zur Kolonialisierung. Ein Zugriff hierzu kann die Auseinandersetzung mit den zahlreichen Veröffentlichungen und Editionen sein, die vom Institut verantwortet werden und wurden. Seit 1927 sind in den „Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“ mehr als 300 Bände erschienen, seit 1929 hat die „Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“ mehr als 80 Ausgaben herausgebracht. Beide sind die zentralen und langlebigsten Publikationsorgane und Spiegel der wissenschaftlichen Produktion des Instituts. Der Blog gibt Gelegenheit und Forum, diese Publikationen mit dem heutigen Blick und unseren Fragen an die Geschichte neu zu lesen und zu kommentieren.

Vom Fachaufsatz zum Tagebuch: die Quellen

Jenseits der wissenschaftlichen Publikationen gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Quellen, die Aufschluss über die Geschichte des Instituts geben können. Im Zuge erster Recherchen wurden zahlreiche bislang unerschlossene Dokumente aufgefunden, die auf dem Blog erstmals wissenschaftlich untersucht werden. Hierzu zählen Rechtsgutachten und -auskünfte des Heidelberger Instituts, die Zeugnis geben von seiner rechtsberatenden Tätigkeit für Ministerien, Behörden und Gerichte. Akten zur Selbstorganisation (wie historische Personal- und Verwaltungsakten) ermöglichen sozialgeschichtliche Analysen der Mitarbeiterschaft des Instituts, Korrespondenzen und bislang verschollene Nachlässe bedeutender Institutspersönlichkeiten helfen bei der Rekonstruktion wissenschaftlicher Netzwerke. Nicht zuletzt neu aufgefundene Ego-Dokumente wie die Tagebuch-Aufzeichnungen von Marie Bruns eröffnen persönliche Perspektiven auf die Einrichtung und ihr wissenschaftliches Schaffen. Komplettiert wird dies durch eine Vielzahl überlieferter Fotografien und auch frühen Ton- und Filmaufnahmen, denen der Blog ein Forum bieten wird. Verbunden wird dies mit Interviews von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die ebenso auf dem Blog erscheinen sollen.

Ein Kaleidoskop der Perspektiven

MPIL100 möchte eine inklusive, dynamische und vernetzte Form der multiperspektivischen Historiographie und ihrer Vermittlung ermöglichen. Wir laden Forschende verschiedener Disziplinen ein, sich an unserem Projekt zu beteiligen. Aktive und ehemalige Angehörige des Instituts sind ebenso willkommen wie externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Unser Blog möchte bisherige Narrative und Deutungsweisen zur Arbeit und Geschichte des Instituts hinterfragen und setzt auf eine Vielzahl fachwissenschaftlicher und interdisziplinärer Perspektiven aus dem In- und Ausland. Um der offenen und global vernetzten Struktur des Instituts und seiner Vielsprachigkeit Rechnung zu tragen, werden die Beiträge des Blogs auf Deutsch und Englisch erscheinen, teilweise zusätzlich auf Spanisch und Französisch. Die Reflexion einer Institution und ihrer Akteure in der Zeit soll auch eine Auseinandersetzung mit heutigen Protagonistinnen und Bedingungen juristischer Wissensproduktion anregen und ermöglichen. Dazu laden wir ein und freuen uns auf engagierte Beitragende und ein lesefreudiges Publikum.

 

[1] Hermann Mosler, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Heidelberger Jahrbücher XX (1976), 53-78.

[2] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen 2000, Bd. 2, 490-528.

[3] Rudolf Bernhardt/ Karin Oellers-Frahm, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Geschichte und Entwicklung von 1949 bis 2013 (Berlin, Heidelberg: Springer 2018). Ferner: Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) / Kaiser-Wilhelm- / Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Eckart Henning/ Marion Kazemi (Hrsg.), Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft Zur Förderung der Wissenschaften 1911– 2011. Daten und Quellen, Bd. 2, (Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016), 1619-1645.

[4] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945 (Berlin, Heidelberg: Springer 2017). Ferner u.a. Ders., Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg – Die Wiederbegründung des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht nach 1945, ZaöRV 74 (2014), 697-732; Ders. Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933-1945, ZaöRV 76 (2016), 633-659; Ders., Between Systematization and Expertise for Foreign Policy – The Practice-Oriented Approach in Germany’s International Legal Scholarship (1920-1980), European Journal of International Law 28 (2017), 535-558; Ders., Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik – Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (1945-2002), in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (Hrsg.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft 1948-2002, Göttingen 2023, 49-90.

