Deutsch
Margarete Noll, geborene Vogel, (1931-2023) war von 1953 bis 1964 am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL) beschäftigt. Von 1953 bis 1955 war sie als Fremdsprachensekretärin tätig, von 1955 bis 1959 als Verwaltungssekretärin und von 1959 bis 1964 als Verwaltungsleiterin. Ihre Tätigkeit am Institut beendete sie nach der Familiengründung. Ihre Zeit am MPIL empfand Margarete Noll zeitlebens als prägend, wie sie in einem undatierten, von ihr selbst redigierten autobiographischen Bericht festhielt.[1]
Aufgewachsen bin ich in einer Gärtnerei weit draußen im Handschuhsheimer Feld. Wir lebten dort in völliger Einsamkeit und in sehr einfachen Verhältnissen. Der einzige Luxus, der uns zur Verfügung stand, war fließendes Wasser. Die Leitung war von unserem Vater in Eigenarbeit über eine Entfernung von 500 bis 600 Meter frostfrei, das heißt mindestens 80cm tief, gelegt worden. Trotzdem haben wir am Wasser gespart. Es gab nämlich keine Kanalisation, und das Entleeren des betonierten „Sickerloches“ war mühsam. Gas und Strom waren nicht vorhanden. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde die Petroleumlampe – wir nannten sie Petroleumfunzel – angezündet. Später gab es dann eine etwas hellere Spirituslampe. Telefon wurde im Zweiten Weltkrieg über eine Hochleitung (hohe Masten) installiert. Eine elektrische Hochleitung versorgte uns ab Ende 1946 mit Strom. Gas gab es nie.
Nach der Grundschule, damals hieß das: nach den ersten vier Klassen der Volksschule – durfte ich ins Gymnasium. Das war nicht selbstverständlich, denn die „Hendsemer“ Gärtnerskinder gingen da nicht hin, die arbeiteten im elterlichen Betrieb mit. Das taten meine Schwester, die später auch ins Gymnasium durfte, und ich trotz Schule auch. Einmal stand in meinem Zeugnis: „Gute Leistungen, obwohl der häusliche Fleiß zu wünschen übrig lässt“. Der „häusliche Fleiß“ erstreckte sich halt nicht unbedingt auf die Schularbeiten. Vor allem im Frühjahr hieß es bei uns morgens um vier/fünf: Raus aus den Federn und Erdbeeren pflücken oder Salat ernten. Um 7.00 Uhr wurden wir dann zum „Frischmachen“ und Frühstücken ins Haus geschickt und dann ging es in die Schule. In der Zeit, in der unser Vater wegen seiner [kriegsbedingten] Gehirnverletzung wochenlang im Krankenhaus lag und wir mehr noch als gewöhnlich „Einsatz leisteten“, kam es schon vor, dass uns in der Schule die Augen zufielen. Trotzdem hatten wir auch viel Spaß. Wenn Freunde mit uns ins Schwimmbad oder sonst wohin wollten, stellten wir sie erst einmal zur Mithilfe bei der Blumenkohl-, Weißkraut- oder Tomatenernte an, wozu sie immer gern bereit waren.
Chancenungleichheit der 1950er Jahre. Verhindertes Studium und Dolmetscher-Ausbildung
Nach dem Abitur hätte ich gern Physik und Mathematik studiert, aber Professor Bothe (Nobelpreisträger)[2], der oft zu uns in die Gärtnerei kam, meinte: „Haben die Schülerinnen gute Noten in Mathematik, meinen sie, sie seien begabt. Aber diese Noten in einer Mädchenschule besagen gar nichts. Lassen Sie das bleiben.“ Ich war nicht selbstbewusst genug, mich gegen seine Meinung zu stellen. Damals ging es auch meinem Vater sehr schlecht, so dass ich unsere Mutter in der Gärtnerei unterstützen wollte. Ich wusste ganz genau, dass ich, wenn ich mit der Lösung eines mathematischen Problems beschäftigt gewesen wäre, für sonst nichts Zeit gehabt hätte. Also besuchte ich am Englischen Institut die Dolmetscherkurse für Englisch. Die Kurse fanden nur nachmittags statt. Am Vormittag konnte ich mich in der Gärtnerei nützlich machen.
Nach dem zweiten Trimester war mein Aufenthalt in Cheltenham/England ein Ausflug in die große weite Welt. Meine Mutter hatte ihn über eine jüdische Familie organisiert. Sie meinte: „Die Sprache lernt man am besten vor Ort.“ Ein halbes Jahr lang hörte ich dort kein einziges deutsches Wort. Die englische Familie ermöglichte mir, nicht nur die Sprache, sondern auch Land und Leute kennenzulernen, so sorgten sie dafür, dass ich, relativ kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Deutsche auch die Houses of Parliament – Unter- und Oberhaus – besichtigen durfte.
Nach der Dolmetscherprüfung bewarb ich mich als Fremdsprachensekretärin bei einem Verlag. Der mich interviewende Mensch war mir so unsympathisch, dass ich schon während des Gesprächs beschloss: Da arbeite ich nicht. Man hat mich auch nicht genommen mit der Begründung: Man könne keine Anfängerin einstellen. Weshalb man mich dann aufgefordert hatte, mich vorzustellen, war nicht logisch, denn aus meinen Bewerbungsunterlagen ging ganz klar hervor, dass ich keine Berufserfahrung hatte.
Onkel Hermann sei Dank. Beginn am Institut 1953
Danach war ich drauf und dran, es vielleicht doch mit der Mathematik und der Physik zu versuchen. Aber ehe es dazu kam, teilte mir ein Bruder meiner Mutter mit, auf den sie große Stücke hielt, am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sei die Stelle einer Fremdsprachensekretärin zu besetzen. Ich solle mich da melden. Ich hatte keine große Lust, aber meine Mutter meinte: „Wenn der Onkel Hermann sich die Mühe gemacht hat, an dich zu denken, solltest du immerhin mal hingehen. Du brauchst die Stelle ja nicht anzunehmen.“
Mit gemischten Gefühlen machte ich mich auf den Weg zum Philosophenweg 13. Dort im Privathaus des Direktors [Carl Bilfinger][4] war damals die Institutsleitung untergebracht. Auf mein Läuten öffnete eine ältere Dame. Sie bat mich in ein großes Zimmer und hieß mich, hinter einem großen Schreibtisch Platz zu nehmen. Sie selbst nahm hinter einem anderen Schreibtisch Platz. In den Raum gab es außerdem einen Flügel und eine geräumige Sesselecke und an den Wänden unglaublich beeindruckende Bilder. Wie ich später erfuhr, handelte es sich durchweg um Originale Alter Meister. Das Bild über dem Flügel war ein großer Caravaggio [sic].[5] Die Dame erklärte mir, ich müsse warten, die Herren seien noch in einer Besprechung. Aber sie stellte mir doch einige Fragen, und dann wollte sie wissen, ob ich die hiesige Sprache verstünde. Ich war zunächst ratlos. Was meinte sie denn? Natürlich verstehe ich Deutsch, dachte ich, aber das musste sie doch gemerkt haben. Es stellte sich heraus, dass sie den Heidelberger Dialekt meinte. Sie erklärte mir, sie habe oft mit Handwerkern zu telefonieren und verstünde da kein Wort. Als ich ihr versicherte, dass mir der Dialekt keine Schwierigkeiten bereiten würde, hatte ich den Eindruck, sie hätte mich deswegen am liebsten gleich eingestellt. Fräulein Greinert, so hieß die Dame, kam von der Insel Ösel[6] und sprach mit einem ostpreußischen Akzent.
Und dann flogen die Flügeltüren zum Nebenzimmer auf und herein stürmte ein Herr, an den sich die Dame wandte: „Diese junge Dame bewirbt sich um die Stelle.“ – „Na, dann kommen Sie mal mit.“ Und schon war er verschwunden durch die Tür, durch die ich anfangs hereingekommen war. Ich musste erst um den Schreibtisch herumgehen, und als ich dann draußen vor der Tür stand, war guter Rat teuer. Der Herr war nicht mehr zu sehen. Wo sollte ich hin? Ich entdeckte eine weitere Tür, aber die musste eigentlich zu dem Raum führen, in dem gerade die Besprechung stattgefunden hatte. Da sollte ich doch sicher nicht hin. Ich probierte es an einer anderen Tür, aber dahinter befand sich eine Küche. Dann hörte ich ein Geräusch, das von weiter oben kam. Ich stieg die Treppe hinauf. In der nächsten Etage waren alle Türen geschlossen. Dann vernahm ich ein Rascheln von noch weiter oben. Ich stieg also weiter. Im Dachgeschoss stand tatsächlich eine Tür offen, und in dem Raum dahinter sah ich den Herrn, der unten an mir vorbeigerauscht war. Er bat mich hinein und unterhielt sich eine Weile mit mir. Nach meinem Erlebnis mit den nicht vorhandenen Berufserfahrungen wies ich mehrmals daraufhin, dass meine Steno- und Schreibmaschinenkenntnisse bescheiden seien. Trotzdem fragte der Herr Dr. Ballreich[8] nach relativ kurzer Zeit: „Können Sie am Montag anfangen?“ Ich stotterte: „Aber wollen Sie denn nicht meine Zeugnisse sehen?“ Er: „Die interessieren mich nicht. Wenn Professor Bilfinger, der Direktor, einverstanden ist, dann fangen Sie am Montag an.“ Professor Bilfinger war einverstanden. Ich fing am drauffolgenden Montag an und blieb im Institut, bis ich nach fast 12 Jahren aus familiären Gründen jegliche Berufsarbeit aufgab. Ich bewegte mich fortan in zwei Welten: Das Zuhause war geprägt von praktischer Arbeit, im Institut atmete ich Wissenschaft und hatte das große Glück, sehr viele bedeutende Menschen hautnah zu erleben.
„Machen Sie sich kundig“. Eine Verwaltungskarriere ohne Vorkenntnisse
Am Montagmorgen, an meinem ersten Arbeitstag, sagte die Dame, deren Stelle ich einnehmen sollte, ich hätte neben anderen Aufgaben auch die Buchhaltung zu führen. Von Buchhaltung hatte ich nun überhaupt keine Ahnung. Sie erklärte mir: Einnahmen auf weiße Blätter, Ausgaben auf rote Blätter und Durchgangsposten auf blaue Blätter und alles auf das große Journalblatt durchschreiben. Das kann ja nicht allzu schwierig sein, dachte ich. Als ich aber in der folgenden Woche alleine vor all den Blättern saß und auch alles fein säuberlich verbucht hatte, erklärte mir Fräulein Greinert, nun müsse ich die Journalseite „abstimmen“, die rechten und linken Seiten müssten übereinstimmen. Ich addierte munter darauf los. Aber dann: Von wo aus gesehen galt rechts und links? Es gab da so viele Spalten, dass ich ganz verwirrt war. Ich rechnete und rechnete, und siehe da: Irgendwann hatte ich zwei gleich hohe Beträge.
Später, als ich für die gesamte Buchhaltung alleine verantwortlich war, sah ich den Prüfungen durch die Revisoren der Max-Planck-Gesellschaft und den Steuerprüfungen durch das Finanzamt mit einigermaßen gemischten Gefühlen entgegen. Nicht dass ich fürchtete, Fehler begangen zu haben. Ich war unsicher, weil ich die buchhalterischen Fachausdrücke nicht beherrschte. Ich half mir dann mit einem Trick, indem ich immer auf die fraglichen Zahlen mit dem Finger deutete, wenn die Herren eine Auskunft haben wollten. Später allerdings hatte ich dann ein Problem, als ich die Kosten für den Institutsanbau „nach den geltenden Richtlinien“ abrechnen sollte. Ich hatte von diesen Richtlinien keine Ahnung. Dr. Ballreich legte mir eine Loseblattsammlung auf den Tisch mit den Worten: „Da steht alles drin. Machen Sie sich kundig.“ Ich machte mich kundig und erstellte eine Kostenrechnung. Es handelte sich immerhin um 300.000 DM, in der damaligen Zeit eine beachtliche Summe. Beanstandungen hat es von keiner Seite gegeben.
Später plante die Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft in der Buchhaltung das Hollerith-System einzuführen. Es wurde ein Institut gesucht, das bereit war, in der Versuchsphase ein ganzes Jahr sowohl mit Journal als auch mit Hollerith zu arbeiten. Ich war bereit, mich darauf einzulassen. Die Hollerith-Karten mussten nach bestimmten Vorgaben mit einem Graphitstift markiert werden. Dann wurden die Karten nach Göttingen geschickt, wo sich die Hollerith-Abteilung befand. Dort wurden die Karten maschinell gestanzt, in einer weiteren Maschine wurden die Löcher gelesen und die Buchungen auf große Blätter gedruckt. Diese Blätter wurden dann nach Heidelberg geschickt. Es war natürlich herrlich, dass die Maschine nach Bedarf verschiedene Auswertungen „ausspuckte“. Aber das ständige Hin- und Herschicken und das Warten, bis man das Monatsergebnis wieder auf dem Schreibtisch hatte, war lästig. Das Hollerith-System wurde von der Gesellschaft (für die Buchhaltung) nicht übernommen.
Ich war vielleicht gerade einmal zehn Tage im Institut, da bat mich Fräulein Greinert: „Bitte, gehen Sie jetzt zur Bank und holen 10.000 DM.“ Ich bekam einen Riesenschreck: „Wo soll ich das Geld denn hintun?“ – „Ach, das stecken Sie einfach in Ihre Tasche.“ Ich fuhr also los, meine Tasche – eine Beuteltasche, die man oben zuziehen konnte – hängte ich an die Lenkstange meines Fahrrades. Der Hinweg über die Brücke war schnell zurückgelegt. Ich bekam das Geld in der gewünschten Aufteilung und steckte es in den Beutel. Dann machte ich mich auf den Rückweg. Ängstlich schaute ich ständig nach rechts und links und gelegentlich auch hinter mich, um zu sehen, ob mich jemand beobachtete. Ich hatte den Eindruck, jedermann könne dem Beutel ansehen, was er beinhalte. Ich kam aber ganz unbehelligt wieder am Philosophenweg an. Fräulein Greinert verteilte dann das Geld auf verschiedene Umschläge: Es handelte sich um die monatliche Gehaltszahlung, die sie persönlich allen Mitarbeitern des Instituts aushändigte. Einige Wissenschaftler des Instituts arbeiteten am Philosophenweg. Da brauchte sie nur in die verschiedenen Stockwerke zu gehen. Die Institutsbibliothek mit allen ihren Mitarbeitern aber war in der Friedrich-Ebert-Anlage im Saxo-Borussen-Haus untergebracht. Dorthin begab sich Fräulein Greinert mit den restlichen Umschlägen. Diese Prozedur wiederholte sich an jedem Monatsende, bis das Institut in den Neubau an der Frankfurter- (später Berliner) Straße umzog. Erst dann wurden die Gehälter überwiesen.
Unter „älteren Herrschaften“. Arbeiten als junge Frau am Institut
Bis Fräulein Greinert zwei Jahre später aus Altersgründen aus dem Institut ausschied, arbeiteten wir im selben Raum, erst oben am Philosophenweg 13 und später im Institutsneubau. Immer wieder erzählte sie mir Begebenheiten aus der Berliner Zeit, von den Ereignissen im Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 (der Bruder des Attentäters war Institutsmitglied[10]) und dem tragischen Tod eines „Halbjuden“, den das Institut bis Kriegsende „geschützt“ hatte und der dann von den Russen erschossen wurde, als er den „Befreiern“ freudestrahlend entgegenlief.[11] Sie hat mich aber auch beeindruckt durch ihre Haltung. Sie ermahnte uns junge Mädchen, als wir bei einer Einladung des Direktors emsig helfen wollten: „Bitte, meine Damen, zu einer Zeit bitte nur eine Dame aufstehen. Sonst entsteht zu viel Unruhe.“ Als Professor Bilfinger vor der Feier seines 75. Geburtstages fragte: „Was werden die Damen tragen?“, gab sie zur Antwort: „Herr Professor, wir werden Sie durch unsere Kleidung zu ehren wissen.“
Einige Monate nach meinem Eintritt schied eine Sekretärin aus. Auf die Stellenanzeige meldeten sich etwas 20 bis 30 Bewerberinnen verschiedenen Alters. Dr. Ballreich warf mir alle Bewerbungsschreiben auf den Tisch mit der Bemerkung: „Suchen Sie sich eine aus.“ Ich las alle Papiere aufmerksam durch und entschied mich dann für eine junge Dame, die nur wenig älter war als ich. Als ich ihm meine „Entscheidung“ mitteilte, meinte er: „Die können wir nicht einstellen. Sie arbeitet im Klinikbaubüro, das brauchen wir nötig für den Neubau, da können wir niemanden abwerben.“ Aber gegen alle anderen Bewerberinnen hatte ich Einwände. Schließlich erhielt ich die Erlaubnis, die Dame zu einem Vorstellungsgespräch zu bitten, falls es mir gelänge, sie persönlich zu erreichen (sie hatte nur die Telefonnummer des Klinikbaubüros angegeben). Es gelang, sie wurde eingestellt, und wir sind noch nach mehr als 50 Jahren miteinander befreundet.
Hilde Kahlich, so hieß die Neue damals, und ich waren unter den „älteren Herrschaften“ die einzigen jungen Menschen im Haus Philosophenweg 13. Professor Bilfinger, der erst einige Monate zuvor seine Frau[13] verloren hatte, lud uns öfter ein, mit ihm das Mittagessen einzunehmen. Es machte ihm sichtlich Spaß, mit uns danach auch Kunstbetrachtungen vorzunehmen. Er war ein großer Kunstliebhaber und Sammler Alter Meister.[14] Bei einer dieser Betrachtungen war er fassungslos, weil wir beide nicht wussten, wer die Hexe von Endor[15] war. Damals haben wir begriffen, dass man ohne Bibelkenntnisse viele Alte Meister nicht verstehen kann. Professor Bilfinger hat uns aber auch viele Geschichten „von früher“ erzählt, zum Beispiel dass sein Vater, Pfarrer am Ulmer Münster,[16] ihn und seinen Bruder aufforderte, vor dem Generalfeldmarschall von Moltke stramm zu stehen, als dieser das Münster besuchte.
Gelegentlich kam Prälat Schreiber in das Institut[17]. Er war Senator der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. und Päpstlicher Hausprälat – zu erkennen an einem violetten Rand an seinem weißen Kragen. Vor Abschluss des Konkordats mit dem Vatikan war er Zentrumspolitiker gewesen, danach durfte er politisch nicht mehr tätig sein. Wenn er erschien, fegte ein Tornado durch die Räume. Meist wollte er dann auch eine Schreibkraft zur Verfügung haben. Hilde Kahlich und ich wechselten uns [mit]einander ab, aber am liebsten hätten wir immer beide „gekniffen“. Einmal diktierte er mir (ins Stenogramm) einen ganzen Festschriftaufsatz. Es ging alles ganz gut, bis er plötzlich „Habakuk“ diktierte. Ich kannte den Namen nicht. Er war sehr ungehalten über so viel Bibelunkenntnis. Nach einer Weile ging der Text lateinisch weiter. Da hob er an, mir jedes Wort einzeln zu buchstabieren. Als ich schüchtern vorbrachte, ich könne lateinische Wörter nach Diktat schreiben, war er plötzlich die Liebenswürdigkeit in Person. Ein anderes Mal, als ich wieder einmal „dran“ war, bestellte er mich in das Hotel Ritter, wo er immer zu übernachten pflegte. Ich wurde in sein Zimmer gebeten, musste mich an einen Schreibtisch setzen und dann schloss er die Tür ab. Es war mir schon unheimlich, mit einem hohen katholischen Geistlichen in einem Hotelzimmer eingeschlossen zu werden. Aber er wollte bloß beim Diktieren nicht gestört werden. Einmal allerdings hat er mich doch ziemlich in Verlegenheit gebracht. Im Hause Bilfinger wollte er sich im Nebenzimmer etwas ausruhen. Er bat mich, seinen Kragen zu lösen. Irgendwie habe ich das dann auch geschafft.
„‘Normale‘ Menschen kommen da nicht hin“. Einblicke in die höhere Gesellschaft
Nach einer Sitzung der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht in Heidelberg, wo ich Protokoll führen musste, brachte mich einer der illustren Herren in Verlegenheit. Er wollte wissen, was ich verdiente. Musste ich ihm das sagen? Eigentlich fand ich die Frage ziemlich indiskret. Ich bedauerte, ich sei nicht nur Sekretärin, sondern auch in der Verwaltung beschäftigt und deshalb zur Geheimhaltung verpflichtet. Mit einem Lächeln meinte er: „Ich sehe schon, mit wem ich es zu tun habe.“ Er bohrte nicht weiter.
Sehr aufregend waren alljährlich die Kuratoriumssitzungen, bei denen ich einmal wegen der Finanzen dabei war, vor allem aber, weil ich jeweils das Protokoll zu schreiben hatte. Alle anwesenden Herren – ich war immer das einzige weibliche Wesen – waren mehr als doppelt oder dreimal so alt wie ich, und alle waren angesehene Wissenschaftler oder bedeutende Männer aus der Wirtschaft. Einmal fand die Sitzung im Sitzungsraum der Karlsruher Lebensversicherung statt, den ihr Vorsitzender Alex Möller[19] – später Bundesfinanzminister – dem Institut zur Verfügung gestellt hatte. Während der Sitzung fiel mir auf, dass er eine geradezu gewaltige Armbanduhr trug. Ich dachte, dass er Geld hat, müsste er eigentlich nicht auf diese Weise zur Schau tragen. Aber dann beobachtete ich, wie weit er sich mit seinem Kopf über sein Handgelenk beugte, als er einmal auf die Uhr sehen wollte. Da wurde mir klar, dass er mit seinen Augen vermutlich nur ein überdimensionales Ziffernblatt lesen konnte. Es war mir eine Lehre, nicht vorschnell zu urteilen.
Einmal fand die Kuratoriumssitzung im Sitzungszimmer des BASF-Vorstandes[20] in der höchsten Etage des BASF-Hochhauses statt. „Normale“ Menschen kommen da nicht hin. Der Ausblick über die gesamte BASF und die weitere Umgebung war fantastisch. Das Essen im Anschluss an die Sitzung fand dann im Feierabendhaus statt. Dort hatte ich ein großes Problem. Alle Herren warteten, bis ich mit dem Essen begann. Ich aber war mir nicht sicher, wie ich auf die mir völlig unbekannte Vorspeise „losgehen“ sollte. Ich habe mich dann sehr vorsichtig mit dem Besteck beschäftigt, bis ich beobachten konnte, wie ich vorzugehen hatte. Ein anderes Mal hat der Präsident des Bundesverfassungsgerichts[21] im Anschluss an die Sitzung zum Essen eingeladen. Durch Flüsterpropaganda wurde darauf aufmerksam gemacht, dass bei der Bestellung à la carte Zurückhaltung angebracht sei, der Präsident liebe die Sparsamkeit. Beim Essen wies man mir den Platz neben ihm an. Ich konnte beobachten, dass er sich sehr zurückhielt. Unangenehm in Erinnerung geblieben ist mir das Essen nach einer Kuratoriumssitzung, die auf dem Privatsitz des Vorstandsvorsitzenden der Goldschmidt-AG[22] in Seeheim stattfand. Ich saß neben dem Prälaten, wir waren gerade beim Hauptgericht, da wurde ich ins Bein gestochen. Ich verspürte einen sehr heftigen Schmerz, traute mich aber nicht, unter den Tisch zu kriechen und nachzuschauen, was für ein Untier mich attackiert hatte. Am nächsten Morgen war mein Bein dick geschwollen, vom Knöchel bis zur Leiste war es steinhart, so dass ich mich schleunigst in ärztliche Behandlung begab. Eine sehr schmerzhafte Calciumspritze und absolute Bettruhe versetzten mein Bein allmählich wieder in den Normalzustand.
Es gab natürlich nicht nur Sitzungen, gelegentlich wurden auch Feste mit großen Empfängen gefeiert. Dabei habe ich auch den gewaltigen Banker [Hermann Josef] Abs[23] erlebt, der in der Bundesrepublik der Nachkriegszeit als Bundesbankpräsident das Bankwesen bestimmte. Im Kreise der zahlreichen Akademiker war es ihm offenbar ein Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass man es auch ohne Abitur zu etwas bringen könne; denn er begann seine Rede mit den Worten: „Jetzt redet einer, der in diesem Kreise eigentlich keine Berechtigung hat zu sprechen, ich habe nämlich nicht studiert.“
In der Biografie von Otto Hahn[24] habe ich einmal gelesen, dass er ein Leben lang es als Manko empfunden hat, keine „humanistische Bildung“ genossen zu haben. Auch er hat es auch „trotzdem“ zu etwas gebracht und ist dabei ein bescheidener Mensch geblieben. Als ich einmal dienstlich in der Generalverwaltung in Göttingen war, hat man mir auch das Dienstzimmer des Präsidenten gezeigt. Ich war verwundert, wie bescheiden es eingerichtet war. Man erklärte mir, Otto Hahn habe sich bei seinem Dienstantritt als Präsident der Max- Planck-Gesellschaft jede Änderung der Möblierung verbeten. Er brauche einen Raum zum Arbeiten und kein Repräsentationszimmer.
Manchmal habe ich noch der Mathematik und der Physik nachgetrauert. Aber täglich im Schatten großer Persönlichkeiten zu arbeiten, ständig menschliche Größe hautnah zu erleben und die gelegentliche Möglichkeit, mehreren Nobelpreisträgern und anderen großen Geistern die Hand zu schütteln, war ein Leben, das mich reichlich entschädigte.
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[1] Wir danken Familie Noll für die freundliche Überlassung des Textes für den Blog. Zur besseren Lesbarkeit wurden Zwischenüberschriften und Fußnoten, sowie die Fotos, nachträglich eingefügt.
[2] Walther Bothe (1891-1957) erhielt 1954 den Nobelpreis für Physik.
[3] Fotos: AMPG.
[4] Carl Bilfinger (1879-1958), von 1944 bis 1946 und von 1949 bis 1954 Direktor des Instituts. Zu Bilfinger siehe: Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Hrsg.), Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879–1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024; ferner auf diesem Blog erschienen: Reinhard Mehring, Vom Berliner Schloss zur Heidelberger „Zweigstelle“. Carl Bilfingers politische Biographie und seine strategischen Entscheidungen von 1944, MPIL100.de; Johannes Mikuteit, “Einfach eine sachlich politische Unmöglichkeit“. Die Protestation von Gerhard Leibholz gegen die Ernennung von Carl Bilfinger zum Gründungsdirektor des MPI, MPIL100.de.
[5] Vermutlich handelte es sich um einen Canaletto, siehe: Philipp Glahé, Kunst und Distinktion. Carl Bilfinger als Sammler, in: Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (Fn. 4), 445-470.
[6] Heute Saaremaa, Estland. Ellinor Greinert Ellinor Greinert (1894-66) war gebürtige Baltendeutsche und von 1928 bis 1955 am Institut tätig, zunächst als Fremdsprachensekretärin, schließlich als Direktionssekretärin.
[7] Foto: MPIL.
[8] Hans Ballreich (1913-1998), von 1949 bis 1955 Referent, schließlich Verwaltungsleiter des Instituts. Von 1962 bis 1966 Generalsekretär der Max-Planck-Gesellschaft (MPG).
[9] Foto: Familie Noll.
[10] Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944) war von 1929 bis zu seiner Hinrichtung 1944 als Referent am Institut tätig. Als Bruder von Claus von Stauffenberg, welcher am 20. Juli 1944 das gescheiterte Bombenattentat gegen Hitler ausführte, war er enger Mitwisser und Förderer der Widerstandsbewegung.
[11] Joachim-Dieter Bloch (1906-1945) war von 1927 bis 1945 Referent am KWI. Laut NS-Rasseideologie galt er als „Vierteljude“, wurde aber anders als die als „Volljuden“ verfolgten Institutsmitglieder Erich Kaufmann (1880-1972) und Marguerite Wolff (1883-1964) nicht aus dem Institut entlassen und in die Emigration gedrängt.
[12] Foto: Magarete Noll.
[13] Margarethe Bilfinger, geborene Schuler (1887-1951).
[14] Siehe hierzu: Glahé (Fn. 5).
[15] Biblische Figur aus dem Alten Testament (1 Sam 28).
[16] Adolf von Bilfinger (1846-1902).
[17] Prälat Georg Schreiber (1882-1963), Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) von 1926 bis 1933 und der MPG ab 1946, ab 1960 Ehrensenator. Mitbegründer der „Trierer Außenstelle“ des KWI (1925-1933), sowie wissenschaftliches Mitglied des MPIL, siehe hierzu: Martin Otto, Das KWI und die Katholische Kirche. Eine „special relationship“?, MPIL100.de.
[18] Foto: MPIL.
[19] Alex Möller (1903-1985), war von 1962 bis 1966 Vorsitzender der SPD Baden-Württemberg, von 1969 bis 1971 Bundesfinanzminister.
[20] Wolfgang Heintzeler (1908-1990), Stellvertretender Vorstand der BASF, Mitglied des Kuratoriums des Instituts.
[21] Gebhard Müller (1900-1990), von 1959 bis 1971 Präsident des Bundesverfassungsgerichts.
[22] Theo Goldschmidt (1883-1965), Unternehmer und Aufsichtsratsvorsitzender des Chemie-Unternehmens Goldschmidt AG.
[23] Hermann Josef Abs (1901-1994), Bankier und Vorstandsmitglied der Deutschen Bank.
[24] Otto Hahn (1879-1968), Chemiker und ab 1946 der letzte Präsident der KWG sowie von 1948 bis 1960 der erste Präsident der aus der KWG hervorgegangenen MPG.
English
Margarete Noll, born as Margarete Vogel, (1931-2023) was an employee of the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (MPIL) from 1953 to 1964. From 1953 to 1955 she worked as a foreign language secretary. From 1955 to 1959 she then occupied a position as an administrative secretary, before in 1959 becoming head of administration, a role in which she remained until 1964, when she left the Institute to start a family. Throughout her life, Margarete Noll considered her time at the Institute as formative, as she described in this undated autobiographical report that she edited herself.[1]
I grew up in a market garden on the outskirts of Handschuhsheimer Feld. We lived there in complete isolation and very modestly. The sole luxury available to us was running water. Our father had laid the pipe himself over a distance of about 500‑600 metres and made sure it was protected against frost by burying it at least 80 cm deep in the ground. Nevertheless, we stinted on water, as the house was not connected to a sewer and emptying the concrete cess pit was a strenuous task. We did not have gas or electricity. At nightfall, the paraffin lamp – which we referred to as the “paraffin dimmer”– was lit. At some point, we upgraded to a somewhat brighter spirit lamp. During the Second World War a telephone was installed via an overhead line. An overhead electric line supplied us with electricity from the end of 1946. We never had gas.
After finishing primary school, which in those days meant four years of basic education, I was allowed to attend grammar school. This was not to be taken for granted: Children of “Hendsemer” gardeners did not usually attend secondary school; they helped in their parents’ business. My sister, who was also later allowed to go to grammar school, did so, and, in spite of school, so did I. On one occasion, my report card read: “Good achievements, although her at‑home diligence leaves much to be desired”. Well, my “at‑home diligence” did not necessarily extend to schoolwork. Especially in spring, the order of business was to get up at four or five in the morning to pick strawberries or harvest lettuce. At 7 a.m. we would then be sent into the house to “freshen up” and to have breakfast before setting off to school. When our father had to stay in hospital for weeks because of a brain injury [he had sustained in the war] and we were put to work even more than usual, we did sometimes struggle to keep our eyes open at school. Yet, we also had a lot of fun. When our friends wanted to go to the swimming pool or the like with us, we would first employ their help in picking cauliflower, white cabbage or tomatoes, and they always happily obliged.
Unequal Opportunities in the 1950s: Prevented from Studying at University and Training as an Interpreter
After graduating from school, I would have liked to study physics and maths, however, Professor Bothe (a Nobel Prize winner)[2], who often visited our market garden, warned me against this: “When girls get good grades in maths, it leads them to believe that they’re gifted. But achieving these grades in a girls’ school doesn’t mean anything. You’d do best to just forget it.” I didn’t have the self‑confidence to go against his opinion. Additionally, my father was in a very bad condition at the time, so I wanted to help support my mother with the business. I was very aware that if I had been busy solving a maths problem, I would have had little time for anything else. So instead, I chose to attend English interpreting courses at the English Institute. The courses only took place in the afternoons, leaving the mornings free to make myself useful at home.
After the second trimester, my stay in Cheltenham, England was a venture into the big wide world. My mother had organised the trip through a Jewish family. “Languages are best studied in the place where they are spoken”, she said. For the entire six months I was there, I didn’t hear a single word of German. The English family not only enabled me to study the language, but also the country and its people: For instance, they made sure that, not long after the end of the Second World War, I, as a German, could visit the Houses of Parliament – the House of Commons and House of Lords.
After my final exam, I applied for a job as a foreign language secretary at a publishing house. However, the person interviewing me was so unpleasant that, while the interview was still going on, I had already decided: I wouldn’t work there. In any case, they didn’t offer me the job; a decision which they justified on the grounds that they couldn’t employ a beginner. This made little sense to me, though, as it seemed illogical to have even asked me to interview in the first place when my application documents very clearly showed that I had no professional experience.
Thanks to Uncle Hermann. Starting Off at the Institute in 1953
After all that, I was about to pursue maths and physics after all. Before it ever came to this, though, one of my mother’s brothers, who she thought very highly of, told me that there was a vacancy for a foreign language secretary at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, and that I should apply for the position. Personally, I wasn’t very enthusiastic about the opportunity, but my mother was adamant: “If uncle Hermann has taken the trouble to think of you, you should at least give it a go. Nobody is saying you have to accept the job.”
With mixed feelings, I made my way to number 13 Philosophenweg. At the time, the Institute’s administration was housed there, in the private home of the Institute Director [Carl Bilfinger][4]. When I rang the bell, an elderly lady answered the door. She invited me into a large room and instructed me to take a seat behind a large desk. She then took a seat herself behind another desk. The room was furnished with a grand piano and a spacious seating area as well as some unbelievably impressive paintings on the walls. I learnt later that they were all originals by the Old Masters. The painting above the grand piano, for instance, was a large Caravaggio [sic].[5] The lady explained to me that I would have to wait, as the gentlemen were still in a meeting. She did, however, ask me a few questions and in particular wanted to know if I could understand the local language. I was at a loss at first. What did she mean by that? Of course, I speak German, I thought, but surely, she had noticed that already. As it turned out, she was actually referring to the Heidelberg dialect. She explained to me that she often had to speak to craftsmen on the phone but couldn’t understand a word of what they were saying. When I assured her that the local dialect wouldn’t cause me any problems, I got the impression that she would have liked to hire me on the spot. Miss Greinert, as the lady was called, came from the island of Oesel[6] and spoke with an East Prussian accent.
Shortly thereafter, the double doors from the adjoining room flew open and a man rushed in, to whom the lady turned and said: “This young lady is applying for the job.” “Well, come along then” he said, before disappearing out the door through which I had previously entered. I had to navigate getting around the desk first, and by the time I was standing outside the door, I was up the creek. The man was nowhere to be seen. Where was I supposed to go? I found another door, but it led to the room where the meeting had just taken place. Surely, I wasn’t meant to go in there. I tried a different door, but behind it lay a kitchen. At this point I heard a noise coming from further up in the house. So, I climbed the stairs. On the next floor, all the doors were closed. Then, I heard a rustling noise from even higher up, so I climbed further. On the top floor I finally found an open door, and in the room behind it, I saw the gentleman who had rushed past me downstairs. He invited me in, and we talked for a while. After what had gone down before concerning my lack of professional experience, I pointed out several times that I was only modestly proficient in stenography and typewriting. Nevertheless, not long into our discussion, Dr Ballreich[8] asked: “Can you start on Monday?” I stuttered: “But don’t you want to see my certificates?” Ballreich: “I’m not interested in them. If Professor Bilfinger, the director, agrees, you can start on Monday.” Professor Bilfinger did agree. I started the following Monday and remained at the institute for almost 12 years until I gave up all professional work for family reasons. From then on, I moved in two worlds: My home was characterized by practical work, while at the institute I lived and breathed science and had the great privilege of meeting many important people in person.
“Make Yourself Familiar with It”. A Self-Made Career in Administration
On Monday morning, on my first day at work, the lady whose job I was to take over told me that along with my other tasks, I would also be responsible for keeping the institute’s accounts. I had absolutely no experience of bookkeeping. She explained: Income was to be put on white sheets, expenses on red sheets and pass‑through items on blue sheets, with everything being copied onto the large journal sheet. That can’t be so difficult, I thought to myself. Yet, the following week when I found myself sitting alone in front of all the sheets and had entered everything nice and neatly, Miss Greinert explained to me that I now had to “reconcile” the journal page: The right and left pages had to match. And so, blithely, I totted up the figures. Yet: Left and right, from where exactly? There were so many columns that I was utterly lost. I calculated and calculated, and lo and behold, at some point I ended up with two equal amounts.
Later, when I became solely responsible for all the bookkeeping, I had somewhat mixed feelings about the internal audits by the Max Planck Society and the tax audits by the tax office. It was not that I was afraid of having made mistakes, but rather that I wasn’t confident in my knowledge of a lot of the technical accounting terms. To make it easier for myself, I had a little trick where I would just use a finger to point out the figures the auditors asked about. However, I later encountered a problem when I was tasked with handling the billing for the institute’s extension “in accordance with the applicable guidelines” – I had no idea what these guidelines were. Dr Ballreich simply placed a loose‑leaf binder on my desk and said: “It’s all in there. Make yourself familiar with it.” I did my research and drew up a cost calculation. It amounted to 300,000 DM, which was a considerable sum at the time. Nobody voiced any objections.
Later, the General Administration of the Max Planck Society made plans to introduce the Hollerith system into their standard accounting procedure. They were looking for an institute that was prepared to work with both Journal and Hollerith for an entire year during the trial phase. I was prepared to get involved. The Hollerith cards had to be marked with a graphite pencil according to certain specifications. The cards were then sent to Göttingen, where the Hollerith department was located. There, the cards were punched by machine, the resulting holes were read in another machine and the bookings were printed on large sheets of paper. These sheets were then sent to Heidelberg. Of course, it was superb that the machine could “spit out” different analyses as required. But the constant sending back and forth and waiting to have the monthly result back on one’s desk was tiresome. The association didn’t end up adopting the Hollerith system (for accounting).
I had been at the institute for perhaps just ten days when Miss Greinert asked me: “Please, go to the bank now and withdraw DM 10,000.” I was stunned: “Where am I supposed to put the money?” – “Oh, just put it in your bag.” And so, I set off, hanging my bag – a bucket bag that could be closed with drawstrings at the top – on the handlebars of my bike. It didn’t take me long to complete the short journey across the bridge. I collected the desired amount and stashed it in my bag. Then I made my way back. Anxiously, I was constantly checking both sides and occasionally behind me to see if anyone was watching. I couldn’t help feeling like everyone could tell what was in the bag. Yet, I arrived back at Philosophenweg completely unscathed. Miss Greinert distributed the money – which was for the monthly salary payments – into various envelopes, which she would then personally hand to all the employees of the institute. Some of the institute’s researchers worked at the house on Philosophenweg; so, in their case, it was simply a matter of going to a different floor. The Institute library with all its staff, however, was located in the house of Corps Saxo-Borussia in Friedrich-Ebert-Anlage. Miss Greinert would make the journey over there with the remaining envelopes. This procedure was repeated at the end of each month until the institute moved into the new building on Frankfurter Straße (later called Berliner Straße). Only then salaries started to be paid via bank transfer.
Among “Older Gentlemen”. Working at the Institute as a Young Woman.
Until her departure from the institute two years later (for reasons of age), Miss Greinert and I worked in the same room; first upstairs at 13. Philosophenweg and later in the new institute building as well. She would often tell me stories from Berlin times, for instance, about the events surrounding July 20, 1944 (the brother of the assassin was a member of the institute[10]) or the tragic death of a “half‑jew”, who had been “protected” by the institute until the end of the war, and then been shot by the Russians as he ran beaming towards the “liberators”.[11] But she also impressed me with her attitude. She admonished us young girls when we were eager to help at a dinner at the director’s house: “Please, ladies, only one lady should get up at a time. There will be too much commotion otherwise.” When, before the celebration of his 75th birthday, Professor Bilfinger asked: “What will the ladies be wearing?”, she replied: “Professor, we will know what to wear to honour you on the occasion.”
A few months after I joined, one of the secretaries left the institute. Some 20‑30 applicants of various ages responded to the job advertisement. Dr Ballreich dumped all the letters of application on my desk and said: “Take your pick.” I read through all the applications carefully and then decided on a young lady who was only slightly older than me. But upon telling him my “decision”, he said: “We can’t hire her. She works in the hospital construction office, the support of which we need for the new building – we can’t poach anyone from there.” However, I had objections to all the other applicants. Eventually, I was given permission to ask the lady for an interview – if I could reach her in person, that was (she had only given the telephone number of the hospital construction office). I succeeded; she was hired, and we are still friends more than 50 years later.
Hilde Kahlich, as the new secretary was called, and I were the only young people among the “older gentlemen” in the house at 13. Philosophenweg. Professor Bilfinger, who had lost his wife[13] just a few months earlier, often invited us to have lunch with him. He clearly enjoyed showing us his paintings afterwards and discussing them. He was a great art lover and collector of the Old Masters.[14] During one of these discussions, he was stunned because none of us knew who the Witch of Endor[15] was. It was then that we realized that one cannot understand many of the Old Masters without knowledge of the Bible. Professor Bilfinger also told us many stories “from back then”; for instance, that his father, a priest at Ulm Minster,[16] had ordered him and his brother to stand at attention before Field Marshal von Moltke when he visited the minster.
Occasionally, prelate Schreiber[17] would visit the institute. He was a senator of the Max Planck Society for the Advancement of Science and a papal house prelate – recognizable by the purple trim on his white collar. Before the Concordat with the Vatican was signed, he had been a Centre Party politician, afterwards he was no longer allowed to be politically active. Each time he appeared, it was as though a tornado had struck the institute. He usually wanted to have a typist at his disposal as well. Hilde Kahlich and I took turns, but we’d both have always preferred to duck out. On one occasion, he dictated an entire commemorative essay to me (into shorthand). Everything was going quite well until he suddenly dictated “Habakkuk”. I was not familiar with the name. My biblical ignorance irritated him greatly. After a while, the text continued in Latin. He then began to individually spell out each word for me. When I shyly suggested that I could indeed spell Latin words from dictation, he was suddenly kindness personified. Another time, when it was my “turn” again, he summoned me to the Hotel Ritter, where he always stayed. I was asked into his room, made to sit down at a desk, and then he locked the door. It felt quite unsettling to be locked in a hotel room with a high‑ranking catholic priest. But he simply didn’t want to be disturbed while dictating. One time, however, he did put me in quite an uncomfortable situation. He wanted to get some rest in an adjoining room at the Bilfinger house and asked me to loosen his collar for him. Somehow, I eventually found it in myself to do that.
“’Normal’ People Don’t Get to Be There.” A Sneak Peek into High Society
After a meeting of the German Society for International Law in Heidelberg, where I had to take the minutes, one of the illustrious gentlemen embarrassed me. He wanted to know how much I earned. Did I have to tell him? Actually, I found the question rather indiscreet. I told him that unfortunately, as I was not just a secretary but also employed in the administration, I was obliged to maintain secrecy. With a smile, he said: “I can see who I’m dealing with” and probed no further.
The annual Board of Trustees meetings were very exciting. I attended partly because of the finances, but mainly because I had to write the minutes. All the gentlemen present – I was always the only female entity there- were more than twice or even three times my age, and all were respected scholars or important businessmen. On one occasion, the meeting took place in the board room of the Karlsruher Lebensversicherung, which its chairman Alex Möller[19] – later to become the Federal Minister of Finance – had made available to the Institute. During the meeting, I noticed that he was wearing a huge wristwatch. He really doesn’t have to show off his wealth like that, I thought to myself. However, I then noticed how far he would bend his head over his wrist when he tried to look at his watch. It was then I realized that, with the state of his vision, he was probably only able read an oversized watch face. It was a lesson to me not to be too quick to judge.
Another time, the Board of Trustees meeting took place in the BASF Board of Executive Directors’[20] meeting room on the top floor of the BASF building. “Normal” people don’t get to be there, usually. The view over the whole of BASF and the surrounding area was fantastic. The meal following the meeting took place in the BASF’s Feierabendhaus, where I found myself facing a big problem. All the gentlemen were waiting for me to start eating; however, I wasn’t quite sure how to “go about” the first course, which was completely foreign to me. I handled the cutlery very hesitantly until I could observe how to proceed. Another time, the President of the Federal Constitutional Court[21] invited everybody to dinner after the meeting. Whispered cautions were issued around the room to alert people that restraint was advisable when ordering à la carte, as the President was fond of parsimony. During the meal, I was seated next to him and noticed that he was indeed very parsimonious. I do, however, have one unpleasant memory of a meal after a meeting of the Board of Trustees, which took place at the private residence of the Chairman of the Board of Goldschmidt-AG[22] in Secheim. I was sitting next to the prelate, and we were just finishing the main course when something bit my leg. I felt a very sharp pain, but didn’t dare to crawl under the table to see what kind of beast had attacked me. The next morning, my leg was swollen and rock‑hard from my ankle to my groin, so I immediately sought medical treatment. A very painful calcium injection and absolute bed rest gradually brought my leg back to normal.
Of course, there were not only meetings; occasionally we also had celebrations with large receptions. During one such event, I got to meet the prodigious banker [Hermann Josef] Abs[23], who, as president of the German Federal Bank, ruled over the banking system of post‑war Germany. In the company of so many academics, he seemed to feel the need to point out that it was indeed possible to succeed even without higher education, as he began his speech with the words: “Now, somebody is going to speak, who, by rights, is not allowed to do so, in this circle. After all, I did not attend university.”
I once read in Otto Hahn’s[24] biography that throughout his life he considered it a deficiency not to have enjoyed a “humanistic education”. Yet, he achieved success “in spite of this” and has always remained a modest person. When I once visited the General Administration in Göttingen on business, I was shown around the president’s office. I was amazed at how modestly it was furnished and learned that Otto Hahn had forbidden any changes to the furnishings when he took up his post as President of the Max Planck Society. He needed a room to work in, not a representation room.
Now and then I had regrets about not pursuing maths and physics. But, working in the midst of eminent personalities on a daily basis, constantly experiencing human greatness up close as well as having the occasional opportunity to shake hands with Nobel Prize winners and other great minds was a life that thoroughly compensated for this.
Translation from the German original: Sarah Gebel/Callum Hanks
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[1] We would like to thank the Noll family for kindly allowing the publication of this text on the blog. To improve legibility, subheadings and footnotes, as well as the photos, have been added by the editor.
[2] Walther Bothe (1891-1957) received the Nobel Prize for Physics in 1954.
[3] Photos: AMPG.
[4] Carl Bilfinger (1879-1958), Director of the Institute from 1944 to 1946 and from 1949 to 1954. On Bilfinger, see: Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (eds), Der Staats- und Völkerrechtler Carl Bilfinger (1879–1958). Dokumentation seiner politischen Biographie. Korrespondenz mit Carl Schmitt, Texte und Kontroversen, Baden-Baden: Nomos 2024; also, published on this blog: Reinhard Mehring, Vom Berliner Schloss zur Heidelberger „Zweigstelle“. Carl Bilfingers politische Biographie und seine strategischen Entscheidungen von 1944, MPIL100.de; Johannes Mikuteit, Gerhard Leibholz’s Protest Against the Appointment of Carl Bilfinger as Founding Director of the MPIL, MPIL100.de.
[5] Presumably it was a Canaletto, see: Philipp Glahé, Kunst und Distinktion. Carl Bilfinger als Sammler, in: Philipp Glahé/Reinhard Mehring/Rolf Rieß (fn. 4), 445-470.
[6] Today Saaremaa, Estonia. Ellinor Greinert Ellinor Greinert (1894-1966) was a native Baltic German and worked at the institute from 1928 to 1955, first as a foreign language secretary and then as a secretary to the directorate.
[7] Photo: MPIL.
[8] Hans Ballreich (1913-1998), from 1949 to 1955 a research fellow, then head of administration at the Institute. From 1962 to 1966 Secretary General of the Max Planck Society (MPG).
[9] Photo: Noll family.
[10] Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944) was a research fellow at the institute from 1929 until his execution in 1944. As the brother of Claus von Stauffenberg, who carried out the failed bomb attack against Hitler on 20 July 1944, he was a close confidant and supporter of the resistance movement.
[11] Joachim-Dieter Bloch (1906-1945) was a research fellow at the KWI from 1927 to 1945. According to Nazi racial ideology, he was considered a ‘quarter Jew’, but unlike the institute members Erich Kaufmann (1880-1972) and Marguerite Wolff (1883-1964), who were persecuted as ‘full Jews’, he was not dismissed from the institute and forced to emigrate.
[12] Photo: Magarete Noll.
[13] Margarethe Bilfinger, born as Margarethe Schuler, (1887-1951).
[14] See on this: Glahé (fn. 5)
[15] A biblical figure from the Old Testament (1 Sam 28).
[16] Adolf von Bilfinger (1846-1902).
[17] Prelate Georg Schreiber (1882-1963), senator of the Kaiser Wilhelm Society (KWG) from 1926 to 1933 and of the MPG from 1946, honorary senator from 1960. Co-founder of the ‘Trier branch’ of the KWI (1925-1933), as well as scientific member of the MPIL, see: Martin Otto, The KWI and the Catholic Church. A “Special Relationship”?, MPIL100.de.
[18] Photo: MPIL.
[19] Alex Möller (1903-1985), was Chairman of the Social Democratic Party of Germany in Baden-Württemberg from 1962 to 1966 and Federal Minister of Finance from 1969 to 1971.
[20] Wolfgang Heintzeler (1908-1990), Deputy Chairman of BASF, member of the Institute’s Board of Trustees.
[21] Gebhard Müller (1900-1990), President of the Federal Constitutional Court from 1959 to 1971.
[22] Theo Goldschmidt (1883-1965), entrepreneur and Chairman of the Supervisory Board of the chemical company Goldschmidt AG.
[23] Hermann Josef Abs (1901-1994), banker and member of the Management Board of Deutsche Bank.
[24] Otto Hahn (1879-1968), chemist and from 1946 the last President of the KWG as well as from 1948 to 1960 the first President of the MPG, which emerged from the KWG.
Margarete Noll, geborene Vogel, (1931-2023) war von 1953 bis 1964 am MPIL beschäftigt. Von 1953 bis 1955 war sie als Fremdsprachensekretärin tätig, von 1955 bis 1959 als Verwaltungssekretärin und von 1959 bis 1964 als Verwaltungsleiterin.