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Die Welt von Gestern. Das Institut und der Zweite Weltkrieg aus Tagebuchaufzeichnungen

Die Niederlagen des Ersten und Zweiten Weltkrieges sind konstitutiv für das historische (Selbst-) Verständnis des Instituts. War das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) 1924 als „Verliererinstitution“ mit dem Ziel die Versailler Zwischenkriegsordnung mit wissenschaftlicher und rechtspraktischer Expertise zu revidieren gegründet worden, war für das 1949 in Heidelberg neu- beziehungsweise wiedergegründete Institut abermals die Auseinandersetzung mit den rechtlichen und politischen Folgen des Zweiten Weltkriegs, des beginnenden Kalten Krieges sowie die damit verbundene Entscheidung zur Begleitung der deutschen Westintegration von zentraler Bedeutung.[1] Über die zwischen 1933 und 1944 erschienenen Institutspublikationen und die unlängst aufgefundenen kriegsrechtlichen Gutachten Hermann Moslers kann inzwischen nachvollzogen werden, wie sich das Berliner KWI als Forschungs- und Beratungseinrichtung des Oberkommandos der Wehrmacht und der Marine in die juristische Vorbereitung und Begleitung des Zweiten Weltkriegs eingebracht hat.[2] Indes ist wenig bekannt, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Instituts den Krieg und das Kriegsende konkret erlebt haben und welchen Einfluss dieses individuelle und kollektive Erleben auf die Forschungsinstitution hatte.[3] Dieser Beitrag möchte anhand der Tagebuchaufzeichnungen und persönlicher Notizen zweier Institutsangehöriger, des Bibliotheksdirektors Curt Blass und der Bibliothekarin Annelore Schulz, Einblicke in die Kriegszeit ermöglichen.

Curt Blass (1881–1972) und Annelore Schulz (1906–1999) zählten zu den ersten Angehörigen des Instituts, dem sie 1926 bzw. 1929 beigetreten waren; beide waren maßgeblich am Aufbau der bedeutenden Institutsbibliothek beteiligt.[4] Mit Institutsdirektor Viktor Bruns verband Curt Blass als Studien- und Duzfreund eine enge Beziehung. Blass war als Nachfolger des 1942 verstorbenen Ernst Martin Schmitz zudem stellvertretender Institutsdirektor und führte phasenweise nach Viktor Bruns’ Tod 1943 die Institutsgeschäfte. Auch nach Antritt des in Heidelberg lebenden Carl Bilfinger als neuem Direktor 1944 blieb Blass in Berlin die eigentliche Leitungsperson. Annelore Schulz wirkte als tragende Säule der Bibliothek im Hintergrund, wobei ihre Rolle bei der Rettung des Buchbestandes 1946 für den Wiederaufbau des Instituts nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.[5] Dankenswerterweise wurden dem Institut von Familienangehörigen die kriegsbezogenen persönlichen Aufzeichnungen der zwei KWI-Angehörigen übergeben.[6] In Umfang und Geschlossenheit sticht hierbei der Nachlass von Annelore Schulz hervor. Von ihr hat sich ein ganzer Koffer voller persönlicher Dokumente erhalten, der eine Reihe akribisch geführter Tagebücher enthält. Aufgrund des Umfangs und der Detailfülle stehen Annelore Schulz’ Aufzeichnungen im Zentrum dieses Beitrags. Sie werden ergänzt durch persönliche Notizen von Curt Blass, die nur in Fragmenten vorliegen.[7]

Sagbarkeiten. Tagebuchschreiben im „Dritten Reich“

Die Tagebücher von Annelore Schulz[8]

Die Aufzeichnungen von Curt Blass und Annelore Schulz unterscheiden sich in Format und Grad an Privatheit. Während die Aufzeichnungen von Annelore Schulz rein privat gehalten sind und sich erkennbar an kein Lesepublikum richten, lassen die Tagebücher von Curt Blass, der auch als Dichter und Schriftsteller tätig war, aufgrund ihres Stils und der Art ihrer Schilderungen darauf schließen, dass sie nicht nur als Ort der stillen Selbstreflexion gedacht waren, sondern sich in eine familiäre Überlieferungstradition einschrieben. Diese Form des Schreibens lehnt sich an einen in gehobenen Kreisen üblichen Stil an. Auch die auf diesem Blog edierten Tagebuchaufzeichnungen zur Institutsgründung von Viktor Bruns Ehefrau Marie waren keinesfalls privater Natur, sondern wurden in großen, dem DIN-A3-Format ähnelnden Büchern in Schönschrift notiert und in der Familie herumgezeigt und vorgelesen. Auch von der Institutsbibliothekarin und Cousine Viktor Bruns’ Cornelia Bruns sind „Tagebuchbriefe“ zum Kriegsende 1945 erhalten, die an ihre „Lieben“ adressiert sind und „in der Hoffnung, dass eines Tages wieder eine Verbindung möglich sein wird“ das Erleben jener Tage für die Familie dokumentieren.[9]

Annelore Schulz in der Bibliothek, Aufnahme um 1935 [10]

Jenseits des Stils und der Frage nach dem Publikum unterscheiden sich die Aufzeichnungen hinsichtlich des inhaltlichen Fokus und der Art der Auseinandersetzung mit politischen Ereignissen. Während Curt Blass in seinen Tagebüchern ausführlich und kritisch die NS-Politik und den Zweiten Weltkrieg reflektiert, kommen die Aufzeichnungen von Annelore Schulz gänzlich ohne Kommentare zum politischen Zeitgeschehen aus. Der Nationalsozialismus wird von Schulz praktisch nie erwähnt, eine eigene Meinung äußert sie nicht. Die Ereignisse des 20. Juli 1944, wie die Verhaftung und Hinrichtung des Institutskollegen Berthold von Stauffenberg, werden zwar mit großer persönlicher Bestürzung aufgenommen, nicht jedoch politisch kommentiert.[11] Die Gründe für solches Fehlen jeglicher politischer Positionierung sind nicht klar. Vielleicht lag es am mangelnden politischen Interesse, vielleicht fürchtete Annelore Schulz aber auch, dass ihre privaten Notizen in falsche Hände geraten könnten und unterließ es deshalb, sich zu tagespolitischen Entwicklungen zu äußern. Curt Blass schien diese Befürchtung indes nicht zu haben.

„Der Krieg ist merkwürdig fern“. Curt Blass und der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs

Das Tagebuch und persönliche Notizen von Curt Blass 1941[12]

 „Schrecklich zu denken, was jetzt jeden Augenblick geschieht, während wir in allem Behagen – bis jetzt – in der Zuschauerloge sitzen dürfen. Man muss sich immer wieder zwingen, alle Gefühle und Gedanken über Moral und Recht zurückzuschieben: Naturereignis. Ausbruch verhängnisvoll seit Jahrhunderten gespannter Kräfte. Auch im Kriege wirkt Gott!“ [13]

– Curt Blass, 15. Mai 1940.

In den von Curt Blass überlieferten und durch seinen Sohn Ulrich transkribierten und kompilierten Tagebuchnotizen zeigt sich ein wacher politischer Beobachter, dessen Haltung zu den tagespolitischen Ereignissen zwischen Ablehnung Hitlers und des Nationalsozialismus sowie nationalistisch-imperialistischen Tönen und offener Bewunderung für die militärischen Erfolge der Wehrmacht schwankt.[14] Blass’ Aufzeichnungen beginnen 1938 mit der Sudetenkrise. Das Vorgehen Hitlers, der das von der deutschsprachigen Minderheit in Tschechien bewohnte Sudetenland für sich reklamierte, erschien Blass als politisch unverantwortliches „vabanque-Spiel“.[15] Im Institut wurden die Ereignisse mit größter Spannung über französische und schweizerische Radiosender mitverfolgt, da man den deutschen nicht traute:

„Unsere Rundfunk- und Zeitungspropaganda ist von einer hanebüchenen Primitivität oder vielmehr Skrupellosigkeit, rechnet mit Dummheit der Hörer und will sie verdummen. Die Wirkung ist völliger Vertrauensschwund und Flucht in die ausländische Berichterstattung und Propaganda.“ [16]

Als es Hitler mit der Unterzeichnung des Münchener Abkommens am 29./30. September 1938 gelang, in Verhandlung mit Großbritannien, Frankreich und Italien über die Köpfe der Tschechen hinweg die Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland im Gegenzug für ein Friedensversprechen durchzusetzen, war Blass mehr als erleichtert:

„A. H. hat der Welt eine ungeheuerliche Nervenprobe zugemutet, aber (vor allem): Er hat sie selbst bestanden. Sein ‚fanatischer‘ Wille hat mit einer Gewaltkur erreicht, was er für richtig hielt und was nun im Grunde Freund und Feind für richtig, vernünftig und innerlich gerecht erkennt. […] Wäre es nicht doch gelungen, wäre er der ärgste Verbrecher gewesen; nun [da] es gelang, ist er wieder mehr denn je der Zauberer. – Es geschehen noch Wunder.“ [17]

Kritisch äußerte sich Blass jedoch, infolge des Novemberpogroms vom 9./10. November 1938, zu den nationalsozialistischen Judenverfolgungen:

„Tödliche Scham über die neuen antisemitischen Ausschreitungen und Massnahmen […]. Aus diesem Volk ist ein Popanz gemacht worden, dessen man sich schämt. […] Das alles ist zynisch-satanischer Mord an Hunderttausenden, die nicht einmal fliehen können. Und das Erschütterndste ist: Dem wird ein Mantel von Moral und Recht umgehangen, der für die Einen nichts wie blanker Hohn ist; für die Andern aber, die ihn als echtes Kleid der Würde verehren oder doch zu verehren suchen, muss der letzte Rest von sittlichem und rechtlichem Gefühl zu Grunde gehen. Was wird aus unserem Volk?!“ [18]

Auch die Reaktionen und Atmosphäre am Institut im Nachgang des Pogroms und der von Göring am 12. November 1938 erlassenen „Judenbuße“, der zufolge die jüdischen Geschädigten selbst für die Schäden aufkommen mussten, hielt Blass fest:

„Es ist von einem traurigen Interesse, die Reaktion zum Judenthema zu beobachten. Alle Aelteren [sic], die noch eine lebendige Erinnerung daran haben, dass ‚Recht‘ und ‚Gerechtigkeit‘ in deutscher Sprache einen echten Klang hatten […], sind gleich betroffen und empört und voller Scham: Freilich nur heimlich, im vertrauten Kreise. Die Jüngeren, da geht die Stellungnahme: von unbeschwerter Schadenfreude als handle es sich um einen Bierulk, über Erwägungen des materiellen Schadens zu Aeusserungen [sic] der Gleichgeschaltetheit. – Der gute [Hans-Joachim von] Merkatz[19], der so bestrebt eingeschwenkt ist, fing in unser peinliches Schweigen bei Tisch mit seiner salbadernden Tiefsinnigkeit an: ‚Wenn man schon mit der Milliardenbusse einverstanden sein kann…‘ Ich sagte nur: ‚So?‘, worauf er betroffen schwieg“. [20]

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 wurde von Blass mit gespaltenen Gefühlen aufgenommen: „Der Krieg ist da. […] [I]ch sehe nichts als Unglück für unser Volk voraus, im Sieg und in der Niederlage. Trotzdem: Mut! ‚Gott will es!‘.“[21] Der Weltkriegsoffizier zog einen direkten Vergleich zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges: „Wer den Kriegsausbruch 1914 miterlebt hat, kann den himmelweiten Stimmungs-Unterschied ermessen. Der nat[ional]-soz[ialistische] Akt unseres nationalen Unglücks dürfte sich seinem Ende nähern.“[22] In die Ablehnung jenes, im Gegensatz zu 1914/18, „ungerechten“ Krieges mischte sich bei Blass jedoch auch skeptische Anerkennung: „Die Leistung des Heeres in Polen ist furchtbar und staunenswert.“[23]

„Gott will es.“, Curt Blass, undatiert [24]

Als vergleichsweise unwirklich stellte sich Blass das Weihnachtsfest in seiner Schlachtenseer Villa 1939 dar („Der Krieg ist merkwürdig fern.“). Man aß „fetten Stollen“, trank heiße Schokolade. „Dann setzte [Ehefrau] Hanni sich an den Flügel und ich mich in Vaters alten Lehnstuhl“, auch Tochter Cordula spielte „recht hübsch“ auf dem Klavier, Sohn Utz „erfreute mich mit dem 1. Satz eines recht schwierigen Violinkonzerts von Mozart, das er mit hochroten Backen sehr gut absolvierte“. Nur der Baum war in diesem Jahr etwas kleiner, auch das Abendessen fiel „freilich viel bescheidener […] als sonst“ aus. „Und mit dem tiefen dankbaren Wohlgefühl, das man erst jetzt im Kriege erlebt, streckt man sich unter die Decke zum Schlaf, auf dessen Ungestörtheit man rechnen darf.“[25] Doch die Weihnachtsfreude hielt nicht lang. In den folgenden Tagen fühlte sich Blass „ziemlich verloren“, traf sich regelmäßig mit seinem Freund und Chef Viktor Bruns. Am 30. Dezember 1939 feierte Blass mit Bruns’ Familie dessen 55. Geburtstag, der jedoch vom Krieg und den Verbrechen der Kriegsführung überschattet wurde:

„Etwas verlegene Stimmung. Bruns war nicht wohl, kam von Polen nicht los, von wo scheussliche Nachrichten durchsickern. Diese kalte, schweigende Entschlossenheit, mit der man ein Volk von 22 Millionen auszurotten sucht, ist entsetzlich. Hier wird Drachensaat für Jahrhundert gesät. Es verschlägt einem nicht nur die Stimme für das eigene Volk, auch das frohe Atmen.“[26]

Den düsteren Aufzeichnungen folgten jedoch auch euphorische. Blass ließ sich immer wieder mitreißen von dem schnellen Vordringen der Wehrmacht („Für uns alte Stellungskrieger ist dieser Krieg ein Wunder.“[27]). Zugleich mischten sich auch hier Besorgnis und Skrupel unter die Begeisterung. Blass wunderte sich über die Dynamik „des Siegesrausches, der uns alle erfasst hat“, dessen Genuss ihm jedoch vergällt sei durch die „widerwärtig unwürdige, moralisierende Keif- und Prahlpropaganda in Presse und Radio“, die bei ihm wiederum „empörte Ablehnung“ auslöste.[28]

Blass’ wechselvolle Haltung zum Krieg und zum „Dritten Reich“ kann in vielen Punkten als repräsentativ für den Großteil des Instituts gelten.[29] Hitler, dem Nationalsozialismus und der Judenverfolgung stand der groß- und bildungsbürgerliche Blass aufgrund ihrer „Primitivität“ und Brutalität ablehnend gegenüber. Er traute Hitler außenpolitisch nicht viel zu und fürchtete, dieser würde Deutschland leichtfertig in einen Krieg hineinziehen, dessen Ausgang ungewiss sei. Zugleich werden „klassisch“ patriotische, aber auch imperialistische, Reflexe des Weltkriegsveteranen sichtbar, der, wie das KWI allgemein, große Hoffnungen in eine militärische Wiederherstellung des deutschen Großmachtstatus legte. Auch bei Blass zeigt sich jene eigentümliche „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“, wie sie bei genauerer historischer Betrachtung offenbar wird, er ist sich ihrer aktiv bewusst: Die Unberührtheit seiner Berliner Lebenswelt vom Krieg und die gleichzeitige Unwirklichkeit der Situation wird an Heiligabend 1939 besonders deutlich. Der Krieg ist physisch fern, doch legt er sich über alle Dinge.

Das Institut als Schicksalsgemeinschaft 1944/45. Annelore Schulz und das Kriegsende

Die Tagebücher von Annelore Schulz[30]

Die von Annelore Schulz überlieferten Tagebücher beginnen im Jahr 1944. Ihre Aufzeichnungen portraitieren ein Institut im Ausnahmezustand. Der Krieg zeitigte bereits deutliche Auswirkungen auf das Leben in Berlin und auf das KWI, das seit 1939 dem Oberkommando der Wehrmacht und der Marine unterstellt war und diese in kriegsvölkerrechtlichen Fragen beriet. Aufgrund der intensiver werdenden alliierten Luftangriffe auf die Hauptstadt war beschlossen worden, den Großteil der kostbaren Institutsbibliothek auszulagern und den Institutsbetrieb somit auf verschiedene Standorte zu verteilen. Während die für ihre Arbeit vom Kriegsdienst freigestellten Referenten mit einigen Sekretärinnen und dem (kriegs-)völkerrechtlichen Kernbestand der Bibliothek im Berliner Schloss verblieben, wurden ab Januar 1944 mehr als 115.000 Bücher, Parlamentaria, Zeitschriften und Unterlagen mit einem Teil des Institutspersonals auf zwei Gutshöfen und einem Gasthof in Züsedom und Kleisthöhe in der Uckermark untergebracht.[31] Annelore Schulz war als Bibliothekarin maßgeblich an der Auslagerung der Bibliothek und der Kataloge beteiligt. Zwischen Januar und Juli 1944 pendelte Schulz zwischen Berlin und Kleisthöhe sowie Züsedom, ehe sie ab August 1944 bis März 1945 aufgrund der Kriegssituation dauerhaft in Züsedom verblieb.

Annelore Schulz am Fenster im Berliner Schloss, Aufnahme 1931[32]

In Schulz’ Tagebuchaufzeichnungen dominiert die Darstellung einer dem Alltäglichen verhafteten weiblichen Berufs- und Lebenswelt im Krieg. Politische Ereignisse oder die Arbeit des Instituts selbst spielen bei ihr kaum eine Rolle. Stattdessen dokumentiert sie den Versuch, zwischen Bombenangriffen und Luftschutzkeller ein weitgehend normales (Instituts-) Leben aufrechtzuerhalten.[33] Dem sozialen Miteinander kam im Krieg besondere Bedeutung zu, der häufige „Kaffeeklatsch“ mit Kolleginnen oder die Feier von Geburtstagen im Institut diente nicht zuletzt auch der Aufrechterhaltung der Moral:

„9.30 Uhr ins Schloss. Fräulein [Cornelia] Bruns Geburtstag. Maria, Gertrud Heldendrung und ich schenken ihr gemeinsam ein Tulpentöpfchen und von Ernst Jünger ‚In Stahlgewittern‘. […] Dann feiern wir einen sehr netten Geburtstag […]. 12 Uhr grosser Alarm […]. 14.30 Uhr mit Fräulein Bruns und Fräulein von Rehekampff sehr hübsche Kaffeetafel mit echtem Kaffee! Wir geniessen. Dann suche ich weiter das schon verzweifelt gesuchte Buch von [Gerhard] Ritter: Machtstaat und Utopie – das ich mit Hilfe von Dr. Blass unter ‘AA I O’ feststelle.“ [34]

Außerhalb des Instituts führten die Frauen ein reges Privatleben, man traf sich zumeist bei „Cörnchen“ Bruns, wozu auch Annelore Schulz’ „Nachbarin“ Martha Krause eingeladen war, mit der sie eine in Institutskreisen bekannte und tolerierte Liebesbeziehung führte.[35] Auch dem Berliner Kulturleben wurde, solange es möglich war, noch gefrönt. So besuchte Annelore Schulz auf Einladung von Bruns’ Tochter Hella – während der Arbeitszeit, aber mit Genehmigung von Curt Blass[36] – im Januar 1944 noch hochkarätig besetzte Opernaufführungen und kurz darauf ein Konzert, ebenfalls während der Arbeitszeit, diesmal auf Einladung von Blass[37].

Instituts- und Schicksalsgemeinschaft: Joachim-Dieter Bloch, Ursula Grunow, Alexander N. Makarov und Hermann Mosler (v.l.n.r.) auf dem Dach des Berliner Schlosses (undatiert).[38]

Die Institutsgemeinschaft und ihre schicksalshafte Verbundenheit zeigte sich in gegenseitiger Solidarität im Umgang mit den Kriegsbelastungen. Als bei einem Bombenangriff am 15. Februar 1944 die Wohnung von Ellinor von Puttkamer zerstört und die von Annelore Schulz stark beschädigt wurden, formierte sich ein spontaner „Räumtrupp“ aus den Institutsreferenten Strebel, Mosler, Weiss und Curt Blass sowie einem Kollegen aus dem Auswärtigen Amt, Dr. Müllenhöfer:

„Gegen 12.30 Uhr kommen die beiden Herren [Mosler und Müllenhöfer] wieder und arbeiten nun hintereinander erst die Mauerbrocken hinaus mit Axt und Einreisshaken, dann macht Dr. Mosler mühselig die Eingangstür wieder zum Schliessen […], Herr Müllenhöfer repariert den Kleiderschrank, die Fenster werden verpappt. Den Rest der Mauer zwischen Schlaf- und Wohnzimmer wollen sie stehen lassen, als Schutz – ganz glücklich bin ich nicht darüber. Gegen 15.30 Uhr kommt Dr. Blass mit Herrn Weiss, ich bin gerührt über ihre Hilfsbereitschaft. Dr. Blass nimmt die Gardinen ab“. [39]

Auch um das Schicksal des Berliner Schlosses, zeigten sich Annelore Schulz und ihre Kollegen besorgt, da der Arbeitsplatz für sie hohes Identifikationspotential hatte.[40] Im Mai 1944 wurde das Schloss erstmals durch Bomben getroffen und beschädigt, die im obersten Geschoss befindlichen Institutsräumlichkeiten blieben jedoch bis zum 25. Juni 1944 intakt, als das Dach zerstört wurde und das Institut in den 1. Stock umziehen musste:

„Die neuen Verwüstungen Unter den Linden sehr erschütternd. Und dann das Schloss. Durch unsere geliebte Fensterreihe sieht man in den Himmel! Die blanken Mauern schauen einem schon von weitem entgegen. Unsere ganze Seite ausgebrannt. Dazu Herr Weiss und Herr von Gretschaninow, ersterer verlor sehr viel persönliche Sachen. Endlich Fräulein Bruns gefunden. Dann geht’s schon ans Büchertragen – vormittags und nachmittags trägt die ganze Belegschaft die Kirchenrechtsabteilung in den Keller, allerlei Spass dabei – die Gemeinsamkeit ist nett. Viel mit Fräulein Bruns und Dr. Blass getrauert!“ [41]

Bis zur endgültigen Zerstörung der Institutsräume am 3. Februar 1945 ging der Betrieb im Schloss weiter, ehe er in das Privathaus von Viktor Bruns nach Zehlendorf ausgelagert wurde.

„Splendid Isolation“. Gut Kleisthöhe, März bis Juli 1944

Gut Kleisthöhe, vor 1945[42]

Das letzte Kriegsjahr verbrachte Annelore Schulz vorwiegend auf den beiden Gutshöfen Kleisthöhe und Züsedom, wo sie die ausgelagerte Bibliothek des Instituts betreute. Ihre Aufzeichnungen über das dortige Leben spiegeln eine eigentümliche Mischung aus Endzeiterwartung, Realitätsverdrängung und einem letzten Aufleben jener großbürgerlich-adligen Lebensweise, die zumindest in Brandenburg mit Kriegsende ihr unwiderrufliches Ende finden und die Alexander N. Makarov später als „versunkene Welt“ bezeichnen sollte.[43]

Nachdem im Januar 1944 mit der Bücherauslagerung begonnen worden war, pendelte Annelore Schulz mehrere Monate zwischen Berlin und den Gutshöfen, wo ihre Arbeit darin bestand, die Bücher in den gemieteten Räumen so wieder aufzustellen, dass sie für die Institutsarbeit nutzbar waren. Hierbei wurden die schwersten körperlichen Tragearbeiten von Wehrmachtssoldaten oder durch von Helmut Strebel[44] organisierte sowjetische Kriegsgefangenen übernommen:

„Nach und vor Tisch geplättet – dann sind zum Essen die Herren wieder da: Makarov und Gretschaninow. […] als um 4 Uhr auch schon die drei Transporte ankommen. Die Büchertragerei geht gleich auf den Oberboden los mit Italien, die Russen, wirklich nette und ordentliche Typen, tragen nach oben (als Kette) und stellen sich sehr intelligent an. In wildem Durcheinander wird oben gestapelt, wie soll das je zu ordnen sein, ‘Frankreich’ und ‘Italien’. Nach dem Abendbrot, wo es für alle Erbsensuppe gibt, geht es weiter bis circa 21.30 Uhr. Wir haben sehr viel Spass dabei, lachen viel, Fräulein Auburtin bekam ihre schöne Kommode mit, in die Bibliothek wird noch das Sofa von Prof. Makarov gestellt […]. Dann sitzen wir noch mit Prof. Makarov, Schnucki, Fräulein Auburtin bei Frau Hähn bei Milch mit Sirup gemischt und erfrischen unsere durstigen Kehlen, wollen tanzen, doch es findet sich keine rechte Radiomusik. Gegen 12 Uhr schlafen – Herr von Gretschaninow sortierte noch rastlos ein. Frau von Mörner hatte Schnucki und mir noch Erdbeeren hinstellen lassen – eingezuckert!“ [45]

Auf Gut Kleisthöhe verbrachte Annelore Schulz zunächst einige Arbeitswochen zusammen mit der als Referentin tätigen Angèle Auburtin, der Sekretärin Gertrud Heldendrung („Schnucki“) und dem Referenten Georg von Gretschaninow. Die Institutsangehörigen wohnten in eigenen Zimmern im Gutshaus und waren teilweise auch in das Alltagsleben der Gutsbesitzerfamilie von Mörner integriert („kein Tippen nach Tisch“[46]). Fiel Annelore Schulz der Abschied aus Berlin zunächst schwer, fand sie schnell Gefallen am Landleben, das zumindest zu Beginn vielfach Klassenfahrt-Charakter gehabt zu haben scheint. Annelore Schulz unternahm lange Spaziergänge mit Angèle Auburtin und Georg von Gretschaninow, die Damen wurden regelmäßig zum Nachmittagstee der unlängst verwitweten Gutsherrin in den „großen Salon“ eingeladen, wo Annelore Schulz die „nette Unterhaltung, so wie ich sie aus unseren Kreisen kenne“ genoss.[47] Abends saßen Auburtin und Schulz oft lang zusammen: „Während ich [Socken] stopfe, spielt Fräulein Dr. Auburtin dazu die Laute, singt sehr hübsch dazu und sie erklärt mir noch einiges zum Lautenspiel.“[48] Regen Gebrauch fand auch der Flügel, auf dem Irene Hähn und Alexander N. Makarov in der Mittagspause oder nach Feierabend für die Mitarbeiter „aufs schönste“ spielten.[49] Die Zeit im Frühjahr 1944 auf Gut Kleisthöhe glich, folgt man Annelore Schulz’ Notizen, einer Parallelwelt, oder, wie es ihre Kollegin Irene Hähn ausdrückte, einer „splendid isolation“[50]. Berlin, die Fliegerangriffe, der Krieg an sich, schienen fern. Die Aufstellung der Bücher war überdies zumeist keine tagesfüllende Aufgabe, die viel Freiraum ließ:

„Mit dem Sortieren von ‘GB V’ auf der Terrasse begonnen, den Tag über allein eingeordnet – aber nach dem Kaffee aufgehört! Heiss gewaschen, wieder nett und schmuck gemacht im Dirndl, mit Buch in den Garten gezogen, hinten unter der Kastanie gelesen und geschlafen – der gute Lumpi legt sich neben mich. Nach dem Abendessen mit Prof. Makarov spazieren, ein wunderbarer Abend“ [51]

Für ihren schriftstellernden Vorgesetzten Curt Blass redigierte Annelore Schulz im April 1944 (während der Arbeitszeit) dessen bis heute unveröffentlichte, jedoch „ganz reizend“ geschriebene Autobiographie.[52] Im Juni 1944 erschien Blass’ Gedichtband „Innere Melodie“, den er an die Institutsangehörigen verschenkte.[53]

Tradition Mittagstisch (noch im Berliner Schloss). Victoria Rienäcker, Ruth von Braumüller (spätere Bischof), Charlotte Zowe-Behring, Else Sandgänger, Annelore Schulz und Ellinor Greinert (von oben links), Aufnahme um 1935 [54]

Doch nicht alles löst sich in Wohlgefallen auf: Insbesondere unter den Frauen kam es zu Konflikten und „Hierarchiegerangel“, für Annelore Schulz zumeist mit Angèle Auburtin. Hatten sich die beiden Frauen anfangs gut verstanden, bemühte sich – so sah es Schulz – die Referentin Auburtin zunehmend, eine Grenze zum nicht-wissenschaftlichen weiblichen Personal zu ziehen.[55] Es kam zu regelmäßigem Streit zwischen Auburtin und Schulz, die sich von Auburtin zu „niederen Tätigkeiten“ degradiert sah. Jedoch: „Als gebildete Menschen lassen wir uns aber nichts anmerken bei Tisch.“[56] Vor allem wenn Besuche von Hermann Mosler aus Berlin anstanden, häuften sich Konflikte mit Auburtin, nicht mit Mosler, dessen Autorität Schulz (zwar zähneknirschend) anerkennt: „Mosler ist jetzt Beratender Referent in der Beratungsstelle des OKW geworden – ein mächtiger Mann“[57]. Wenngleich Angèle Auburtin den anderen Frauen in der Institutshierarchie klar „vorgesetzt“ war, schien es in ihr Aufgabenfeld zu fallen, für das Institutspersonal auf Gut Kleisthöhe zu kochen (aber „alles so fade, und zu wenig gekocht“).[58] So oft die beiden Frauen auch aneinander gerieten, so oft versöhnten sie sich auch wieder.[59]

Institutsdirektor Carl Bilfinger (2. von rechts) besucht Gut Kleisthöhe im Juli 1944. Mit Hund Lumpi, Sophie von Gretschaninow (?), Georg von Gretschaninow, unbekannt, Angèle Auburtin, Alexander N. Makarov (v.l.n.r.) [60]

Während Konflikte mit (der) weiblichen Vorgesetzten und teils auch Kolleginnen (Streit um das „beste“ Zimmer, Ärgernis über eine Zimmermitbewohnerin, „die in der Nacht schnauft, redet, schnarcht“[61]) nicht selten waren, wurden männliche Autoritäten von Schulz nicht nur anerkannt, sondern regelrecht verehrt, insbesondere Curt Blass oder Professor Makarov. Als Blass im Oktober 1944 einen Arbeitsbesuch auf den beiden Gutshöfen machte, stürzte sich Annelore Schulz in tagelange Vorbereitungen und empfing ihn aufgeregt mit einem großen Blumenstrauß am Schlossportal. „Zu Tisch gibt es ein halbes Rebhuhn Dr. Blass zu Ehren. Alles sehr nett und feierlich.“ Das gute Verhältnis beider war wechselseitiger Natur. Schulz freute sich, dass „Dr. Blass […] mir eine Anerkennung für die jahrelange Katalogführung ausspricht“, und wenn sie aus Berlin wieder einmal mit einer „schwere[n] Aufgabe“ betraut wurde.[62] Doch nicht immer gab es anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen: „Tagsüber allein geräumt, ‘US’, nachmittags beim Schuster mit einem Schuh von Mosler.“[63]

Zum Sommer 1944 hin wurde der Kontrast des beschaulichen Landlebens zu den militärischen und politischen Ereignissen besonders greifbar. Die Bibliotheks- und Institutsarbeit verlagerte sich mit dem besser werdenden Wetter zusehends auf die Terrasse und in den Wintergarten des Gutshofes, die Frauen pflückten opulente Blumensträuße, allabendliche Spaziergänge durch die Natur wurden unternommen, „wo der Mond wie im Märchen tief und fast rötlichgold zwischen den Pappeln steht“[64]. Die Geschehnisse der Welt drangen von fern durch das Radio, wurden aber noch weitgehend verdrängt.[65] Ab Juli 1944 wurde die Lage infolge des gescheiterten Attentats auf den Führer auch auf Gut Kleisthöhe ernster, die Beschaulichkeit geriet erstmals in Gefahr. Von dem Attentat erfuhren die Institutsmitarbeiter aus dem Radio, wobei lange nicht klar war, dass mit Berthold von Stauffenberg ein Institutskollege beteiligt war:

„Die politischen Ereignisse beschäftigen einen sehr, immer mehr werden wir in die Enge getrieben. Und dazu am Vortage das schwere Attentat auf den Führer im Führerhauptquartier, von dem er (wohl Gesichts[-]) Verletzungen davontrug, viele Menschen seiner Umgebung ums Leben kamen. Am Tage hören wir dann, daß der Täter ein Oberst Graf von Stauffenberg war (ein Bruder unseres Bertholds?)[.] Grosse Erregung deshalb im Institut.“ [66]

Über das weitere Schicksal Stauffenbergs erfuhren die Institutsmitglieder lange nichts. So heißt es am 24. Juli 1944:

„Die Attentatsgeschichte bewegt die Gemüter sehr. Wir fürchten alle, daß unser Graf Berthold Schenk von Stauffenberg mit Familie nicht mehr lebt, für das Institut kann die Angelegenheit die schlimmsten Folgen haben. Frau Hähn erzählte allerlei Beunruhigendes […] – ich lebe jetzt in grösster Besorgnis, daß die Transporte nach Züsedom nicht mehr klappen.“

Die Besorgnis unter den Mitarbeitern stieg, dass das aus politischen Gründen ein „Ende des Instituts“ durch Schließung unmittelbar bevorstehe.[67] Am 27. Juli 1944 schreibt Annelore Schulz:

„Früh hören wir [Socken] stopfend die Rede von Goebbels noch einmal. Schilderung der genauen Tatsachen um das Attentat, Folgerung: Durchkämmung sämtlicher Betriebe auf ihre Kriegswichtigkeit, die Männer an die Front, die Frauen in die Rüstung. Tief beeindruckt von der Rede ordnen wir unser ‘Italien’ weiter auf dem Boden ein. – Trotzdem gesunder Schlaf nach Tisch.“

Am 9. August erfuhren die Institutsangehörigen aus dem Radio, „daß die am Attentat auf den Führer vom 20.7. Beteiligten gehenkt würden“. Stauffenberg wird in Schulz’ Tagebuch anschließend nicht mehr erwähnt. Stattdessen berichtet sie von der Sorge der Mitarbeitenden, dass mit Verschärfung der Kriegslage im Institut ein „10-Stundentag“ inklusive Urlaubssperre eingeführt werden könnte.[68]

„Abends Bridge mit Bismarcks“. Gut Züsedom August 1944 bis März 1945

Schloss Züsedom, vor 1945[69]

Im August 1944 wurde Annelore Schulz allein nach Züsedom versetzt, da der systematische und der alphabetische Katalog, ohne welche der Buchbestand der Bibliothek nicht zu nutzen war, dorthin ausgelagert wurden. In Züsedom wurde Annelore Schulz beinahe als „Haustochter“[70] der Gutsbesitzerfamilie von Arnim aufgenommen. Schulz speiste gemeinsam mit der Familie („Und zu Tisch passiert es mir, daß ich zu spät komme! Habe das 1. Gongen überhört. Schreckliche Peinlichkeit!“[71]), war zum Tee bei der Hausherrin Hermine von Arnim eingeladen („Wie hilft einem überall das Milieu, aus dem man kommt.“[72]) und man spielte abends gemeinschaftlich stundenlang Karten, Schach oder Bridge im Billardzimmer. Allabendlich hörte man gemeinsam den Wehrmachtsbericht, der täglich mehr das Landidyll zerstörte:

„Wir hören noch gemeinsam den Wehrmachtsbericht, sind sehr bedrückt über die grossen Strecken Ostpreussens, die schon in Feindeshand sind, ebenso im Raum vor Aachen. Abends sitzen wir noch gemeinsam gemütlich bei mir bei einem Tässchen Tee.“ [73]

Zum Oktober 1944 wurde der Tätigkeitsbericht für das Kuratorium in Angriff genommen und Schulz musste telefonisch zwischen Berlin und Kleisthöhe Buchbestellungen koordinieren und Fundstellen überprüfen.[74] Im November 1944 fuhr sie im Auftrag von Curt Blass nach Dresden, um dort in verschiedenen Antiquariaten nach Fachliteratur zu suchen.[75] Während im Westen bereits die Alliierten auf deutschem Boden standen und die „Schlacht um Aachen“ begonnen hatte, wurden in Züsedom Adventskränze geflochten und am 25. November der 59. Geburtstag des Gutsherrn mit einem „Galaabend mit Rotwein“ gefeiert.[76] Bis zum zweiten Advent blieb es recht gemütlich. Schulz begleitete die Arnims in den Dorfgottesdienst (Predigt über „das Besitzergreifen in der Adventszeit“): „Dann haben wir es nachmittags und abends so nett im Familienkreis, erst mit Bridge, abends mit Singen und Stricken.“[77] Am 13. Dezember gab es eine „Krisensitzung“ aller „ausgelagerten“ Institutsmitarbeiter auf Gut Kleisthöhe, wo erstmals über einen möglichen „Katastrophenfall“ für das Institut gesprochen wurde. Abgesehen davon blieb die Weihnachtszeit für das Institut ruhig.

Auch der Januar 1945 begann in Züsedom unspektakulär. Die Gutsfamilie veranstaltete, wie seit Jahrhunderten üblich, eine große Treibjagd, abends saß man weiterhin „unter netten und witzigen Erzählungen bis 10 [Uhr]“ beisammen und setzte alle Hoffnungen auf die deutsche „Westoffensive“. Doch je ernster und auswegloser die militärische Lage wurde, umso mehr flüchtete man sich in eine Parallelwelt. Der Beginn der russischen Offensive in Ostpreußen am 12. Januar 1945 ging bei Schulz ganz unter in dem Skandal, dass eine Institutskollegin mit 44 Jahren unehelich schwanger geworden war, „doch der Mann sie aus irgendwelchen Gründen nicht heiraten“ wollte. Am 20. Januar notiert Schulz:

„Herrlich und lange geschlafen. Die Gedanken über ein Wohlleben und ein befriedigendes Arbeitsleben beschäftigen mich sehr. Ich bin alt im Institut geworden – selbst die Sehnsucht nach Ehe und Kindern quält mich auch. Allerlei Post ist zu erledigen […]. Geplättet, abends Bridge.“

Am 21. Januar 1945 verbrachte man den letzten „normalen“ Sonntag auf Gut Züsedom. Annelore Schulz las den Kindern der Familie von Arnim aus dem „Struwwelpeter“ vor, sie strickte mit Frau von Arnim, man spielte Bridge. Doch: „Wie Keulenschläge wirkt der Heeresbericht: Insterburg gefallen, in Oberschlesien scheinen die Russen an der Grenze zu sein. Was soll werden?“

Zwei Tage später erreichten die ersten 29 Flüchtlinge aus Ostpreußen das Dorf. Die Stimmung auf dem Gutshof wurde zunehmend neurotischer. Am 28. Januar spielte Schulz mit Arnims bis spät in die Nacht ganze sechs Stunden Bridge „zur Beruhigung der Nerven“.[78] Am 29. Januar äußerte sie erstmals Fluchtgedanken:

„Es hat sich unserer eine furchtbare Unruhe bemächtigt. Nach Tisch Bücher und Briefe verpackt, um 5 Uhr den Heeresbericht gehört, der nichts Neues bringt. Etwas gestrickt, vor Erregung gezittert – abends Bridge und zur Beruhigung mit Fräulein Fischenbeck eine Flasche Samos aufgemacht.“

Am 1. Februar stellte Curt Blass dem Personal frei, in Züsedom „die Filiale zu schliessen und nach Berlin zurückzukehren“, was angesichts der militärischen Lage wenig attraktiv erschien. Am 2. Februar unternahm Hermann Mosler noch eine letzte Dienstreise von Berlin nach Kleisthöhe, wo er die Institutsangehörigen zu beruhigen versuchte. Am 4. Februar erreichte Züsedom die Nachricht von der Zerstörung des Berliner Schlosses: „Furchtbarer Tagesangriff auf die [Berliner] Innenstadt, das Schloss brennt“. Nur vier Tage später wurden die Kriegshandlungen auch auf Züsedom greifbar: „[A]bends gebridget, bis um 9 Uhr furchtbarer Angriff erfolgt – scheinbar Stettin, das Haus schäbbert von 2 Bomben. 11 Uhr der 2. Angriff, wir sitzen bei einer Petroleumlampe zusammen.“[79] Am Folgetag, 9. Februar 1945, erreichte ein Treck von 300 Personen Züsedom. Insgesamt befanden sich nun 1200 Flüchtlinge in dem 300-Einwohner-Dorf. Im Schloss waren 85 Menschen untergebracht, vor allem mit den Arnims verwandte oder befreundete Gutsbesitzerfamilien (von Loepers, von Bismarcks, von Rosenbergs).[80] Im Rahmen des Möglichen wurde der Institutsbetrieb weitergeführt. Schulz bearbeitete weiterhin eingehende Dienstpost, verzeichnete Buchbestände im Katalog, vor allem spielte man weiter manisch Bridge:

„11 Uhr Kirche, Pfarrer Kindler spricht wieder sehr bewegt. Wir singen die schönen Lieder aus dem Dreißigjährigen Krieg, ‚Wer nur den Lieben Gott lässt walten‘, ‚Befiehl du deine Wege‘ – und zum Schluss ‚Harre, meine Seele‘, selbst Herr von Arnim wischt sich verstohlen eine Träne ab. Nach Tisch im Bett, nachmittags Herrn von Bismarck die Bibliothek gezeigt, wofür er sich sehr interessiert, abends Bridge, auch mit Bismarcks.“ [81]

Curt Blass erging sich in Berlin in einer Mischung aus Resignation und Dienstpflicht, „in der ungeheuren, dumpfen Spannung wegen des Kommenden“[82], während sein Sohn Heinrich ihn verzweifelt davon überzeugen wollte, Berlin in die Schweiz zu seiner Frau zu verlassen – „Das geht natürlich nicht angesichts der Devise: ‚Jeder bleibt auf seinem Posten!‘, die mit Erschiessungen eingeprägt wird.“[83]

Am 26. Februar 1945 schaffte Schulz noch ein Telefonat nach Berlin, „wo nach Dr. Blass […] die Hölle los sein soll mit Angriffen.“ Doch einen Tag später glomm wieder Hoffnung auf: „[D]ie Offensive im Westen im vollen Gange mit Erfolg.“ 600 Menschen kampierten inzwischen auf dem Gelände des Gutshofs. Am 27. Februar brach für mehrere Tage die Postverbindung nach Berlin ab, verzweifelte Telefonversuche nach Berlin blieben erfolglos („Abends Bridge – Dr. Mosler wieder nicht erreicht.“).

Am 5. März war die Lage derart ernst, dass nicht einmal mehr Bridge gespielt werden konnte: „Wir sind alle sehr ergriffen von der Nachricht, daß Hinterpommern eingekreist ist […]. Frau von Arnim meint nun auch, es könne nur noch Tage dauern.“ Zwei Tage später, am 7. März 1945 „kommt ein Offizier der Luftwaffe vom Stabe des General von Hippel als Quartiermacher. Sie benötigen mindestens 30 Räume, auch meine Bücher müssen weichen. – Abends Bridge.“

Am 9. März entschloss Annelore Schulz sich schließlich zur Flucht aus Züsedom, „die Lage hat sich so zugespitzt, die Russen beschiessen Stettin“. Zuvor wurde stundenlang gebügelt, gepackt, letzte Dienstpost an Curt Blass bearbeitet. In einem Wehrmachts-LKW reiste Schulz nachts nach Halle an der Saale, dann mit dem Zug über Dessau nach Baasdorf in Sachsen-Anhalt, wo sie am 10. März auf einem Anwesen bei Bekannten unterkommen konnte. In den folgenden Tagen kamen Schulz’ Pflegemutter mit Hauspersonal und weitere Verwandte nach. Am 19. März bekam sie erste Privat- und Dienstpost aus Züsedom nachgeschickt („Ging ich zu früh von Züsedom fort?“). Am 22. März schrieb sie Curt Blass und fragte „nach seinem Befehl“, der Tage auf sich warten ließ.

Blass, der den Institutsbetrieb seit der Zerstörung des Schlosses in der Villa des verstorbenen Viktor Bruns in Zehlendorf fortführte, zog sich seinerseits in eine Art Parallelwelt in seinem Schlachtenseer Haus zurück, wie er am 15. März 1945 festhielt:

„Und was tut man auch sonst in dieser Zeit? Es hat Alles den heimlichen Charakter des nur Vorläufigen, des ‚Man so tun‘, des ‚Als ob‘, eine gewisse innere Unglaubwürdigkeit oder doch Fragwürdigkeit. So auch meine Lektüre, wenn ich überhaupt dazu komme. Aber es sind dann doch manchmal fast behagliche Stunden: Der Abendangriff ist bestanden, es ist gut gegangen, das Licht brennt auch noch, eine gute Flasche aus Onkel Viktors [Viktor Bruns] Keller steht daneben (ich darf in seine Weinhinterlassenschaft einsteigen, ehe sie sonst verkommt), […] ja, da kann man über einem guten Buch manchmal vergessen, von was man umgeben ist und was einem bevorsteht. Höchstens, dass einen plötzlich das Wundergefühl erfasst, dass alles noch so ist – Ach das abscheuliche ‚Noch‘. Es kann einem alles verleiden.“ [84]

Seine Antwort an Annelore Schulz, die in Baasdorf wie auf glühenden Kohlen saß („Was wird Dr. Blass sagen?“[85]) und am 30. März sogar überlegte, wieder nach Züsedom zurückzukehren oder gar nach Berlin zu fahren, brauchte bis zum 31. März 1945:

„Von Dr. Blass ein sehr erregender Brief: Er erklärt sich mit meiner Handlungsweise [unerlaubte Entfernung vom Dienstort] einverstanden und gibt mir bis auf weiteres Urlaub, hier zu bleiben – selbst das Gehalt soll mir nachgeschickt werden! […] Alle Nachrichten erschüttern mich so, daß ich gar nicht fähig bin, vor Freud etwas zu schreiben. – Allerdings Puttchen [Ellinor von Puttkamer] ist als einzige jetzt in der Ausweichstelle – Mosler im Rheinland, Fräulein von Engel in Heidelberg. Nachmittags ist es für mich ganz österlich, ich mache im Garten die Blumen fürs Fest.“

Am 3. April 1945 schrieb Schulz einen letzten Brief an Curt Blass; ob er jemals ankam, ist nicht bekannt.

Das Institut nach Kriegsende 1945

Für Annelore Schulz endete der Krieg am 15. April 1945, als amerikanische Truppen unblutig Baasdorf besetzten. Curt Blass war am 13. April die Ausreise nach Zürich zu seiner Frau gelungen. Der Institutsbetrieb, der letztlich nur noch aus dem Ordnen und Umräumen von Büchern bestand, wurde noch bis zum 23. April 1945 in Zehlendorf fortgeführt – von den letzten beiden verbliebenen Mitarbeitenden, dem Referenten Joachim-Dieter Bloch und der Bibliothekarin Cornelia Bruns.[86] Am 24. April wurde Zehlendorf weitgehend kampflos von sowjetischen Truppen eingenommen. Bereits am 27. April 1945 wurde durch Cornelia Bruns und Dorothea von Rehekampff der „Betrieb“ in beispielloser Pflichtschuldigkeit wieder aufgenommen:

„Heute früh mit Frl. von Rehekampff ins Institut gegangen, wo es wüst aussah! – am schlimmsten im Keller […] und im Esszimmer, wo die große Sitztruhe und sämtliche Schübe und Schränke durchwühlt und auf den Fußboden geworfen waren – in Viktors Zimmer auch ein Teil seiner Schreibtisch-Schübe […]. Ich diktierte Frl. von Rehekampff den Brief an die Kommandantur, zur Anmeldung unserer Schreibmaschinen (wie in dem überall angeschlagenen Befehl des Stadtkommandanten […] befohlen).“ [87]

Während man in Zehlendorf mühsam versuchte, den Institutsbetrieb am Laufen zu halten, Curt Blass sich ins behagliche Zürich abgesetzt hatte und Annelore Schulz auf einen Gutshof nach Baasdorf geflohen war, wo sie den „Veilchen- und Forsythienschmuck“[88] im Garten bewunderte, geriet am 1. Mai 1945 im nur wenige Kilometer entfernten Potsdam ein 20-jähriger Gefreiter in sowjetische Kriegsgefangenschaft, die er nur knapp überleben sollte. In Ägypten hatte ein anderer junger Soldat zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren in einem Kriegsgefangenenlager gesessen. Diese Männer, Rudolf Bernhardt und Karl Doehring, sollten 1970 beziehungsweise 1981 das Direktorium des Instituts übernehmen. Für beide waren die Erfahrung von Krieg und Gefangenschaft zeitlebens prägend,[89] wenngleich sie sehr unterschiedliche Umgangsformen hiermit fanden.

Auch für die Angehörigen des KWI waren der Zweite Weltkrieg und die Kriegsniederlage eine bedeutende Zäsur. Sieht man von der Hinrichtung Bertholds von Stauffenberg ab, überlebten zwar mit Ausnahme Joachim-Dieter Blochs, der tragischerweise bei der Befreiung von Berlin von sowjetischen Truppen erschossen wurde, und des Referendars Ferdinand Schlüter, der als Soldat fiel, alle anderen Institutsangehörigen den Krieg.[90] Die materiellen Schäden waren für das Institut indes beträchtlich. Der Zerstörung des Berliner Schlosses waren die nicht evakuierten Bücher zum Opfer gefallen. Schloss Kleisthöhe war in den letzten Kriegstagen ebenfalls niedergebrannt – mit knapp 87.000 ausgelagerten Büchern. Gut Züsedom stand noch, mitsamt der 50.000 dort befindlichen Bücher, die jedoch stark gefährdet waren. Beide Gutsbesitzerfamilien waren enteignet und ihre Ländereien kollektiviert worden, Hans-Karl von Arnim hatte am 29. April 1945 Suizid begangen, seine Frau war in den Westen geflohen. Die obdachlose Gutsherrin Margarete von Mörner musste sich als „Tagelöhnerin“ in einer Bauernkate wohnend über Wasser halten.[91] In das verwüstete Schloss Züsedom waren zahlreiche Flüchtlingsfamilien einquartiert worden, welche die Bücher aufgrund der prekären Verhältnisse als Heizmaterial verwendeten. Im März 1946 gelang es jedoch Annelore Schulz und Direktionssekretärin Ellinor Greinert, die Bücher aus der Sowjetischen Besatzungszone zu retten, womit sie den Grundstein für die Weiterführung des Instituts legten.

***

Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm und Joachim Schwietzke für ihre Anmerkungen zum Text.

[1] Armin von Bogdandy, Philipp Glahé, Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte, MPIL100.de.

[2] Stefan Oeter, Die Gutachtenpraxis des KWI zum Kriegsvölkerrecht für das Amt Ausland/Abwehr und das OKW, MPIL100.de; ferner: Raphael Schäfer, Humanität als Nicht-Prinzip. Anmerkungen zur Kriegsrechtsvorlesung von Ernst Martin Schmitz aus dem Jahre 1938, MPIL100.de und Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.de.

[3] Ausnahmen stellen die Autobiographie Karl Doehrings und Rudolf Bernhardts auf Tagebuchaufzeichnungen basierender Bericht über seine Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion dar: Karl Doehring, Von der Weimarer Republik zur Europäischen Union. Erinnerungen, Berlin: wjs 2008, 71–114; Rudolf Bernhardt, Tagebuchaufzeichnungen aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft 1945–1947, hrsg. von Christoph Bernhardt, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2024; Helmut Philipp Aust, Von Moskau über Heidelberg nach Straßburg. Verbindungslinien im Leben und Werk Rudolf Bernhardts?, MPIL100.de.

[4] Siehe hierzu: Karin Oellers-Frahm, Cornelia Bruns. Eine wohlverdiente, wenn auch späte, Würdigung, MPIL100.de und Joachim Schwietzke, Bibliothekar der ersten Stunde: Curt Blass, MPIL100.de.

[5] Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek aus der Uckermark nach Berlin-Dahlem 1946 nach meinen Tagebuchnotizen (1966). Dieser Bericht wird parallel zu diesem Text auf dem Blog publiziert.

[6] Der Verfasser dankt Dr. Christiane Caemmerer, Susanne Cordahi und Daniela Landau für die Überlassung der fraglichen Unterlagen.

[7] Memorabilien Curt Blass 1936 bis 1940 sowie Korrespondenz Curt und Ulrich Blass Januar bis März 1945, Transkription Ulrich Blass 2001, Privatarchiv Familie Blass/Landau. Für die Zeit vor 1939 sind in Teilen überliefert die Tagebuchaufzeichnungen von Viktor Bruns Frau Marie: Rainer Noltenius (Hrsg.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885–1952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, zudem: Marie Bruns, Eine „ganz unverhoffte Freude“. Eindrücke aus der Gründungszeit des Instituts 1924–1926, MPIL100.de.

[8] Foto: Mirko Lux.

[9] Cornelia Bruns, Tagebuchbrief, 25. April bis 10. Juni 1945, Transkription Susanne Cordahi, Privatarchiv Familie Cordahi.

[10] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/30, AMPG.

[11] Die Verhaftung des Institutsmitarbeiters Wilhelm Wengler durch die Gestapo im Februar 1944 und dessen anschließende Entlassung werden im Tagebuch hingegen nicht erwähnt. In ähnlicher Weise absent ist die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Rudolf Bernhardts 1948 angefertigten Bericht über seine Kriegsgefangenschaft, welcher sehr intensiv die Lebensbedingungen in den sowjetischen Lagern schildert, jedoch kaum die „Vorgeschichte“ reflektiert: Bernhardt (Fn. 3).

[12] Foto: MPIL.

[13] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[14] Aufgrund des kompilatorischen Charakters der Tagebuchaufzeichnungen sind diese nur unvollständig zugänglich. Ulrich Blass notiert in seiner für die Familie angefertigten Kompilation, dass er sich hauptsächlich auf die Auseinandersetzung seines Vaters mit politischen Tagesereignissen beschränkt habe und andere Themen, insbesondere institutsbezogene, nicht transkribiert habe: Ulrich Blass (Fn. 7), 9.

[15] Curt Blass, Tagebucheintrag 29. September 1938.

[16] Curt Blass, Tagebucheintrag 28. September 1938.

[17] Curt Blass, Tagebucheintrag 30. September 1938.

[18] Curt Blass, Tagebucheintrag 13. November 1938.

[19] Hans-Joachim von Merkatz (1905–1982), war von 1935 bis 1938 Referent am KWI. Von 1956 bis 1957 war er Bundesjustizminister.

[20] Curt Blass, Tagebucheintrag 14. November 1938.

[21] Curt Blass, Tagebucheintrag 1. September 1939.

[22] Curt Blass, Tagebucheintrag 3. September 1939.

[23] Curt Blass, Tagebucheintrag 4. September 1939.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/43, AMPG.

[25] Curt Blass, Tagebucheintrag 24. Dezember 1939.

[26] Curt Blass, Tagebucheintrag 30. Dezember 1939.

[27] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[28] Curt Blass, Tagebucheintrag 15. Mai 1940.

[29] Vgl. Hachtmann (Fn. 2).

[30] Foto: Mirko Lux.

[31] Hinzu kamen zwei weitere kleinere Unterbringungsmöglichkeiten in Neuensund (Uckermark) und Blücherhof (Mecklenburg).

[32] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/8, AMPG.

[33] „Da, am Rathaus, geht die Sirene – in Eile ums Schloss herum, dort im Luftschutzkeller gleich die gesamte Belegschaft getroffen, mit der man nun gleich erzählen kann. So vergeht der lange Alarm schnell. Überall frisch und munter und begeistert erzählt. Doch Dr. Blass und Fräulein Bruns schüttelt es etwas vor der Unfreiheit [im Luftschutzkeller]“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. September 1944.

[34] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 10. Februar 1944. Im Sinne des besseren Leseflusses wurden bei der Transkription die zahlreichen von Annelore Schulz verwendeten Abkürzungen ausgeschrieben und auch die Rechtschreibung behutsam angeglichen.

[35] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 5. November 1944. Hiermit war Annelore Schulz auch nicht die Einzige am Institut, die gleichgeschlechtliche Beziehungen unterhielt bzw. sich jedenfalls in dieser Hinsicht gängigen Geschlechterordnungen entzog. Auch von Georg von Gretschaninow war bekannt und toleriert, dass er homosexuell war. Als Angehörige bzw. Sympathisanten des George-Kreises standen Berthold von Stauffenberg und Helmut Strebel zudem in der Georgeschen Tradition der Ästhetisierung (und bei Strebel womöglich auch Auslebung) männlicher Homosexualität. Hierzu siehe auch: Philipp Glahé, Stefan Georges langer Schatten. Die Stauffenberg-Büste am Institut, MPIL100.de.

[36] So am 7. Januar 1944 die Oper „Tiefland“ von Eugen d’Albert in der Staatsoper Unter den Linden (1. Reihe Parkett).

[37] „Um 11 Uhr soll es mit Dr. Blass ins Sinfoniekonzert gehen. Ich freue mich sehr, daß er mich einlud. Prof. Makarov geht auch zur Probe mit in die Staatsoper – die Philharmonie verbrannte ja am 30. mit ab. Wir hören: Concerto grosso D-Moll von Händel, Sinfonie Es-Dur von Mozart (ganz wunderbar) und nun schon zum 3. Mal die 5. Sinfonie E-Moll von Beethoven unter Furtwängler“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 8. Februar 1944.

[38] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/46, AMPG.

[39] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 15. Februar 1944; auch unter den Kolleginnen ist die Solidarität groß: „Fast weinend im Schloss angekommen. Die gute Frau Kühl [?] tröstet mich unterwegs. […] Fräulein von Rehekampff assistiert meinem 2. Frühstück (ich hole mir die Kräfte statt aus dem Schlaf aus dem Essen) und tröstet mich so lieb, voller Hilfsbereitschaft. Wie wohl tut mir die Wärme! –  Noch ein Buch fertig gemacht für Dr. Blass, der sich, glaube ich, freut, daß ich noch meine Pflichten tue“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 18. Februar 1944.

[40] „Schwerer Abschied vom Schloss“: Annelore Schulz, Tagebucheinträge 6. März 1944, 15. Januar 1945.

[41] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 26. Juni 1944, 28. Juni 1944.

[42] Foto: vermutlich Annelore Schulz.

[43] Alexander N. Makarov, [Nachruf] Nicolai von Martens, ZaöRV 13 (1950/51), 19–20, 19.

[44] „Allerlei Arbeit mit den jetzt so wild aufgestellten Büchern in „Südamerika“, und dabei sollen zum Sonntag wieder Bücher geschleppt werden – freiwillig von Dr. Blass, Fräulein von Puttkamer, Herrn Weiss und Dr. Mosler – dazu Gefangene durch Herrn Strebel“: Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Mai 1944, ferner: 30. März 1944.

[45] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 3. Juli 1944.

[46] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. März 1944.

[47] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. März 1944.

[48] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. März 1944.

[49] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 16. Mai 1944, 18. Mai 1944, 24. Mai 1944.

[50] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 17. Juli 1944.

[51] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 4. Juli 1944.

[52] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 23. April, 25. April 1944.

[53] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 20. Juni 1944; Curt Blass, Innere Melodie. Gedichte, Zürich: Schulthess 1944.

[54] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/33, AMPG.

[55] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 21. Mai 1944.

[56] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. Juni 1944.

[57] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. Juli 1944.

[58] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 13. Dezember 1944.

[59] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 18. Juni 1944.

[60] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/52, APMG.

[61] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 13. Dezember 1944.

[62] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Oktober 1944, 2. Dezember 1944.

[63] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 12. Juli 1944.

[64] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 7. Juli 1944.

[65] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 6. Juni 1944.

[66] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 21. Juli 1944.

[67] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 26. Juli 1944.

[68] Die meisten Institutsangehörigen fuhren im Rahmen des Möglichen ganz normal in den Urlaub, so Georg von Gretschaninow nach Bad Kissingen oder Sidonie von Engel nach Garmisch-Partenkirchen.

[69] Foto: vermutlich Annelore Schulz.

[70] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 19. November 1944.

[71] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 5. September 1944.

[72] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 1. Oktober 1944.

[73] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 23. Oktober 1944.

[74] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 29. September 1944.

[75] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 9. November 1944.

[76] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. November 1944.

[77] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 10. Dezember 1944.

[78] Auch Hermine von Arnim erinnert sich in einem autobiographischen Bericht an die Bridge-Exzesse: „Jeden Abend spielten wir Bridge […], tranken den guten Wein aus und dankten Gott für jeden Tag unter dem eigenen Dach“: Hermine von Arnim, Züsedom, in: Von Arnim’scher Familienverband e. V. (Hrsg.), Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim, 1. Bd., o. O. 1957, 425–440, 437.

[79] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 8. Februar 1945.

[80] Annelore Schulz, Tagebucheinträge 9. Februar 1945, 10. Februar 1945.

[81] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. Februar 1945.

[82] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 28. Januar 1945.

[83] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 10. Februar 1945.

[84] Brief von Curt Blass an Ulrich Blass (Fn. 7), datiert 15. März 1945.

[85] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 27. März 1945.

[86] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. April 1945.

[87] Cornelia Bruns, Tagebuchbrief, 25. April bis 10. Juni 1945 (Fn. 9).

[88] Annelore Schulz, Tagebucheintrag 25. März 1945.

[89] Vgl. Fn. 3.

[90] Max Bloch, Dr. Joachim-Dieter Bloch (1906–1945). Ein Juristenleben am Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, ZaöRV 74 (2014), 873–878, 877.

[91] Vgl. Annelore Schulz, Die Rückführung unserer Institutsbibliothek (Fn. 5).

Eine Frage der Klasse. Die Sekretärinnen des Instituts 1924–1997

A Question of Class. The Institute’s Secretaries 1924–1997

Deutsch

2023 erschien Birgit Kolboskes Studie Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip, entstanden innerhalb des Forschungsprogrammes „Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft“.[1] Kolboske untersucht darin die „Rolle der Frau“ in der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) für den Zeitraum von 1948 bis 1998. Hierbei nimmt sie zwei Personengruppen in den Blick: die Wissenschaftlerinnen und die Sekretärinnen. Letztere stellen die historisch größte weibliche Berufsgruppe der Forschungsgemeinschaft dar, darüber hinaus steht das Berufsbild der Sekretärin für Kolboske „exemplarisch für Geschlechterhierarchie“ und könne als „Inbegriff eines traditionalen Herrschaftsverhältnisses“ innerhalb der MPG aufgefasst werden.[2] Während die Forscherinnen zunehmend im Blick des wissenschaftshistorischen Interesses stehen, ist, um mit Kolboske zu sprechen, die „Arbeitssituation des nichtwissenschaftlichen Personals in der deutschen Forschungslandschaft […] bislang weitgehend eine Terra incognita.“[3]

In Auseinandersetzung mit Kolboskes Studie möchte dieser Blogbeitrag die Situation der Sekretärinnen des Berliner Kaiser-Wilhelm-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (KWI) untersuchen und zudem einen Blick auf das nicht-wissenschaftliche weibliche Personal am Heidelberger MPIL bis in die 1990er Jahre wagen. Dies geschieht anhand von Personalakten von 21 weiblichen Angestellten für die Jahre von 1939 bis 1943 und persönlichen Zeugnissen. Da sich Kolboskes Studie auf die Max-Planck-Gesellschaft beschränkt und die Kontinuitäten aus der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft weitgehend außer Acht lässt, können die für das KWI für Völkerrecht überlieferten Dokumente nicht nur neue Einsichten in die Sozial- und Bildungsgeschichte des weiblichen technischen Personals und in die weibliche Selbstwahrnehmung an diesem Institut vermitteln, sondern auch mikrohistorische Einsichten von exemplarischer Bedeutung für die Wissenschaftsgeschichte der KWG/MPG insgesamt erschließen.[4] Hierbei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, ob das, was Kolboske als „archaische, genderbasierte Top-down Struktur“[5], die das Geschlechterverhältnis in der MPG charakterisiert habe, in gleicher Weise für die Frauen des Völkerrechtsinstituts galt.

„Ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel“. Das weibliche Personal am KWI

„Gemeinsamer Sonnabend“ der Institutsmitarbeiterinnen, September 1933: stehend: Kätchen Rommert, Cornelia Bruns, Luise Grubener, Irmgard von Lepel, unbekannt, Gertrud Heldendrung; sitzend: Angèle Auburtin und Annelore Schulz (v.l.n.r.)[6]

Birgit Kolboske bezeichnet das Berufsfeld der Sekretärin in ihrer Studie als „berufliche Sackgasse“, die von „Monotonie und Alltag“, mangelnder Anerkennung, fehlenden Aufstiegschancen und repetitiver Schreibarbeit geprägt gewesen sei.[7] „Sie bleiben im Großbetrieb, was sie in der Familie waren, Objekte“, zitiert sie Theodor Adorno.[8] Und in der Tat hatte das Berufsfeld der Sekretärin im Zuge der Industrialisierung und Professionalisierung des Büro- und Verwaltungswesens stark expandiert. Da technisch-administrative Büroarbeiten wie Stenografieren und Schreibmaschineschreiben als typische „Frauenberufe“ galten, hatte sich die Zahl weiblicher Angestellter allein im kaufmännischen Bereich zwischen 1907 und 1925 verdreifacht, es kam zu einem regelrechten „Sekretärinnenboom“.[9] Der Beruf der „Sekretärin“ war bis 1941 jedoch kaum reguliert, es gab keine standardisierte Ausbildung. Die nötigen Fähigkeiten wurden zumeist in privaten Schulen oder Abendkursen vermittelt.[10] Auch wenn Kolboskes Studie die berufliche Situation des weiblichen technischen Personals in der KWG leider nicht untersucht, lassen die Dokumente für das KWI für Völkerrecht darauf schließen, dass die oben skizzierte „berufliche Sackgasse“ für das Institut nicht galt. Vor allem die gute Ausbildung und die soziale Herkunft des weiblichen Personals lassen das Institut als einen privilegierten Arbeitsort mit ungewöhnlichen Freiräumen erscheinen.

Über die Zusammensetzung des (männlichen) wissenschaftlichen Personals am KWI für Völkerrecht schrieb Ingo Hueck, diese sei „vergleichbar mit der am Auswärtigen Amt: Adlige Herkunft, bürgerliche Tradition und ein gewisser gesellschaftlicher Dünkel dominierten.“[11] Entsprechend dem restriktiven Zugang zu universitärer Bildung Anfang des 20. Jahrhunderts und den hohen fachlichen und fremdsprachlichen Anforderungen, die die Arbeit am Institut stellte, gehörten die Wissenschaftler des KWI den gehobenen Kreisen der Gesellschaft an.[12] Gründungsdirektor Viktor Bruns, der aus dem schwäbischen Großbürgertum stammte, bevorzugte in seiner Personalpolitik einerseits bewusst Männer, die seinem eigenen Herkunftsprofil entsprachen. Andererseits führten der Mangel an kompetentem Personal und der politische Druck, unter dem das KWI als Rechtsberatungseinrichtung für die Reichsregierung in der Auseinandersetzung um die Folgen des Versailler Vertrages stand, zu unkonventionellen Personalentscheidungen. So holte Bruns auch Männer mit in seinem Milieu als wenig gesellschaftsfähig angesehenen politischen Haltungen (Sozialdemokraten wie Hermann Heller oder später Carlo Schmid) oder Frauen als Wissenschaftlerinnen in sein Institut, sogar wenn sie wie Marguerite Wolff, Dorothea von Renvers oder Ellinor von Puttkamer (und zunächst auch Angèle Auburtin) über keine formell abgeschlossene juristische Ausbildung verfügten. Auch wenn in den ersten 20 Jahren des Instituts insgesamt fünf Frauen als Wissenschaftlerinnen arbeiteten, war der weitaus überwiegende Teil des weiblichen Personals im nicht-wissenschaftlichen technischen Bereich tätig.[13] Dennoch gelten auch für sie viele der für das männliche Personal gemachten Feststellungen hinsichtlich der sozialen Herkunft, des Ausbildungsgrades und des Bewusstseins für die „deutsche Sache“, die ein gemeinsam geteiltes, elitäres wissenschaftliches und soziales Standesbewusstsein schufen.

In den historischen Dokumentenbeständen des heutigen Max-Planck-Instituts wurden Stammkarten von 21 weiblichen Angestellten für den Zeitraum 1939 bis 1943 überliefert, hinzu kommen die Personalakten von neun Frauen, die zwischen 1936 und 1942 im Institut als Sekretärinnen tätig waren.[14] Trotz ihrer kriegsbedingten Unvollständigkeit geben die Unterlagen einen tieferen Einblick in die Sozial- und Bildungsgeschichte der Frauen des KWI. Einige Akten enthalten detaillierte Lebensläufe und „Ariernachweise“, die die „rassische“, aber auch soziale Herkunft der Familien bis zur Großelterngeneration dokumentieren. In den Personalakten werden zwischen 1939 und 1943 zwei Frauen als Wissenschaftlerinnen geführt, Angèle Auburtin als Referentin und Ellinor von Puttkamer als wissenschaftliche Assistentin (Doktorandin). Die angegebenen Berufe der Frauen des nichtwissenschaftlichen Bereichs sind Sekretärin (13)[15], Stenotypistin (3)[16] und Bibliothekarin (2).[17] Die in den Stammkarten aufgeführten Berufsbezeichnungen spiegeln jedoch nur bedingt die genaue Tätigkeit der Frauen wider, da sie oftmals nicht trennscharf verwendet werden beziehungsweise mehrfache und wechselnde Bezeichnungen vorkommen.[18] Das Monatsgehalt der Sekretärinnen lag zwischen 320 RM und 510 RM (Direktionssekretärin), ein Referent oder eine Referentin verdiente, je nach Erfahrungsstufe, zwischen 500 RM und 800 RM. Da das monatliche Durchschnittsgehalt 1940 bei knapp 180 RM lag, kann man die Bezahlung der Sekretärinnen als überdurchschnittlich ansehen.[19]

Ironie oder Feudalismus? Die Mitarbeiterinnen Lise Rapp, Annelore Schulz und Gertrud Heldendrung führen 1935 anlässlich des 50. Geburtstages von Viktor und Marie Bruns einen Einakter im Biedermeierzimmer der Villa Bruns auf.[20]

Betrachtet man die Altersverteilung der Frauen am Institut, so fällt auf, dass diese recht homogen ist: Sieben Frauen waren zwischen 1890 und 1899 geboren, zwölf zwischen 1903 und 1916, die beiden jüngsten 1918 und 1921. Die generationelle Struktur der weiblichen Beschäftigten spiegelt die gestiegenen Bildungs- und Arbeitsmarktchancen für Frauen wider. In den 1920er Jahren hatten sich der Zugang zur allgemeinen Hochschulreife wie auch zum universitären Studium für Frauen erweitert. Der Beruf der Sekretärin wurde in der Regel Frauen aus dem mittleren und unteren Bürgertum ergriffen.[21] Obwohl (verheiratete) Frauen des gehobenen Bürgertums aus Standesgründen eigentlich nicht arbeiteten, zwangen die wirtschaftlichen und demographischen Verwerfungen des Ersten Weltkriegs, unverheiratet gebliebene und gut ausgebildete Töchter aus „gutem Hause“, vermehrt für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen.[22] Die 21 am KWI tätigen Frauen entstammten allesamt den obersten Schichten des Bürgertums (15) beziehungsweise dem Adel (6). Als Berufe der Väter wurden in den Personalakten angegeben: Architekt, Geheimer Rat, Gutsbesitzer, Justizverwaltungsrat, Kaufmann, Lehrer, Ministerialdirektor, Oberingenieur, Organist sowie Rechtsanwalt und Notar.[23]

Nach dem Dienstende am Portal des Berliner Schlosses: Jutta Selling, Unbekannt, Annelore Schulz, Zowe-Behring, Gertrud Heldendrung (v.l.n.r.), Aufnahme 1931[24]

Die eigene Erwerbsarbeit erfolgte jedoch nicht ausschließlich aus Geldnot, sondern schuf finanzielle und soziale Unabhängigkeit, die – zumal in Berlin – nicht selten im Idealbild der „neuen Frau“ kulminierte. Dies mag ein Erklärungsansatz dafür sein, dass 17 der 21 am KWI beschäftigten Frauen ledig waren, zwei geschieden (eine von ihnen alleinerziehend und später Mutter eines zweiten, unehelichen Kindes) und lediglich zwei verheiratet, von denen eine das Institut nach der Eheschließung verließ. Dass das Institut beziehungsweise Berlin als Arbeitsort eine emanzipatorische Wirkung und Anziehung hatten, wird dadurch angedeutet, dass knapp die Hälfte der Frauen aus der ostdeutschen Peripherie stammten (Posen, Schlesien, Pommern, Ostpreußen: 8) beziehungsweise Baltendeutsche (3) waren, was oft mit Mehrsprachigkeit (Russisch/Polnisch/Deutsch) einherging.[25] Ohnehin waren die Fremdsprachenkenntnisse sehr gut, da fließende Beherrschung von Französisch und Englisch Grundvoraussetzung für die Beschäftigung am Institut war. Zwei Frauen waren des Spanischen mächtig (eine der beiden, Irene Hähn, hatte als Verwaltungssekretärin und Buchhalterin drei Jahre in Madrid, ein Jahr in Paris und ein Jahr in London gearbeitet), eine andere Sekretärin war Polnisch-Übersetzerin bei Ullstein gewesen. Die meisten Frauen hatten bereits Berufserfahrung, als sie sich am KWI bewarben. In Bezug auf Kompetenz und soziale Herkunft unterschied sich das weibliche Büropersonal des KWI somit deutlich vom Gros der Sekretärinnen gleicher Zeit.

Frauen und ihre Arbeit am KWI in Selbstzeugnissen

Haben Sie eigentlich gelesen, was Schopenhauer über die Weiber gesagt hat?“ „Ach, wissen Sie, wenn ein Mann so viel Worte machen muss, um seine Überlegenheit zu beweisen, ist das das beste Zeichen, dass er sich nicht ganz sicher fühlt.“[26

Greifbar wird das weibliche Selbstverständnis am Institut durch die vorwiegend von den Institutsmitarbeiterinnen angefertigte Spaßfestschrift von 1934.[27] Sie enthält Gedichte, Sketche und selbstgezeichnete Karikaturen, die das Institutsleben und seine Protagonistinnen und Protagonisten aus dezidiert weiblicher Perspektive schildern. Hierbei werden gleichermaßen zeitgeistgemäße geschlechterstereotype Rollenbilder und Hierarchien reproduziert wie auch satirisch hinterfragt. So wird beispielsweise von einer namentlich nicht genannten „Samariterin“ berichtet (vermutlich die Direktionssekretärin Ellinor Greinert), deren Aufopferungsbereitschaft gleichermaßen anerkennend wie ironisch zu Protokoll gegeben wird. Als Hüterin des Instituts-Arzneischrankes für sämtliche medizinischen Interventionen von Migräne bis Messerschnitte in den Finger zuständig, nimmt sie auf sich selbst keine Rücksicht, wenn es der Dienst am „hohen Chef“ (Viktor Bruns) verlangt. Als dieser kurz vor Antritt einer bedeutenden Auslandsreise am Bahnhof bemerkt, dass er seinen Reisepass vergessen hat, wird die „Samariterin“ im Institut

„telefonisch benachrichtigt, rast nach Zehlendorf [zu Bruns‘ Privathaus], um ihn zu holen. Da fehlt der Schlüssel zu der Glastür des Schreibtischschranks, hinter der er ruht! Ohne Besinnen und ungeachtet der damit verbundenen Lebensgefahr durchschlägt die tapfere Frau die Scheibe mit ihrer Hand, ergreift das Dokument und kann es gerade noch mit verbundener Hand in den abfahrenden Zug reichen!“[28]

Ebenfalls „typisch weibliches“ Sozialverhalten wie der „Hang zu herdenweisem Kaffeegenuss“ unter weiblichen Angestellten wird zum Gegenstand der ironischen Selbstbespiegelung oder die Widrigkeiten der „weiblichsten“ aller Bürotätigkeiten, dem Tippen:

Cornelia Bruns, Der Tippfehlerteufel [29]

Auch die Machtverhältnisse zwischen Chef und Sekretärin karikiert die Festschrift, wie der Cartoon „Das Gewitter“ zum Ausdruck bringt. Die mitunter eingeschränkten sozialen Fähigkeiten (Jähzorn, Ungeduld, Besserwisserei) bestimmter männlicher Führungskräfte (Asche Graf Mandelsloh, Herbert Kier) finden relativ unverblümten Eingang in die Festschrift.[30] Wenngleich auch männliche Institutsangehörige unter Hierarchien oder Charakterzügen von Vorgesetzten zu leiden hatten, sind kritische Äußerungen hierzu nur selten dokumentiert, da die beruflichen Abhängigkeiten und Loyalitäten in diesem Zusammenhang stärker gewesen sein mögen.[31]

„Das Gewitter“[32]

Neben den Beiträgen der Festschrift sind die Erinnerungen an die Frauen des KWI in Fotografien im Archiv der MPG überliefert. Die Bilder zeigen vor allem selbstbewusste junge Frauen, teils modisch im „Flapper“-Stil in gerade geschnittenen Kleidern, teils sogar mit Krawatte. Sie dokumentieren ausschließlich die weibliche Arbeits- und Lebenswelt am Institut und zeigen Sekretärinnen und Bibliothekarinnen an ihren Arbeitsplätzen im Berliner Schloss, beim Vorbereiten des Institutsmittagstisches, bei Betriebsausflügen, Feiern und Kaffeekränzchen. In auffälligem Gegensatz hierzu fehlt eine fotografische Dokumentation männlicher Arbeitswelt, die praktisch überhaupt nicht in Bildern überliefert ist.[33] Die Bilder aus KWI-Zeiten legen aufgrund ihres Gegenstandes und der aus ihnen sprechenden Intimität beziehungsweise Vertrautheit mit den Abgebildeten nahe, dass sie von einer Frau angefertigt worden sind. Zudem zeigt sich in der Institutsüberlieferung „nach innen“ eine „gegenderte“ Arbeitsteilung, die auch später für die Überlieferung des Institutslebens in Heidelberg von Bedeutung ist: Für Soziales waren (und sind) Frauen zuständig. Die Vorbereitung und Ausrichtung von nicht-wissenschaftsbezogenen Institutsfeierlichkeiten (Geburtstage, Jubiläen etc.) und deren Festhalten in Foto-Alben, Grußkarten und Rundbriefen war (und ist) „Damensache“.[34]

Sekretärinnen als „Brokerinnen“ zwischen Beruf und häuslicher Sphäre

„Typische“ Frauen-Arbeit: Hausmeister-Gattin Anna Kretschmer (links) mit Hilfskräften bei der Essenszubereitung, Aufnahme um 1935 [35]

Wenngleich es am Institut hierarchische und stellungsbezogene Unterschiede zwischen Männern und Frauen gab, wurden diese an vielen Stellen durch eine geteilte soziale Herkunft und gemeinsamen großbürgerlichen Habitus nivelliert. Gerade unter den weiblichen Beschäftigten gab es eine Art semi-privaten Raum, der zwischen Männern und Frauen bestehende berufliche Rangunterschiede gewissermaßen „transzendierte“. Aus dem Institutskontext lassen sich beispielsweise enge und teils freundschaftliche, Verhältnisse zwischen Viktor Bruns‘ Ehefrau und Töchtern mit einigen KWI-Mitarbeiterinnen rekonstruieren. Während die Bruns-Töchter vorwiegend mit gleichaltrigen jungen Frauen aus dem Institut verkehrten, um ins Theater oder in die Oper zu gehen[36], bestand die Verbindung zwischen den „Chef-Gattinnen“ (Marie Bruns oder Hanni Blass, der Frau des Bibliotheksdirektors) und einigen Institutsmitarbeiterinnen auf halb-beruflicher, halb-privater Ebene. Mitarbeiterinnen wie die Direktionssekretärin Ellinor Greinert oder die Bibliothekarin Annelore Schulz können quasi als „Brokerinnen“ zwischen Institut und häuslicher Sphäre der Direktorenfrauen betrachtet werden, welche am beruflichen Leben ihres Mannes teilhaben wollten und diesen Zugang nur durch dessen Angestellte erhalten konnten. Als „Zwischenwelt-Figur“ per se kann im Institutskontext Cornelia Bruns gelten, die als Cousine 3. Grades von Viktor Bruns als „Tante Cörnchen“ gleichermaßen zur Familie gehörte, und zugleich als Bibliothekarin im Institut arbeitete.

Ellinor Greinert, Zeichnung Marie Bruns, undatiert [37]

Insbesondere zwischen Marie Bruns und Ellinor Greinert existierte ein enges Verhältnis, das sich auf Freundschaft beider Frauen gründete, jedoch auch auf geteilte „Care-Arbeit“ für den herzkranken Viktor Bruns. Zeitweise lebte Ellinor Greinert auch mit Familie Bruns zusammen, da Viktor Bruns aufgrund seiner Herzprobleme zum Teil nur von zu Hause aus arbeiten konnte.[38] Die „Samariterin“ Greinert begleitete Bruns auch auf internationale Dienstreisen, wo sie für die Abwicklung seiner dienstlichen Korrespondenz und das nächtliche Reinschreiben seiner Plädoyers (auf Französisch) zuständig war und zugleich eine Art „Geheimkorrespondenz“ mit der in Berlin weilenden und um die Gesundheit ihres Mannes besorgte Ehefrau führte.[39]

„Ein echtes Handschuhsheimer Kind“. Weibliches Personal am Heidelberger MPI (1954-1997)

Brigitte Bopp/Moll, Sekretärin Vorzimmer Prof. Bernhardt, Dorothee Bender, Schreibdienst, Gerda Wallenwein und Hilde Vaupel, beide Verwaltung (v.l.n.r.) [40]

Mit der Neu- beziehungsweise Wiedergründung des Instituts in Heidelberg 1949 gingen starke Änderungen der Personalstruktur einher. Der Großteil der technischen (weiblichen) Belegschaft des alten KWI wurde nicht in das neue Institut übernommen. Mit den Kriegswirren und der unklaren (finanziellen) Situation der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deren Fortführung bis 1948 unklar blieb, hatten sich die meisten Institutsangehörigen notgedrungen andere Tätigkeiten suchen müssen beziehungsweise waren von der KWG gekündigt worden. Zudem war das Institut seit der Zerstörung seiner Räumlichkeiten im Berliner Schloss 1945 auf verschiedene Standorte in Berlin und in Heidelberg, dem Wohnort des Nachfolgers Viktor Bruns‘ im Direktorenamt, Carl Bilfinger, verteilt. Bis 1960 existierte in Berlin eine Außenstelle des Instituts, während in Heidelberg 1954 ein neuer Hauptstandort gebaut worden war. In der kleinen Berliner Stelle blieb ein Teil der Belegschaft bis zu ihrer Auflösung weiterhin tätig (so die Bibliothekarinnen Annelore Schulz, Cornelia Bruns und die Sekretärin Gertrud Heldendrung). Ellinor Greinert wechselte als Direktionssekretärin nach Heidelberg, wo sie 1955 in den Ruhestand ging. Mit der Auflösung der Berliner Stelle wechselten bis 1960 sukzessive die Mitarbeiterinnen Annelore Schulz, Irmgard von Lepel und Cornelia Bruns ebenfalls nach Heidelberg. Auch das wissenschaftliche Personal wurde in Heidelberg neu rekrutiert, sodass auf personeller Ebene in vielerlei Hinsicht ein Neuanfang erfolgte. Ein deutlicher Bruch ist hinsichtlich der Beschäftigung weiblichen wissenschaftlichen Personals erkennbar. Mit Ausnahme der später in der Bibliothek tätigen Mila von Hippel kam mit Karin Oellers-Frahm erst 1970 wieder eine Referentin an das Institut.

Insbesondere das technische Personal setzte sich fortan aus der lokalen Heidelberger Bevölkerung (hier vor allem aus dem Stadtteil Handschuhsheim, in dessen Nachbarschaft sich das Institut befindet) zusammen, was mit einer deutlichen „Verbürgerlichung“ des Instituts einherging. Anders als noch zu Berliner Zeiten fand die Rekrutierung neuer Mitarbeiter unter großer Konkurrenz um qualifiziertes Verwaltungspersonal im Kontext des raschen Wiederaufbaus statt. Stellen wurden vielfach durch Mund-zu-Mund-Propaganda besetzt und enge Verwandtschaftsverhältnisse unter den Mitarbeitenden waren keine Seltenheit. Auch hier wurden vom Institut häufig unkonventionelle Schritte gewagt und nicht-wissenschaftliche Positionen vielfach mit Personen ohne die formell erforderlichen Qualifikationen besetzt. Die Rekrutierungspolitik unter Hermann Mosler folgte stattdessen pragmatischen Erwägungen: Man nahm, wen man bekam, und wer sich als fähig erwies, wurde „on the job“ angelernt beziehungsweise arbeitete sich eigenständig ein. So war beispielsweise der Posten der Verwaltungsleitung von 1959 bis 1997 ausschließlich von Frauen besetzt, die weder studiert noch eine berufliche Fachausbildung in der Verwaltung absolviert hatten, was dem Institut in der MPG eine Sonderstellung einräumte.[41]

Das Direktoren-Vorzimmer. Brigitte Bopp/Moll (links) und Ursula Wedder, 1986 [42]

Deutlich wird die Heidelberger Personalpolitik am Karriereweg der Verwaltungsleiterin Margarethe Noll (1931-2023). Die Heidelberger Gärtnerstochter aus „sehr einfachen Verhältnissen“ hatte eine Ausbildung zur Fremdsprachensekretärin und Dolmetscherin absolviert und sich 1953 auf Anraten Ihres Onkels auf eine Sekretariatsstelle am Institut beworben. Aus Nolls Lebensbericht, der auf diesem Blog veröffentlicht wurde, spricht eine deutliche Fremdheit bezüglich der alten großbürgerlichen Institutswelt, wie sie bis 1954 noch durch Carl Bilfinger verkörpert wurde, in dessen Villa im Philosophenweg das MPIL zunächst untergebracht war. Das geräumige Haus und Bilfingers Sammlung „Alter Meister“ wirkten einschüchternd auf die 22-Jährige, die Direktionssekretärin Ellinor Greinert, die „mit einem ostpreußischen Akzent“ sprach, und die „Gebräuche“ am Institut wie aus einer anderen Welt:

„Immer wieder erzählte sie mir Begebenheiten aus der Berliner Zeit […]. Sie hat mich aber auch beeindruckt durch ihre Haltung. Sie ermahnte uns junge Mädchen, als wir bei einer Einladung des Direktors emsig helfen wollten: ‚Bitte, meine Damen, zu einer Zeit bitte nur eine Dame aufstehen. Sonst entsteht zu viel Unruhe.‘ Als Professor Bilfinger vor der Feier seines 75. Geburtstages fragte: ‚Was werden die Damen tragen?‘, gab sie zur Antwort: ‚Herr Professor, wir werden Sie durch unsere Kleidung zu ehren wissen.‘“[43]

Obgleich es Margarethe Noll an einer Verwaltungsausbildung mangelte, machte sie schnell Karriere im Institut. Bereits im ersten Jahr übernahm Noll die Buchhaltung und war, neben gelegentlicher Betreuung der Kinder des Institutsdirektors, für den 300.000 DM umfassenden Etat für den Neubau des Institutsgebäudes zuständig. Wenngleich nicht mit dem großbürgerlichen Milieu vertraut, hatte Noll als Protokollführerin der Kuratoriumssitzungen als Nicht-Akademikerin regelmäßigen persönlichen Umgang mit Professoren, Richtern des Bundesverfassungsgerichts, Nobelpreisträgern und Industriemanagern („‘Normale‘ Menschen kommen da nicht hin.“). Margarethe Noll schien sich in allen in sie gesetzten Erwartungen erfolgreich behauptet zu haben: 1959 wurde sie zur Verwaltungsleiterin ernannt, bis sie 1964 nach der Familiengründung aus dem Institut ausschied. In Nolls Fußstapfen trat ihre von ihr selbst 1959 für das Institut angeworbene Cousine Gerda Wallenwein. Auch sie war – in den Worten Karl Doehrings – „ein echtes Handschuhsheimer Kind“.[44] Nach dem Besuch der Höheren Handelsschule war sie zunächst in der Zeitschriftenabteilung der Bibliothek angestellt gewesen, ehe sie 1966 in die Verwaltung wechselte, deren Leitung sie bis 1997 übernahm und den bis auf 1 Millionen DM angestiegenen Etat betreute.[45] Wenngleich auch Gerda Wallenwein „frauentypische“ soziale Aufgaben mitübernahm (so geht auf sie die komplette Dokumentierung des Institutssoziallebens zurück, welches durch Gerda Wallenwein in umfangreichen Fotoalben und Aktenordnern über Jahrzehnte festgehalten wurde), zeugten Gehaltseingruppierung und Verantwortungsbereich von der offiziellen Anerkennung ihrer Arbeitsleistung durch das Institut.[46]

Alles in einem Abwasch. Gerda Wallenwein, Brigitte Moll und Ursula Wedder (v.l.n.r) in der Teeküche, 1986 [47]

Bis in die 1990er Jahre hinein änderte sich an der Rekrutierungspolitik des Institutspersonals wenig. Im wissenschaftlichen Bereich dominierten weiterhin männliche Forscher, das technische Personal in Bibliothek, Verwaltung und Direktorenvorzimmer wurde vorwiegend von Frauen gestellt. Nicht nur in der Verwaltung dominierten (und dominieren) weibliche Angestellte, in vordigitalen Zeiten wurden sämtliche Schreib- und Redaktionsaufgaben bei der Erstellung wissenschaftlicher Publikationen oder von Gutachten ausschließlich von Frauen übernommen. In den 1990er Jahren begann die „klassische Sekretärin“ aus dem Institut zu verschwinden, wurde durch Diktiergerät und Computer ersetzt. Berufe in Verwaltung und Bibliothek wurden zunehmend professionalisiert und Neueinstellungen an formale Ausbildungsanforderungen geknüpft. Viele Schreib- und Redaktionstätigkeiten verschwanden im Zuge der Digitalisierung und werden von den Forschenden selbst übernommen. Zugleich wurden innerinstitutionelle Karrierewege damit „festgefügter“ und Aufstiegsmöglichkeiten, wie sie sich für Margarete Noll oder Gerda Wallenwein eröffneten, sind längst nicht mehr möglich.

Fazit

Blickt man auf die Geschichte der Sekretärinnen beziehungsweise des weiblichen technischen Personals am KWI und MPI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, so zeigt sich ein komplexes Bild aus zeitgeisttypischen Geschlechterrollen und beruflichen Hierarchien wie auch innerinstitutionellen Freiheiten. Am Berliner KWI existierten entsprechend der damaligen patriarchalen und noch keineswegs demokratisierten Gesellschaftsordnung und dem Harnack-Prinzip deutlich gegenderte Hierarchien. Diese wurden aber an einigen Stellen, insbesondere über die soziale Herkunft und die überdurchschnittliche Ausbildung des weiblichen Personals relativiert. Die überlieferten Akten und Ego-Dokumente von Institutsmitarbeiterinnen erwecken gar den Anschein, dass das Institut für das weibliche Personal im Rahmen des damals Möglichen Freiheiten bot, die über das seinerzeit Übliche hinausgingen.

Die soziale Zusammensetzung des (weiblichen) technischen Personals am Heidelberger MPIL unterschied sich weitestgehend vom groß- und bildungsbürgerlichen Milieu des Berliner KWI. Die Angestellten des MPIL rekrutierten sich vornehmlich aus Heidelberg selbst, hier zumeist aus dem „einfachen“ (Klein-) Bürgertum. Hohe Erwartungen an formelle Vorausbildungen wurden hierbei kaum gestellt, vielmehr musste sich das technische Personal durch eigene Kompetenz und „learning on the job“ praktisch behaupten, wodurch zugleich unübliche Karrierewege und berufliche Aufstiege innerhalb der Institutsverwaltung möglich wurden. Die von Birgit Kolboske beschriebene „Objektifizierung“ und Berufssackgasse für Sekretärinnen lassen die aufgefundenen Unterlagen für das Institut als zumindest für den Zeitraum bis in die 1990er Jahre als fraglich erscheinen.

***

Der Verfasser dankt Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm, Joachim Schwietzke und Gerda Wallenwein für ihre hilfreichen Anmerkungen zum Text.

[1] Birgit Kolboske, Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip. Frauen in der Max-Planck-Gesellschaft, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Bd. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2023.

[2] Kobolske (Fn. 1), 16.

[3] Kobolske (Fn. 2), 21.

[4] Die unlängst erschienene Studie von Juliane Scholz, Sozialgeschichte der Max-Planck-Gesellschaft. Personalentwicklung, Karrieren und Arbeitsbedingungen 19482005, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Bd. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2025, befasst sich leider ebenso nicht mit den sozialen Kontinuitäten aus der Zeit der KWG.

[5] Kolboske (Fn. 1), 16.

[6] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/20, AMPG.

[7] Kolboske (Fn. 1), 40; 41.

[8] Kolboske (Fn. 1), 40.

[9] Kolboske (Fn. 1), 42; 46.

[10] Kolboske (Fn. 1), 52.

[11] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Bd. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490528, 510.

[12] Armin von Bogdandy/Philipp Glahé, Alles ganz einfach? Zwei verlorene Weltkriege als roter Faden der Institutsgeschichte, MPIL100.de.

[13] Zur Gruppe der Wissenschaftlerinnen am KWI und zur Biographie von Angèle Auburtin sind derzeit separate Beiträge von Alexandra Kemmerer in Arbeit. Zur Rolle der Frau in der Völkerrechtswissenschaft allgemein, siehe: Janne Nijman, Marked Absences: Locating Gender and Race in International Legal History, in: EJIL 31 (2020), 10251050; Immi Tallgren (Hrsg.), Portraits of Women in International Law: New Names and Forgotten Faces?, Oxford: Oxford University Press, 2023.

[14] Ordner “Personalakten Berlin AKo“, „Personalakten Berlin KrZ“ sowie „Stammkarten Berlin“, MPIL. Hinzu kommen Personalakten und Stammkarten von (ausschließlich) weiblichen Reinigungskräften und Küchenpersonal, die in diesem Beitrag nicht untersucht werden.

[15] Lilli Draugelattes/Abele, Sidonie von Engel, Ursula Weinrich/Grunow, Luise Grubener, Maria Heldendrung, Bärbel Lenczyk/Steinbrück, Elisabeth Rapp, Dorothea von Rehekampff, Else Sandgänger, Ingrid Stehn und Charlotte Zowe.

[16] Elisabeth von Bernstorff, Ingeborg von Engel und Irene Haehn/Hähn.

[17] Annelore Schulz und Ursula von Pflugk. Von Cornelia Bruns ist keine Akte überliefert, obgleich auch sie als Bibliothekarin bzw. Übersetzerin am Institut tätig war.

[18] Einige Frauen sind sowohl als Sekretärin als auch als Stenotypistin geführt, z.T. wechseln die Berufsbezeichnungen, wie im Falle Ellinor von Puttkamers, die zuerst als Sekretärin angestellt war und dann in die Wissenschaft wechselte. Hinzu kommt die Berufsbezeichnung der Fremdsprachenkorrespondentin, die ebenfalls nicht einheitlich geführt wird.

[19] Vgl. Durchschnittsentgelt in Euro/DM/RM, Anlage zum SGB, Sechstes Buch, BGBl I 2002, 869870; Das durchschnittliche Monatsgehalt variierte bei Angestellten 1938 zwischen knapp 170 und 585 RM, vgl.: O.V., Das deutsche Volkseinkommen 1938, in: Statistisches Reichsamt (Hrsg.), Wirtschaft und Statistik 19 (1939),  705708, 707.

[20] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/21, AMPG.

[21] Kolboske (Fn. 1), 50.

[22] Kolboske (Fn. 1), 50.

[23] Die angegebenen Berufe der Großväter deuten auf etwas mehr soziale Mobilität hin und umfassen neben gehobenen Berufen wie Gutsbesitzer, Rechtsanwalt, gräflicher Hauslehrer, Polizeipräsident, Geheimer Regierungsrat und Arzt, Hotelbesitzer, Bankier, Lehrer und Organist auch Bäckermeister, Schiffbauer, Baumeister, Bauunternehmer, Maschinenmeister, Landwirt und Weichensteller.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/6, AMPG.

[25] Es ist anzunehmen, dass die Baltendeutschen, wie auch die drei „Institutsrussen“ Nikolai N. Makarov, Nikolai von Martens und Georg von Gretschaninow, infolge der Oktoberrevolution 1917 ins Deutsche Reich immigrierten.

[26] „Konversation in der Mittagspause“, Zeichnung: unbekannt, in: Cornelia Bruns/M. Petrich/Liese Rapp (Hrsg.), Spaß-Festschrift Institutsjubiläum 1934, unveröffentlichtes Typoskript. Vom Verfasser zu erkennen sind: Lise Rapp (links) und Charlotte Behring (2.v.l.). Auch die anderen beiden Frauen werden Institutsangehörige gewesen sein.

[27] Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26).

[28] Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 6.

[29] In: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 5.

[30] Vgl.: „Der gute Ton in allen Lebenslagen“ und „Umgang mit Autoren“, in: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 5.

[31] So berichtet Hermann Mosler in kleiner Runde anlässlich des 70-jährigen Institutsjubiläums 1995 von der „Strenge“ und „starken Anspannung“, die insbesondere vom stellvertretenden Institutsdirektor Ernst Martin Schmitz ausgegangen sei: „Was im Institut erwartet wurde, wurde mir beim Antrittsbesuch bei Ernst Martin Schmitz klar. Über dem Sofa in seinem Dienstzimmer hing der Holzschnitt eines Boxers, der im Begriff war, dem zu Boden gehenden Gegner den K.O.-Kinnhaken zu versetzen“: Hermann Mosler, 70 Jahre Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19251995, unveröffentlichtes Typoskript, 1617.

[32] Zeichnung: unbekannt, in: Bruns/Petrich/Rapp (Fn. 26), 16.

[33] Die Ausnahme stellen einige Pressefotos von Viktor Bruns und eine Aufnahme eines Arbeitstreffens des Referenten Joachim-Dieter Bloch mit Angehörigen der Luftwaffe dar, wie im Beitrag von Stefan Oeter verwendet.

[34] Sämtliche Begebenheiten der Institutsgeschichte, die das Institut als soziales Gefüge nach innen dokumentieren, wurden für das Heidelberger MPIL von den 1950er Jahren bis in die 1990er Jahre von den damaligen Verwaltungsleiterinnen Margarethe Noll und Gerda Wallenwein angelegt. Dokumentiert wurden somit v.a. von Frauen organisierte soziale Events (Geburtstagsfeiern, Dienstjubiläen, Verabschiedungen in den Ruhestand, Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern). Auch die komplette fotografische Dokumentation des Instituts geht auf von Gerda Wallenwein angelegte Alben zurück.

[35] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/32, AMPG.

[36] Annelore Schulz, Tagebuchaufzeichnung 7. Januar 1944, Bestand MPIL.

[37] Quelle: Privatarchiv Rainer Noltenius.

[38] Als Bruns 1931 das Deutsche Reich vor dem StIGH im Streit um die deutsch-österreichische Zollunion vertreten sollte „streikte seine Gesundheit, so dass er sich in der Universität einfach krankmeldete und Fräulein Greinert die dem Plädoyer vorausgehende Denkschrift zuhause diktierte. Er saß dann meist mit ihr im Garten, gönnte sich eine Nachmittagsruhe mit halbstündigem bis stündigem Schlaf und machte abends bei Zeiten Schluss“: Rainer Noltenius (Hrsg.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (18851952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, 122.

[39] Neben der Übermittlung privater Informationen, berichtet Greinert vom Leben auf Reisen, etwa während Bruns´ Vertretung der freien Stadt Danzig vor dem StIGH 1932: „Am Freitagabend hatte Ihr Herr Gemahl Stauffenberg, Frl. Klaaßen und mich ins Royal eingeladen. Wir waren alle sehr vergnügt, tranken Sekt und hatten viel Spaß an dem märchenhaften Essen. Ob es Leute gibt, die täglich solche Menüs aufzunehmen im Stande sind?“, Noltenius (Fn. 39), 126; ferner: Noltenius (Fn. 39), 123. Die teilweise extreme Arbeitsbelastung und Übernahme von „Care“-Arbeit betraf jedoch ebenso das männliche Institutspersonal. So berichtet Hermann Mosler 1995: „Der Institutsalltag […] dauerte bis zu 12 Stunden. Beinahe hätte ich meine eigene Hochzeit verpaßt, weil ich den Nachtzug nach Köln nicht erreicht hatte. […]. Die Ansprüche an die Mitarbeit waren hoch, die Anforderungen zur akribischen Beweisführung unerbittlich. Die menschliche Atmosphäre war klar und vertrauensvoll“: Mosler (Fn. 31), 16; Carlo Schmid musste als Referent und Assistent von Erich Kaufmann, des Prozessvertreters im Schiedsgerichtsprozess um die Liquidation der deutschen „Continental-Gesellschaft“ 1929, welcher plötzlich erkrankte, nächtelang kalte Umschläge machen, während Kaufmann bis zur Erschöpfung an seinem Plädoyer arbeitete: Petra Weber, Carlo Schmid (18961979): eine Biographie, München: Suhrkamp 1996, 66.

[40] Foto: MPIL.

[41] Auskunft Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[42] Foto: MPIL.

[43] Margarete Noll, Zwei Welten. Von der Gärtnerstochter zur Verwaltungsleiterin, MPIL100.de.

[44] Karl Doehring, Chronik des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Archiv der MPG (Hrsg.), Dahlemer Archivgespräche 12 (2006), 273277, 275; persönliches Gespräch Gerda Wallenweins mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[45] Auskunft Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[46] Das Amt der Verwaltungsleiterin sei seinerzeit die höchstdotierte Stelle des technischen Dienstes im Institut gewesen: Aussage Gerda Wallenweins im Gespräch mit dem Verfasser, 3. Oktober 2025.

[47] Foto: MPIL.

English

In 2023, Birgit Kolboske’s study Hierarchien. Das Unbehagen der Geschlechter mit dem Harnack-Prinzip (English title: Hierarchies. The Max Planck Society in Gender Trouble) was published as part of the research programme ‘History of the Max Planck Society’.[1] In it, Kolboske examines the “role of women” within the Max Planck Society (Max-Planck-Gesellschaft, MPG) for the period from 1948 to 1998. Specifically, she focuses on two groups: female researchers and female secretaries. While the latter represent the historically largest group of women within the institution, Kolboske considers the occupation of secretary to be “a prime example of gender hierarchy” and epitomizing “traditional relations of domination” within the MPG.[2] While recent history of science research has increasingly focused on female researchers, the “working situation of non-academic staff amid the German research landscape has as yet largely been terra incognita”, to quote Kolboske.[3]

In response to Kolboske’s study, this contribution aims to examine the situation of secretaries at the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law (KWI) in Berlin and also take a look at the non-academic female staff at the MPIL in Heidelberg up to the 1990s. This is done on the basis of employee records of 21 female employees for the years 1939 to 1943 and personal testimonies. Since Kolboske’s study is limited to the Max Planck Society and rarely takes into account continuities from the Kaiser Wilhelm Society (Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, KWG), the documents preserved from the KWI for International Law can not only provide new insights into the social and educational history of female technical staff and into female self-perception at this institute, but also reveal micro-historical insights of exemplary significance for the history of science at the KWG/MPG as a whole.[4] In particular, it will be explored whether what Kolboske describes as a “archaic, gender-based top-down structure”[5] that characterised gender relations within the MPG equally applied to the women at the Institute for International Law.

“A Certain Pride of Place”. Female Staff at the KWI

“Saturday Outing” of the Institute’s female employees, September 1933: standing: Kätchen Rommert, Cornelia Bruns, Luise Grubener, Irmgard von Lepel, unknown, Gertrud Heldendrung; seated: Angèle Auburtin and Annelore Schulz (from left to right) [6]

In her study, Birgit Kolboske describes the profession of secretary as a “professional dead end” characterised by “monotony” and routine, a lack of recognition, a lack of opportunities for advancement and repetitive paperwork.[7] “They remain in the large firm what they were in the family: objects,” she quotes Theodor Adorno.[8] And indeed, the profession of secretary had expanded greatly in the course of the industrialisation and professionalisation of office and administrative work. Since technical and administrative office work such as typing and stenography were considered typical “women’s jobs”, the number of female employees in the commercial sector alone tripled between 1907 and 1925, leading to a veritable “secretarial boom”.[9] However, the profession of “secretary” was hardly regulated until 1941, and there was no standardised training. The necessary skills were mostly taught in private schools or evening classes.[10] Although Kolboske’s study unfortunately does not examine the professional situation of female technical staff at the KWG, the documents for the KWI for International Law suggest that the “professional dead end” outlined above did not apply to the Institute. Above all, the good education and social background of the female staff make the Institute appear to have been a privileged place to work with unusual freedom.

Ingo Hueck wrote that the composition of the (male) academic staff at the KWI for international law was “comparable to that at the Foreign Office: aristocratic origins, bourgeois tradition and a certain pride of place dominated.”[11] In line with the restrictive access to university education at the beginning of the 20th century and the high academic and foreign language requirements posed by the work of the Institute, researchers at the KWI belonged to the upper echelons of society.[12] Founding director Viktor Bruns, who came from a bourgeois Swabian family, deliberately favoured men who matched his own background in his hiring policy. On the other hand, the lack of competent personnel and the political pressure under which the KWI was operating in providing legal advisory for the Reich government in dealing the consequences of the Treaty of Versailles led to unconventional hiring decisions: Bruns turned to recruiting men with political views considered hardy socially acceptable within his own milieu (social democrats such as Hermann Heller and later Carlo Schmid) and hiring women as researchers, even if they, like Marguerite Wolff, Dorothea von Renvers, Ellinor von Puttkamer (and initially also Angèle Auburtin) had no formal legal training. Although a total of five women were employed as researchers in the first 20 years of the Institute, the vast majority of female staff worked in non-scientific, technical areas.[13] Nevertheless, many of the observations made about the male staff with regard to social background, level of education, and firm commitment to German national interest, which created a shared, elitist academic and social pride of place, also apply to them.

The collection of historical documents at today’s Max Planck Institute contain log cards for 21 female employees for the period from 1939 to 1943, as well as employee records of nine women who worked as secretaries at the Institute between 1936 and 1942.[14] Despite their incompleteness due to the war, the documents provide a deeper insight into the social and educational history of the women at the KWI. Some files contain detailed CVs and “Aryan certificates” documenting the ‘racial’ but also social origins of the families back to the grandparents’ generation. Between 1939 and 1943, two women are listed in the employee records as researchers: Angèle Auburtin as a research fellow and Ellinor von Puttkamer as a research assistant (doctoral candidate). The occupations listed for women in non-scientific fields are secretary (13)[15], stenographer (3)[16] and librarian (2).[17] However, the job titles listed in the log cards only reflect the women’s actual activities to a limited extent, as they are often not used in a precise manner or multiple and changing job titles are listed.[18] The monthly salary of secretaries ranged from 320 RM to 510 RM (executive secretary), while a research fellow earned between 500 RM and 800 RM, depending on their level of experience. Since the average monthly salary in 1940 was just under 180 RM, the secretaries’ pay can be considered above average.[19]

Irony or feudalism? Employees Lise Rapp, Annelore Schulz, and Gertrud Heldendrung perform a one-act play in the Biedermeier room of the Bruns family villa, on the occasion of Viktor and Marie Bruns’ 50th birthday in 1935.[20]

Regarding the age distribution of women at the Institute, it is striking that it is quite homogeneous: seven women were born between 1890 and 1899, twelve between 1903 and 1916, and the two youngest in 1918 and 1921. The generational structure of female employees reflects the increased educational and labour market opportunities for women. In the 1920s, access to general higher education and universities had expanded for women. The profession of secretary was usually taken up by women from the bourgeois and professional classes.[21] While (married) women from bourgeois families typically did not work for reasons of societal etiquette, the economic and demographic upheavals of the First World War increasingly forced unmarried and well-educated daughters of wealthy families to earn their own living.[22] The 21 women working at the KWI all came from the upper echelons of bourgeois society (15) or nobility (6). Their fathers’ professions were listed in the employee records as: architect, privy councillor, estate owner, judicial administrator, merchant, teacher, ministerial director, chief engineer, organist, and solicitor and notary.[23]

After work, at the portal of Berlin Palace: Jutta Selling, unknown, Annelore Schulz, Zowe-Behring, Gertrud Heldendrung (from left to right), photograph taken in 1931 [24]

However, women taking up employment was not solely motivated by financial hardship, but also created financial and social independence, which – especially in Berlin – often culminated in the ideal of the “new woman”. This may explain why 17 of the 21 women employed at the KWI were single, two were divorced (one of them a single mother and later the mother of a second, illegitimate child) and only two were married, one of whom left the Institute after getting married. The fact that the Institute, and Berlin more generally, as a place of work had an emancipatory effect and appeal can be gauged by the fact that almost half of the women came from the East German periphery (Posen, Silesia, Pomerania, East Prussia: 8) or were Baltic Germans (3), which often went hand in hand with multilingualism (Russian/Polish/German).[25] Foreign language skills were very prevalent generally, as fluency in French and English was a basic requirement for employment at the Institute. Two women were proficient in Spanish (one of them, Irene Hähn, had worked as an administrative secretary and bookkeeper for three years in Madrid, one year in Paris and one year in London), another secretary had been a Polish translator at Ullstein. Most of the women already had professional experience when they applied to the KWI. In terms of competence and social background, the female office staff at the KWI thus differed significantly from the majority of secretaries at the time.

Women’s Work at the KWI in Self-Testimonies

“Have you read what Schopenhauer said about women?” – “Oh, you know, when a man has to use so many words to prove his superiority, that’s the foremost sign of him not feeling entirely confident.” [26]

A humorous commemorative bulletin from 1934, which was mainly produced by the Institute’s female employees, makes their self-image tangible:[27] It contains poems, sketches and hand-drawn caricatures that depict life at the Institute and its protagonists from a decidedly female perspective. In these, it both reproduces gender-stereotypical roles and hierarchies of the time and, at the same time, questions them satirically. For example, it tells the story of an unnamed ‘Good Samaritan’ (presumably the executive secretary Ellinor Greinert), whose willingness to make sacrifices is described in a manner that is both appreciative and ironic. As the guardian of the Institute’s medicine cabinet, responsible for all medical interventions from migraines to knife cuts in the finger, she shows no consideration for herself when the service of the “high boss” (Viktor Bruns) demands it. When he notices, at the train station, shortly before embarking on an important trip abroad, that he has forgotten his passport, the “Good Samaritan” of the Institute

“notified by telephone, rushes to Zehlendorf [to Bruns’ private residence] to retrieve it. Yet, the key to the glass door of the desk cabinet behind which it is resting is missing! Without hesitation and disregarding the danger to her life, the brave woman smashes the glass with her hand, grabs the document and just so manages to pass it, with her bandaged hand, into the departing train!” [28]

Other forms of “typically female” social behaviour, such as the “tendency to drink coffee in packs” among female employees, become the subject of ironic self-reflection as well, as do the adversities of the “most feminine” of all office tasks, typing:

Cornelia Bruns, Der Tippfehlerteufel [“The Typo Devil”] [29]

The commemorative bulletin also caricatures the power relations between boss and secretary, as expressed in the cartoon Das Gewitter (“The Thunderstorm”). The sometimes limited social skills (irritability, impatience, know-it-all attitude) of certain male higher-ups (Asche Graf Mandelsloh, Herbert Kier) are mentioned in the typoscript in a relatively blunt manner.[30] Although male members of the Institute also suffered from hierarchies or certain character traits of their superiors, critical comments on this are rarely documented, as professional dependencies and loyalties may have been stronger in this context.[31]

Das Gewitter (“The Thunderstorm”)[32]

In addition to the contributions to the bulletin, memories of the women of the KWI have been preserved in photographs in the Archives of the Max Planck Society. The pictures mainly show self-confident young women, some dressed fashionably in straight cut “flapper” style dresses, some even wearing ties. They document exclusively the female working and living environment at the Institute and show secretaries and librarians at their workplaces in the Berlin Palace, preparing the Institute’s lunch table, on company outings, at celebrations and coffee parties. In striking contrast to this, there is a lack of photographic documentation of the male working environment, which is practically non-existent in pictures.[33] Due to their subject matter and the intimacy and familiarity with the subjects they convey, the pictures from the KWI era suggest that they were taken by a woman. In addition, the Institute’s histography reveals an internal division of labour along gender lines, which was later continued at the Heidelberg Institute: Women were (and are) responsible for social matters. The preparation and organisation of non-academic Institute celebrations (birthdays, anniversaries, et cetera) and their commemoration in photo albums, greeting cards, and round letters was (and is) “women’s work”.[34]

Secretaries as “Brokers” Between Professional and Home Life

“Typical” women’s work: janitor’s wife Anna Kretschmer (left) with assistants during meal preparation, photo taken around 1935[35]

Although there were hierarchical and position-related differences between men and women at the Institute, these were, in large part, levelled out by a shared social background and habitus. Among the female employees in particular, there was a kind of semi-private space that “transcended” the professional differences in rank between men and women. It is possible to reconstruct from the context of the Institute, for example, close and sometimes friendly relationships between Viktor Bruns’ wife and daughters and some of the KWI employees. While the Bruns daughters mainly socialised with young women of the same age from the Institute to visit the theatre or the opera,[36] the relationship between the “boss’s wives” (Marie Bruns and Hanni Blass, the wife of the library director) and some of the Institute’s female employees was of a semi-professional, semi-private nature. Employees, such as the executive secretary Ellinor Greinert or the librarian Annelore Schulz can be regarded as ‘brokers’ between the Institute and the domestic sphere of the directors’ wives, who wanted access to their husbands’ professional lives and could only get it through their employees. The “intermediate figure” per se in the Institute context is Cornelia Bruns, Viktor Bruns’ third cousin, who was a part of the family as “Aunt Cörnchen” and at the same time worked at the Institute as a librarian.

Ellinor Greinert, drawing by Marie Bruns, undated [37]

Marie Bruns and Ellinor Greinert in particular had a close relationship, based on the personal friendship between the two women, but also on their shared “care work” for Viktor Bruns, who suffered from heart disease. Ellinor Greinert even lived with the Bruns family for some time, when Viktor Bruns was only able to work from home due to his heart problems.[38] Greinert, the “Good Samaritan”, also accompanied Bruns on international work trips, where she was responsible for handling his official correspondence and transcribing his pleadings (in French) at night, while at the same time conducting a kind of “secret correspondence” with his wife, who, back in Berlin, was concerned about her husband’s health.[39]

“A True Child of Handschuhsheim”. Female Staff at the Heidelberg MPIL (1954–1997)

Brigitte Bopp/Moll, secretary in Prof. Bernhardt’s anteroom, Dorothee Bender, typist, Gerda Wallenwein and Hilde Vaupel, both from the administrative department (from left to right) [40]

The re-establishment of the Institute in Heidelberg in 1949 was accompanied by significant changes in the staff composition. The majority of the technical (female) staff of the old KWI did not transfer to the new Institute. Due to the turmoil of war and the uncertain (financial) situation of the Kaiser Wilhelm Society, the continuation of which remained unclear until 1948, most of the Institute’s employees had been forced to seek other employment or had been dismissed. In addition, since the destruction of its premises in Berlin Palace in 1945, the Institute had been spread out across various locations in Berlin and Heidelberg, the place of residence of Viktor Bruns’ successor as director, Carl Bilfinger. Until 1960, a branch of the Institute remained in Berlin, while a new main location had been built in Heidelberg in 1954. Some of the staff remained at the small Berlin office until it was closed down (including librarians Annelore Schulz and Cornelia Bruns and secretary Gertrud Heldendrung). Ellinor Greinert, as an executive secretary, transferred to Heidelberg, where she retired in 1955. With the termination of the Berlin office, employees Annelore Schulz, Irmgard von Lepel, and Cornelia Bruns also gradually moved to Heidelberg by 1960. New research staff was recruited in Heidelberg as well, so that in many respects a new beginning took place at the personnel level. A clear break can be seen with regard to the employment of female research staff: With the exception of Mila von Hippel, who later worked in the library, it was not until 1970 that, with Karin Oellers-Frahm, another female research fellow would join the Institute.

From then on, the technical staff in particular was made up of local Heidelberg residents (mainly from the Handschuhsheim district, in the neighbourhood of which the Institute is located), which made the Institute significantly “more working-class”. Unlike in Berlin, the recruitment of new staff took place in the context of rapid reconstruction and fierce competition for qualified administrative personnel. Positions were often filled through word of mouth, and close family ties among employees were not uncommon. Here, again, the Institute often took unconventional steps and filled non-academic positions with people who did not necessarily fulfil the respective formal requirements. Instead, Hermann Mosler’s recruitment policy was based on pragmatic considerations: he took whoever he could get, and those who proved capable were either trained on the job or trained themselves. The position of head of administration at the MPIL, for example, was held exclusively by women who had neither studied at university nor completed any professional training in the field of administration, from 1959 onwards until 1997 – a unique situation within the MPG.[41]

The director’s anteroom. Brigitte Bopp/Moll (left) and Ursula Wedder, 1986[42]

The new recruitment policy in Heidelberg is exemplified by the career path of the former head of the administration Margarethe Noll (1931–2023). The daughter of a Heidelberg gardener from a “very modest background” had trained as a foreign language secretary and interpreter and, on the advice of her uncle, applied for a secretarial position at the Institute in 1953. Noll’s life story, published on this blog, shows a sense of alienation from the old upper-class world of the Institute, as embodied until 1954 by Carl Bilfinger, in whose villa at the Heidelberg Philosophenweg the MPIL was initially housed. The spacious house and Bilfinger’s collection of “Old Masters” intimidated the 22-year-old, as did the executive secretary Ellinor Greinert, who spoke “with an East Prussian accent”, and the “customs” at the Institute, which seemed to her like something from another world:

“She would often tell me stories from Berlin times […] But she also impressed me with her attitude. She admonished us young girls when we were eager to help at a dinner at the director’s house: ‘Please, ladies, only one lady should get up at a time. There will be too much commotion otherwise.’ When, before the celebration of his 75th birthday, Professor Bilfinger asked: ‘What will the ladies be wearing?’, she replied: ‘Professor, we will know what to wear to honour you on the occasion.’”[43]

Although Margarethe Noll lacked administrative training, she quickly rose through the ranks at the Institute. Within her first year, Noll took over the bookkeeping and, in addition to occasionally looking after the Institute director’s children, was responsible for the 300,000 DM budget for the construction of the new Institute building. Despite never having studied at university and being unfamiliar with the upper-class milieu, as the minute-taker for the board of trustees’ meetings, Noll had regular personal contact with professors, judges of the Federal Constitutional Court, Nobel Prize winners and business executives (“’Normal’ people don’t get to be there.”). Margarethe Noll seems to have successfully lived up to all the expectations placed on her: in 1959, she was appointed head of the administration, a position she held until leaving the Institute in 1964 after starting a family. Noll’s cousin Gerda Wallenwein, whom she herself had recruited for the Institute in 1959, followed in her footsteps. She too was, in Karl Doehring’s words, ‘a true child of Handschuhsheim.’[44] After receiving business training at vocational school, she was initially employed in the library’s periodicals department before moving to the administrative department in 1966, where she took over as head of administration in 1997 and managed a budget that had grown to one million DM.[45] Although Gerda Wallenwein also took on social tasks “typical for women” (she documented the entire social life of the Institute in the form of extensive photo albums and file folders spanning decades), her salary and area of responsibility testified to the Institute’s official recognition of her work.[46]

Awash with work. Gerda Wallenwein, Brigitte Moll and Ursula Wedder (from left to right) in the tea kitchen, 1986[47]

Until the 1990s, little changed in the recruitment policy of the Institute. Male researchers continued to dominate the academic department, while the technical staff in the library, the administrative department and the director’s anteroom were predominantly women. Not only did female employees dominate (and continue to dominate) within the administration, in the pre-digital era, all typing and editing tasks involved in the production of scientific publications or expert reports were carried out exclusively by women. In the 1990s, the “classic secretary” began to disappear from the Institute, replaced by dictation machines and computers. Jobs in the administrative department and the library were professionalized, and new hires had to meet formal training requirements. A lot of writing and editing work disappeared with digitalisation and is now done by the researchers themselves. At the same time, career paths within the Institute became more “fixed”, and opportunities for advancement like those that opened up for Margarete Noll or Gerda Wallenwein are now no longer possible.

Conclusions

Looking back at the history of female secretaries and technical staff at the Kaiser Wilhelm and Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, a complex picture emerges, featuring gender roles typical of the zeitgeist and professional hierarchies as well as inner-institutional freedoms. Gendered hierarchies existed at the Berlin KWI, in line with the patriarchal and by no means democratised social order of the time and the Harnack principle. However, these were levelled in some areas, particularly due to the privileged social background and above-average education of female staff. The surviving documents and self-testimonies of female Institute employees even give the impression that the Institute offered female staff freedoms that went beyond what was customary at the time, within the limits of what was possible.

The social composition of the (female) technical staff at the MPIL in Heidelberg differed greatly from the bourgeois milieu of the KWI in Berlin. The employees of the MPIL were recruited primarily from Heidelberg itself, mostly from the “modest” (lower) middle classes. High expectations of formal prior training were hardly ever set; rather, technical staff had to prove themselves in practice through their own competence and “learning on the job”, which at the same time made unusual career paths and professional advancement within the Institute’s administration possible. In light of the documents discovered, Birgit Kolboske’s interpretation of secretaries being subject to “objectification” and falling into a professional dead end appears highly questionable, at least for the period up to the 1990s.

***

The author would like to thank Sarah Gebel, Alexandra Kemmerer, Johannes Mikuteit, Karin Oellers-Frahm, Joachim Schwietzke, and Gerda Wallenwein for their helpful comments on the text.

[1] Birgit Kolboske, Hierarchies. The Max Planck Society in Gender Trouble, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft/Studies on the History of the Max Planck Society Vol. 7, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2024.

[2] Kobolske (fn. 1), 16.

[3] Kobolske (fn. 1), 21.

[4] The recently published study Juliane Scholz, Sozialgeschichte der Max-Planck-Gesellschaft. Personalentwicklung, Karrieren und Arbeitsbedingungen 19482005, Studien zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft/Studies on the History of the Max Planck Society Vol. 6, Göttingen: Vandenhoek & Rupprecht 2025, unfortunately does not deal with the social continuities from KWG times either.

[5] Kobolske (fn. 1), 16.

[6] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/20, Archives of the Max Planck Society.

[7] Kobolske (fn. 1), 40; 41.

[8] Kobolske (fn. 1), 40.

[9] Kobolske (fn. 1), 42; 46.

[10] Kobolske (fn. 1), 52.

[11] Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandaufnahme und Perspektiven der Forschung, Vol. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490528, 510.

[12] Armin von Bogdandy/Philipp Glahé, Two Defeats in Two World Wars as a Red Thread in the Institute’s History, MPIL100.de.

[13] Separate contributions on the group of female scientists at the KWI and on Angèle Auburtin’s biography by Alexandra Kemmerer will be published soon. On the role of women in public international law scholarship more broadly, see: Janne Nijman, Marked Absences: Locating Gender and Race in International Legal History, in: EJIL 31 (2020), 10251050; Immi Tallgren (ed.), Portraits of Women in International Law: New Names and Forgotten Faces?, Oxford: Oxford University Press, 2023.

[14] Folders “Personalakten [Employee Records] Berlin AKo“, „ Personalakten [Employee Records] Berlin KrZ“, and „Stammkarten [Log Cards] Berlin“, MPIL. There are also employee records and log cards of the (exclusively) female cleaning and kitchen staff, which are not part of the scope of this contribution.

[15] Lilli Draugelattes/Abele, Sidonie von Engel, Ursula Weinrich/Grunow, Luise Grubener, Maria Heldendrung, Bärbel Lenczyk/Steinbrück, Elisabeth Rapp, Dorothea von Rehekampff, Else Sandgänger, Ingrid Stehn, and Charlotte Zowe.

[16] Elisabeth von Bernstorff, Ingeborg von Engel, and Irene Haehn/Hähn.

[17] Annelore Schulz and Ursula von Pflugk. No file on Cornelia Bruns has been discovered, even though she worked at the Institute as a librarian and translator.

[18] Some women are listed both as secretaries and as stenographers, and in some cases their job titles change, as in the case of Ellinor von Puttkamer, who was first employed as a secretary and later transferred to the academic department. There is also the job title of foreign language correspondent, which is not used consistently either.

[19] Cp. Durchschnittsentgelt in Euro/DM/RM, Anlage zum SGB, Sechstes Buch, BGBl I 2002, 869870; the average monthly salary of employed workers in 1938 varied between just below 170 and 585 RM, cp.: Das deutsche Volkseinkommen 1938, in: Statistisches Reichsamt (ed.), Wirtschaft und Statistik 19 (1939),  705708, 707.

[20] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/21, Archives of the Max Planck Society.

[21] Kobolske (fn. 1), 50.

[22] Kobolske (fn. 1), 50.

[23] The occupations listed for the grandfathers indicate a slightly higher degree of social mobility as they include, in addition to very high-status positions such as estate owner, solicitor, count’s tutor, police chief, privy councillor and doctor, hotel owner, banker, teacher, and organist, occupations like master baker, shipbuilder, master builder, building contractor, master machinist, farmer and signalman.

[24] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/6, Archives of the Max Planck Society.

[25] Most likely, these Baltic Germans, like the three “Institute-Russians” Nikolai N. Makarov, Nikolai von Martens, and Georg von Gretschaninow, had immigrated to the German Reich following the 1917 October Revolution.

[26] „Konversation in der Mittagspause“ [“Conversation during Lunch Break”], Sketch: unknown artist, in: Cornelia Bruns/M. Petrich/Liese Rapp (eds.), Spaß-Festschrift Institutsjubiläum 1934 [humorous commemorative bulletin of the Institute’s anniversary 1934], unpublished typoscript. Identifiable by the author are: Lise Rapp (left) and Charlotte Behring (2nd from left). Presumably the other women were members of the Institute as well.

[27] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26).

[28] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 6.

[29] Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 5.

[30] Cp.: „Der gute Ton in allen Lebenslagen“ and „Umgang mit Autoren“, in: Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 5.

[31] In a similar vain, during an intimate celebration of the Institute’s 70th anniversary in 1995, Hermann Mosler spoke about the “seriousness” and “intense tension” that emanated in particular from the deputy director of the Institute, Ernst Martin Schmitz: “What was expected at the Institute became clear to me during my inaugural visit to Ernst Martin Schmitz. Above the sofa in his office hung a woodcut of a boxer about to deliver a knockout punch to his opponent falling to the ground.”: Hermann Mosler, 70 Jahre Kaiser-Wilhelm/Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 19251995, unpublished typoscript, 1617.

[32] Sketch: unknown artist, in: Bruns/Petrich/Rapp (fn. 26), 16.

[33] A few press photos of Viktor Bruns and a photograph of a meeting between research fellow Joachim-Dieter Bloch and members of the Luftwaffe, as used in Stefan Oeter’s contribution, constitute rare exceptions.

[34] All events in the Institute’s history that document its internal social structure were recorded for the Heidelberg MPIL from the 1950s to the 1990s by the then administrative directors Margarethe Noll and Gerda Wallenwein. The documentation thus mainly covers social events organised by women (birthday parties, service anniversaries, retirement parties, company outings, Christmas parties). The entire photographic documentation of the Institute also goes back to albums created by Gerda Wallenwein.

[35] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/32, Archives of the Max Planck Society.

[36] Annelore Schulz, Diary Entry of 7 January 1944, MPIL Archive.

[37] Source: Private Archive of Rainer Noltenius.

[38] When Bruns was supposed to represent the German Reich before the PCIJ in the dispute over the Austro-German Customs Union in 1931, “his health failed, so he simply reported sick to the university and dictated the memorandum preceding the pleading to Miss Greinert at home. He usually sat down with her in the garden, allowed himself an afternoon rest with half an hour to an hour of sleep, and finished up at a reasonable hour at night”: Rainer Noltenius (ed.), Mit einem Mann möchte ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885–1952), Berlin: Gebr. Mann Verlag 2018, 122.

[39] In addition to conveying private information, Greinert reports on life while travelling, for example during Bruns’ representation of the Free City of Danzig before the PCIJ in 1932: “On Friday evening, your husband took Stauffenberg, Miss Klaaßen, and me to the Royal. We were all very cheerful, drank sparkling wine, and took great joy in the marvellous meal. One wonders: Are there people able to stomach such menus every day?”: Noltenius (fn. 38), 126; also: Noltenius (fn. 38), 123. However, the sometimes-extreme workload and assumption of “care” work also affected the male staff of the Institute, as reported, for example, by Hermann Mosler in 1995: “A typical day at the Institute […] lasted up to 12 hours. I almost missed my own wedding because I didn’t make the night train to Cologne. […]. The demands on contributions were high, the requirements for meticulous reasoning were relentless. The interpersonal atmosphere was open and trusting”: Mosler (fn. 31), 16; Carlo Schmid, then an advisor and assistant to Erich Kaufmann, the German representative in the arbitration proceedings concerning the liquidation of the German Continental-Gesellschaft of 1929, who had suddenly fallen ill, spent several nights preparing cold compresses for Kaufmann who worked on his pleading to the point of exhaustion.

[40] Photo: MPIL.

[41] Information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[42] Photo: MPIL.

[43] Margarete Noll, Between Two Worlds. From a Gardener’s Daughter to Head of Administration, MPIL100.de.

[44] Karl Doehring, Chronik des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, in: Archives of the Max Planck Society (ed.), Dahlemer Archivgespräche 12 (2006), 273277, 275; information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[45] Information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[46] The position of head of administration used to be the highest-paying position within the Institute’s technical department: information provided by Gerda Wallenwein in a personal conversation with the author, 3 October 2025.

[47] Photo: MPIL.

Die Gutachtenpraxis des KWI zum Kriegsvölkerrecht für das Amt Ausland/Abwehr und das OKW

The KWI's Expert Opinions on the Law of War for the National Socialist Foreign Office, the Abwehr, and the Wehrmacht

Deutsch

Fortführung des Krieges mit anderen Mitteln?

Das Kriegsvölkerrecht wurde in der Zwischenkriegszeit noch als ein zentraler Baustein der völkerrechtlichen Regelungsarchitektur wahrgenommen, galt doch Krieg zu diesem Zeitpunkt noch als normales Mittel der Politik zur Durchsetzung ihrer Ziele – trotz aller Bemühungen, den Rückgriff auf den Krieg als Mittel der Interessendurchsetzung rechtlich einzuhegen, gipfelnd im Briand-Kellogg-Pakt von 1928. Der Stellenwert, den die Rechtsfragen des Krieges zu dieser Zeit noch einnahmen, lässt sich unschwer ermessen, blickt man auf das führende (englischsprachige) Lehrbuch des Völkerrechts dieser Zeit, das International Law von Lassa Oppenheim. Ab der vierten Auflage von 1926 war es im Stoffumfang so angeschwollen, dass es in zwei Bände aufgeteilt werden musste – und einer der beiden Bände war ausschließlich den Fragen von „Disputes, War and Neutrality“ gewidmet.[1] Eine ähnliche Stoffdisposition mit großem Anteil der Rechtsfragen des Krieges zeigt sich auch in anderen Lehrbüchern der Zeit – und das, was wir heute Friedenssicherungsrecht nennen, war noch recht wenig entwickelt, es ging dabei im Kern also um die klassischen Fragen des Kriegsvölkerrechts.

Politisch-institutioneller Kontext

Dementsprechend waren Fragen des Kriegsvölkerrechts von Anbeginn an in der Forschung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (KWI) behandelt worden. Dies erfuhr 1934 eine deutliche Stärkung – Viktor Bruns etablierte im Institut eine eigene Abteilung für Kriegsvölkerrecht, die ihm in der Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Völkerrecht der „Akademie für Deutsches Recht“ zuarbeiten sollte und ein zentrales Forum für die Diskussionen über eine angestrebte künftige Umgestaltung des Völkerrechts im Geiste des Nationalsozialismus darstellte. Leiter dieser kriegsrechtlichen Abteilung wurde 1935 Berthold Graf Schenk von Stauffenberg, der als wissenschaftliches Mitglied des KWI auch – neben Bruns, Ernst Schmitz und Carl Bilfinger – Mitglied im Ausschuss für Kriegsrecht der „Akademie für Deutsches Recht“ wurde, ab Kriegsbeginn dann als Marinestabsrichter abgeordnet als Völkerrechtsberater zum Oberkommando der Marine.[2]

Der Historiker Andreas Toppe beschreibt in seinem Buch „Militär und Kriegsvölkerrecht“ das Wirken von Bruns in diesem Kontext mit den Worten:

 „Der Leiter des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Prof. Viktor Bruns, war gewiß kein Nationalsozialist. Auch konnte er nicht als ‚Grenzgänger‘ betrachtet werden […]. Doch konnte er als Vertreter jener Richtung begriffen werden, ‚die mit rechtlichen Argumenten eine kräftige deutsche Revisionspolitik zu unterstützen suchte‘. Sein Kampf gegen Versailles und seine ‚Entlarvung‘ des Völkerbundes als politische Interessengemeinschaft mündeten allerdings zwangsläufig in eine Diktion, die der Überwindung des Positivismus Vorschub leistete und damit nach 1933 einer nationalsozialistischen Sprachregelung gefährlich nahe kommen mußte.“[3]

Viktor Bruns hatte nach 1933 bewusst eine Strategie der intensiven Vernetzung hinein in die innersten Zirkel der neuen nationalsozialistischen Elite gefahren.[4] Diese enge Vernetzung mit den Führungszirkeln des neuen Regimes hatte für das KWI, dessen Mitarbeiter und die Modalitäten der völkerrechtswissenschaftlichen Arbeit im Institut eine wichtige Abschirmungsfunktion, es versetzte das Institut in die Lage, wie Michael Stolleis schreibt, eine „Art Schutzraum für Internationalität und Information” zu garantieren.[5] Diese Strategie des Direktors Bruns begründete – für die Zeitumstände eher ungewöhnlich – recht hohe Freiheitsgrade nach innen. Man kann dies sehr deutlich in den internen Papieren des Instituts und auch in den gutachterlichen Stellungnahmen sehen. Diese lassen wenig Anpassungsdruck an die gängige Diktion nationalsozialistischer Völkerrechtler und das ‚“konkrete Ordnungsdenken“ à la Carl Schmitt erkennen – von dieser “raunenden“ Diktion hielt man sich eher fern. Der sichere Weg für die Wissenschaftler am Institut war ganz offensichtlich der Rückzug auf eine zurückgenommene Sprache (und Methodik) im Stil des klassischen Völkerrechtspositivismus. Die Analyse des erhaltenen Vorlesungsmanuskripts von Ernst Schmitz, dem stellvertretenen Direktor des KWI, für eine Vorlesungsreihe zum Kriegsvölkerrecht an der Berliner Universität 1938, die auf diesem Blog von Raphael Schäfer veröffentlicht wurde, bestätigt diesen Befund. Schmitz habe in seinem Duktus – so resümiert Schäfer – in der Kontinuität der „traditionellen preußisch-deutschen Schule des Kriegsrechts“ gestanden und habe gezielt Anklänge an die nationalsozialistische Diktion vermieden. Es fehle „an der dem Denken der geistig-politischen Epoche gemäßen Sprache“.

Dieser Grundbefund schlägt sich im Stil der kriegsvölkerrechtlichen Gutachten der Kriegsjahre nieder, die durchgängig in einem trocken-nüchternen, klassisch rechtspositivistischen Ton gehalten sind, unter Vermeidung des (stark ideologisch geprägten) Jargons dezidiert nationalsozialistischer Völkerrechtslehre. Zu deren Einschätzung sollte man den institutionellen Kontext kennen, in dem diese entstanden sind. Mit Blick auf den sich anbahnenden Krieg hatte Viktor Bruns, unter Vermittlung des mit ihm befreundeten Admiral Gladisch, Kontakt zum Amt Ausland/Abwehr aufgenommen, der Militärgeheimdiensteinrichtung der Wehrmacht unter Führung von Admiral Canaris.[6] Mit der Angliederung der Abteilung Ausland an die Abwehr 1938 zählte zu den Aufgaben des Amtes, neben der Unterrichtung über die militärische Lage im Ausland, die Bearbeitung der „völker- rechtlichen Fragen der Kriegführung” (unter Hinzuziehung der Wehrmachtrechtsabteilung). Für diese Aufgabe verfügte das Amt in der Abteilung Ausland über eine eigene Gruppe für völkerrechtliche Fragen, mit fünf Referaten für Fragen des Kriegsvölkerrechts.[7] Der (durchaus ansehnliche) Personalbestand reichte aber mit Ausbruch des Krieges nicht mehr aus, und so einigte man sich im August 1939 mit dem Amt Ausland/Abwehr auf eine institutionalisierte Zusammenarbeit, die das KWI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zu einer Art wissenschaftlichem Dienstleister des Amtes Ausland/Abwehr machte – ein für das KWI nicht unwichtiger Schritt, da man damit das wissenschaftliche Kernpersonal unabkömmlich stellen und so vor dem Einzug in die Wehrmacht schützen konnte. Als Vertreter des Instituts wurde dessen stellvertretender Direktor Ernst Schmitz in die Völkerrechtsgruppe der Abteilung Ausland entsandt. Nach dessen plötzlichem Tod im Januar 1942 trat Wilhelm Wengler an seine Stelle, im Januar 1944 dann Hermann Mosler.[8] Das Institut war damit, wenn auch in einer beratenden Funktion, direkter Teil der Kriegsanstrengungen geworden, allerdings angegliedert an eine dem Oberkommando der Wehrmacht (OKW) unterstehende Einrichtung, die wenig ideologisch geprägt war und manchen Regimekritikern Unterschlupf bot (man denke an den Fall von Helmuth James Graf von Moltke, der im Zuge der Mobilisierung 1939 in die Völkerrechtsgruppe der Abteilung Ausland geraten war).

Gutachten und Berichte des KWI zu Fragen des Kriegsrechts

Die Archivarbeiten von Philipp Glahé haben nun eine ganze Serie dieser für das Amt Ausland/Abwehr – und indirekt das OKW) – erstellten Gutachten und Berichte zutage gefördert.  Zum Teil verdanken wir den Zugang zu den Dokumenten den Recherchen im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes,[9] zum Teil entstammen diese aber auch dem Institutsarchiv. Bei den Fundstücken aus dem Politischen Archiv des Ministeriums lassen die Deckblätter sehr gut die verschlungenen institutionellen Kontexte erkennen, wie das nachfolgende Deckblatt eines Berichtes über die landesrechtliche Praxis zum Seekriegsrecht (Prisenrecht) aus dem Jahr 1940 zeigt.

Gutachten zum Prisenrecht, 1940

Zum Teil handelt es sich aber auch um Fundstücke aus den Handakten von Hermann Mosler, die Mosler selbst 1997, wohl im Lichte seiner baldigen Emeritierung, dem Institut übergeben hat. Dabei geht es um Durchschläge der erstellten Gutachten, die keinerlei institutionelle Kontexte erkennen lassen, deren Handlungskontexte wir nur aus den allgemeinen Rahmenbedingungen erschließen können, in die die gutachterliche Tätigkeit für das OKW eingebettet war.

Die gutachterlichen Stellungnahmen sind, den Arbeitsbedingungen entsprechend, von unterschiedlichem Umfang und Gewicht, behandeln zum Teil auch sehr spezielle Themen, die aus der Praxis der Wehrmachtseinheiten und -dienststellen erwachsen sind. Die im Rahmen der Archivarbeiten erstellte Liste der vorhandenen Gutachten des KWI für das Amt Ausland/Abwehr und das OKW deckt Themen von sehr unterschiedlicher Spezialisierungstiefe ab, zum Teil sehr spezifischen, ja nachgerade kleinteiligen Sonderproblemen gewidmet, deren Herkunft aus der Truppenpraxis der Gutachtenfrage anzusehen ist. Es finden sich dort Themen wie:

  • Art. 52 und 53 der Haager Landkriegsordnung (HLKO)
  • Neutrale Staatsangehörige in der Wehrmacht kriegsführender Staaten
  • Art. 14 des V. Haager Abkommens vom 18.10.1907
  • Rückführung entlassener Kriegsgefangener in die Kriegsgefangenschaft
  • Beurteilung der Verwendung von Phosphorbrandbomben
  • Seenotflugzeuge
  • Sanitätspersonal und militärische Hilfsdienste
  • Kennzeichnung der Luftabwehrhelfer/Kennzeichnung im Luftkrieg
  • Flugzeugbesatzungen der Luftstreitkräfte des De-Gaulle-Komitees an der Ostfront
  • Eheschließung belgischer Kriegsgefangener
  • Strafverfolgung gegen Kriegsgefangene durch die zivilen Strafgerichte
  • Schrotgewehre und -munition, Zulässigkeit für Wachmannschaften

Diese Gutachten sind bewusst nüchtern gehalten und breiten im Kern vor allem das einschlägige Normenmaterial aus und erläutern dessen Implikationen dann für die nicht völkerrechtlich vorgebildeten Militärstäbe. Daneben finden sich im Archivmaterial aber auch eine Reihe von Gutachten zu Fragen des Wirtschaftskriegs, des Prisenrechts und der Stellung Neutraler, ferner einige Gutachten zu eher grundsätzlichen Fragen (meist aus der Feder von Hermann Mosler) wie:

  • Abgrenzung zwischen Land- und Seekriegsrecht
  • Widerstand in den besetzten Gebieten
  • Geschützte Städte

Sieht man sich diese gutachterlichen Stellungnahmen exemplarisch näher an, so zeigt sich ein dezidiert sachlicher Ton. Herausgegriffen sei etwa das Gutachten zum Verhältnis von Art. 52 und 53 HLKO und allgemein zu den Befugnissen der Besatzungsmacht, Privateigentum der Bewohner der besetzten Gebiete für die Zwecke der Besatzungsarmee zu requirieren.[10] Das Gutachten entfaltet zunächst den Normtext der fraglichen Bestimmungen, rekonstruiert – im Sinne einer historischen Auslegung – den Entstehungskontext der Bestimmungen, mit einem besonderen Augenmerk auf den einschlägigen Debatten der Haager Friedenskonferenzen von 1899 und 1907, und zieht auch eine Reihe prominenter Stimmen aus dem englisch- und französischsprachigen Schrifttum zur Auslegung heran, um dann – mit Blick auf Ziel und Zweck der Bestimmungen – zu einer eher restriktiven Auslegung der Bestimmungen zu gelangen, die die Grenzen der Requisitionsbefugnis der Besatzungsmacht betont.

Ein weiteres Gutachten mit allgemeiner Thematik ist die Ausarbeitung zum Thema der geschützten Städte.[11] Hier wird im einleitenden Teil herausgearbeitet, dass die bestehenden Normen des Kriegsvölkerrechts zum Schutz der Zivilbevölkerung und ziviler Objekte nicht ausreichen, um größere Städte vor Bombardierungen und Kampfhandlungen zu bewahren. Selbst wenn gezielt alle Truppenteile und militärischen Einrichtungen verlegt beziehungsweise aufgelöst worden sind, einschließlich der militärisch relevanten Regierungs- und Verwaltungsstellen, bleiben immer noch erhebliche Restrisiken – was nicht zuletzt mit den Unklarheiten der Kategorie der „militärischen Ziele“ zusammenhängt. Besteht wirklich ein ernsthaftes Interesse daran, eine Stadt intakt in die Hände des Gegners fallen zu lassen, um die dort gelegenen Kulturgüter wie die Bevölkerung der Stadt zu schonen, so bedarf es letztlich spezieller Vereinbarungen mit der gegnerischen Konfliktpartei. Aufbauend auf einer sorgfältigen Rekonstruktion der jüngeren Staatenpraxis zur Frage der geschützten Städte werden die konkreten Voraussetzungen einer solchen Schutzvereinbarung herausgearbeitet. Geschrieben in einer relativ späten Phase des Krieges, handelte es sich mit Blick auf die bevorstehende Schlussphase des Krieges um eine hochgradig wichtige Fragestellung – was so aber natürlich angesichts der nationalsozialistischen „Endsieg“-Propaganda nicht gesagt beziehungsweise geschrieben werden konnte.

Von erheblicher Relevanz für die Praxis der deutschen Besatzungstruppen war eine gutachterliche Stellungnahme zu einem besonders heiklen Punkt der Besatzungspraxis, das Gutachten zu „Widerstand in besetzten Gebieten“.[12] Heikel ist dieses Thema, da im Gefolge der alten „Franktireurs“-Debatte hier von Preußen und dann dem Deutschen Reich schon immer eine recht rigide Position vertreten wurde, die überaus harsche Gegenmaßnahmen zuließ, während zugleich die Kodifikation der HLKO das Problem nur sehr unzureichend regelte. In der Praxis führte dies zu einem sehr harten und blutigen Vorgehen der deutschen Besatzungstruppen gegen Widerstandsbewegungen. Hermann Mosler weist in dem Gutachten mit sehr differenzierter Argumentation die These zurück, der „Heimatstaat“ begehe mit der Aufstachelung zum Widerstand und der Förderung von Widerstandsaktionen ein völkerrechtliches Delikt. Dem Staat, dem das Gebiet territorial im Völkerrecht weiter zugeordnet sei, stehe im Grundsatz durchaus das Recht zu, den bewaffneten Kampf gegen die Besetzung fortzusetzen. Für die Bevölkerung des besetzten Gebietes, die sich in den bewaffneten Widerstand einbringe, stelle die Teilnahme an Handlungen des Widerstands allerdings einen „Risikoakt“ dar, denn die handelnden Individuen seien völkerrechtlich kaum geschützt, schon gar nicht durch den Kombattantenstatus, aber auch sonst gebe es kaum Schutzvorkehrungen für in den Widerstand involvierte Individuen. Was bei diesen Ausführungen völlig ausgespart bleibt – weil wohl auch nicht durch den Gutachtenauftrag abgedeckt – sind die besonders heiklen Problematiken der strafrechtlichen Verfolgung wegen „Freischärlerei“ und des „Kriegsverrats“ nach dem deutschen Militärstrafgesetzbuch. Ob Bewohner besetzter Gebiete, deren primäre (auch rechtlich geforderte) Loyalität ihrer Staatsangehörigkeit gilt, wirklich mit Widerstandsakten „Verrat“ gegenüber der Besatzungsmacht begehen können, ist durchaus problematisch.[13]

An diesem Beispiel zeigen sich dann auch die Grenzen der geschilderten Gutachtenpraxis. Die gutachterlichen Stellungnahmen waren in der Regel durch die Gutachtenaufträge thematisch sehr eng eingegrenzt und waren damit kein Ort kritischer Reflexion der Praxis deutscher Kriegführung und der Praktiken militärischer Besetzung in weiten Teilen Ostmittel- und Osteuropas – soweit eine kritische Reflexion im institutionellen Kontext eines totalitären Regimes im Kriegszustand überhaupt denkbar gewesen wäre. Was die Gutachten durch ihren trocken-nüchternen, dezidiert völkerrechtspositivistischen Ton jedoch leisteten, war eine Versachlichung der Debatte – und eine Mahnung daran, dass Kriegführung nicht im rechtlichen Vakuum stattfindet, sondern etablierten Regeln des Kriegsvölkerrechts unterliegt.

Wirkungen?

Was aus den Akten in der Regel kaum zu rekonstruieren ist,  ist die Wirkung dieser Gutachten. Ob überhaupt, und welche, Auswirkungen die Gutachten für die militärische Praxis hatten, wissen wir in der Regel nicht. Eine seriöse Impact-Analyse ist angesichts des fragmentarischen Archivmaterials kaum zu leisten. Schon die Reaktionen, die die über das Amt Ausland/Abwehr an das OKW geleiteten Gutachten dort auslösten, sind im Regelfall nicht ernsthaft zu rekonstruieren, von den Wirkungen auf die Truppenpraxis ganz zu schweigen.

Es handelte sich, schon vom institutionellen Kontext her, durchgängig um Beratungspapiere für die militärische Führung, an die sie allerdings nur unter Durchlaufen mehrerer institutioneller Filter gelangten. Schon in der Wehrmachtsabteilung des OKW, Gruppe III, Referat Völkerrecht/Wehrrecht unter dem Geheimen Kriegsrat Dr. Maximilian Wagner, stießen diese Papiere üblicherweise auf ein gehöriges Maß an Skepsis, war der noch im preußischen Kriegsministerium der Kaiserzeit sozialisierte Gruppenleiter doch ein Militärjurist in der Tradition der preußischen Militärjustiz, mit starker Skepsis gegenüber dem Völkerrecht.[14] Nur in Einzelfällen lassen sich die Wirkungen derartiger Gutachten halbwegs rekonstruieren. Eines dieser Beispiele ist die in dem Dokumentenband von Ger van Roon zu Helmuth James Graf von Moltke dokumentierte Vortragsnotiz für Admiral Canaris zur Fesselung von Kriegsgefangenen, die im Rahmen der Tätigkeit von Graf Moltke in der Gruppe VI des Amtes Ausland/Abwehr entstanden ist.[15] In Reaktion auf Praktiken der Militärs, Kriegsgefangene aus den Streitkräften der Alliierten in Ketten zu legen, wies Moltke darauf hin, dies sei nicht nur kriegsvölkerrechtlich problematisch, sondern schade auch politisch den Interessen des Reiches, da man sich im Kriegsgefangenenrecht in einem Bereich unmittelbar wirksamer Reziprozitäten bewege, wo zu erwarten sei, dass eine Repressalie dann von der Gegenseite wiederum mit Repressalien beantwortet werde. Im Ergebnis sei diese Maßnahme kontraproduktiv für deutsche Interessen – ein Argument, das ersichtlich Gehör fand.[16]

Nicht durchgängig gab es allerdings derartige Kontexte unmittelbarer Reziprozität, die auch hartleibige Militärs zum Nachdenken über die Folgen des eigenen Tuns zwang. In der Regel war, vor allem im Kontext des Rechts der militärische Besetzung, keine direkte Problemfolge für die Wehrmacht und die (häufig zivilen) Besatzungsbehörden zu erwarten, was dazu geführt haben dürfe, dass die Botschaften der Gutachten ungehört verhallten – Befolgung des Völkerrechts um seiner selbst willen war keine traditionelle Tugend deutscher Streitkräfte, und schon gar nicht der, unter der Dominanz der Partei stehenden, Besatzungsverwaltungen. Gleichwohl handelt es sich bei den noch auffindbaren Gutachten um ernsthafte Bemühungen, das OKW an die völkerrechtlichen Schranken zu erinnern, denen Kriegführung eigentlich unterliegt. Schon das war unter den obwaltenden Umständen nicht gering zu achten, und stellt keine „Fortführung des Krieges mit rechtlichen Mitteln“ dar, sondern ist eher, im Gegenteil, Ausfluss des klassischen Bestrebens der „gentle civilizer“  und eines den Gedanken der Aufklärung verhafteten Völkerrechts, die Brutalitäten des Krieges rechtlich einzuhegen. Mehr war unter den Umständen eines mit ideologischer Härte geführten „totalen Krieges“ wohl kaum zu leisten.

***

[1] Lassa Oppenheim, International Law, Bd. 2: Disputes, War and Neutrality, 4. Ausg., London: Longmans, Green and Co 1926.

[2] Zu den Ambivalenzen in dessen Haltung zum Nationalsozialismus, siehe: Philipp Glahé, Völkerrecht im Widerstand? Berthold von Stauffenberg in der Erinnerungskultur des Instituts, MPIL100.de.

[3] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht: Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899–1940, München: Oldenbourg 2008, 208.

[4] Näher: Toppe (Fn. 3), 210.

[5] Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 3: Staats- und

Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945, München: C.H. Beck 1999, 395f.

[6] Toppe (Fn. 32), 193.

[7] Toppe (Fn. 3), 191–193.

[8] Toppe (Fn. 3), 193.

[9] PA AA, R 4698.

[10] Hermann Mosler, [Gutachten zu] „Art. 52 und 53 der Haager Landkriegsordnung“, MPIL-Archiv.

[11] Hermann Mosler, [Gutachten zu] „Geschützte Städte“, MPIL-Archiv.

[12] Hermann Mosler, [Gutachten zu] „Widerstand in besetzten Gebieten“, MPIL-Archiv.

[13] Vgl., zur darüber im Ausschuss für Völkerrecht geführten Debatte, näher: Toppe (Fn. 3), 406 ff.

[14] Vgl.: Toppe (Fn. 3), 189.

[15] Vgl. dazu: Helmuth James Graf von Moltke, Völkerrecht im Dienste der Menschen, herausgegeben von Ger van Roon, Berlin: Siedler 1986, 269 f.; 274.

[16] Vgl.: von Moltke (Fn. 14), 25.

English

A Continuation of War by Other Means?

In the interwar period, international humanitarian law was still perceived as a central component of the regulatory architecture of international law, as war was still considered a standard means of politics — despite all jurisprudential efforts to restrict the use of war as a means of asserting interests, culminating in the Briand-Kellogg Pact of 1928. The importance that legal issues relating to war still had can be gauged by looking at the leading (English-language) textbook on international law of the time, Lassa Oppenheim’s International Law. By the fourth edition, published in 1926, the scope of the material had grown so much that it had to be divided into two volumes — one of which was devoted exclusively to questions of “Disputes, War and Neutrality”.[1] A similar arrangement of material, with a large proportion devoted to legal issues of war, can also be found in other textbooks of the time — and since what is called peacekeeping today was still in its infancy, the focus was essentially on the traditional issues of the international law of war.

Political and Institutional Context

Accordingly, questions of the international law of war had always been addressed in the research of the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law (KWI). Yet, this subject was brought to the forefront in 1934, when Viktor Bruns established a separate department for the law of war at the Institute, which was to assist him in his role as chairman of the Committee for International Law of the “Academy for German Law” and served as a central forum for discussions on the envisaged future restructuring of international law in the spirit of National Socialism. In 1935, Berthold Graf Schenk von Stauffenberg was appointed head of the law of war department. As a scientific member of the KWI, he also went on to become a member of the Committee for the Law of War of the “Academy for German Law”, alongside Bruns, Ernst Schmitz, and Carl Bilfinger. From the beginning of the war, he was seconded as a naval staff judge to the High Command of the Navy as an advisor on international law.[2]

In his book Militär und Kriegsvölkerrecht (“Military and International Law of War”), historian Andreas Toppe describes Bruns’ work in this context with the following words:

“The director of the Institute for Comparative Public Law and International Law, Professor Viktor Bruns, was certainly not a National Socialist. Nor could he be considered “on the edge” […]. But he could be understood as a representative of the school of thought ‘that sought to support, with jurisprudential arguments, a vigorous revisionist policy of Germany’. His struggle against Versailles and his “unmasking” of the League of Nations as a political interest group, however, inevitably led to a diction that promoted the overcoming of legal positivism and thus, by its nature, came dangerously close to the language imposed by the National Socialists after 1933.”[3]

After 1933, Viktor Bruns had indeed deliberately pursued a strategy of intensive networking with the innermost circles of the new National Socialist elite.[4] This close connection with the leadership circles of the new regime had an important protective function for the KWI, its employees, and the modalities of international law research at the Institute. As Michael Stolleis writes, it enabled the Institute to guarantee a “kind of safe haven for internationality and information”.[5] Director Bruns’ strategy resulted in a relatively high degree of internal freedom, which was rather unusual, considering the general environment at the time. This is illustrated very clearly by the Institute’s internal documents and also in the expert opinions of this era. These reveal little pressure to conform to the common diction of National Socialist international law scholars and the “konkretes Ordnungsdenken” (roughly: “theory of factual order”) à la Carl Schmitt — the Institute tended to steer clear of this ‘murmuring’ diction. The safe path for the scholars at the Institute was quite obviously to retreat to a restrained language (and methodology) in the style of classical international law positivism. The analysis of a surviving lecture manuscript by Ernst Schmitz, then deputy director of the KWI, for a series of lectures on the law of war at the University of Berlin in 1938, published on this blog by Raphael Schäfer, confirms this finding: Schmitz’s style was in line with the “traditional Prussian-German school of the law of war” and deliberately avoided echoing National Socialist diction, Schäfer finds; it lacks any “language characteristic of the intellectual and political mindset of the era”.

This general finding is reflected in the style of the expert opinions on international law produced during the war years, which are all kept in a sober and classic legal positivist tone, avoiding the (strongly ideological) jargon of National Socialist international law doctrine. To assess these opinions, one should be familiar with the institutional context in which they were written. Anticipating the nearing of war, Viktor Bruns had, through the mediation of his friend Admiral Gladisch, contacted the Amt Ausland/Abwehr, the military intelligence service of the Wehrmacht under the leadership of Admiral Canaris.[6] With the incorporation of the department Ausland (Foreign Countries) to the Abwehr (Counterintelligence) in 1938, the office’s tasks included, in addition to providing information on the military situation abroad, dealing with “international law issues of warfare” (with the involvement of the Wehrmacht‘s legal department). For this task, the Office’s Ausland-division had its own group for international law issues, with five departments for questions of the law of war.[7] The (considerable) number of staff was, however, no longer sufficient once war had broken out, and so an agreement on institutionalised cooperation was made between the Amt Ausland/Abwehr and the KWI in August 1939, which made the Institute a kind of scientific service provider for the ministry. This step was not insignificant for the KWI, as it meant that the core scientific staff could be declared indispensable and thus protected from conscription into the Wehrmacht. The Institute’s deputy director, Ernst Schmitz, was sent to the international law group of the Ausland-division as the Institute’s representative. After his sudden death in January 1942, Wilhelm Wengler took his place, followed by Hermann Mosler in January 1944.[8] The Institute had thus become a direct part of the war effort, albeit in an advisory capacity and affiliated with an institution subordinate to the Oberkommando der Wehrmacht (High Command of the Wehrmacht) that was not particularly ideological and offered refuge to some critics of the regime (one may consider, for example, the case of Helmuth James Graf von Moltke, who had ended up in the international law group of the Ausland-division in the course of the mobilisation of 1939).

The KWI’s Expert Opinions and Reports on Questions of the Law of War

The recent archival work of Philipp Glahé has brought to light a whole series of these expert opinions and reports prepared for the Amt Ausland/Abwehr, and indirectly the High Command of the Wehrmacht. In part, access to these documents is owed to research in the Politisches Archiv (Political Archive) of the Foreign Office,[9] while others were discovered in the Institute’s own archives. In the case of the finds from the ministry’s Political Archive, their respective front pages provide a fascinating insight into the complex institutional contexts from which they stem, as exemplified by the following front page of a report on the practice of maritime law (prize law) on the sub-federal level from 1940.

Expert opinion on prize law, 1940

Some of the finds, however, come from Hermann Mosler’s personal collection of files, which he handed over to the Institute in 1995, likely in view of his imminent retirement. These are copies of expert opinions prepared during the same period, which however contain no indication of their institutional context. Here, we must resort to reconstructing the context from the general conditions in which the preparation of expert opinions for the High Command of the Wehrmacht was embedded.

The list of recovered KWI expert opinions for the Amt Ausland/Abwehr and the Wehrmacht, compiled as part of the archival work, covers topics of very different degrees of specialisation. Some reports are devoted to very specific and technical questions, which can easily be identified as having emerged from the concrete situation of active troops. Topics include:

  • Articles 52 and 53 of the Fourth Hague Convention of 1907
  • Nationals of neutral states in the army of belligerent states
  • Article 14 of the Fifth Hague Convention of 1907
  • Return of released prisoners of war to captivity
  • Assessment of the use of phosphorus incendiary bombs
  • Sea rescue aircraft
  • Medical personnel and military auxiliary services
  • Identification of air defence assistants / identification in air warfare
  • Aircraft crews of the Airforce of the French National Committee (“De Gaulle Committee”) on the Eastern Front
  • Marriages of Belgian prisoners of war
  • Criminal prosecution of prisoners of war by civil criminal courts
  • Shotguns and lead shot, admissibility for guard units

These expert opinions are purposely kept in a sober tone. They essentially outline the relevant legal norms and explain their implications for military staff not trained in international law. In addition, however, the archive material contains a number of reports on issues of economic warfare, prize law, and the position of neutral states, as well as some expert opinions on more fundamental issues (mostly penned by Hermann Mosler), such as:

  • Distinction between the law of war on land and the law of maritime warfare
  • Resistance in occupied territories
  • Protected cities

A closer look at these expert opinions reveals a decidedly objective tone. One example is the expert opinion on the relationship between Articles 52 and 53 of the Fourth Hague Convention of 1907 and, more generally, on the legal ability of the occupying power to requisition the private property of the inhabitants of the occupied territories for the purposes of the occupying army:[10]  The expert opinion first lays out the text of the relevant norms; then it reconstructs — in the sense of a historical interpretation — the context in which the provisions were created, with particular attention to the relevant debates at the Hague Peace Conferences of 1899 and 1907. It further draws on a number of prominent voices in international law scholarship, including from English- and French-language literature, and finally arrives — with a view to the telos of the provisions — at a rather restrictive interpretation of the norms in question, emphasising the limits of the occupying power’s legal ability of requisition.

Another report of a more general nature is that on protected cities.[11] In its introductory section it is argued that existing norms for the protection of civilians and civilian objects are insufficient to protect larger cities from bombing and combat operations. Even if all military units and facilities, including military-related government and administrative offices, had been relocated or disbanded, there were still considerable residual risks  — not least due to the lack of clarity of the category of ‘military targets’. Therefore, if there was a genuine interest in letting a city fall into the hands of the enemy intact — in order to spare cultural monuments or the city’s population — ultimately, special agreements with the opposing party to the conflict were required. The report goes on to outline the specific requirements for such a protection agreement, based on a careful reconstruction of recent state practice on the issue of protected cities. This document, written at a relatively late stage of the war, dealt with an issue of utmost importance, in view of its impending final phase — which, in the face of  National Socialist Endsieg-propaganda, could of course not be communicated openly.

Of considerable relevance for the real-life conduct of the German occupying forces was an expert opinion on a particularly sensitive issue: the Report on Resistance in Occupied Territories.[12] The issue was so sensitive because Prussia and then the German Reich, in the tradition of the much older debate on Francs-tireurs, had always taken a rather rigid position, allowing for extremely harsh countermeasures, while, at the same time, the codified rules of the Hague Conventions were sparse and unable to solve the issue comprehensively. In practice, this led to a very tough and bloody treatment of resistance movements by the German occupying forces. In his expert opinion, Hermann Mosler develops a very nuanced argument and ultimately rejects the thesis that the “home state” breaches international law by inciting resistance or promoting acts of resistance. The state to which the territory continues to be assigned under international law is, in principle, entitled to continue the armed struggle against the occupation, he contends. Mosler also holds, however, that participation in acts of resistance constitutes a “risky act” for the population of the occupied, since the individuals involved enjoy hardly any protections under international law — certainly not those of combatant status — and there are few other safeguards for persons involved in the resistance. The report fails to discuss — probably because they were not covered by the inquiry made to the Institute — the particularly difficult issues of criminal prosecution for Freischärlerei  (guerrilla warfare) and Kriegsverrat (military treason) under the German Militärstrafgesetzbuch (Military Penal Code). Whether residents of occupied territories, whose primary (and legally required) loyalty is to their nationality, can really be held criminally responsible for committing “treason” against the occupying power through acts of resistance is highly dubious.[13]

This example highlights the limitations of role the KWI played by delivering expert opinions. They were elaborations on the usually very specific subject matters inquired about and not a forum for critical reflection on the realities of German warfare and military occupation in large parts of East-Central Europe and Eastern Europe — insofar as critical reflection would have been at all conceivable within the institutional context of a totalitarian regime at war. What the expert opinions achieved with their sober, decidedly positivist tone, however, was to add objectivity to the debate — and to serve as a reminder that warfare does not take place in a legal vacuum, but is subject to established rules of international law.

Significance?

The effect these expert opinions had can hardly be reconstructed from the files. For the most part, we do not know what impact the expert opinions had on military practice — if they had one at all. A serious impact analysis is hardly possible given the fragmentary archive material. Even the reactions at the High Command of the Wehrmacht to the KWI’s reports forwarded via the Amt Ausland/Abwehr cannot usually be reconstructed in a reliable fashion, much less any possible effects on military practice.

From an institutional perspective, the expert opinions clearly constituted advisory documents for the military leadership, which they were, however, only able to reach after having passed trough multiple institutional filters. In the Wehrmacht-division of the High Command of the Wehrmacht, Group III, Department International Law/Military Law under the lead of Geheimer Kriegsrat (“Privy War Councillor”) Dr Maximilian Wagner, these papers were usually met with a considerable degree of scepticism. Not least because said group leader, who had been socialised in the Prussian Ministry of War during the Imperial Era, remained an exponent of the Prussian military law tradition and thus highly sceptical towards international law.[14] It is only in a limited number of cases that the effects of expert opinions can be somewhat reconstructed. One such example is the lecture note for Admiral Canaris on the shackling of prisoners of war, produced in the context of Graf von Moltke’s work in Group VI of the Amt Ausland/Abwehr, documented in Ger van Roon’s volume of documents on Helmuth James Graf von Moltke:[15] In response to the military’s practice of putting prisoners of war from the Allied armed forces in shackles, Moltke pointed out that this was not only problematic under the international law of war, but also from the perspective of the political interests of the Reich, since the law on prisoners of war was an area governed by immediate reciprocity where it was to be expected that any reprisal would in turn be met with counter-reprisals. As a result, he concluded, this measure was counterproductive to German interests — an argument that evidentially heard.[16]

However, not all questions of military conduct stood in a context of immediate reciprocity, forcing even hard-nosed military leaders to consider the consequences of their actions. Generally, especially in the context of the law of military occupation, no direct consequences were to be expected for the Wehrmacht and the (often civilian) occupation authorities, which is likely to have led to the messages of the expert opinions falling on deaf ears. Compliance with international law for its own sake was not a traditional virtue of the German armed forces, and certainly not of the occupation administrations dominated by the Nacional Socialist Party. Nevertheless, the surviving expert opinions represent serious efforts to remind the High Command of the Wehrmacht of the restrictions international law imposes on the conduct of war. This should not to be discounted, given the prevailing circumstances and does not constitute a “continuation of war by legal means”, but, on the contrary, is the result of the classical endeavour of the “gentle civilisers” and of an international law rooted in the ideas of the Enlightenment to legally contain the brutalities of war. Under the circumstances of a “total war” waged with ideological ferocity, it was hardly possible to achieve more.

***

[1] Lassa Oppenheim, International Law, Vol. 2: Disputes, War and Neutrality, 4. ed., London: Longmans, Green and Co 1926.

[2] On the ambivalences of his position on National Socialism, see: Philipp Glahé, International Law in Resistance? Berthold von Stauffenberg in the Institute’s Culture of Remembrance, MPIL100.de.

[3] Andreas Toppe, Militär und Kriegsvölkerrecht: Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899–1940, Munich: Oldenbourg 2008, 208.

[4] For more details, see: Toppe (fn. 3), 210.

[5] Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Vol. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945, Munich: C.H. Beck 1999, 395f.

[6] Toppe (Fn. 32), 193.

[7] Toppe (Fn. 3), 191–193.

[8] Toppe (Fn. 3), 193.

[9] PA AA, R 4698.

[10] Hermann Mosler, Report on Articles 52 and 53 of the Fourth Hague Convention of 1907 [„Art. 52 und 53 der Haager Landkriegsordnung“], MPIL Archive.

[11] Hermann Mosler, Report on Protected Cities [„Geschützte Städte“], MPIL Archive.

[12] Hermann Mosler, Report on Restance in Occupied Territories [„Widerstand in besetzten Gebieten“], MPIL Archive.

[13] Cf., on the debate in the Committee for International Law on this, in more detail: Toppe (fn. 3), 406 ff.

[14] Cf.: Toppe (fn. 3), 189.

[15] Cf., on this: Helmuth James Graf von Moltke, Völkerrecht im Dienste der Menschen, edited by Ger van Roon, Berlin: Siedler 1986, 269 f.; 274.

[16] Cf.: von Moltke (fn. 14), 25.

Turning Enemies Into Constitutional Partners

MPIL100 Conversation with Rüdiger Wolfrum

When rival Sudanese delegations arrived in Heidelberg in 2002, they refused even to share a hotel lobby. Three sleepless weeks later they walked out of the Max Planck Institute with a joint bill of rights that became the spine of Sudan’s 2005 Interim Constitution.

At the center was Rüdiger Wolfrum: international judge, peace-broker, and the first “outsider” ever hired to direct the institute. He insists academia should do more than publish; it should settle real disputes. “The Foreign Office never touched our text,” he recalls, proud of a process that mixed 3 a.m. draft sessions with feedback from chiefs, mayors, and imams.

Wolfrum emphasizes that the advisory group at these negotiations included acclaimed experts from both the Global South and North—among them Judge Tafsir Malick Ndiaye (Senegal), Judge Thomas A. Mensah (Ghana), Prince Raad bin Zeid (Jordan), Professor Fred Morrison (USA), and Ambassador Tono Eitel (Germany). Crucially, representatives from both Sudan and South Sudan were able to fully participate and shape the process. As Wolfrum notes, “A constitution that is imposed — or even merely feels imposed — can never achieve the acceptance necessary for its effectiveness.”

In this MPIL100 conversation with Moritz Vinken, Wolfrum explains how academia can host hard political talks, and why young scholars shouldn’t choose between rigor and relevance—they can, and must, deliver both.

About Rüdiger Wolfrum

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As a lawyer, Rüdiger Wolfrum bridged courtroom, classroom, and conflict mediation. As president and long-serving judge of the International Tribunal for the Law of the Sea, he helped shape modern maritime jurisprudence while directing the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law in Heidelberg. A builder of legal knowledge infrastructures, he spearheaded the Max Planck Encyclopedia of Public International Law (MPEPIL) and the Journal of the History of International Law (JHIL), and advanced ideas like solidarity as a structural principle of international law. Beyond scholarship, he advised peace and constitution-making processes in Sudan, South Sudan, and Lebanon, designing inclusive, locally grounded negotiations. His work—a blend of doctrine and practice—has influenced courts, scholars, and policymakers, and continues through the Max Planck Foundation for International Peace and the Rule of Law.

The Impossible Choice That Never Ends

MPIL100 Conversation with Armin von Bogdandy

“I find it difficult to draw such a clear line,” reflects Armin von Bogdandy on the moral dilemma that has haunted intellectuals for generations: engage with problematic power, or preserve principle through withdrawal?

Von Bogdandy, a director at MPIL and a recipient of Germany’s Leibniz Prize, uses a century of institutional memory to probe this tension. Through the triptych in the Institute’s entrance hall, he traces how Germany’s military defeats reshaped legal scholarship — from nationalist instrumentalism to European integration and constitutional jurisprudence.

This conversation with historian Philipp Glahé draws uncomfortable parallels between past and present: Institute colleagues who collaborated with Nazi authorities alongside those who joined the resistance, mirrored by contemporary scholars’ dilemmas over engaging controversial governments. “These are very difficult situations,” he acknowledges, refusing easy moral categories.

As institutional memory fades — over half of today’s staff are under 35 — von Bogdandy challenges academic orthodoxies, arguing that the Institute’s strength lies less in a shared identity than in productive disagreement, and showing why the choice between engagement and principle transcends any single historical moment.

About Armin von Bogdandy

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Armin von Bogdandy is director at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law in Heidelberg, pairing rigorous theory with engagement in constitutional and rule‑of‑law crises. He helped coin influential frameworks — “international public authority,” analysing how actors like the OECD shape national policy through information, and “transformative constitutionalism,” advancing regional human rights–driven change in Latin America. He has contributed legal analyses and proposals that inform EU debates on democratic backsliding. A recipient of multiple honorary doctorates, he exemplifies the scholar‑practitioner: multilingual, philosophically trained, and comparative in outlook. His work insists that law’s deepest questions transcend borders — and that answering them demands both conceptual ambition and institutional craftsmanship.

Why Translating Law Means Translating Culture

MPIL100 Conversation with Karin Oellers-Frahm

Legal concepts rarely transfer neatly from one system to another. Over five decades at Heidelberg’s Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law, Karin Oellers-Frahm saw how familiar‑looking terms can have very different meanings across jurisdictions. Trained as a French‑Italian interpreter in the 1970s, she soon moved into international law, building a career that combined linguistic skill with deep engagement in comparative and public international law.

From co‑editing a leading commentary on the Statute of the International Court of Justice to witnessing the Institute’s shift from German‑only conferences to an English‑dominated discourse, she learned that true precision rests on cultural fluency as much as on translation. As machine translation advances and English becomes academia’s common language, she reflects with MPIL’s Carolyn Moser and Philipp Glahé on what may be lost — and why future international lawyers must master the legal cultures behind the words.

About Karin Oellers-Frahm

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Karin Oellers-Frahm rose from interpreter training to become one of Germany’s quiet power brokers in international law. After stints translating at the nascent European Community, she joined Heidelberg’s Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law in 1970—an uninvited female newcomer in a world of male jurists. There she helped turn dusty court files into living doctrine: her early thesis that provisional measures of the International Court of Justice must bind states later shaped ICJ jurisprudence. A polyglot with a taste for method, she co-edited the leading commentary on the Court’s Statute, steered the monumental “Fontes” case-law series and mentored generations through Jessup moot courts. Half a century on, alumni still carry the MPI imprint she personifies: rigor, linguistic precision, and an insistence that law’s global dialogue depends on culture as much as codes.

A Curator’s Voice in the Age of Search and Access

MPIL100 Conversation with Joachim Schwietzke

“The library serves the institute”, says Joachim Schwietzke and unfolds a century‑spanning portrait of the MPIL’s collection: from Berlin Palace and a “central room” featuring a paper index, through wartime loss and postwar rescues, to Heidelberg’s systematically arranged library stacks stretching 43 kilometres. He argues that serious international and public law research rests on curated foundations: treaties, statute and case reports, parliamentary records, and the publications of the UN, EU, and League of Nations—framed by a General Section that puts law in dialogue with history, philosophy, sociology, and military and colonial studies.

About Joachim Schwietzke

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Against keyword search, Schwietzke defends expert selection, multilingual breadth, and on‑site browsing—methods that keep scholarship anchored in sources and context, and keep the institute’s mission at the heart of the library.

Joachim Schwietzke, a lawyer turned librarian, helped shape one of the world’s preeminent specialist law libraries at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law in Heidelberg. Joining the institute in 1975 and later serving as Library Director, he steered its transformation from paper indexes to digital systems while expanding a systematically arranged, closed‑stacks collection spanning international law, comparative public law, legal philosophy, and a striking General Section that embeds law in history, sociology, and military and colonial studies. A longtime leader in the International Association of Law Libraries, he also co‑authored widely used bibliographical compendia on diplomatic conferences and multilateral treaty practice (1641–1924), reference works that bridge archival rigor and scholarly utility.

The Art of Academic Resilience in an Age of Intellectual Fragility

MPIL100 Conversation with Juliane Kokott

“You don’t always have to be right immediately,” reflects Juliane Kokott—advice that feels radical in today’s academic climate. While today’s emerging scholars often feel compelled to retreat from intellectual risk, Kokott’s path from Max Planck researcher to Europe’s longest-serving Advocate General reveals what intellectual courage actually looks like.

Her story begins in 1980s Heidelberg, where academic debates were “crushing” affairs that could end careers. Yet Kokott learned to separate personal worth from intellectual criticism. “If someone thinks the view is wrong, you just discuss it with the next person,” she explains. Her approach of waiting, reflecting, and returning with stronger arguments contrasts sharply with today’s publish-or-perish anxiety and social media pile-ons, so often felt as oppressive burdens by today’s younger scholars.

From handwritten manuscripts to digital courtrooms, from being one of two women among thirty men to shaping European law through 500-plus judicial opinions, Kokott’s career shows that intellectual resilience isn’t about armor—it’s about staying curious when others quit.

In conversation with MPIL’s Robert Stendel and Philipp Glahé, Kokott reveals precious, seemingly forgotten techniques of academic survival and why the next generation desperately needs to relearn them.

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About Juliane Kokott

Juliane Kokott has carved an uncommon path from Heidelberg lecture halls to the bench of Europe’s highest court. A double-doctorate scholar with credentials from Harvard and Washington, she honed her comparative legal instincts during pivotal years at the Max Planck Institute for International Law, where she navigated country departments spanning Inter-American human rights to European Community law while becoming one of the first women to habilitate there.

She traded ivory-tower contemplation for frontline legal impact in 2003, when she became Advocate General at the Court of Justice of the European Union—only the third woman ever to hold the post and now its longest-serving voice. Her more than 500 influential opinions, spanning competition, tax and fundamental rights, are famed for crisp language and comparative depth rooted in her Max Planck training in empirical, cross-border legal analysis. Kokott balances scholarship—professorial stints across Germany and Switzerland, editorships and global tax projects—with a reputation for principled advocacy for gender equality. Colleagues call her the Court’s “comparative conscience,” a jurist who turns sprawling doctrine into pragmatic guidance for a rapidly integrating Europe.

A Legal-Academic Island During the 1968 Upheaval

MPIL100 Conversation with Konrad Buschbeck

While students rioted in Heidelberg’s streets and police stormed lecture halls, Konrad Buschbeck spent nights on a leather sofa, keeping watch over the Institute’s precious library. “We lived in another world,” he recalls of the legal scholars who remained largely untouched by the 1968 upheaval raging just miles away.

From 1965-1970, Buschbeck inhabited this insulated academic haven—a tight-knit community of “male German jurists” where formal address was standard and soccer games fostered the only informality. The Institute’s researchers heard about protests like “war correspondents,” reporting back from the outside world while their own routines continued undisturbed.

This isolation reflected deeper patterns: a generation’s reluctance to confront the Nazi past of figures like Carl Schmitt, whose “fascinating” intellect Buschbeck had encountered firsthand. While revolution called for accountability, the Institute’s elite networks quietly prepared members for careers in government, diplomacy, and European institutions.

Buschbeck’s reflections reveal how academic privilege can create both opportunity and blind spots. His journey from this protected world to roles including Germany’s first Science Attaché to Poland illustrates the complex legacy of institutions that shaped postwar German elites while remaining largely detached from the social upheavals around them.

About Konrad Buschbeck

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Konrad Buschbeck is a retired German diplomat and legal scholar who bridged law, science policy, and international relations. Born in 1938, he earned his doctorate at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law (1965-1970) under Professor Karl Doehring.

His career exemplified the Institute’s “revolving door” function, transitioning from academia to high-level government roles. He served as legal counsel for the German Red Cross on Geneva Convention reforms and held positions in the Federal Ministry for Education and Research, Germany’s EU representation during enlargement.

His capstone role was as Germany’s first Science Attaché to Poland (post-1989), where he orchestrated the first official visit of a Max Planck Society president to Poland, advancing bilateral scientific cooperation during post-Cold War reconciliation. He received the Foundation for Polish Science’s Honorary Distinction for fostering German-Polish ties.

From Terrorism to AI: Legal Scholarship in Changing Times

MPIL100 Conversation with Silja Vöneky

“As a scholar, one is committed to truth,” says Professor Silja Vöneky—a guiding principle throughout her two decades at the intersection of law and ethics. Beginning at Heidelberg’s Max Planck Institute in 1995 with environmental law, Vöneky’s focus pivoted dramatically after 9/11. She controversially argued that the Geneva Conventions might apply to terrorism if state involvement could be proven.

Her career spans international law, bioethics, and most recently, the legal regulation of artificial intelligence—always prioritizing rigorous, principled debate over political convenience. Vöneky’s impact isn’t just academic: she’s brought theory into practice as a peace negotiator in Sudan and expert in Antarctic treaty talks.

In conversation with MPIL’s Silvia Steininger, Vöneky reflects on how academia itself has changed: from hierarchical meetings to more collaborative, interdisciplinary work. Her story illustrates the ongoing challenge for scholars—upholding foundational principles while adapting to a rapidly changing world.

The Interview was conducted in January 2025.

About Silja Vöneky

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Professor Silja Vöneky is one of Germany’s most influential legal scholars at the crossroads of international law, ethics, and technology. As a judge on the Constitutional Court of Baden-Württemberg and Professor at the University of Freiburg, she has shaped thinking on the legal and ethical governance of AI and biotechnology. Vöneky’s career began with environmental law and expanded to global legal responses to terrorism after 9/11, where her rigorous, independent approach advanced the application of humanitarian principles. She has chaired major ethics councils, led interdisciplinary research from German and international platforms, and is known for bridging law, philosophy, and technical innovation. Her commitment to public service, mentorship, and truth has established her as a leading voice on how democracies confront the legal challenges brought about by rapid scientific and technological change.