Suggested Citation:

Philipp Glahé/Alexandra Kemmerer, MPIL100 – Beginn einer Spurensuche, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20231114-233459-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

Science often begins with a coincidence. Or more precisely: a moment of serendipity, that happy opportunity that enables and produces knowledge in the seemingly unintentional coincidence of constellation and event. In the winter of 1924/25, such a stroke of luck occurred for international law scholarship. Viktor Bruns, Professor of Constitutional and International Law at the Friedrich Wilhelm University in Berlin since 1912, had, as his wife Marie later noted in her diary, “often and carefully considered the plan for a German textbook on international law in recent years”. He read books and brochures, “had Mrs. Wolff and legal assistants or students tell him about the contents of books so that he didn’t have to read through everything himself”. However, he soon realised that it would take more than a few clever and hard-working employees to achieve the overall vision he had in mind. What was needed was an institute. A few weeks before Christmas, according to Marie Bruns, he casually let this idea slip into a conversation with Friedrich Glum, the Director General of the Kaiser Wilhelm Society, which was founded in 1911. “Glum immediately took it up very enthusiastically. “But that could be done very well”, said the influential Prussian science manager; “last year our society was granted too much money. We can use the surplus for your institute. But we must act quickly, otherwise others will beat us to it with foolish endeavours. For example, an institute for theatre studies is being planned – what is the practical use of that?”.

If we can trust the zealous chronicler Marie Bruns, then this is how it all began on a winter’s day in the mid, often romanticised “golden” years of the Weimar Republic. Of course, there were still some battles to be fought. Allies were needed in science and politics and an effective advance team, led by Marguerite Wolff, “housewife of the new institute” and simultaneously in charge of a legal department. It took a founding group with a librarian, five assistants and five secretaries to support Director Bruns in the institute’s rooms in the Berlin Palace. But the “Institute for Foreign Public Law and International Law”, which was joined by a sister institute of private law in 1926, had become a reality – a first-class centre of legal expertise, well equipped with books, journals, documents and bright minds. A centre for basic research, a think tank for international law, an ivory tower, and an advocacy office.

The Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL), which has been continuing the tradition of the Berlin foundation in Heidelberg since 1949, can now look back on 100 years of history. As an institution for basic research in international law, European Union law and comparative public law, the Max Planck is recognised far beyond the German-speaking legal community.  By analysing current legal problems, the MPIL not only contributes to the theoretical development of law, but it also advises national, European, and international institutions. Throughout its history, the Institute and its staff have been involved in pioneering legal and political developments and have often made (legal) history themselves. Thus, there are ample reasons to commemorate and reflect on the historical development of the institute and its contribution to science and practice on the special occasion of the anniversary.

History as a problem? The state of historical knowledge

History, it seems, has always been a problem for the Institute for Comparative Public Law and International Law. History was a matter of dissent, because for a long time, history was the overriding issue for the MPIL regarding the positioning of the institute and its staff in relation to the “Third Reich”. In those times, everything was represented: convinced supporters, skeptical observers, silent rejecters, and someone who finally dared to rebel against the system at the risk of his life. There were those who were expelled and persecuted after 1933, there were those who were deemed “incriminated” after 1945 and those who were quickly “exonerated”, there were those who kept the institute alive and embodied it through all system changes and disruptions. Sometimes there were good reasons to forget, but many things were lost in passing over the decades. Since its re-establishment in Heidelberg in 1949, the Institute has primarily looked to the future, pursuing jurisprudence at the pulse of the times, but was reluctant to address itself and its history, as was German society as a whole at the time. [1]  The focus was not on the past, but on the major tasks of the present, which ranged from legal support for the reconstruction of the Federal Republic of Germany to the process of Western integration.

Nonetheless, scholars have repeatedly studied the history of the institute. To date, however, a wide-ranging historiographical account has been lacking. With the exception of an essay by Ingo Hueck from the year 2000, the eventful history of the Berlin KWI from 1924 to 1945 has hardly been dealt with.[2] Rudolf Bernhardt and Karin Oellers-Frahm, who themselves played an important role in the history of the institute for decades, published a chronicle in 2018 that documents the history of the institute since its re-founding in Heidelberg along directorial research agendas and outputs.[3]  Felix Lange paved the way with his biography of Hermann Mosler and various individual studies.[4] Yet a great deal has remained unexplored and untold, much has been lost and suppressed, and many have been forgotten.

A critical look at the institution: Culture of remembrance, networks and canonisation processes

The MPIL100 blog aims to take this opportunity as a starting point, to identify and fill historical gaps, but also to stimulate further questions. It will rethink current issues in the MPIL’s fields of research in their historical context and also look at the protagonists who have worked at the institute over the past 100 years. The Institute’s formal and informal networks will be of great importance. Particular attention will be paid to cultures of remembrance and canonisation processes within the Institute. Individuals who were previously overlooked due to their gender, origin, religious, or political orientation (in particular those who were persecuted in the “Third Reich”) are brought back into focus. But also those who disappeared from the context of the institute in the course of the democratic transition after 1945 should become visible. In this process, a wide range of persons shall be covered, including actors who, as non-academic staff in the administration, building services, or the library, have shaped the institute, in some cases over many decades, and helped to make its academic work possible.

A new reading of the old: aspects of disciplinary history

With the benefit of historical distance, we would also like to take a fresh and critical look at the Institute’s research achievements. This concerns the diversity and breadth of the research topics of the last hundred years, which begin with the dispute over the Treaty of Versailles in 1924 and extend to the League of Nations, martial law in the Second World War, European integration in the 1950s, German reunification, and the founding of the European Union. Whether comparative constitutional law, international and European law, human, animal, and environmental rights – these numerous academic developments are traced within the context of their origins and impact. This also includes an examination of the positioning of the Institute and its staff on historically critical topics and political contexts, such as the attitude towards the “Third Reich” and the ideology of National Socialism or colonialism. Access to these topics can be gained by analysing the numerous publications and editions for which the Institute is and was responsible. Since 1927, more than 300 volumes have been published in the “Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“, while the “Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht” has brought out more than 80 issues since 1929. Both encompass the central and longest-running publication organs and with this are a reflection of the Institute’s academic production. The blog provides an opportunity and forum to re-read and comment on these publications with today’s perspective and our questions about history.

From technical essay to diary: the sources

In addition to the academic publications, there are a wide range of other sources that can shed light on the history of the institute. During initial research, numerous previously unexplored documents were discovered, which are being scientifically analysed for the first time on this blog. These include legal opinions and information from the Heidelberg Institute, which bear witness to its legal advisory activities for ministries, authorities, and courts. Files on self-organisation, such as historical personnel and administrative files, enable socio-historical analyses of the Kaiser Wilhelm Institute’s staff, while letters and previously lost archives of important Institute personalities help to reconstruct scientific networks. Last but not least, first-person documents such as Marie Bruns’ diary entries and other autobiographical reflections by former members of the Institute open up personal perspectives on the Institute and its scholarly work. This is complemented by a large number of surviving photographs and early sound and film recordings, which the blog will provide a forum for. These will be combined with interviews featuring historical witnesses, which will also appear on the blog.

A Kaleidoscope of Perspectives

MPIL100 aims to facilitate an inclusive, dynamic, and interconnected form of multi-perspective historiography and its transmission. We invite researchers from various disciplines to participate in our project. Active and former members of the Institute are just as welcome as external researchers. Our blog aims to question existing narratives and interpretations of the Institute’s work and history and draws on a variety of academic and interdisciplinary perspectives from Germany and abroad. In order to take account of the open and globally networked structure of the Institute and its multilingualism, the blog posts will appear in German and English, and in some cases also in Spanish and French. Reflecting on an institution and its protagonists over time should also stimulate and enable a discussion of today’s actors and conditions of legal knowledge production. We invite you to participate and look forward to welcoming committed contributors and an eager audience.

Translation from the German original: Áine Fellenz

 

[1] Hermann Mosler, ‘Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht‘, Heidelberger Jahrbücher XX (1976), 53-78.

[2] Ingo Hueck. ‘The Discipline of the History of International Law’, JHIL 3 (2001), 194-217.

[3] Rudolf Bernhardt and Karin Oellers-Frahm, Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Geschichte und Entwicklung von 1949 bis 2013 (Berlin, Heidelberg: Springer 2018). Furthermore: Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (Der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) / Kaiser-Wilhelm- / Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Eckart Henning and Marion Kazemi (eds.), Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1911- 2011. Daten und Quellen, vol. 2, (Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016), 1619-1645.

[4] Felix Lange, Praxisorientierung und Gemeinschaftskonzeption. Hermann Mosler als Wegbereiter der westdeutschen Völkerrechtswissenschaft nach 1945 (Berlin, Heidelberg: Springer 2017). Also, inter alia, Idem, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg – Die Wiederbegründung des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht nach 1945, HJIL 74 (2014), 697-732; Ders. Kolonialrecht und Gestapo-Haft. Wilhelm Wengler 1933-1945, HJIL 76 (2016), 633-659; Idem, Between Systematisation and Expertise for Foreign Policy – The Practice-Oriented Approach in Germany’s International Legal Scholarship (1920-1980), EJIL 28 (2017), 535-558; Idem, Zwischen völkerrechtlicher Systembildung und Begleitung der deutschen Außenpolitik – Das Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (1945-2002), in: Thomas Duve/Jasper Kunstreich/Stefan Vogenauer (eds.), Rechtswissenschaft in der Max-Planck-Gesellschaft 1948-2002, Göttingen 2023, 49-90.

Suggested Citation:

Philipp Glahé/Alexandra Kemmerer, MPIL100 – Beginnings of an Exploration, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20231114-233459-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED