Schlagwort: Public International Law

Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts

Hermann Raschhofer as Pioneer of a Völkisch Law of Minorities

Deutsch

Nach Ende des Ersten Weltkriegs war im deutschen Sprachraum begonnen worden, die traditionellen Ansätze des religiösen Minderheitenschutzes und der innerstaatlichen Nationalitätenpolitik Österreich-Ungarns zugunsten einer völkerrechtlichen Minderheitenpolitik aufzugreifen, wobei vor dem Hintergrund der europäischen Neuordnung infolge der Pariser Vorortverträge statt eines – bereits seinerzeit in den wesentlichen Grundzügen entstandenen – individualrechtlichen Antidiskriminierungsschutzes ein System völkisch-kollektiver Sonderrechte etabliert werden sollte. Eine entscheidende Rolle bei der theoretischen Entwicklung des ‚modernen‘ Nationalitäten- und Volksgruppenrechts spielte Hermann Raschhofer (1905–1979), der besonders mit seinen für die völkische Völkerrechtslehre bis heute prägenden Arbeiten über die Hauptprobleme des Nationalitätenrechts (1931) und Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff (1936/37) hervortrat.

Herkunft und Ausbildung

Raschhofer wurde am 26. Juli 1905 in Ried im Innkreis (Oberösterreich) geboren. Er studierte in Marburg, Wien und Innsbruck Rechts- und Staatswissenschaften, legte 1925 seine erste und 1928 seine zweite juristische Staatsprüfung ab und promovierte in Innsbruck 1927 zum Dr. rer. pol. und 1928 zum Dr. jur. Von April 1928 bis März 1930 war er Assistent am Institut für Grenz- und Auslandsstudien in Berlin-Steglitz, anschließend Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen. Vom Herbst 1931 bis Ende 1933 war Raschhofer Fellow der Rockefeller Foundation in Frankreich (Paris) und Italien (Turin).[1]

Hermann Raschhofer, 1975[2]

Raschhofers wissenschaftliche Interessen, die sich – wie er selbst schrieb – „im Zusammenhang mit praktischer Grenzlandarbeit entwickelten, galten frühzeitig dem Fragenkreis des Nationalitätenrechts.“ [3] Seine wissenschaftspolitische Orientierung wurde dabei nachhaltig durch die Wahl seines Studienortes Marburg und den dort lehrenden Johann Wilhelm Mannhardt geprägt. Mannhardt bekleidete die (eigens für ihn geschaffene) Professur für Grenz- und Auslanddeutschtum am 1919 neu initiierten Institut für Grenz- und Auslanddeutschtum an der Philosophischen Fakultät der Universität Marburg und war zunächst Geschäftsführer, später auch Direktor dieses Instituts.[4] Prägend wurde für Raschhofer überdies die Auseinandersetzung mit der Arbeit von Max Hildebert Boehm, zu dem er während seiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent des Instituts für Grenz- und Auslandstudien in Berlin-Steglitz Ende der 1920er Jahre auch persönliche Beziehungen aufbaute.[5] Raschhofer übernahm in seinen wissenschaftlichen Arbeiten zum Nationalitätenrecht die Diktion von Boehm, nach der „eine Nationalität […] überall da entstehen (muss), wo durch den Nichtzusammenfall von Volks- und Staatsgrenzen ethnisch bedingte Teilgebiete erwachen, die durch Berührung mit dem Staat, also im Element der Politik eine Gestaltwerdung irgendwelcher Art gewonnen haben oder sie anstreben.“[6] Er teilte dabei Boehms euphorisches Bekenntnis zur Theorie des „eigenständigen Volks“, die die wichtigste theoretische Grundannahme für die europäische Volksgruppenpolitik der Weimarer Zeit darstellte.[7]

Raschhofer als Nationalitätenrechtler

Deutschsprachige/Deutsche Minderheiten in Österreich-Ungarn (rosa gefärbt), Karte der Nationalitäten in Österreich-Ungarn (1911), The Historical Atlas by William R. Shepherd, 1911.[8]

Raschhofers erste große wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel Hauptprobleme des Nationalitätenrechts,[9] für die er von der Deutschen Akademie (München) 1929 mit dem Ersten Preis eines Preisausschreibens über Minderheitenrecht ausgezeichnet wurde, verfolgte bereits dieses Ziel, wenngleich auch sprachlich in eher noch gemäßigtem Duktus.

Raschhofer analysierte in dieser Studie das positive internationale Minderheitenrecht und kontrastierte dieses mit den „Institutionen des Nationalitätenrechtes“ (5), also denjenigen Rechtsinstrumenten, die die nationalitätenrechtlichen Protagonisten innerstaatlich und völkerrechtlich an die Stelle des liberal-demokratischen Minderheitenrechts setzen wollten. Dabei sollte es stets um die „Rechte der Nationalität als Volkspersönlichkeit“ gehen, mit dem Ziel der Schaffung einer „Verfassung als Körperschaft des öffentlichen Rechts“ (76).

Raschhofer wandte sich damit explizit gegen die – wie er sie nannte – „Großpariser Minderheitenschutzverträge“, die er dahingehend kritisierte, dass „die Nationalitäten unter dem Rechtszustand von atomisiert gedachten nationalen Individuen unter Minderheitenrecht leben müssen“, ohne dabei als „organische Persönlichkeiten“ anerkannt zu werden (76f.) bzw. ohne als „Rechtspersönlichkeit selbst anerkannter Träger von Recht“ zu sein (78):

„Nationalität ist [..] nicht Eigenschaft, die zufällig bei diesen und jenen Staatsbürgern per se auftritt und diese sozusagen erst nachträglich zusammenführt, wie sich etwa die Mitglieder eines Vereins zur Vertretung irgendwelcher Interessen durch Assoziation ursprünglich sich Fremder zusammenfinden; sie ist nicht Summe, sondern Totalität.“ (77)

Von Nationalität ist also in diesem Verständnis nur dann zu sprechen, wenn – wie Raschhofer schrieb – „ihre Mitglieder gruppenhaft-organisch, und zwar als historisch-kulturell positiv qualifizierbare Volksgruppen erscheinen.“ (77)

Das zu erstrebende Nationalitätenrecht schütze „wohlerworbene Berechtigungen“ und verlange unumstößlich den Zusammenhang von „Boden und Geschichte“ (77). Das von Raschhofer postulierte „Wesen der Nationalität“ erfordere dabei die rechtliche Möglichkeit „im eigenen Bereich eigener Herr zu sein, also Autonomie“ (154).

In diesem seinem ersten großen Entwurf zum Thema Nationalitätenrecht entwickelte Raschhofer einen Begriff von Nationalität als „Totalität“ (77) mit „heiligen Rechten“ (156), den er explizit von dem Begriff der Minderheit abgrenzte. Da Raschhofer von einem essentialistischen bzw. primordialen Ethnizitätsbegriff ausging, erschienen für ihn Volk bzw. Volksgruppe und Nationalität stets als nicht weiter zu beweisende, übernatürliche Existenzen, deren attestierbare Unterschiede er nicht als historisch entstanden und somit veränder- und aufhebbar interpretierte, sondern als substanzielle ethnische, kulturelle und auch „rassische“ Differenz. Die damit zur Faktizität erklärte Ethnizität stellte wiederum die Grundlage für Raschhofers nationalitätenrechtliches Modell dar. Hiernach sollte Nationalitätenrecht stets am Kollektiv als Rechtssubjekt orientiert sein und um die Schaffung von exklusiven Sonderrechten für die Nationalitäten gegenüber der Restbevölkerung bemüht. Hier zeigte sich bereits deutlich Raschhofers fundamentale Gegnerschaft zum bürgerlichen Nationalstaat und zur liberalen Minderheitenpolitik des Völkerbundes – denn während der bürgerliche Nationalstaat gerade als Einheit seiner Staatsangehörigen mit gleichen Rechten konzipiert ist, waren die nach Ende des Ersten Weltkriegs geschlossenen Minderheitenschutzverträge mit dem Ziel des individuellen Schutzes vor Diskriminierungen geschaffen worden.

Raschhofer am KWI

Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der KWG 1936: Hermann Raschhofer, Asche Graf Mandelsloh, Adolf Schüle und Viktor Bruns vertreten das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Mit der Schrift Hauptprobleme des Nationalitätenrechts begründete Raschhofer sein wissenschaftliches Profil als Nationalitätenrechtler. Nach seinen Lehr- und Forschungstätigkeiten am Berliner Institut für Grenz- und Auslandsstudien, in Tübingen, Paris und Turin gelangte der junge Doppeldoktor schließlich über Erich Kaufmann an das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (KWI) in Berlin. Raschhofer wurde im Januar 1934 Referent am KWI und blieb dies bis Oktober 1937. Die Zeit am KWI war für ihn sehr wichtig, da er sein Renommee als Experte in Nationalitätenfragen nachhaltig ausbauen konnte. So schrieb er in der Jubiläumsausgabe zum 25-Jährigen Bestehen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft 1936 den Institutsbeitrag zum Thema Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff, was neben der großen Auszeichnung für ihn eben auch die weitere Popularisierung seiner Thesen bedeutete.[10]

Dieser Aufsatz, der auch separat in Buchform erschien, ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Raschhofer darin seine Thesen aus Hauptprobleme des Nationalitätenrechts zuspitzt und dabei die völkische Fundierung der Theorie des Nationalitätenrechts deutlich zum Ausdruck bringt. Raschhofer versteht unter Nationalität nun eine „völkische Gruppe, die den Einzelnen als Glied einer Teilgruppe von den übrigen Staatsangehörigen unterscheidet“, ja eine „völkische Wesenheit“.[11] Die Bindungen des einzelnen an dieses Kollektiv sind seiner Auffassung nach als „vorgängig, objektiv und zugleich prägend“ anzusehen (20), wobei der Nationalität ein „naturhafter Zug“ eigen sei, nämlich „das Moment des Dauerns, das Ruhen im Vorgeschichtlichen.“ (21)

Nationalität sei ein zu einer „Artgemeinschaft gehörendes Teilganzes“, ein „Teilstück“ einer „blutmäßig begründeten Artgemeinschaft“ (44), weshalb das Bekenntnis zur Volksgemeinschaft und zur Nationalität auch nichts Neues begründe, sondern lediglich bereits vermeintlich objektiv Vorhandenes „willensmäßig“ (44) unterstreiche:

„Im Bereich des Völkischen gibt es nur ein Ja-Sagen zu seiner eigenen einzigen oder der vorherrschenden Art und das Anormale des theoretisch wie praktisch möglichen Falles eines Nein-Sagens zur eigenen Art, wird von der Sprache hinreichend mit dem verurteilenden Wort Entartung gekennzeichnet.

Es gibt daher wesensmäßig einen objektiv umgrenzten Kreis derer, die sich zu einem Volkstum, zu einer Nationalität als Artgemeinschaft bekennen können. Wenn die Nürnberger Gesetze eine solche Begrenzung getroffen haben, indem sie Artfremde und Artverwandte nunmehr endgültig scheiden, wobei den jüdischen Mischlingen, in denen das Deutschblütige überwiegt, ein Aufgehen im Deutschtum ermöglicht wurde, so kann nur hoffnungslos liberales Besserwissen dies als ein den Interessen der Volksgruppen abträgliches Vorgehen bezeichnen.“ (45)

Die bereits in seiner Arbeit Hauptprobleme des Nationalitätenrechts anklingende Konfrontation mit dem bürgerlichen Nationalstaat wird in Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff offen artikuliert. Der bürgerliche Nationalstaat gilt Raschhofer nun als „Zwangsapparat“, wobei er die Staatsbürgerschaft gegenüber der Nationalitätenzugehörigkeit abqualifiziert, da erstere „keine primäre, soziologisch gesehen urständige Größe darzustellen braucht“ (16), wohingegen letztere aufgrund ihrer „Ursprünglichkeit und Selbständigkeit als gesellschaftliches Gebilde, als reale Gruppe“ gekennzeichnet sei und sich damit „wesensmäßig vom abstrakten Staatsvolk“ unterscheide (17) – was Raschhofer auch zur Unterscheidung von staatlicher „Rechtsgemeinschaft“ und „Volksgemeinschaft“ (17) führt.

Während Raschhofer in den Hauptproblemen des Nationalitätenrechts argumentativ noch auf eine annährend gleichrangige Wertigkeit von Staat und Volk orientiert, wobei den Nationalitäten mehr Rechte zuerkannt werden müssten, gerät der nicht-völkische Staat in Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff nun vollends in die negative, sich quasi gegenüber den Nationalitäten rechtfertigen müssende Rolle. Denn unabhängig davon, ob eine Rechtsordnung die Existenz von Nationalitäten anerkenne oder verneine, so Raschhofer, könne dies nicht als objektive soziologische Entscheidung gelten, da die juristische Sicht auf den Gegenstand keinen sozialwissenschaftlichen Erkenntniswert intendiere:

‚Die „Definition des Volkes, der Nationalität [aus Perspektive des juristischen Nationalitätsbegriffs]“, kann nie die Frage nach deren Wesen beantworten. Er muß das mehrdimensionale, vielverschlungene, Vorder- und Hintergrundschichten, reflektierende und träumende Dasein umfassen, Blut und Geschichte, von Interessen, Gewohnheit, Begeisterung und Opfern zusammengehaltene Gebilde der konkreten Nationalität auf die Eindimensionalität eines auf individuellen Willensakten beruhenden rechtlichen Verbandes bringen.‘ (43)

Dem bürgerlichen Nationalstaat soll de facto die Möglichkeit zur Nicht-Anerkennung von Nationalitäten im völkisch-kollektiven Sinn entzogen werden, da einer diese angebliche Faktizität des Völkischen nicht-anerkennenden Rechtsordnung die Legitimation für ihr Handeln abgesprochen wird. Die juristische Methode wird damit genau umgekehrt und der rechtspositivistische Ansatz aufgrund des Prinzips, dass das angeblich übernatürliche und konsistente Recht der völkisch verstandenen Volksgruppen das positive Recht breche, durch eine naturrechtliche Perspektive in voraufklärerischer Tradition ersetzt.

Raschhofer schärfte in seiner Zeit beim KWI jedoch nicht nur sein Profil als regimetreuer Nationalitätenrechtler, sondern auch als Vordenker in dieser Frage, da seine Schriften zum Nationalitätenrecht zu den ersten überhaupt zählen, in denen eine (völker)rechtliche Perspektive mit der völkischen – Raschhofer selbst unterstellt diese als „soziologisch“ – mit dem Ziel verschmolzen wird, ein homogenes Modell eines „modernen“ Volksgruppen- bzw. Nationalitätenrechts als verbindlichen Entwurf für die Rechtsordnung Europas zu formulieren.

Zudem fällt seine Zeit am KWI zusammen mit seiner Habilitation im Februar 1937 (und der Ernennung zum Dr. jur. habil. im Juli 1937) an der Universität Berlin bei dem Völkerrechtler Viktor Bruns, dem Direktor des KWI. Raschhofer habilitierte sich mit dem Buch Der politische Volksbegriff im modernen Italien.[12] Sein wissenschaftlicher Werdegang wurde damit erfolgreich fortgesetzt und Raschhofer übernahm unmittelbar nach seiner Habilitation auch gleich eine bis 1939 dauernde Vertretung in Göttingen,[13] wobei ihm auch ein Angebot des Auswärtigen Amtes vorgelegen hatte, als „Presseattaché bei einer der europäischen Botschaften des Reiches einzutreten“.[14]

Raschhofer als nationalsozialistischer Rechtspraktiker und Aktivist

Reinhard Heydrich, stellvertretende Reichsprotektor in Böhmen und Mähren mit Karl Hermann Frank im Prager Schloss 1941[15]

Parallel zu seiner wissenschaftlichen Karriere arbeitete Raschhofer an der praktischen Umsetzung seiner Handlungsmaximen: „In den letzten Jahren trat zu den theoretischen Studien eine praktisch beratende Tätigkeit für deutsche Volksgruppen im Ausland in Fragen des positiven Minderheiten- und Staatenrechts“, resümierte er seine Tätigkeiten Mitte der 1930er Jahre rückblickend.[16] Und in einer Auseinandersetzung mit Boehms Arbeit zum „eigenständigen Volk“ schrieb Raschhofer, dass der Gegenstand „Volk“ sich „zugleich als Objekt wissenschaftlicher, soziologisch-volkstheoretischer Bemühungen, wie als Subjekt und Objekt praktischer Politik“ darstellen würde,[17] was zweifelsfrei auch seine eigenen Integration von völkischer Theoriebildung und volkstumspolitischer Praxis widerspiegelte.

Denn Raschhofer war Mitglied der illegalen NSDAP Österreichs, des VDA, des NS-Juristenbundes und des NS-Dozentenbundes. Anfang der 1930er Jahre hatte seine rechtspolitische Beratungstätigkeit für die illegale NSDAP Österreichs und für die Sudetendeutsche Partei (SdP) begonnen.[18] Insbesondere seine aus engen Kontakten zu Konrad Henlein und Karl Hermann Frank resultierende Nähe zur Politik der Sudetendeutschen legte den Grundstein für seine Berufung nach Prag: Raschhofer übernahm 1940 zunächst eine außerordentliche, später dann eine ordentliche Professur an der Deutschen Universität Prag, wo er das Institut für Völker- und Reichsrecht leitete und hätte 1944 auch Dekan der Juristischen Fakultät werden sollen, lehnte dies aber ab, da er „zuviel andere Aufträge“ gehabt habe.[19]

Raschhofers Berufung an die Deutschen Universität Prag erfolgte auf persönlichen Wunsch von Karl Hermann Frank, dessen juristischer Berater Raschhofer wurde und mit dem er durch persönliche Freundschaft eng verbunden war.[20] Frank hatte sich bereits im April 1939 dafür stark gemacht, Raschhofer nach Prag zu berufen, da dieser sowohl ihm wie auch Konrad Henlein seit 1934 politisch-wissenschaftlich beratend zur Seite gestanden hatte und künftig im Protektorat als Berater in besonderen Rechtsfragen firmieren sollte.[21] Raschhofer habe, so Frank, „wertvolle Beiträge nicht nur zur Auseinandersetzung mit der Feindpropaganda, sondern auch zur Bekämpfung der tschechischen Staats- und Geschichtsauffassung geliefert.“[22]

Überhaupt war Raschhofers Nähe zum NS-Regime unzweifelhaft. Der Reichsdozentenbundsführer bescheinigte ihm 1938, dass er „politisch gesehen“ ein „entschiedener Volksdeutscher“ sei und auch „innenpolitisch die nationalsozialistischen Gedankengänge“ bejahe.[23] Raschhofer hatte 1933 die Machtübernahme der Nationalsozialisten ebenso begrüßt, wie später den Anschluss Österreichs und der Sudetengebiete an das Deutsche Reich.[24]

Raschhofer in den „Beiträgen zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“

Einen Grundstein für die Destablilisierung der Tschechoslowakei durch die NS-Propaganda hatte Raschhofer 1937 durch die Zusammenstellung einer strategisch wichtigen Dokumentation gelegt: Die tschechoslowakischen Denkschriften für die Friedenskonferenz von Paris 1919/20, ein Band, in dem die elf Denkschriften der tschechoslowakischen Delegation zusammengetragen waren, mit denen diese insbesondere ihre territorialen Forderungen nach Ende des Ersten Weltkriegs formuliert hatte.[25] Auch wenn die Denkschriften, wie Johann Wolfgang Brügel anmerkte, „überhaupt nicht geheim“ waren und kurz nach 1919 „bei Altpapierhändlern erstanden werden“ konnten[26] – und im übrigen von Raschhofer auch auf genau diesem Weg zufällig erworben worden waren – nutze die NS-Propaganda die Denkschriften im Rahmen der Kampagne zur Ausschaltung des „demokratischen Bollwerks“ (Brügel) Tschechoslowakei. Hierbei ging es insbesondere um das Mémoire No. 3, das sich mit der deutschen Minderheit in Böhmen befasste und – obgleich es bereits 1920 in einer deutschsprachigen Zeitschrift in Prag veröffentlicht worden war[27] – zur skandalträchtigen Inszenierung der These diente, die Tschechoslowakei betreibe im Geheimen eine minderheitenfeindliche Politik.

Raschhofers beratende Tätigkeit für das NS-Regime beschränkte sich jedoch nicht nur auf öffentliche Arbeiten, sondern umfasste auch geheimdienstliche Tätigkeiten. Spätestens seit 1941 unternahm Raschhofer regelmäßig Reisen in die Slowakei und verfasste politische Lageberichte und personenbezogene Stellungnahmen für Karl Hermann Frank und den deutschen Gesandten in der Slowakei, Hanns Ludin.[28] Im Herbst 1944 war Raschhofer dann im Auftrag von Frank auch an der Niederschlagung des bewaffneten Nationalaufstandes im NS-Marionettenstaat Slowakei als „politischer Berater“ des Generals der Waffen-SS Obergruppenführer Hermann Höfle beteiligt.[29] Unter der Kommandoführung von SS-Untersturmführer Adolf Leitgeb nahm Raschhofer dabei auch an einem „propagandistischen Einsatz“ der Einsatzgruppe H in der Slowakei teil, die den Aufstand als „sowjetisch bestimmt“ herausstellten[30] und beteiligte sich 1942/43 am Sonderverband Bergmann unter Führung von Theodor Oberländer als dessen persönlicher Berater.[31]

Bemerkenswert ist, dass Raschhofers Treue zum NS-Regime bis zuletzt Bestand hatte: So hatte er noch einen Aufsatz unter dem Titel Europäischer Nationalismus für das zu Ehren von Hitlers Geburtstag im Jahr 1945 geplante März/April-Heft der Zeitschrift Böhmen und Mähren verfasst, in dem er sich auch explizit positiv auf die „Neujahrsbotschaft des Führers“ bezog.[32]

Sein wissenschaftlicher Wiederaufstieg begann im Jahr 1952, als er Professor an der Universität Kiel wurde. Von dort aus ging er Ende 1955 als ordentlicher Professor (die Ernennung erfolgte nach einer kurzen Lehrstuhlvertretung im Januar 1957)[33] an die Universität Würzburg, zunächst für Kirchenrecht, Völkerrecht und Rechtsphilosophie später dann für „Staats- und Völkerrecht, insbesondere Minderheiten- und Nationalitätenrecht, Recht der internationalen Organisationen und Verfassungsgeschichte“.[34] Seine wissenschaftliche und politische Nachkriegskarriere wurde nie durch ein Ermittlungsverfahren gestört, obgleich er während seiner Tätigkeit an der Universität Würzburg von Studierendenseite wegen seiner NS-Aktivitäten öffentlich scharf kritisiert wurde.[35]

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Bei dem Beitrag handelt es sich um eine stark gekürzte Fassung von Samuel Salzborn: Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines   völkischen Minderheitenrechts, in: Sozial.Geschichte, 21 (2006) 3, S. 29–52. Siehe zur historischen und theoretischen Einordnung insgesamt: Samuel Salzborn, Ethnisierung der Politik. Theorie und Geschichte des Volksgruppenrechts in Europa, Frankfurt a.M./New York 2005.

[1] Zusammengestellt aus: Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undatiert; Hermann Raschhofer, Lebenslauf, 18. Juli 1939; „Stammblatt“ der Akte, undatiert (handschriftliche Ergänzungen bis Ende 1940), Bundesarchiv Berlin Dahlwitz-Hoppegarten (im Folgenden: BArchBD-H), ZB/2 1923, Akte 4.

[2]  Foto: Manfred Abelein, Otto Kimminich (Hrsg.), Studien zum Staats- und Völkerrecht. Festschrift für Hermann Raschhofer zum 70. Geburtstag am 26. Juli 1975, Kallmünz: Verlag Michael Laßleben 1977.

[3]   Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undatiert (Fn. 1).

[4]   Vgl. Scheuner/Schumann/Schulin, Sachbericht in Sachen des Prof. Dr. J. W. Mannhardt, undatiert (ca. Juni 1955), Hessisches Staatsarchiv Marburg (im Folgenden HSTM), Best. 307d Acc. 1967/11, Nr. 385.

[5]   Vgl. Max Hildebert Boehm, Bestätigung des Instituts für Grenz- und Auslandstudien e.V. in Berlin-Steglitz/Geschäftsstelle Lüneburg, datiert 25. November 1957, Universitätsarchiv Würzburg (im Folgenden: UAW), ARS R 29, Nr. II.

[6]   Vgl. Max Hildebert Boehm, Das eigenständige Volk. Volkstheoretischen Grundlagen der Ethnopolitik und Geisteswissenschaften, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1932, 36-37; Hermann Raschhofer, Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff. Sonderdruck aus 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, Berlin: Springer 1937, 1, Fn. 1.

[7]   Vgl. Ulrich Prehn, Max Hildebert Boehm. Radikales Ordnungsdenken vom Ersten Weltkrieg bis in die Bundesrepublik, Göttingen: Wallstein 2013.

[8] Bild: Wikimedia Commons.

[9]   Hermann Raschhofer, Hauptprobleme des Nationalitätenrechts, Stuttgart: Enke 1931; Alle folgenden, im Text lediglich mit Seitenzahlen belegten Zitate beziehen sich auf diese Quelle.

[10]  Vgl. Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung, Bd. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490-527, 502, 511, 519.

[11]  Hermann Raschhofer, Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff (Fn. 6), 16, 20; Alle folgenden, im Text lediglich mit Seitenzahlen belegten Zitate beziehen sich auf diese Quelle.

[12]  Hermann Raschhofer, Der politische Volksbegriff im modernen Italien, Berlin: Volk und Reich 1936..

[13]  Vgl. Hueck (Fn. 10), 518.

[14]  Vgl. Schreiben von Hermann Raschhofer an Karl Herrmann Frank, datiert 21. September 1941, Národní archiv/Státní ústřední archiv Praha [Nationalarchiv/ehem. Staatliches Zentralarchiv] (im Folgenden NA/SÚA), NSM-AMV 110, Nr. 22, Sig. 110-4/155.

[15] Foto: BArch, Bild 146-1972-039-26.

[16]  Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undatiert (Fn.1).

[17]  Vgl. Hermann Raschhofer, Zum Gegenstandsbereich der Volkstheorie, Deutsche Arbeit, 32 (1932), 308.

[18]  Vgl. Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undatiert; Hermann Raschhofer, Lebenslauf, 18. Juli 1939; „Stammblatt“ der Akte (Fn.1).

[19]  Vgl. Schreiben des Sicherheitsdienstes des Reichsführer-SS/SD-Leitabschnitt Prag an Gies, Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren, datiert 21. November 1944, Archiv Ministerstva Vnitra Praha [Archiv des Tschechischen Innenministeriums] (im Folgenden: MVČR), Z-10-P-72.

[20]  Vgl. Peter K. Steck, Zwischen Volk und Staat. Das Völkerrechtssubjekt in der deutschen Völkerrechtslehre (1933–1941), Baden-Baden: Nomos 2003, 123.

[21]  Vgl. Karel Fremund, Z činnosti poradců nacistické okupační moci (Výběr dokumentů), Prag: Archivní správa Ministerstva vnitra Roč 1966, 24-25, 40-41.

[22]  Vgl. Václav Král (Hrsg.), Die Deutschen in der Tschechoslowakei 1933–1947. Dokumentensammlung, Prag: Nak. Československé akademie věd 1964, 454.

[23]  Vgl. Schreiben des NS-Dozentenbund/Der Reichsdozentenbundsführer an Wacker, Reichserziehungsministerium, datiert 21. Juni 1938, BArchBD-H, ZB/2 1923, Akte 4.

[24]  1933 erklärte Raschhofer: „Im Nationalsozialismus gruppiert sich ein politischer Kader, der mit Bewußtsein vom Ganzen der geschichtlich existenten deutschen Nation her denkt und daraus seine Totalitätsansprüche rechtfertigt.“, Zitiert nach: Walter Heynowski/Gerhard Scheumann, Der Mann ohne Vergangenheit, in: Der Präsident im Exil und Der Mann ohne Vergangenheit sowie ein nachdenklicher Bericht über Die Schlacht am Killesberg, Berlin: Verlag der Nation 1969, 124.

[25]  Vgl. Hermann Raschhofer, Die tschechoslowakischen Denkschriften für die Friedenskonferenz von Paris 1919/1920, Berlin: Heymanns 1937, 2. ergänzte Aufl. 1938.

[26]  Vgl. Johann Wolfgang Brügel, Tschechen und Deutsche 1918–1938, München: Nymphenburger Verlagshandlung 1967, 87.

[27]  Vgl. Elizabeth Wiskemann, Czechs & Germans. A study of the struggle in the historic provinces of Bohemia and Moravia, 2. Aufl., London: Macmillan 1967.

[28]  Vgl. die entsprechenden Berichte in: NA/SÚA ÚŘP-AMV 114 Nr. 14 Sig. 114-3/18

[29]  Vgl. Johann Wolfgang Brügel (Fn. 26), 96-97.

[30]  Vgl. Chef der Einsatzgruppe H der Sicherheitspolizei und des SD, Bescheinigung, 23. Oktober  1944; Adolf Leitgeb, Kommandobericht, 29. Oktober 1944, MVČR 302-64-10.

[31]  Vgl. Albert Jeloschek et al., Freiwillige vom Kaukasus. Georgier, Armenier, Aserbaidschaner, Tschetschenen u.a. auf deutscher Seite – Der „Sonderverband Bergmann“ und sein Gründer Theodor Oberländer, Graz: Stocker 2003, 139, 161; Philipp-Christian Wachs, Der Fall Theodor Oberländer (1905–1998). Ein Lehrstück deutscher Geschichte, Frankfurt a.M.: Campus Verlag 2000, 104.

[32]  Vgl. Hermann Raschhofer, Europäischer Nationalismus (Korrekturfahne); Schreiben von Hess, Hauptschriftleiter „Böhmen und Mähren“ an Gies, Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren, datiert 16. März 1945, NA/SÚA, NSM-AMV 110, Nr. 106, Sig. 110-12/134.

[33]  Vgl. Ernennungsurkunde des Freistaates Bayern, 24. Januar 1957, UAW, ARS R 29, Nr. II.

[34]  Vgl. Schreiben des Bayerisches Staatsministeriums für Unterricht und Kultus an das Rektorat der Universität Würzburg, datiert 26. März 1962, UAW, ARS R 29, Nr. II.

[35]  Vgl. Süddeutsche Zeitung, 27. Januar 1970.

English

In the German-speaking world after the First World War, traditional approaches to the protection of religious minorities and the domestic nationality policy of Austria-Hungary increasingly gave way to the development of a minority policy under international law.  Against the backdrop of the European reorganisation based on the Treaties of Paris, individual legal protection against discrimination, the main features of which had already been developed at the time, were replaced by a system of collective privileges based on descend and race, i.e. völkisch in nature. A decisive role in the theoretical development of the ‘modern’ law of nationality and of ethnic groups (Volksgruppenrecht) was played by Hermann Raschhofer (1905-1979), especially with his works on the “Main Problems of Nationality Law “ (Hauptprobleme des Nationalitätenrechts, 1931)[1] and “Nationality as Essence and Legal Concept” (Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff, 1936/37), which are still influential in völkisch theories of international law today.

Early Life and Education

Raschhofer was born on 26 July 1905 in Ried im Innkreis (Upper Austria). He studied law and political science in Marburg, Vienna and Innsbruck, passed his first state examination in law in 1925 and his second in 1928. He obtained his doctorate in political science in Innsbruck in 1927 and his doctorate in law in 1928. From April 1928 to March 1930, he was an assistant at the “Institute for the Studies of Borders and Foreign Affairs” (“Grenz- und Auslandsstudien”) in Berlin-Steglitz, then an assistant at the Faculty of Law at the University of Tübingen. From autumn 1931 to the end of 1933, Raschhofer was a fellow of the Rockefeller Foundation in France (Paris) and Italy (Turin).[2]

Hermann Raschhofer, 1975[3]

Raschhofer’s academic interests, which – as he himself wrote – ‘developed in connection with practical work in the borderlands, quickly focussed on questions of nationality law.’[4]   His political outlook on scientific practice was strongly influenced by his choice of the university of Marburg and by Johann Wilhelm Mannhardt, who taught there. Mannhardt held the professorship for “Germanness Across Borders and in the Exterior” (“Grenz- und Auslanddeutschtum”), which had been created especially for him, at the in 1919 newly established “Institute for Germanness Across Borders and in the Exterior” within the Faculty of Philosophy at the University of Marburg and was initially the managing director and later also the scientific director of this institute.[5] Raschhofer was also influenced by his involvement with the work of Max Hildebert Boehm, with whom he also built up a personal relationship during his time as a research assistant at the “Institute for the Studies of Borders and Foreign Affairs” in Berlin-Steglitz at the end of the 1920s.[6]  In his academic work on nationality law, Raschhofer adopted Boehm’s diction, according to which ‘a nationality [… must] arise wherever the non-coincidence of borders between nations and between peoples gives rise to ethnically conditioned sub-regions that have gained or are striving to gain a formation of some kind through contact with the state, i.e. in the element of politics.’[7]  He shared Boehm’s euphoric commitment to the theory of an ‘independent people’, which was the most important theoretical assumption for the European ethnic group policy (“Volksgruppenpolitik”) of the Weimar period.[8]

Raschhofer and Nationality Law

Map pf nationalities in Austria-Hungary (1911), The Historical Atlas by William R. Shepherd, 1911.[9]

Raschhofer’s first major academic work, entitled Hauptprobleme des Nationalitätenrechts,[10] for which he was awarded first prize in a prize competition on minority law by the German Academy (Munich) in 1929, already pursued this goal, albeit in a more moderate linguistic style. In this study, Raschhofer analysed positive international minority law and contrasted it with the ‘institutions of nationality law’ (5), i.e. the legal instruments that the proponents of nationality law wanted to replace liberal-democratic minority law with in domestic and international law. The focus was always to be on the ‘rights of the nationality as personality of the people’, with the aim of creating a ‘constitution as a body of public law’ (76). Raschhofer thereby explicitly opposed what he called the ‘Greater Paris Minority Protection Treaties’, which he criticised to the effect that ‘the nationalities under minority law must live under the legal status of national individuals conceived of as atomised’ without being recognised as ‘organic personalities’ (76f.) and without being ‘entitled to their own rights as legal personalities’ (78):

‘Nationality is […] not a quality that occurs by chance in some citizens per se and brings them together, so to say, subsequently, like, for example, the members of an association for the representation of any interests come together by association of former strangers; it is not sum, but totality.’ (77)

In this understanding, we can only speak of nationality when – as Raschhofer wrote – ‘its members appear group-like and organic, namely as historically-culturally positively qualifiable ethnic groups.’ (77)

The nationality right to be striven for would protect ‘well-acquired rights’ and irrevocably demand the connection between ‘land and history’ (77). The ‘essence of nationality’ postulated by Raschhofer required the legal possibility ‘to be one’s own master in one’s own area, i.e. autonomy’ (154).

In this, his first major draft on the subject of nationality law, Raschhofer developed a concept of nationality as a ‘totality’ (77) with ‘sacred rights’ (156), which he explicitly distinguished from the concept of minority. Since Raschhofer assumed an essentialist or primordial concept of ethnicity, he considered peoples, ethnic groups, and nationalities as supernatural beings whose existence does not require further proof and whose attestable differences he interpreted not as having arisen historically and thus being changeable and abolishable, but as substantial ethnic, cultural, and also ‘racial’ differences. Ethnicity, thus declared a fact, in turn formed the basis for Raschhofer’s model of nationality law. In his view, nationality law should always be oriented towards the collective as its legal subject and endeavour to create exclusive privileges for nationalities vis-à-vis the rest of the population. Here, Raschhofer’s fundamental opposition to both the republican nation state and the liberal minority policy of the League of Nations was already evident – while the republican nation state was conceived precisely as a unity of its citizens with equal rights, the minority protection treaties concluded after the end of the First World War had been created with the aim of individual protection against discrimination.

Raschhoefer at the KWI

Die geisteswissenschaftlichen Festbeiträge: Raschhofer, Graf Mandelsloh und KWI-Direktor Viktor Bruns vertreten das KWI für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

With the publication of Hauptprobleme des Nationalitätenrechts Raschhofer had established his academic profile as a scholar of nationality law. After his teaching and research activities at the Berlin “Institute for the Studies of Borders and Foreign Affairs”, in Tübingen, Paris and Turin, the holder of two doctorates finally came to the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law (KWI) in Berlin via Erich Kaufmann. Raschhofer became a research fellow at the KWI in January 1934 and remained there until October 1937. His time at the KWI was very important for him, as he was able to build up a lasting reputation as an expert on nationality issues. In 1936, for example, he wrote the Institute’s contribution on the topic of “Nationality as Essence and Legal Concept” (Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff) in the edition commemorating  the Kaiser Wilhelm Society’s 25th anniversary, which, in addition to a great honour for him, also meant the further popularisation of his theses.[11]

This essay, which was also published separately in book form, is particularly noteworthy because Raschhofer sharpens his theses from Hauptprobleme des Nationalitätenrechts and clearly expresses the völkisch foundation of his theory of nationality law. Raschhofer now understands nationality as a ‘völkisch group that distinguishes the individual as a member of a sub-group from the other nationals’, indeed a ‘völkisch essence’.[12]  In his view, the individual’s ties to this collective are to be regarded as ‘superior, objective and at the same time formative’ (20), while nationality is characterised by a ‘natural character’, namely ‘the element of permanence, the resting in the prehistoric’. (21)

Nationality, according to Raschhofer is a ‘partial whole’ belonging to a community of kind’, ‘part’ of a ‘blood-based community of kind’ (44), which is why the commitment to the Volksgemeinschaft (“community of the people”) and nationality does, in his view, not establish anything new, but merely emphasises ‘in terms of will’ (44) what is already supposedly objectively present:

‘In the realm of the Völkisch, there is only an affirmation of one’s own sole or predominant kind, and the abnormality of the theoretically and practically possible case of rejection of one’s own kind is sufficiently described with the condemning word degeneration [Entartung].

There is therefore by nature an objectively defined circle of those who can profess to belong to a people, to a nationality as a community of kind. If the Nuremberg Laws have set such a limitation by finally definitively separating those who are of a foreign kind and those who are of a related kind, whereby the Jewish half-breeds, in whom the German-blooded predominates, were allowed to merge into Germanness, then only hopelessly liberal know-it-alls can characterise this as a procedure detrimental to the interests of the ethnic groups.’ (45)

The confrontation with the republican nation state, already alluded to in his work Hauptprobleme des Nationalitätenrechts, is openly articulated in Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff. The republican nation state is now regarded by Raschhofer as a ‘coercive apparatus’; he devalues citizenship in contrast to membership in nationality, since the former ‘need not represent a primary, sociologically natural entity’ (16), whereas the latter is characterised by its ‘originality and independence as a social entity, as a real group’ and thus differs ‘essentially from the abstract sum of citizens’ (17) – which also leads Raschhofer to differentiate between a state as a  ‘legal community’ and a ‘community of the people [Volksgemeinschaft]’ (17).

While Raschhofer’s arguments in Hauptprobleme des Nationalitätenrechts are still orientated towards an almost equal status of the state and the people, even if the nationalities should be granted more rights, the non-völkisch state in Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff completely takes on the negative role of having to justify itself to the nationalities. Regardless of whether a legal system recognises or denies the existence of nationalities, according to Raschhofer, this cannot be regarded as an objective sociological decision, as the legal view of the subject cannot entail any sociological value:

‘The “definition of the people, of nationality [from the perspective of the legal concept of nationality]”, can never answer the question of its essence. It must encompass the multi-dimensional, entangled, foreground and background layers, reflective and dreaming existence, blood and history, the structure of the concrete nationality held together by interests, habit, enthusiasm and sacrifice, and reduce it to the one-dimensionality of a legal association based on individual acts of will.’ (43)

The republican nation state is to be deprived de facto of the possibility of non-recognition of nationalities in the völkisch-collective sense, since a legal system that does not recognise this alleged factuality of the Völkisch is considered illegitimate in its actions. The legal method is thus reversed, and the legal positivist approach is replaced by a natural law perspective in the pre-Enlightenment tradition based on the principle that the supposedly supernatural and consistent law of the völkisch ethnic groups precedes positive law.

During his time at the KWI, Raschhofer not only honed his profile as a nationality law expert loyal to the regime, but also as a pioneer in this issue, as his writings on nationality law are among the first ever to merge a legal perspective (of international law) with a völkisch perspective – Raschhofer himself describes this as ‘sociological’ – with the aim of formulating a homogeneous model of a ‘modern’ law of ethnic groups and nationalities as a binding blueprint for Europe’s legal order. Moreover, his time at the KWI coincided with his habilitation in February 1937 (and his appointment as Dr jur. habil. in July 1937) at the University of Berlin under the international law expert Prof. Dr Viktor Bruns, who was also the director of the KWI. Raschhofer habilitated with the book “Der politische Volksbegriff im modernen Italien” (“The political concept of the people in modern Italy”).[13]  His academic career was thus successfully continued and immediately after his habilitation, Raschhofer also took up a substitute position in Göttingen[14], which lasted until 1939 and also received an offer from the Foreign Office to ‘join one of the Reich’s European embassies as a press attaché’. [15]

Raschhofer as a National Socialist Lawyer and Activist

Reinhard Heydrich, Deputy Reichsprotekor in Bohemia and Moravia with Karl Hermann Frank at Prague Castle in 1941[16]

Parallel to his academic career, Raschhofer worked on the practical implementation of his maxims: ‘In the last few years, theoretical studies were joined by practical advisory work for German ethnic groups abroad in matters of positive minority law and constitutional law,’ he summarised his activities in retrospect in the mid-1930s.[17]  And in a discussion of Boehm’s work on the ‘independent people’, Raschhofer wrote that the subject of the ‘people’ presented itself ‘simultaneously as an object of endeavours of scientific nature and of sociological inquiry based on the theory of the people, as well as a subject and object of practical politics’,[18] which undoubtedly also reflected his own integration of völkisch theory formation and völkisch political practice. Fittingly, Raschhofer was a member of the illegal Austrian NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Österreichs, “National Socialist German Workers’ Party of Austria), the VDA (Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland, “Association for German Cultural Relations Abroad”), the National Socialist Association of Lawyers (“Juristenbund”) and the National Socialist Association of University Teachers (“Dozentenbund”). At the beginning of the 1930s, he began his work as a legal policy advisor for the illegal Austrian NSDAP and for the Sudetendeutsche Partei (“Sudeten German Party”, SdP).[19]  His proximity to the politics of the Sudeten Germans, in particular resulting from his close contact with Konrad Henlein and Karl Hermann Frank, laid the foundation for his appointment to Prague: in 1940, Raschhofer first took on an associate and later a full professorship at the German University of Prague, where he headed the Institut für Völker- und Reichsrecht (“International Law and Law of the Reich”) and was also to become Dean of the Faculty of Law in 1944, but declined because he had ‘too many other assignments’.[20] Raschhofer’s appointment to the German University of Prague was at the personal request of Karl Hermann Frank, whose legal advisor Raschhofer became and with whom he was closely connected through personal friendship.[21]  Frank had already campaigned for Raschhofer’s appointment to Prague in April 1939, as he had been advising both him and Konrad Henlein on political and academic matters since 1934 and was to act as an advisor on special legal issues in the Protectorate in future.[22] According to Frank, Raschhofer had ‘made valuable contributions not only to the treatment of enemy propaganda, but also to the fight against the Czech conception of the state and history.’[23] Generally, Raschhofer’s closeness to the Nazi regime was undoubted. In 1938, the leader of the Reichsdozentenbund certified that ‘politically speaking’ he was a ‘resolute ethnic German [Volksdeutscher]’ and that he was also ‘in favour of National Socialist ideas in domestic politics’.[24] Raschhofer had welcomed the Nazi takeover in 1933 as well as the later annexation of Austria and the Sudeten territories to the German Reich.[25]

Raschhofer in the ‘Contributions on Comparative Public Law and International Law’ (Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht)

Raschhofer had helped lay the foundation for the destabilisation of Czechoslovakia by Nazi propaganda in 1937 by compiling a strategically important documentation: Die tschechoslowakischen Denkschriften für die Friedenskonferenz von Paris 1919/20 (“The Czechoslovak memoranda for the Paris Peace Conference of 1919/20”) , a volume in which the eleven memoranda of the Czechoslovak delegation were compiled, in which they had formulated their territorial demands after the end of the First World War in particular.[26]  Even though the memoranda, as Johann Wolfgang Brügel noted, were ‘not at all secret’ and could be ‘purchased from waste paper dealers’ shortly after 1919[27] – and incidentally had also been acquired by Raschhofer by chance in precisely this way – Nazi propaganda used the memoranda as part of the campaign to eliminate the ‘democratic bulwark’ (Brügel) of Czechoslovakia. The focus laid on Mémoire No. 3, which dealt with the German minority in Bohemia and – although it had already been published in a German-language magazine in Prague in 1920[28] – served to orchestrate a scandal based on the idea that Czechoslovakia was secretly pursuing a policy hostile to minorities.

Raschhofer’s advisory activities for the Nazi regime were however not limited to public work, but also included intelligence activities. From 1941 at the latest, Raschhofer regularly travelled to Slovakia to write reports on the political situation as well as on specific persons for Karl Hermann Frank and the German Ambassador to Slovakia, Hanns Ludin.[29]  In autumn 1944, Raschhofer was also involved on behalf of Frank in the suppression of the armed national uprising in the Nazi puppet state of Slovakia as a ‘political advisor’ to SS general Hermann Höfle.[30]  Under the command of SS commander Adolf Leitgeb, Raschhofer also took part in a ‘propaganda operation’ of Einsatzgruppe H in Slovakia, which exposed the uprising as ‘Soviet-determined’[31] and participated in the Bergmann Battalion under the leadership of Theodor Oberländer as his personal advisor in 1942/43.[32]

It is remarkable that Raschhofer’s loyalty to the Nazi regime lasted until the end: he had written an essay entitled “European Nationalism” (“Europäischer Nationalismus”) for the fourthcoming March/April issue of the journal “Böhmen und Mähren”, planned in honour of Hitler’s birthday in 1945, in which he also explicitly commended the ‘Führer’s New Year’s message’.[33] His academic resurgence began in 1952, when he became a professor at the University of Kiel. From there, he moved to the University of Würzburg at the end of 1955 as a full professor (his appointment followed a brief period as a substitute professor in January 1957),[34] initially for canon law, international law and philosophy of law, and later for ‘constitutional and international law, in particular minority and nationality law, the law of international organisations and constitutional history’.[35]  His post-war academic and political career was never disrupted by any investigation, although, during his time at the University of Würzburg, he was publicly criticised by students for his Nazi activities.[36]

***

This contribution is an abridged version of: Samuel Salzborn, Zwischen Volksgruppentheorie, Völkerrechtslehre und Volkstumskampf. Hermann Raschhofer als Vordenker eines völkischen Minderheitenrechts, in: Sozial.Geschichte 21 (2006), 29–52; for an overall historical and theoretical contextualisation, see: Samuel Salzborn, Ethnisierung der Politik. Theorie und Geschichte des Volksgruppenrechts in Europa, Frankfurt a.M.: Campus 2005.

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] This and all following titles of works as well as names of institutions have been translated by the editor, where necessary.

[2] Compiled from: Hermann Raschhofer, Lebenslauf [curriculum vitae], undated; Hermann Raschhofer, Lebenslauf [curriculum vitae], dated 18 July 1939; „master sheet“ of the file, undated (handwritten annotations up to the end of 1940), Bundesarchiv Berlin Dahlwitz-Hoppegarten (in the following: BArchBD-H), ZB/2 1923, file 4.

[3]  Foto: Manfred Abelein, Otto Kimminich (Hrsg.), Studien zum Staats- und Völkerrecht. Festschrift für Hermann Raschhofer zum 70. Geburtstag am 26. Juli 1975, Kallmünz: Verlag Michael Laßleben 1977.

[4] Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undated (fn. 2); this and all following quotations have been translated by the editor.

[5] Cf. Scheuner/Schumann/Schulin, Sachbericht in Sachen des Prof. Dr. J. W. Mannhardt, undated (ca. June 1955), Hessisches Staatsarchiv Marburg (in the following: HSTM), Best. 307d Acc. 1967/11, Nr. 385.

[6] Cf. Max Hildebert Boehm, Bestätigung des Instituts für Grenz- und Auslandstudien e.V. in Berlin-Steglitz/Geschäftsstelle Lüneburg, dated 25 November 1957, Universitätsarchiv Würzburg (in the following: UAW), ARS R 29, Nr. II.

[7] Cf.  Cf. Max Hildebert Boehm, Das eigenständige Volk. Volkstheoretischen Grundlagen der Ethnopolitik und Geisteswissenschaften, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1932, 36-37; Hermann Raschhofer, Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff. Sonderdruck aus 25 Jahre Kaiser Wilhelm-Gesellschaft, Berlin: Springer 1937, 1, fn. 1.

[8] Cf. Ulrich Prehn, Max Hildebert Boehm. Radikales Ordnungsdenken vom Ersten Weltkrieg bis in die Bundesrepublik, Göttingen: Wallstein 2013.

[9] Bild: Wikimedia Commons.

[10] Hermann Raschhofer, Hauptprobleme des Nationalitätenrechts, Stuttgart: Enke 1931; all following citations referenced only by page numbers in the text are from this source.

[11] Cf. Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung, Vol. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490-527, 502, 511, 519.

[12] Hermann Raschhofer, Nationalität als Wesen und Rechtsbegriff (fn. 7), 16, 20; all following citations referenced only by page numbers in the text are from this source.

[13] Hermann Raschhofer, Der politische Volksbegriff im modernen Italien, Berlin: Volk und Reich 1936.

[14] Cf. Hueck (fn. 11), 518.

[15] Cf. Letter from Hermann Raschhofer to Karl Herrmann Frank, dated 21 September 1941, Národní archiv/Státní ústřední archiv Praha [National Archive] (in the following: NA/SÚA), NSM-AMV 110, Nr. 22, Sig. 110-4/155.

[16] Photo: BArch, Bild 146-1972-039-26.

[17] Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undated (fn. 2).

[18] Cf. Hermann Raschhofer, Zum Gegenstandsbereich der Volkstheorie, Deutsche Arbeit, 32 (1932), 308.

[19] Cf. Hermann Raschhofer, Lebenslauf, undated; Hermann Raschhofer, Lebenslauf, dated 18 July 1939; “master sheet“ of the file (fn. 2).

[20] Cf. Letter from the Sicherheitsdienst of the SS Leader/ District of Prague [Sicherheitsdienstes des Reichsführer-SS/SD-Leitabschnitt Prag] to Gies, German Ministry for Bohemia and Moravia [Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren], dated 21 November 1944, Archiv Ministerstva Vnitra Praha [Archive of the Czech Ministry of the Interior] (in the following: MVČR), Z-10-P-72.

[21] Cf. Peter K. Steck, Zwischen Volk und Staat. Das Völkerrechtssubjekt in der deutschen Völkerrechtslehre (1933–1941), Baden-Baden: Nomos 2003, 123.

[22] Cf. Karel Fremund, Z činnosti poradců nacistické okupační moci (Výběr dokumentů), Prague: Archivní správa Ministerstva vnitra Roč 1966, 24-25, 40-41.

[23] Cf. Václav Král (ed.), Die Deutschen in der Tschechoslowakei 1933–1947. Dokumentensammlung, Prague: Nak. Československé akademie věd 1964, 454.

[24] Cf. Letter from the National Socialist Association of University Teachers/ Führer of the Association [NS-Dozentenbund/Der Reichsdozentenbundsführer] to Wacker, Federal Ministy of Education [Reichserziehungsministerium], dated 21 June 1938, BArchBD-H, ZB/2 1923, file 4.

[25] 1933 Raschhofer declared: “In National Socialism a political cadre is forming, which is conscious of the whole of the historical existence of the German nation and deriving its claim to totality from that”, cited after: Walter Heynowski/Gerhard Scheumann, Der Mann ohne Vergangenheit, in: Der Präsident im Exil und Der Mann ohne Vergangenheit sowie ein nachdenklicher Bericht über Die Schlacht am Killesberg, Berlin: Verlag der Nation 1969, 124.

[26] Cf. Hermann Raschhofer, Die tschechoslowakischen Denkschriften für die Friedenskonferenz von Paris 1919/1920, Berlin: Heymanns 1937, 2nd enlarged ed. 1938.

[27] Cf. Johann Wolfgang Brügel, Tschechen und Deutsche 1918–1938, Munich: Nymphenburger Verlagshandlung 1967, 87.

[28] Cf. Elizabeth Wiskemann, Czechs & Germans. A study of the struggle in the historic provinces of Bohemia and Moravia, 2nd ed., London: Macmillan 1967.

[29] Cf. The corresponding reports in: NA/SÚA ÚŘP-AMV 114 Nr. 14 Sig. 114-3/18.

[30] Johann Wolfgang Brügel (fn. 27), 96-97.

[31] Cf. Leader of the Einsatzgrupe H of the Sicherheitspolizei and the Sicherheitsdienst [Chef der Einsatzgruppe H der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienst], confirmation, 23 October 1944; Adolf Leitgeb, commando report, 29 October 1944, MVČR 302-64-10.

[32] Cf. Albert Jeloschek et al., Freiwillige vom Kaukasus. Georgier, Armenier, Aserbaidschaner, Tschetschenen u.a. auf deutscher Seite – Der „Sonderverband Bergmann“ und sein Gründer Theodor Oberländer, Graz: Stocker 2003, 139, 161; Philipp-Christian Wachs, Der Fall Theodor Oberländer (1905–1998). Ein Lehrstück deutscher Geschichte, Frankfurt a.M.: Campus Verlag 2000, 104.

[33] Cf. Hermann Raschhofer, Europäischer Nationalismus (galley proof); Letter from Hess, Hauptschriftleiter „Böhmen und Mähren“ to Gies, German Ministry for Bohemia and Moravia [Deutsches Staatsministerium für Böhmen und Mähren], dated 16 March 1945, NA/SÚA, NSM-AMV 110, no. 106, sig. 110-12/134.

[34] Cf. Certificate of appointment issued by the state of Bavaria, 24 January 1957, UAW, ARS R 29, Nr. II.

[35] Cf. Letter from the Bavarian Ministry for Education and Culture [Bayerisches Staatsministeriums für Unterricht und Kultus] to the rectorate of Würzburg University, dated 26 March 1962, UAW, ARS R 29, Nr. II.

[36] Cf. Süddeutsche Zeitung, 27 January 1970.

Zeitgenossenschaft, Expertise und das „Völkerrecht als Rechtsordnung“. Das MPIL „um 68“

Dieser Beitrag, zur Diskussion gestellt als Teil eines Roundtable-Gesprächs im Rahmen der Seminarreihe zur Institutsgeschichte, ist Teil einer gemeinsamen Reflexion über die Zeitgenossenschaft des MPIL. Ist es im Verlaufe seiner Nachkriegsentwicklung auf der Höhe seiner Zeit gewesen, und ist die Zeit auf der Höhe der Wissenschaft der MPIL gewesen? Letzteres wäre der Fall, wenn die Wissenschaft des Völkerrechts den realen Verhältnissen der inter­na­tionalen Beziehungen vorausgeeilt oder auf dem Wege wäre, die zukünftigen Etappen der Entwicklung der Völkerrechtswissenschaft mitzugestalten.

I. Woran will ich die Zeit­genossenschaft des MPIL (in dem erwähn­ten doppelten Sinne) festmachen? Unter den verschiedenen methodischen Wegen zur Beant­wortung dieser Frage bot sich die mir persönlich nächstliegende Herangehens­weise an, nämlich die Identifizierung und Bewertung jener Thematik, welche das Institut seinerseits „um 68“ zum Gegenstand seiner Forschung gemacht und damit auf die völkerrechtswissenschaftliche Agen­­da gesetzt hat. Die Deka­de zwischen der Mitte der 1960er und der 1970er Jahre betrachte ich als die Zeitspanne, die man grob vereinfachend als „um 68“ charakterisieren kann. Diese Jahreszahl vermittelt ja nicht lediglich eine chronologische Infor­mation, sondern symbolisiert nachhaltig wirkende gesellschaftliche Ereignisse mit internationaler Ausstrahlung in verschiedene, vor allem westliche Gesell­schaften.

Hermann Mosler 1975 in der Alten Aula anlässlich des 50-jährigen Institutsjubiläums (Foto: MPIL)

Als para­digmatisch betrachte ich das Thema, mit dem Hermann Mosler, der da­malige Direk­tor des MPIL, die Serie der Beiträge eröffnete, die aus An­lass des 1974 gefeierten 50jährigen Bestehens des Instituts in der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV) veröffentlicht wurden. Es lautete: Völker­recht als Rechts­ord­nung. Natürlich war das keine speziell für das Jahrzehnt zwischen der Mitte der 1960er und 1970er Jahre charakteristische wissenschaftliche Fra­gestellung. Mosler hatte dieses Thema gewählt, weil er damit das Werk des Gründungsdirektors des Kaiser-Wilhelm-Instituts Viktor Bruns ehren wollte, der im Jahr 1929 die ZaöRV gegründet und den ersten Band mit eben dieser Thematik – „Völkerrecht als Rechtsord­nung“ eröffnet hatte.

Man könnte sagen, dass dieses Thema für das MPIL nicht nur aus Anlass seiner Jubiläen bedeutungsvoll und würdiger Gegenstand seiner Forschung ist, son­dern im Grunde die Ratio seiner Existenz ausmacht. Jubiläen wie das fünf- fünfzig- oder hundertjährige Bestehen des MPIL markieren daher lediglich Stationen, wie sich dieses für den wissenschaftlichen Auftrag des MPIL konstitutive Problem im geschichtlichen Prozess der dazu geführten Diskurse entwickelt hat. Aus Anlass des hundertsten Geburtstages des MPIL daran zu erinnern ist der Sinn der folgenden Überlegungen eines Nicht-Völkerrechtlers.

Original Typoskript des Vortrages „Völkerrecht als Rechtsordnung“ von Viktor Bruns, gehalten am 16. Februar 1927 vor der KWG (Foto: MPIL)

II. Zunächst: Was meinten die beiden Autoren Bruns und Mosler mit der Qualifi­zierung des Völkerrechts als Rechtsordnung? Gewiss verstanden sie unter dem Begriff Rechtsordnung nicht le­diglich eine Ordnung allein des recht­lichen Stof­fes, den wir als Völkerrecht klassifizieren, das heißt eine Ta­xonomie des Rechts­stof­fes, der die internationale Dimension des Rechts betrifft. So etwas gehört in den Hörsaal einer Vorlesung über das Völkerrecht und wird in den völker­recht­lichen Reflexionen und Forschungen vorausgesetzt. Wenn das Völkerrecht als Rechtsordnung qualifiziert wird, dann ist damit nicht gemeint, dass dieses Rechtsgebiet eine Ordnung hat und deswegen auch eine Ordnung dieses Rechtsgebietes ist – sinnvollerweise kann damit nur gemeint sein, dass das Völkerrecht eine ordnende Funktion für seinen Gegenstand hat, nämlich die internationale Gemeinschaft.

In modernen Gesellschaften ist die gesellschaftliche Ordnung zugleich eine Rechtsordnung – rechtlich konstituiert und reguliert. Sozial­ord­nung und Rechts­­­­ordnung sind weitgehend identisch – selbst der Bruch des Rechts ist ein rechtliches Ereignis. So ist zum Beispiel Diebstahl ein in die Alltagssprache eingegan­gener Rechtsbegriff für den Vorgang der Wegnahme einer Sache ohne oder gegen den Willen der bestohlenen Per­son. Das ist ge­meint, wenn von der konstitutiven Bedeutung der Norm für die Erkenntnis des rechtlichen Charak­ters sozialer Beziehungen und Verhält­nisse die Rede ist: der von der sinnlich wahr­nehmbaren konkreten Realität eines sozialen Verhältnis­ses abstrahier­ende Rechtsbegriff prägt Sprache und Be­wusst­sein einer durch Recht konsti­tuierten Ordnung. Ohne das Recht gäbe es diese Ordnung nicht; ohne das Recht wären die Men­schen lediglich ein Haufen im Hobbes’schen Naturzu­stand, in dem jeder gegen jeden um sein Überleben kämpft.

III. In der Begeisterung der demokratischen Bewegung der Paulskirchenversammlung 1848 und deren Ver­abschiedung einer Verfassung schrieb der Dichter Fer­di­­nand Frei­li­grath: „Noch gestern, Brüder, wart ihr nur ein Haufen; ein Volk, o Brüder, seid ihr heut“.

Die gegenwärtig gängige Formulierung für etwas Gleichartiges oder Ähnliches in Bezug auf die inter­na­tio­nalen Beziehungen lautet „regelbasierte Weltord­nung“. Das ist das Ideal ins­besondere der liberalen westlichen Demokratien des globalen Nordens. Eine regelbasierte Ordnung müsste auf globaler Ebene das leisten, was innerstaatlich jedenfalls in jenen Staaten gesichert erscheint: Frie­den und Ordnung durch Recht. Wir wissen, dass es das nicht gibt, in dem Zeitalter der Staatlichkeit seit der Mitte des 17. Jahrhunderts auch nicht gegeben hat.

Warum hat es diese Konstellation in den Beziehungen der Staaten nicht gege­ben? Die Antwort ist so schlicht wie folgenreich. Die Staaten bilden eine Plura­lität, sicherlich mehr als einen Haufen oder eine bloße Menge. Andererseits haben sie sich nicht wie der Freiligrath’sche Haufen zu einem kollektiv hand­lungsfähigen Ver­band transformiert – sie befinden sich damit in der paradoxen Situation, dass sie unter diesem Zustand der unorganisierten Vielheit zugleich leiden, wie ihn aber gleichzeitig auch genießen und mit allen Mitteln verteidi­gen. Sie leiden darunter, dass sie mangels ei­ner über ihnen existierenden sanktionsfähigen Autorität eines in­ter­na­tionalen Superstaates in ständiger Sorge um ihre Sicher­heit leben, die potentiell von jedem anderen Staat bedroht ist, und sich daher in ständiger kostenintensiver Wehrbereitschaft befinden müssen. Sie genießen diesen Zustand zugleich aber auch, weil sie dank ihrer Souveränität keiner ihnen überlegenen Ordnungsmacht unterliegen und weitgehend ungestört und selbstbezüglich ihre inneren Angele­gen­heiten regeln können – bis hin zu grausamster Unter­drückung ihrer jeweiligen Völker.

IV. Dieser „Souveränitätspanzer“ verhindert, dass völkerrechtliche Normen einen konstitutiven Status erlangen können. Sie können nicht den soziologischen Roh­­­zustand der internationalen Beziehungen souveräner Staaten in eine Ord­nung umwandeln, die einen verbindlichen kollektiven Mehrheitswillen hervor­bringen könnte, geschweige denn eine überlegene Autorität, die diesen Willen gegen Widerspruch durchsetzen könnte. Schon der Gegenstand des Völ­ker­rechts ist diffus: laut Präambel der UNO-Sat­zung sind es die „Völker der Ver­einten Natio­nen“, später im Text dann auch nur die „Vereinten Natio­nen“, in der Li­tera­tur wird auch von der „inter­na­tionalen Gemeinschaft“, „Staa­ten­ge­mein­schaft“, der „Völkerrechtsgemeinschaft“ oder der „Staaten­gesellschaft“ gesprochen, zuweilen von der Mensch­heit (man­kind). Bei genauer Betrachtung bilden die Staaten keine Gemein­schaft, sondern eine Gesellschaft. In der präzi­sierenden Unterscheidung zwischen Vergemeinschaftung und Vergesell­scha­ftung von Max Weber wird letztere als die Existenz einer sozialen Beziehung gekennzeichnet, „wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns auf rational (wert- oder zweckra­tional) motiviertem Interes­senaus­gleich oder auf ebenso motivierter Interes­sen­ver­bindung beruht“.[1] In diesem Sinne kennzeich­net Hedley Bull, Be­grün­der der englischen Schule der internationalen Beziehun­gen, das Pluriversum der Staaten als „anar­chi­cal society“. Damit charakterisier­te er eine Konstellation, die durch drei widerspruchsvolle Elemente gekenn­zeich­­­net sei: Kriege zwischen den Staaten und Kämpfe um Macht; transnationa­le Solidarität und Konflikt sowie Kooperation und regulierte Beziehungen zwis­chen Staaten.[2] Auf ein weniger beachtetes Element dieser Beziehung von Krieg und internationalem anarchischem System hat übrigens der britische Militär­historiker Michael Howard in einem klugen Essay unter dem Titel The Invention of Peace  aufmerksam gemacht.[3]

Rudolf Bernhardt, Ernst Friesenhahn und Jochen Frowein auf der Tagung „Völkerrecht als Rechtsordnung“ 1975 (Foto: MPIL)

Die weitgehend anerkannten Eigenheiten der internationalen Ordnung be­ruhen darauf, dass die Staaten nicht rechtlich kon­stituiert sind. Staaten sind keine Geschöpfe des Rechts, sondern natur­wüch­sig aus dem mehr oder weni­ger gewalttätigen Verkehr der Staaten oder sonstiger Herrschafts­verbände hervorgegangene Gebilde (zum Beispielnach dem Zerfall von Imperien), die ausschließ­liche Herrschaft über ein umgrenztes Territorium und dessen Bevöl­kerung aus­üben. Während binnenstaatlich die soziale Ordnung durch die kon­stitutive Wir­kung der Verfassung in eine Rechtsordnung transformiert wird, bleibt die Exi­stenz der Staaten in der zwischenstaatlichen Sphäre ein bloßes Faktum. Kel­sen bezeichnete bekanntlich das Völkerrecht als eine „primitive Rechtsord­nung“. Da­­mit bezog er sich darauf, dass die generellen Normen des Völker­rechts nicht durch ein gesondertes Gesetzgebungsorgan erzeugt werden, son­dern durch die „Glieder der Rechtsgemeinschaft“ selbst, das heißt die Staaten.[4] Sie haben keine In­sti­­tu­tion hervorgebracht, die mit der selbständigen Wahrung der Gesamtinter­es­sen der „Gemeinschaft“ betraut wurde. Dass dies auch unter dem Schirm der UN-Charta gilt, zeigen deren Artikel 24 und 25. Danach handeln die Mit­glie­der des Sicherheitsrates bei der Erfüllung ihrer Hauptverantwortung für die Wahr­ung des Weltfriedens nicht im Namen und im Interesse einer in den Ver­einten Nationen verfassten Gemeinschaft der Staaten und deren Völ­ker, son­dern im Namen der Summe der Mitglieder der Vereinten Na­tionen, also der Staaten. Sie bleiben in ihrer Pluralität und Souveränität die Quel­le der Legitimi­tät der Beschlüsse des Sicherheitsrates. Die Verbindlichkeit der Beschlüsse des Sicherheitsrates ergibt sich folglich nicht aus einer strukturellen Über­legenheit eines Gesamtwillens über die Einzelwillen der Staaten; sie folgt aus der Über­einkunft der einzelnen Mitglieder der Vereinten Nationen, „die Be­schlüs­­se des Sicherheitsrates im Einklang mit dieser Charta anzunehmen und durchzufüh­ren“ (Artikel 25). Quelle der Legitimität der Beschlüsse des Sicher­heitsrates sind die Übereinkünfte der Staaten, die damit auch die Interpretationshoheit über deren jeweiligen Inhalt und damit über das Maß der Verbindlichkeit innehaben.

Zum Mitglied einer „anarchischen Gesellschaft“ nach der erwähnten Konzepti­on von Bull wird ein Staat als Faktum erst durch die Anerkennung als Staat – erst dadurch erwirbt er den Status eines internationalen Rechts­sub­jektes.[5] Bei­des – Anerkennung und Völkerrechtsfähigkeit – sind Begriffe des Völkerrechts. Ihre Geltung und Anwendung schaffen eine eigene soziale Wirklichkeit und er­lösen damit die faktische Wirk­lichkeit eines „naturhaften“ Nebeneinanders von ungleich machtvollen souveränen Herrschafts­gebilden von ihrem Verharren in der rohen Ver­sion eines Hobbes’schen Naturzustan­des.

V. Was durch die Geltung dieser völkerrechtlichen Nor­men, im Verbund mit dem elementaren, in der Re­gel rechtsethisch fundierten Grundsatz pacta sunt servanda[6] bewirkt wird, ist nichts weniger als der erste Schritt hin zu einer Rationalisierung des rohen Zustandes einer Viel­zahl machtoppor­tu­nistisch agierender Souveräne in eine normativ inspirierte Konstellation eines ge­ord­neten Ne­beneinanders. Man kann also den genannten völkerrechtlichen Nor­men einen konstitutiven Char­akter zuspre­chen.

Rechtfertigt das die These vom Völkerrecht als Rechts­ord­nung? Es kommt darauf an, welche Ansprüche wir an den Begriff der völker­recht­li­chen Ordnung stellen. Verstehen wir darunter die oben erwähnte „re­gelbasierte internationa­le Ord­nung“, so wird man die Frage wohl verneinen müssen. Denn beim gegen­wärtigen Stand der ungezügelt ausgetragenen inter­nationalen Konflikte ist von einer ordnenden, geschweige denn steuernden Macht des Völkerrechts wenig zu se­hen. Für uns Heutige muss der Frieden noch erfunden werden. Wir werden uns wohl mit der bescheide­neren Idee einer regelorientierten Ordnung zufriedengeben müssen. Die Kluft zwi­schen regelbasiert und regel­ori­entiert ist das Feld der internationa­len Politik. Sie benötigt dringend die Exper­tise und Kreativität der völkerrechtlichen Pro­fession und ihres deutschen Hor­tes, des Heidelberger MPIL. Dessen Jubiläum zum hundertjährigen Bestehen ermutigt zu kühnen Hoffnungen und Wünschen.

[1] Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der Verstehenden Soziologie, Tübingen: Mohr 1972, 21.

[2] Hedley Bull, The Anarchical Society. A Study of Order in World Politics, London:  Macmillan1977, 41.

[3] Michael Howard, The Invention of Peace. Reflections on War and International Order, London: Yale University Press 2000.

[4] Hans Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. (1960), 5. Neudruck, Wien: Verlag Österreich 2000, 323 ff.

[5] Vgl.  Wilfried Schaumann, Anerkennung, in: Hans-Jürgen Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. I, Berlin: De Gruyter 1960, 47 ff.; Hermann Mosler, Völkerrechtsfähigkeit, in: Hans-Jürgen Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, Berlin: De Gruyter 1962, 665 ff.

[6] Hierzu Werner Kägi, Pacta Sunt Servanda, in: Hans-Jürgen Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. II, Berlin: De Gruyter 1961, s711-716.

Die Weimarer Jahre des Instituts und die Lücke zwischen ausländischem öffentlichem Recht und Völkerrecht

The Institute’s Weimar Years and the Gap between Comparative Public Law and International Law

Deutsch

„Unsere Strassen stürmen die Autos […]. Im Luftraum gleiten Flugzeuge […]; sie missachten die Landesgrenzen und verringern den Abstand von Volk zu Volk. […] Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse erweitert maßlos unsern Begriff von „Zeit und Raum“, sie bereichert unser Leben. […] Wir werden Weltbürger. […] Gewerkschaft, Genossenschaft, A. G., G. m. b. H., Kartell, Trust und Völkerbund sind die Ausdrucksformen heutiger gesellschaftlicher Ballungen […]. Kooperation beherrscht alle Welt. […] Jedes Zeitalter verlangt seine eigene Form. […] Internationalität ist ein Vorzug unsrer Epoche.“[1]

Dieses Zitat stammt nicht aus der Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV), sondern aus dem 1926 veröffentlichten Aufsatz „Die Neue Welt“ des Architekten und Urbanisten Hannes Meyer. Meyer war von 1926 bis 1930 am Bauhaus tätig, zuletzt als Direktor. 2023/24 erleben wir nicht nur 100 Jahre Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, sondern auch 100 Jahre Bauhausausstellung Weimar. Im Bauhaus war die Ausrichtung zwischen Wissenschaft und Praxis ein Grundsatzkonflikt. Das 1924 gegründete Kaiser‑Wilhelm‑Institut (KWI) für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht sollte sich mit den Rechtsfragen seines Zuständigkeitsbereichs aus einer praxisorientierten und dogmatischen Perspektive zu befassen. Diese Ausrichtung ist entscheidend für das Verständnis der Weimarer Jahre des Instituts unter dem Direktorat Viktor Bruns’. Zum einen sollte damit das Völkerrecht als Rechtssystem gefördert und der Standard der Völkerrechtswissenschaft in Deutschland gehoben werden. Zum anderen aber wurde die am KWI versammelte Rechtsexpertise als wichtiger Faktor für die Positionierung Deutschlands gegenüber dem Versailler Vertrag angesehen.[2] Insofern also bewegte sich auch das KWI zwischen Wissenschaft und Praxis oder „zwischen Wissenschaft und Politikberatung“.[3]

Abgesehen von diesen Parallelen ist Meyers Text aus einem weiteren Grund für das Verständnis des KWI der Weimarer Jahre von Interesse: Der Text zeugt von einer gefühlten Internationalität in der Mitte der 1920er Jahre, die zwar nicht repräsentativ gewesen sein wird, aber dennoch prägend. Die Internationalität in Kunst und Kultur, aber auch der Wirtschaft war schon vor dem Ersten Weltkrieg sehr weit fortgeschritten; der Krieg zerstörte viele dieser Verbindungen.[4] Internationalität war jedoch für die Einzelnen auch im Alltag der Weimarer Jahre vielfältig wahrnehmbar und erfahrbar. Die Agenda des KWI blieb dagegen im Wesentlichen auf die Außenbeziehungen im klassisch zwischenstaatlichen Sinn ausgerichtet. Das entsprach der auch von den Zeitgenossen „scharf“ gezogenen „Grenze“ zwischen Völkerrecht und Staatsrecht.[5] Dabei sollte sich das Institut nicht allein mit dem Völkerrecht befassen, denn die mögliche Anwendung des Völkerrechts in der Praxis hing weitgehend von den verfassungsrechtlichen Zwängen der Staaten ab. Deshalb erschien es notwendig, auch das ausländische öffentliche Recht in die Forschung einzubeziehen.[6] Dementsprechend sind „ausländisches öffentliches Recht“ und „Völkerrecht“ Namensbestandteile nicht nur des KWI, sondern auch der 1927 begründeten Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht und der seit 1929 erscheinenden ZaöRV.

Nicht im Fokus stand konsequenterweise das inländische Außenverfassungsrecht der auch insoweit innovativen Weimarer Reichsverfassung (WRV) von 1919. Das „Außenverfassungsrecht“ war in den 1920er Jahren noch nicht als Forschungsfeld etabliert. Als Lehrfach („Staatsrecht III“) und Gegenstand von Veröffentlichungen entstand das Außenverfassungsrecht erst sehr viel später, in der Bundesrepublik Mitte der 1970er Jahre.[7] Jedoch hatte sich der Rechtsbegriff der „auswärtigen Gewalt“ bereits mit dem 1892 veröffentlichten Lehrbuch von Albert Hänel durchgesetzt[8] und es war den Zeitgenossen bewusst, dass die Frage nach dem Verhältnis von Völkerrecht und innerstaatlichem Recht angesichts sich vervielfachender internationaler Berührungspunkte ständig an Bedeutung gewann.[9] Offensichtlich wurde 1924 kein Institut für „Völkerrecht und Landesrecht“ gegründet. Dennoch ist die Beobachtung nicht trivial: Mit der Ausrichtung des Instituts ging auch eine Perspektive auf das „Völkerrecht“ selbst „als Rechtsordnung“[10] verloren. Sie betrifft seine – potentielle – Bedeutung für die Einzelnen, seine Auswirkungen auf die innerstaatliche Rechts- und Sozialordnung unter der neuen Verfassung sowie seinen Zusammenhang mit dem demokratischen Prozess und seine Bedeutung für die gerichtliche Praxis. Es entstand eine programmatische Lücke zwischen „ausländischem öffentlichen Recht“ und „Völkerrecht“. Zugleich wurde der Blick auf die Bedeutung des Völkerrechts jenseits der klassischen Außenbeziehungen verstellt.

Innovatives Weimarer „Außenverfassungsrecht“

Verfassungsfeier 11. August 1929. Der Bundesvorstand des Reichsbanners vor dem Berliner Schloss.[11]

In der WRV war ein Hineinwirken des Völkerrechts in das innerstaatliche Recht angelegt, wie auch ein innerer Zusammenhang von demokratischem Rechtsstaat und internationaler Ordnung. Nach Art. 4 WRV sollten die „allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts“ „als bindende Bestandteile des deutschen Reichsrechts“ gelten. Dieser neue Artikel an prominenter Stelle zu Beginn des Verfassungstextes hat zunächst eine symbolische Funktion. Er verkündet den Wiedereintritt Deutschlands in die Völkergemeinschaft und markiert einen Bruch mit der Vergangenheit. Hugo Preuß formulierte in der Nationalversammlung:

Einen geeinten, freien nationalen Staat wollen wir organisieren, aber nicht in nationalistischer Abschließung. Wie einst die jungen Vereinigten Staaten von Nordamerika in den Kreis der alten Staatenwelt eintraten mit dem Bekenntnis zur bindenden Kraft des internationalen Rechts, so bekennt sich die junge deutsche Republik […] zur Geltung des Völkerrechts.“[12]

Das war natürlich umstritten, auch in der Nationalversammlung und im Verfassungsausschuss.[13] Die Idee der „Einfügung des Reichs als demokratischer Rechtsstaat in die Völkerrechtsgemeinschaft“[14] brachte noch § 2 der Entwurfsfassungen von Preuß zum Ausdruck, der demokratisches Prinzip und verfassungsrechtlich sanktionierte Völkerrechtsbindung in ein und derselben Verfassungsbestimmung zusammenfasst.[15] In der Sache erlangte der Einzelne, dessen Beziehungen zur internationalen Gemeinschaft bislang absolut mediatisiert waren, durch Art. 4 WRV nunmehr unmittelbaren Kontakt mit dem Völkerrecht.[16] Allerdings wurde die in Art. 4 WRV angelegte „Völkerrechtsfreundlichkeit“ (Gerhard Anschütz)[17] im Schrifttum und in der gerichtlichen Spruchpraxis nach 1919 vielfach dadurch unterlaufen, dass die Wendung von den „allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts“ als Erfordernis der spezifischen Zustimmung des Reiches zu dem betreffenden Völkerrechtssatz interpretiert wurde.[18] Der Kommentar von Anschütz spiegelt insofern die gängige Lehrmeinung wider: Um als bindender Bestandteil des deutschen Reichsrechts zu gelten, müsse ein Völkerrechtssatz vom Deutschen Reiche „anerkannt“ sein; diese Anerkennung sei auch „frei widerruflich“.[19]

Völkerrecht jenseits der klassischen Außenbeziehungen

Bereits vor 1914 kam dem Völkerrecht im innerstaatlichen Bereich eine stetig wachsende Bedeutung zu.[20] 1891 betonte der spätere „Vater der Weimarer Verfassung“ Preuß den „innige[n] Zusammenhang“ des Völkerrechts „mit dem Wirthschaftsleben“: „Das Völkerrecht […] existirt in lebendigster Wirklichkeit; in tausend Verhältnissen des täglichen Lebens macht es seine Existenz segensreich fühlbar“.[21] Auch wenn der Erste Weltkrieg eine Zäsur bedeutete, gewannen völkerrechtliche Verträge und die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen danach wieder an Bedeutung. Trotz allgemeiner Ablehnung des Versailler Vertrags und in der öffentlichen Meinung vorherrschenden Nationalismus war Weimar-Deutschland international eingebunden und engagiert. Insbesondere in den 1920er Jahren schloss Deutschland eine Reihe von internationalen Verträgen ab.[22] Viele von ihnen beziehen sich auf Fragen von Frieden und Sicherheit. Diesen „politischen Verträgen“ widmete das KWI eine eigene Dokumentensammlung.[23] In der Weimarer Republik wurden die Außenbeziehungen insgesamt zu einem gewissen Grad als politisch-militärische Angelegenheit verstanden.[24] Jedoch ist die Zahl der Verträge, die sich auf das tägliche Leben der Menschen und die Wirtschafts- und Sozialordnung bezogen, sogar noch größer.

So trat Deutschland 1922 etwa dem Madrider System für die internationale Registrierung von Marken bei.[25] Zu den relevanten Verträgen gehören auch das Übereinkommen und Statut über die internationale Rechtsordnung der Seehäfen von 1923,[26] der deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag von 1923[27] und das Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle von 1925.[28] Mit dem Beitritt zum Übereinkommen und Statut von Barcelona über die Freiheit des Durchgangsverkehrs von 1921[29] entsprach Deutschland der Verpflichtung aus Art. 379 des Vertrags von Versailles, „jedem allgemeinen Übereinkommen über die zwischenstaatliche Regelung des Durchgangsverkehrs, der Schiffahrtswege, Häfen und Eisenbahnen beizutreten, das zwischen den alliierten und assoziierten Mächten mit Zustimmung des Völkerbunds binnen fünf Jahren […] geschlossen wird.“[30]

Besonders bedeutsam dürften in diesem Bereich jedoch die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO) sein, deren Mitglied Deutschland seit 1919 war. Von insgesamt 63 bis einschließlich 1933 von der Internationalen Arbeitskonferenz verabschiedeten Übereinkommen ratifizierte Deutschland zwischen 1925 und 1933 immerhin 19.[31] Das internationale Arbeitsrecht hat in Deutschland allerdings stets eine relativ marginale Rolle gespielt.[32] Die Gründe dafür finden sich zum einen in den historisch älteren Wurzeln des nationalen Arbeits- und Sozialrechts, zum anderen in der Haltung gegenüber dem Versailler Vertrag, der die ILO‑Verfassung als Teil XIII enthielt. Im Rückblick erscheint diese deutsche Distanz zur ILO freilich im Spannungsverhältnis zur sozialen Programmatik[33] der Weimarer Reichsverfassung.

1926 wurde Deutschland Mitglied des Völkerbundes, was durchaus auch jenseits von Fragen von Frieden und Sicherheit sowie der Abrüstung von Bedeutung war.[34] Die 1919 eingesetzte „Kommission für neue Staaten“ erarbeitete Verträge zum Schutz von Minderheiten in den Staaten Osteuropas, die unter der Garantie des Völkerbundes standen,[35] darunter den Polnischen Minderheitenvertrag,[36] der der deutschen Minderheit in Polen zugutekam. Die Struktur des Völkerbundes umfasste die Wirtschafts- und Finanzorganisation,[37] die Gesundheitsorganisation, die Organisation für Kommunikation und Transit, das Internationale Komitee für geistige Zusammenarbeit, den Ständigen Zentralen Opiumausschuss, den Beratenden Ausschuss für Frauen- und Kinderhandel, die Flüchtlingskommission und den Ausschuss für die Untersuchung der Rechtsstellung der Frau. Freilich ist das spätere System der UN‑Charta für die internationale Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet in dieser Form ohne Vorbild im Völkerbund und gilt auch als eine der Lehren, die aus dem wirtschaftlichen Chaos und den sozialen Missständen der Zwischenkriegszeit als Friedensbedrohung gezogen wurden.[38]

Die Einleitung zur Neuauflage des Völkerrechtslehrbuchs von Franz von Liszt von 1925 gab einen Überblick über die durch die „geänderten Verhältnisse“ bedingten neuen Themen des Völkerrechts, unter anderem Mandatssystem, Binnenschifffahrt, internationaler Arbeitsschutz, Völkerbund, Kriegsverhütung einschließlich Abrüstung sowie Ständiger Internationaler Gerichtshof (StIGH).[39] Eine Durchsicht der Bände 1‑3 (1929‑1933, insgesamt mehr als 2.300 Druckseiten) der ZaöRV bestätigt diesen Befund dagegen nur teilweise;[40] insbesondere ist er in der systematischen Untergliederung der „Ersten Abteilung: Völkerrecht“ nicht abgebildet.

Deutschland war auch maßgeblich an der internationalen Streitbeilegung beteiligt. In den 1920er Jahren war Deutschland im Allgemeinen vor dem StIGH erfolgreich, insbesondere im Hinblick auf die deutschen Interessen und Minderheitenrechte in Polen.[41] Mit dem Völkerbund und dem StIGH verband sich die Hoffnung, dass die im Lichte der Erfahrungen des Ersten Weltkriegs geschaffene internationale Rechtsordnung zur Schaffung einer universellen Rechtsgemeinschaft führen würde. Diese Hoffnung beruhte – gerade für den Kriegsverlierer Deutschland – vor allem auf der legalistischen Vision einer Ordnung, in der alle Staaten der obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit durch einen internationalen Gerichtshof zustimmen würden.

Völkerrecht als „Rechtsordnung für die Gemeinschaft der Staaten“

Viktor Bruns 1937 bei einem Vortrag.[42]

Hier setzt Bruns in seiner innovativen und als programmatische Grundlegung zu verstehenden Schrift in der ersten Ausgabe der ZaöRV von 1929 an. Zwischen 1927 und 1932 war er selbst als Richter ad hoc am StIGH und als nationaler Richter am deutsch‑polnischen Gemischten Schiedsgericht und am deutsch‑tschechoslowakischen Gemischten Schiedsgericht tätig und vertrat die deutsche Regierung in verschiedenen Fällen vor dem StIGH.[43] Nun arbeitet er den Charakter des Völkerrechts als autonome Rechtsordnung heraus, die nicht auf der Souveränität, sondern auf der „Rechtsgemeinschaft“ der Staaten beruht: „Das Völkerrecht ist eine Rechtsordnung für die Gemeinschaft der Staaten, ein System von Rechtsgrundsätzen, Rechtsinstituten und Rechtssätzen, die untereinander in einem Ordnungszusammenhang stehen.“ Dies lässt sich als Weiterentwicklung der Lehre Heinrich Triepels vom Gemeinwillen verstehen.[44] In bemerkenswerter Weise überträgt Bruns dazu die Vorstellung von Carl Schmitt zum Verhältnis von „geschriebene[r] Verfassung“ und „deutsche[r] Rechtsgemeinschaft“ auf die Völkerrechtsordnung. „Ganz ebenso“ könne die Rechtsnatur der Verträge in der Staatengemeinschaft nicht aus dem Selbstverpflichtungswillen der Staaten im Einzelfall, sondern nur aus der Rechtsordnung der zu einer Rechtsgemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten gefolgert werden: „Recht einer Rechtsgemeinschaft sind alle sich aus der konkreten Ordnung dieser Gemeinschaft ergebenden rechtlichen Folgerungen und Voraussetzungen.“[45] Die Bedeutung dieser Rechtsordnung für die Einzelnen greift Bruns indes nicht auf. Er thematisiert weder die Innovationen der Reichsverfassung mit Bezug zum Völkerrecht noch die Bedeutung des zeitgenössischen Völkerrechts jenseits der klassischen Außenbeziehungen.

Dass dadurch eine durchaus signifikante Lücke zwischen „ausländischem öffentlichen Recht“ und „Völkerrecht“ klaffte, wird – zugegebenermaßen retrospektiv, with the benefit of hindsight, zumal aus der Warte der offenen Staatlichkeit des Grundgesetzes – besonders deutlich. Sicherlich aber hätte ein Forschungsinstitut mit mehr Distanz zum politischen Betrieb auch ein anderes Forschungsprogramm entwickelt. Zugleich muss man sich vergegenwärtigen, wie kurz die Weimarer Jahre des Instituts waren, wie kurz auch die deutsche Mitgliedschaft im Völkerbund war – und wie dominant der „Kampf gegen Versailles“ für die deutsche Völkerrechtswissenschaft. Es war nicht der Moment für die praktische „Vollendung der Genossenschaftsidee im Völkerrecht“,[46] wie sie Preuß angedacht hatte. Dabei bot sich der Genossenschaftsgedanke, wie zuletzt im Nachgang zum Jubiläum der Verfassung von 1919 erinnert wurde, theoretisch auch für eine völkerrechtliche Gemeinschaftsordnung an: So wie die demokratische Verfassung die Anerkennung von Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit im Inneren erforderte, so verlangte sie auch ein neues Verständnis des Staates als einen unter vielen, der zu kooperieren habe. Die theoretische wie praktische Kontinuität von inneren und äußeren Verhältnissen reflektiert zwar nicht die völkerrechtliche Schrift des KWI-Direktors, wohl aber das Eingangszitat des späteren Bauhausdirektors: „Gewerkschaft, Genossenschaft, A. G., G. m. b. H., Kartell, Trust und Völkerbund sind die Ausdrucksformen heutiger gesellschaftlicher Ballungen, […]. Kooperation beherrscht alle Welt.“

[1] Hannes Meyer, Die Neue Welt, Das Werk 13 (1926), 205-224 (205, 221, 222), Herv. i.O.

[2] Felix Lange, Between Systematization and Expertise for Foreign Policy, EJIL 28 (2017), 535-558 (537, 543); Ingo Hueck, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, 490-491; Rüdiger Hachtmann, Das Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1924 bis 1945, MPIL100.

[3]„Völkerrecht als Rechtsordnung? Das KWI zwischen Wissenschaft und Politikberatung“ – So der Titel eines Panels am 15.6.2023 im Rahmen der interdisziplinären Seminarreihe „100 Jahre öffentliches Recht“ zur Geschichte des MPIL.

[4] Für die Kultur: Peter Gay, Die Republik der Außenseiter: Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918-1933, Berlin: Fischer 1989, 25.

[5] Siehe: Dieter Grimm, 100 Jahre Öffentliches Recht, MPIL100.

[6] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: S. Hirzel 2008, 120.

[7] Frank Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen, München: C.H. Beck 2017, § 10 Rn. 87.

[8] Albert Hänel, Deutsches Staatsrecht, Bd.1, Leipzig: Duncker & Humblot 1892, 531–562; vgl. Schorkopf (Fn. 7), § 10 Rn. 14.

[9] Ruth D. Masters, The Relation of International Law to the Law of Germany, Political Science Quaterly 45 (1930), 359-394 (359).

[10] Viktor Bruns, Völkerrecht als Rechtsordnung I, ZaöRV 1 (1929), 1-56.

[11] BArch, Bild 102-08214 / CC-BY-SA 3.0.

[12] Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 326, Stenographische Berichte 1920, 286A (Protokoll der 14. Sitzung, 24.2.1919).

[13] Laila Schestag, Weimar International, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 2022, 373-413 (393–396), m.N.

[14] Hugo Preuß, Reich und Länder. Bruchstücke eines Kommentars zur Verfassung des Deutschen Reiches, Köln: C.Heymann 1928, 82.

[15] Vorentwurf (Entwurf I) datiert 3.1.1919; Entwurf des allgemeinen Teils der künftigen Reichsverfassung (Entwurf II), datiert 20.1.1919; s. dazu Schestag (Fn. 12), 400–402, m.w.N.

[16] Preuß (Fn. 13), 86-87; s. auch Alfred Verdross, Reichsrecht und internationales Recht. Eine Lanze fur Art. 3 des Regierungsenwurfes der deutschen Verfassung, Deutsche Juristen-Zeitung 24 (1919), 291-293 (292–293); Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, Berlin: Georg Stilke 1933, Art. 4, 62-63.

[17] Anschütz (Fn. 15), 68.

[18] Thilo Rensmann, Die Genese des “offenen Verfassungsstaats” 1948/49 in: Thomas Giegerich (Hrsg.), Der „offene Verfassungsstaat“ des Grundgesetzes nach 60 Jahren, Berlin: Duncker & Humblot 2010, 37-58 (44-46); Rechtsprechungsnachweise bei: Lawrence Preuss, International Law in the Constitutions of the Länder in the American Zone in Germany, AJIL 41 (1947), 888-899 (893–895).

[19] Anschütz (Fn. 15), 65, 68.

[20] Peter Caldwell, Sovereignty, Constitutionalism, and the Myth of the State: Article Four of the Weimar Constitution, in: Leonard V. Kaplan/Rudy Koshar (Hrsg.), The Weimar Moment. Liberalism, Political Theology, and Law, Lanham: Lexington Books 2012, 345-370 (350).

[21] Hugo Preuß, Das Völkerrecht im Dienste des Wirthschaftslebens, Berlin: L. Simion 1891, 4-5.

[22] Wikipedia: Treaties of the Weimar Republic.

[23] Viktor Bruns (Hrsg.), Politische Verträge: Eine Sammlung von Urkunden, 3 Bde, Berlin: Carl Heymann 1936–1942.

[24] Gaines Post, The Civil-Military Fabric of Weimar Foreign Policy, Princeton: Princeton University Press 2015.

[25] Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, 14.4.1891, RGBl. 1922 II S. 669.

[26] Übereinkommen und Statut über die internationale Rechtsordnung der Seehäfen, 9.12.1923, RGBl. 1928 II S. 23.

[27] Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag, 8.12.1923, RGBl. 1925 II S. 795.

[28] Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle, 6.11.1925, RGBl. 1928 II S. 175, 203.

[29] Übereinkommen und Statut über die Freiheit des Durchgangsverkehrs, 14.4.1921, RGBl. 1924 II S. 387.

[30] Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten (Versailler Vertrag), 28.6.1919, RGBl. 1919 S. 687.

[31] International Labour Organization, Ratifications for Germany, m.N.

[32] Sandrine Kott, Dynamiques de l’internationalisation: l’Allemagne et l’Organisation internationale du travail (1919-1940), Critique Internationale 52 (2011), 69-84 (71).

[33] Michael Stolleis, Die soziale Programmatik der Weimarer Reichsverfassung, in: Horst Dreier/Christian Waldhoff (Hrsg.), Das Wagnis der Demokratie: Eine Anatomie der Weimarer Reichsverfassung, München: C.H. Beck 2018, 195-218.

[34] League of Nations, The Development of International Co-operation in Economic and Social Affairs: Report of the Special Committee (Bruce Report) 1939, L.o.N. A.23.1939; vgl. Patricia Clavin, Securing the World Economy: The Reinvention of the League of Nations, 1920-1946, Oxford: Oxford University Press 2013.

[35] Carl Georg Bruns, Die Garantie des Völkerbundes über die Minderheitenverträge, ZaöRV 2 (1931), 3-16.

[36] Minderheitenschutzvertrag zwischen den Alliierten und Assoziierten Hauptmächten und Polen, 28.6.1919, CTS 225, 412.

[37] S. dazu: Patricia Clavin/Jens-Wilhelm Wessels, Transnationalism and the League of Nations, Contemporary European History 14 (2005), 465-492; Yann Decorzant, La Société des Nations et l’apparition d’un nouveau réseau d’expertise économique et financière (1914–1923), Critique International 3 (2011), 35-50.

[38] Mohammed Bedjaoui, Article 1 (commentaire général), in: Jean-Pierre Cot/Alain Pellet, La Charte des Nations Unies. Commentaire article par article, Paris: Economica 2005, 318.

[39] Franz von Liszt (Hrsg.), Das Völkerrecht: systematisch dargestellt, Berlin: Verlag Julius Springer 1925, IV-V.

[40] S. insb. André N. Mandelstam, Der internationale Schutz der Menschenrechte und die New-Yorker Erklärung des Instituts für Völkerrecht, ZaöRV 2 (1931), 335-377.

[41] Ole Spiermann, International Legal Argument in the Permanent Court of International Justice, Cambridge: Cambridge University Press 2005, 292.

[42] AMPG, Bruns Viktor II 3.

[43] Lange (Fn. 2), 540.

[44] Heinrich Triepel, Völkerrecht und Landesrecht, Leipzig: C.L. Hirschfeld 1899, 32-33, 88 (diese Anbindung macht Bruns, langjähriger Berliner Fakultätskollege von Triepel, allerdings in seinem Aufsatz nicht explizit).

[45] Bruns (Fn. 10), 10–12, 1, 13.

[46] Schestag (Fn. 12), 399–403.

Suggested Citation:

Thomas Kleinlein, Die Weimarer Jahre des Instituts und die Lücke zwischen ausländischem öffentlichem Recht und Völkerrecht, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240304-170437-0

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English

“Motor cars dash along our streets. […] Aircraft slip through the air […]; they disregard national frontiers and bring nation closer to nation. […] The simultaneity of events enormously extends our concept of “space and time,” it enriches our life. […] We become cosmopolitan. […] Trade union, co-operative, Lt., Inc., cartel, trust, and the League of Nations are the forms in which today’s social conglomerations find expression […]. Co-operation rules the world. […] Each age demands its own form. […] Internationalism is the prerogative of our time.”[1]

This quote is not from the Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (ZaöRV, English title: Heidelberg Journal of International Law), but from the 1926 essay “The New World” (“Die Neue Welt”) by the architect and urbanist Hannes Meyer. Meyer worked at the Bauhaus from 1926 to 1930, ultimately as director. In 2023/24, we are not only celebrating the 100th anniversary of the Institute for Comparative Public Law and International Law, but also the 100th anniversary of the Bauhaus exhibition in Weimar. At the Bauhaus, the positioning between theory and practice was a fundamental conflict. Founded in 1924, the Kaiser Wilhelm Institute (KWI) for Comparative Public Law and International Law, founded in 1924, was to deal with the legal issues in its field of activity from a practice‑orientated and dogmatic perspective. This positioning is crucial for understanding the Weimar years of the Institute under the directorship of Viktor Bruns. On the one hand, the aim was to promote international law as a legal system and to raise the standard of international law scholarship in Germany. On the other hand, the legal expertise gathered at the KWI was seen as an important factor in Germany’s positioning vis-à-vis the Treaty of Versailles.[2] In this respect, the KWI was also situated between theory and practice or “between scholarship and political advicesory”.[3]

Apart from these parallels, Meyer’s text is of interest for understanding the KWI in the Weimar years for another reason: The text bears witness to a perceived internationalism in the mid-1920s, which will not have been representative, but nonetheless formative. Internationality in art and culture, but also in the economy, was already very advanced before the First World War; the war destroyed many of these connections.[4] However, internationality could be perceived and experienced in many ways by individuals in everyday life during the Weimar years. In contrast, the KWI’s agenda remained essentially focussed on foreign relations in the classic intergovernmental sense. This corresponded to the “boundary” “sharply drawn” also by contemporaries between international law and constitutional law.[5] The Institute was not intended to deal solely with international law, as the possible application of international law in practice largely depended on the constitutional constraints of the states. It therefore seemed necessary to include foreign public law in the research.[6] Accordingly, “comparative public law” and “international law” are not only part of the name of the KWI, but also of Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht (“Contributions on Comparative Public Law and International Law”), which was founded in 1927, and ZaöRV, which has been published since 1929.

Consequently, the focus was not on the domestic constitutional law of foreign relations of the 1919 Weimar Constitution, which was innovative also in this respect. In the 1920s, “constitutional law of foreign relations” (“Außenverfassungsrecht”) was not yet established as a field of research. As a university subject (“Staatsrecht III”) and subject of publications, constitutional law of foreign relations only emerged much later, in the Federal Republic of Germany in the mid-1970s.[7] However, the legal concept of “foreign affairs” (“auswärtige Gewalt”) had already become established with Albert Hänel’s textbook published in 1892[8] and contemporaries were aware that the question of the relationship between international law and domestic law was becoming increasingly important in view of the multiplication of international points of contact.[9] Obviously, no institute for “international law and national law” was founded in 1924. Nevertheless, the observation is not trivial: with the orientation of the institute, a perspective on “international law as a legal system” in itself[10] was lost. This concerns its – potential – significance for individuals, its impact on the domestic legal and social order under the new constitution, as well as its connection with the democratic process and its significance for judicial practice. A programmatic gap emerged between “comparative public law” and “international law”. At the same time, the significance of international law beyond traditional foreign relations was obscured.

Innovative Weimar “Constitutional Law of Foreign Relations”

Verfassungsfeier (“Constitution Day”) on 11 August 1929. The Federal Board of the Reichsbanner (“Banner of the Reich”, an anti-fascist political organization) in front of the Berlin Palace.[11]

The Weimar Constitution embraced an influence of international law on domestic law, as well as an inherent connection between the democratic constitutional state and the international order. According to Article 4, the “rules of international law, universally recognized” were “deemed to form part of German federal law and, as such, have obligatory force”.[12] This new article in a prominent position at the beginning of the constitutional text initially had a symbolic function. It proclaims Germany’s re-entry into the community of nations and marks a break with the past. Hugo Preuß formulated in the National Assembly:

We want to organise a united, free, and national state, but not in nationalist isolation. Like once the young United States of North America entered the circle of the old world of states with a commitment to the binding force of international law, the young German Republic commits […] to the validity of international law.”[13]

This was of course controversial, also in the National Assembly (Nationalversammlung) and the Constitutional Committee (Verfassungsausschuss).[14] The idea of the “integration of the Reich as a democratic constitutional state into the community of international law”[15] was still expressed in Section 2 of the draft versions by Preuß, which summarised the democratic principle and constitutionally sanctioned commitment to international law in one and the same constitutional provision.[16] Materially, the individual, whose relations with the international community had hitherto been completely mediatised, was, by Article 4 of the new constitution, brought into direct contact with international law.[17] However, this “Völkerrechtsfreundlichkeit” (a term coined by Gerhard Anschütz, that can loosely be translated to “openness towards international law”)[18] laid down in Art. 4 WRV was often undermined in the legal literature and in court practice after 1919 by the interpretation of “rules of international law, universally recognized” as requiring the specific consent of the Reich to the relevant rule of international law.[19] In this respect, Anschütz’s commentary reflects the prevailing doctrine: In order to be considered a binding component of German federal law, a rule of international law must be “recognised” by the German Empire and this recognition is “freely revocable”.[20]

International Law Beyond Traditional Foreign Relations

Even before 1914, international law was becoming increasingly important in the domestic sphere.[21] In 1891, Hugo Preuß, who was later to become a “father of the Weimar Constitution” emphasised the “intimate connection” of international law “with economic life”: “International law […] exists in the most vivid reality; in a thousand circumstances of daily life, it makes its existence gloriously perceivable”.[22] Even though the First World War marked a turning point, international treaties and membership in international organisations regained importance afterwards. Despite the general rejection of the Treaty of Versailles and the nationalism prevailing in public opinion, Weimar Germany was internationally integrated and engaged. In the 1920s in particular, Germany concluded a number of international treaties,[23] many of them related to issues of peace and security. The KWI dedicated a separate collection of documents to these “political treaties”.[24] In the Weimar Republic, foreign relations as a whole were understood to a certain extent as a political-military matter.[25] However, the number of treaties relating to people’s daily lives and the economic and social order was even greater.

For example, Germany joined the Madrid System for the international registration of trademarks in 1922.[26] The relevant treaties also include the Convention and Statute on the International Régime of Maritime Ports of 1923,[27] the German-American Treaty of Friendship, Commerce and Consular Relations of 1923,[28] and the Hague Agreement Concerning the International Deposit of Industrial Designs of 1925.[29] By acceding to the Barcelona Convention and Statute on Freedom of Transit of 1921[30], Germany fulfilled its obligation under Art. 379 of the Treaty of Versailles “to adhere to any General Conventions regarding the international regime of transit, waterways, ports or railways which may be concluded by the Allied and Associated Powers, with the approval of the League of Nations, within five years […].”[31]

Particularly significant in this area are the conventions of the International Labour Organization (ILO), of which Germany had been a member since 1919. Of a total of 63 conventions adopted by the International Labour Conference up to and including 1933, Germany ratified as many as 19 between 1925 and 1933.[32] However, international labour law has always played a relatively marginal role in Germany.[33] The reasons for this can be found, on the one hand, in the historically older roots of national labour and social law and, on the other hand, in the attitude towards the Treaty of Versailles, which contained the ILO‑Constitution as part XIII. In retrospect, however, this German distance from the ILO appears to be in tension with the social programme[34] of the Weimar Constitution.

In 1926, Germany became a member of the League of Nations, which was also significant beyond questions of peace, security and disarmament.[35] The “Commission on New States” established in 1919 drew up treaties for the protection of minorities in the Eastern European states under the guarantee of the League of Nations,[36] including the Polish Minorities Treaty,[37] which benefited the German minority in Poland. The structure of the League of Nations included the Economic and Financial Organisation,[38] the Health Organisation, the Communications and Transit Organisation, the International Committee on Intellectual Cooperation, the Permanent Central Opium Board, the Advisory Committee on Traffic in Women and Children, the High Commission (and later International Office) for Refugees and the Committee for the Study of the Status of Women. Admittedly, the later system of international co-operation in economic and social matters as established by the UN‑Charter is unprecedented in the League of Nations and is also regarded as one of the lessons learnt from the economic chaos and social ills of the interwar period as a threat to peace.[39]

The introduction to the new edition of Franz von Liszt’s 1925 textbook on international law provided an overview of the new topics of international law resulting from the “changed circumstances”, including the mandate system, inland waterway transport, international labour standards, the League of Nations, war prevention including disarmament and the Permanent International Court of Justice.[40] A review of volumes 1‑3 (1929‑1933, totalling more than 2,300 pages) of the ZaöRV only partially confirms this finding however;[41] in particular, it is not reflected in the systematic subdivision of the “First Division: International Law”.

Germany was also significantly involved in international dispute settlement. In the 1920s, Germany was generally successful before the Permanent International Court of Justice, particularly with regard to German interests and minority rights in Poland.[42] The League of Nations and the Permanent Court of International Justice were associated with the hope that the international legal order created in the light of the experiences of the First World War would lead to the creation of a universal legal community. This hope was based – especially for Germany as the loser of the war – above all on the legalistic vision of an order in which all states would agree to compulsory arbitration by an international court.

International Law as a “Legal Order for the Community of States”

Viktor Bruns during a presentation in 1937.[43]

This is where Bruns comes in with his innovative article in the first issue of the ZaöRV of 1929, which is to be understood as a programmatic foundation. Between 1927 and 1932, he himself served as an ad hoc judge at the Permanent International Court of Justice and as a national judge at the German-Polish and the German‑Czechoslovakian Arbitral Tribunals and represented the German government in various cases before the Permanent International Court of Justice.[44] He now elaborates on the character of international law as an autonomous legal order that is not based on sovereignty, but on the “legal community” of states: “International law is a legal order for the community of states, a system of legal principles, legal institutions and legal rules that are interrelated in an organized system.”[45] This can be understood as a further development of Heinrich Triepel’s doctrine of the common will (Gemeinwillen).[46] In a remarkable way, transfers Carl Schmitt’s idea of the relationship between the “written constitution” and the “German legal community” to the international legal order. “In the same way”, the legal nature of treaties in the community of states cannot be inferred from the will of states to fulfil their obligations in individual cases, but only from the legal order of the states that have joined together to form a legal community: “The law of a legal community is all legal consequences and prerequisites resulting from the concrete order of this community.”[47] However, Bruns does not take into account the significance of this legal order for the individual. He neither addresses the innovations of the Weimar Constitution in relation to international law nor the significance of contemporary international law beyond classical foreign relations.

The fact that there was a significant gap between “comparative public law” and “international law” becomes – admittedly retrospectively, with the benefit of hindsight – particularly obvious from the perspective of the openness to international law of the Grundgesetz (Basic Law). However, a research institute with more distance from politics would certainly have developed a different research programme. At the same time, one must bear in mind how short the Weimar years of the Institute were, how short Germany’s membership of the League of Nations was – and how dominant the “struggle against Versailles” was for German international law scholarship. It was not the moment for the practical “completion of the Genossenschaftsidee [loosely: associational idea] in international law”,[48] as envisaged by Preuß. Even though, as was recently recalled in the wake of the anniversary of the 1919 constitution, this idea would have theoretically lent itself also to a community order under international law: Just as the democratic constitution required the recognition of pluralism and the rule of law at home, it also demanded a new understanding of the state as one among many that had to co-operate. The theoretical and practical continuity of internal and external relationships is not reflected in the KWI director’s essay on international law, but in the opening quote by the later Bauhaus director: “Trade union, co-operative, Lt., Inc., cartel, trust, and the League of Nations are the forms in which today’s social conglomerations find expression […]. Co-operation rules the world.”

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] Hannes Meyer, Die Neue Welt, Das Werk 13 (1926), 205 (205, 221, 222), translation following: The Charnel House.

[2] Felix Lange, Between Systematization and Expertise for Foreign Policy, EJIL 28 (2017), 535-558 (537, 543); Ingo Hueck, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung, Göttingen: Wallstein 2000, 490-491; Rüdiger Hachtmann, The Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law 1924 to 1945, MPIL100.

[3] “International law as a legal order? The KWI between scholarship and political advisory” (“Völkerrecht als Rechtsordnung? Das KWI zwischen Wissenschaft und Politikberatung”, translated by the editor) was the title of a panel held on 15 June 2023 in the context of the interdisciplinary seminar series “100 Years of Public Law” on the history of the MPIL.

[4] On culture: Peter Gay, Die Republik der Außenseiter: Geist und Kultur in der Weimarer Zeit 1918-1933, Berlin: Fischer 1989, 25.

[5] See: Dieter Grimm, 100 Years of Public Law, MPIL100.

[6] Carlo Schmid, Erinnerungen, Stuttgart: S. Hirzel 2008, 120.

[7] Frank Schorkopf, Staatsrecht der internationalen Beziehungen , Munich: C.H. Beck 2017, § 10 para. 87.

[8] Albert Hänel, Deutsches Staatsrecht, vol.1, Leipzig: Duncker & Humblot 1892, 531-562; cf. Schorkopf (fn 7), § 10 para. 14.

[9] Ruth D. Masters, The Relation of International Law to the Law of Germany, Political Science Quaterly 45 (1930), 359-394 (359).

[10] Viktor Bruns, Völkerrecht als Rechtsordnung I, HJIL 1 (1929), 1-56.

[11] BArch, Bild 102-08214 / CC-BY-SA 3.0.

[12] Translation following: Heinrich Oppenheimer, The Constitution of the German Republic, London: Stevens and Sons 1923, Appendix: The constitution of the German Federation of August 11, 1919, 219-260.

[13] Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, vol. 326, Stenographische Berichte 1920, 286A (Minutes of the 14th session, 24 February 1919), translated by the editor.

[14] Laila Schestag, Weimar International, Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart 2022, 373-413 (393-396), with references.

[15] Hugo Preuß, Reich und Länder. Bruchstücke eines Kommentars zur Verfassung des Deutschen Reiches, Köln: C.Heymann 1928, 82, translated by the editor.

[16] Vorentwurf (draft I) dated 3 January 1919; Entwurf des allgemeinen Teils der künftigen Reichsverfassung (draft II), dated 20 January 1919; see Schestag (fn 12), 400-402, with further references.

[17] Preuß (fn 13), 86-87; see also Alfred Verdross, Reichsrecht und internationales Recht. Eine Lanze für Art. 3 des Regierungsenwurfes der deutschen Verfassung, Deutsche Juristen-Zeitung 24 (1919), 291-293 (292–293); Gerhard Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs. Ein Kommentar für Wissenschaft und Praxis, Berlin: Georg Stilke 1933, Art. 4, 62-63.

[18] Anschütz (fn 15), 68.

[19] Thilo Rensmann, Die Genese des „offenen Verfassungsstaats“ 1948/49 in: Thomas Giegerich (ed.), Der „offene Verfassungsstaat“ des Grundgesetzes nach 60 Jahren, Berlin: Duncker & Humblot 2010, 37-58 (44-46); references to legal cases: Lawrence Preuss, International Law in the Constitutions of the Länder in the American Zone in Germany, AJIL 41 (1947), 888-899 (893-895).

[20] Anschütz (fn 15), 65, 68, translated by the editor.

[21] Peter Caldwell, Sovereignty, Constitutionalism, and the Myth of the State: Article Four of the Weimar Constitution, in: Leonard V. Kaplan/Rudy Koshar (eds.), The Weimar Moment. Liberalism, Political Theology, and Law, Lanham: Lexington Books 2012, 345-370 (350).

[22] Hugo Preuß, Das Völkerrecht im Dienste des Wirthschaftslebens, Berlin: L. Simion 1891, 4-5, translated by the editor.

[23] Wikipedia: Treaties of the Weimar Republic.

[24] Viktor Bruns (ed.), Politische Verträge: Eine Sammlung von Urkunden, 3 vols, Berlin: Carl Heymann 1936-1942.

[25] Gaines Post, The Civil-Military Fabric of Weimar Foreign Policy, Princeton: Princeton University Press 2015.

[26] Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, 14.4.1891, RGBl. 1922 II S. 669.

[27] Übereinkommen und Statut über die internationale Rechtsordnung der Seehäfen, 9.12.1923, RGBl. 1928 II S. 23.

[28] Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag, 8.12.1923, RGBl. 1925 II S. 795.

[29] Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle, 6.11.1925, RGBl. 1928 II S. 175, 203.

[30] Übereinkommen und Statut über die Freiheit des Durchgangsverkehrs, 14.4.1921, RGBl. 1924 II S. 387.

[31] Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten (Versailler Vertrag), 28.6.1919, RGBl. 1919 S. 687, translation following: Wikisource.

[32] International Labour Organization, Ratifications for Germany, with references.

[33] Sandrine Kott, Dynamiques de linternationalisation: l’Allemagne et l’Organisation internationale du travail (1919-1940), Critique Internationale 52 (2011), 69-84 (71).

[34] Michael Stolleis, Die soziale Programmatik der Weimarer Reichsverfassung, in: Horst Dreier/Christian Waldhoff (eds), Das Wagnis der Demokratie: Eine Anatomie der Weimarer Reichsverfassung, Munich: C.H. Beck 2018, 195-218.

[35] League of Nations, The Development of International Co-operation in Economic and Social Affairs: Report of the Special Committee (Bruce Report) 1939, L.o.N. A.23.1939; cf. Patricia Clavin, Securing the World Economy: The Reinvention of the League of Nations, 1920-1946, Oxford: Oxford University Press 2013.

[36] Carl Georg Bruns, Die Garantie des Völkerbundes über die Minderheitenverträge, HJIL 2 (1931), 3-16.

[37] Minorities Treaty between the Principal Allied and Associated Powers and Poland, signed 28 June 1919.

[38] Cf: Patricia Clavin/Jens-Wilhelm Wessels, Transnationalism and the League of Nations, Contemporary European History 14 (2005), 465-492; Yann Decorzant, La Société des Nations et l’apparition d’un nouveau réseau d’expertise économique et financière (1914-1923), Critique International 3 (2011), 35-50.

[39] Mohammed Bedjaoui, Article 1 (commentaire général), in: Jean -Pierre Cot/ Alain Pellet, La Charte des Nations Unies. Commentaire article par article, Paris: Economica 2005, 318.

[40] Franz von Liszt (ed.) , Das Völkerrecht: systematisch dargestellt, Berlin: Verlag Julius Springer 1925, IV-V .

[41] S. esp. André N. Mandelstam, Der internationale Schutz der Menschenrechte und die New-Yorker Erklärung des Instituts für Völkerrecht, HJIL 2 (1931), 335-377.

[42] Ole Spiermann, International Legal Argument in the Permanent Court of International Justice, Cambridge: Cambridge University Press 2005, 292.

[43] AMPG, Bruns Viktor II 3.

[44] Lange (fn 2), 540.

[45] Translated by the editor.

[46] Heinrich Triepel, Völkerrecht und Landesrecht, Leipzig: C.L. Hirschfeld 1899, 32-33, 88 (this connection however, is not made explicit in his essay by Bruns, a long-time Berlin faculty colleague of Triepel)

[47] Bruns (n 10), 10-12, 1, 13, translated by the editor.

[48] Schestag (fn 12), 399-403.

Suggested Citation:

Thomas Kleinlein, The Institute’s Weimar Years and the Gap between Comparative Public Law and International Law, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240304-170612-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

100 Jahre Öffentliches Recht. Die Entwicklung der Disziplin und das MPI

100 Years of Public Law. The Development of the Discipline and of the MPI

Deutsch

Vor 100 Jahren, als das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht gegründet wurde, verlief zwischen dem Völkerrecht und dem Staatsrecht noch eine scharfe Grenze. Das Völkerrecht regelte die Außenbeziehungen von Staaten, das Verfassungsrecht das Innenverhältnis in Staaten. Überwölbt wurden beide von der Souveränität, die Staaten zugeschrieben wurde und im Kern das Selbstbestimmungsrecht nach außen wie im Inneren meinte. Die äußere Souveränität gab den Staaten einerseits das Recht, ihre Beziehung untereinander frei zu regeln. Andererseits schützte sie die Staaten vor der Einmischung fremder Staaten in ihre inneren Angelegenheiten. Die innere Souveränität bezog sich auf das Recht der Staaten, ihre Herrschafts- und Gesellschaftsordnung frei zu bestimmen, und fand ihren höchsten Ausdruck in der Verfassungsgebung. Beide Seiten der Souveränität hingen insofern zusammen, als die äußere Voraussetzung der inneren ist.

Dementsprechend konnten die Disziplinen des Völkerrechts und des Staatsrechts ein Eigenleben führen. Wo die eine endete, begann die andere. Es war möglich, Völkerrecht zu erforschen und zu lehren, ohne dass man sich im Staatsrecht auskannte, und umgekehrt. Beide waren juristische Disziplinen, aber sie hatten es mit verschiedenen Arten von Recht zu tun. Das Völkerrecht war vertraglich begründetes Recht und ermangelte einer überstaatlichen öffentlichen Gewalt, die es hätte durchsetzen können. Das öffentliche Recht ging aus Gesetzgebung hervor und war mit Sanktionsmöglichkeiten versehen. So verhielt es sich auch noch, als ich 1957 das Jurastudium aufnahm, obwohl damals mit der Gründung der Vereinten Nationen bereits eine grundlegende Änderung der Verhältnisse eingetreten war, die sich aber nicht sofort in einer geänderten Wahrnehmung niederschlug. Ich möchte sogar sagen, dass es sich auch noch so verhielt, als ich 1979 Professor für Öffentliches Recht in Bielefeld wurde. Mein Büro befand sich neben dem von Jochen Frowein, der den Lehrstuhl für Völkerrecht innehatte, bevor er Direktor des Heidelberger Max-Planck-Instituts wurde. Wir pflegten ein gut nachbarliches Verhältnis, aber mit seiner Disziplin hatte ich nichts zu tun.

Die Veränderung, die mit der Gründung der UN einherging, war fundamental, wenngleich sie wegen des bald einsetzenden Ost-West-Gegensatzes, der den Weltsicherheitsrat lähmte, lange Zeit latent blieb. Fundamental war sie gleichwohl, weil die UN sich von älteren internationalen Bündnissen und Allianzen dadurch unterschied, dass ihr von den Staaten Hoheitsrechte abgetreten worden waren, welche sie nun ihnen gegenüber ausüben durfte, notfalls mit militärischer Gewalt, ohne dass die Staaten sich dagegen unter Berufung auf ihre Souveränität wehren konnten. Oberhalb der Staaten gab es nun eine internationale öffentliche Gewalt mit Rechtsetzungsbefugnissen und Durchsetzungsmechanismen, die das nationale Recht auf Dauer nicht unberührt ließ. Die dreihundert Jahre währende Identität von öffentlicher Gewalt und Staatsgewalt war damit zu Ende. Die Grenze zwischen den beiden Rechtsmassen und damit auch zwischen den Disziplinen wurde porös. An Bedeutung steht diese Veränderung der Entstehung des Staates im 16. Jahrhundert und seiner Konstitutionalisierung im 18. Jahrhundert nicht nach.

Völkerrecht

Infolge dieser Entwicklung nahm das Völkerrecht an Bedeutung erheblich zu. Der Bedeutungsgewinn äußerte sich gerade in der Grenzüberschreitung zum nationalen Recht. Die staatliche Souveränität ist seitdem keine absolute mehr, und zwar weder nach außen noch nach innen. Das Mittel des Krieges, ehedem mangels anderer Durchsetzungsmechanismen zur Rechtsverwirklichung statthaft, wurde illegitim. Nur der Verteidigungskrieg ist noch zulässig. Ferner hat sich ein ius cogens ausgebildet, das die Staaten beim Vertragsschluss bindet. Der Einzelne hat eine Rechtsstellung im Völkerrecht gewonnen. Die Staaten sind in der Regelung ihrer inneren Verhältnisse nicht mehr völlig frei. Das humanitäre Völkerrecht zieht ihnen Grenzen. Grundrechte – ihrer Genese in der amerikanischen und der französischen Revolution nach schon immer Menschenrechte – sind es nun auch ihrer Wirkung nach, wenngleich an Effektivität immer noch weit hinter dem staatlichen Grundrechtsschutz zurückbleibend. Humanitäre Interventionen sind im Prinzip anerkannt. Die internationale Gerichtsbarkeit hat einen erheblichen Aufschwung genommen. Weitere supranationale Institutionen sind unter oder neben den UN zustande gekommen. Die wissenschaftliche Disziplin, die diese Entwicklung zum Teil vorgedacht hat, sah sich dadurch wiederum in ihrer Bedeutung beträchtlich gesteigert.

Europäisches Recht

In Europa hat sich diese Entwicklung noch einmal beschleunigt und intensiviert. Sie begann bald nach der Entstehung der UN mit der Gründung des Europarats 1949. In Gestalt der Europäischen Menschenrechtskonvention steht ihm ein rechtliches Instrument zur Verfügung, das einen Mindeststandard an Menschenrechtsschutz in den Mitgliedstaaten garantieren soll und vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte durchgesetzt werden kann. Die EMRK hält sich im Rahmen des traditionellen Völkerrechts insofern, als sie Entscheidungen des EGMR keine unmittelbare innerstaatliche Wirkung entfalten, also den für konventionswidrig befundenen staatlichen Akt nicht annullieren. Sie überschreiten die Grenzen des traditionellen Völkerrechts aber dadurch, dass Einzelne die Mitgliedstaaten wegen Verletzung von Konventionsrechten verklagen können. Zwar hat der Europarat nicht die Möglichkeit, Urteile zwangsweise durchzusetzen. Er kann aber immerhin den Staaten Geldstrafen auferlegen, wenn sie sich nicht an die Urteile des EGMR halten.

Eine weitere Steigerung entfaltete die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die in demselben Jahr gegründet wurde, als ich mit dem Jurastudium begann, ohne sich aber im Jurastudium schon auszuwirken. Die EWG, heute EU, übertrifft alle anderen supranationalen Organisationen an Kompetenzfülle und Organisationsdichte und übt die ihr von den Mitgliedstaaten übertragenen öffentlichen Gewalt nicht nur anlassbezogen und punktuell aus wie die UN, sondern permanent und flächendeckend. Seit den grundstürzenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs in den Fällen van Gend & Loos und Costa v. ENEL von 1963 und 1964 beansprucht das europäische Recht Vorrang vor dem nationalen Recht. Erst durch die Rechtsprechung des Gerichts ist die EU zu dem geworden, was sie heute ist: ein präzedenzloses Gebilde zwischen einer supranationalen Organisation und einem Bundesstaat, aber näher an diesem als an jener. Der EuGH setzt den Vorrang nicht nur beharrlich durch, sondern erweitert den Anwendungsbereich des Europarechts noch durch eine außerordentlich extensive Interpretation, der nur einige nationale Verfassungsgerichte äußerste Grenzen zu ziehen versuchen.

Nachhaltiger als das Völkerrecht änderte das Europarecht den Gegenstand des öffentlichen Rechts, den Staat und die staatliche Rechtsordnung. Gleichwohl wurde es noch lange ohne Bezug zum Verfassungsrecht, ja zum nationalen Recht überhaupt, behandelt. Anfangs kümmerten sich teils Völkerrechtler, teils Verfassungsrechtler um das neue Rechtsgebiet. Bald schon trat aber eine Spezialisierung des Europarechts ein. Europarechtliche Lehrstühle, Lehrveranstaltungen, Vereinigungen, Zeitschriften und Kongresse entstanden. Eine Eigenart der neuen Disziplin war, dass sich ihre Vertreter überwiegend mit dem politischen Projekt der europäischen Integration identifizierten und daher eine kritische Distanz zum Gegenstand vermissen ließen. Die Europarechtswissenschaft war lange Zeit apologetisch und wurde damit der Funktion von Wissenschaft nicht völlig gerecht.

Staatsrecht

Dieter Grimm als Richter am Bundesverfassungsgericht 1987 [1]

Im Staatsrecht vollzog sich unterdessen eine ambivalente Entwicklung. Der Bedeutungsgewinn des internationalen Rechts macht sich innerstaatlich primär als Bedeutungsverlust der nationalen Verfassungen bemerkbar. Jede Kompetenzabtretung an supranationale Organisationen verkürzt den Anwendungsbereich der nationalen Verfassungen. Sie können ihren Anspruch, die auf dem Territorium des Staates ausgeübte öffentliche Gewalt umfassend zu regeln, nicht mehr einlösen. Der Rechtszustand eines Staates ergibt sich nur noch aus einer Zusammenschau von nationalem und internationalem Recht. Es muss aber betont werden, dass das nicht notwendig gegen die Verfassung gerichtet ist. Das Grundgesetz zum Beispiel war von Anfang an offen für die Anwendung überstaatlichen Rechts in seinem Geltungsbereich. Die Entwicklung darf auch nicht nur unter Verlustgesichtspunkten gesehen werden. Gerade beim Menschenrechtsschutz ist in vielen Staaten, in denen die Grundrechte bis dahin rechtlich keine Rolle spielten, durch den internationalen Menschenrechtsschutz eine erhebliche Verbesserung eingetreten.

Andererseits ist es durch die Ausbreitung der Verfassungsgerichtsbarkeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer ganz neuen Relevanz der Verfassung für politisches Handeln und gesellschaftliche Verhältnisse gekommen. Ausgangspunkt für Deutschland (und im Gefolge für zahlreiche weitere Staaten) war das Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, erlassen im selben Jahr, in dem die EWG ins Leben trat. Von ihm ist über die Zeit eine Entwicklung ausgegangen, die zu einer Konstitutionalisierung der gesamten nationalen Rechtsordnung geführt hat. Die Disziplin des Staatsrechts, infolge dieser Bedeutungssteigerung der Verfassung fast nur noch als Verfassungsrecht bezeichnet, hatte daran erheblichen Anteil. Entgegen der bekannten These hat das Bundesverfassungsgericht die Staatsrechtslehre nicht „entthront“. Vielmehr konnte das Gericht für bedeutende Urteile auf neue Erkenntnisse der Staatsrechtslehre zurückgreifen.

Die Existenz der Verfassungsgerichtsbarkeit hat die Staatsrechtslehre dann aber auch wieder zu immer neuen dogmatischen Verfeinerungen angespornt, so dass heute bereits vor einer Überdogmatisierung gewarnt wird. Allemal ist aber die öffentliche Bedeutung der Staatsrechtslehre durch die überragende Wichtigkeit des Verfassungsgerichts erheblich gestiegen. War die Weimarer Republik mit ihrer ständig gefährdeten Verfassung eine Blütezeit der Verfassungstheorie, so ist die Bundesrepublik mit ihrer fest verwurzelten Verfassung eine Blütezeit der Verfassungsdogmatik. Obwohl die Fortschritte des Völkerrechts und noch weit mehr die Auswirkungen des europäischen Rechts – EMRK wie Unionsrecht – den Gegenstand der Wissenschaft vom öffentlichen Recht, den Staat und das Staatsrecht, nachhaltig verändert haben, hat es lange gedauert, bis die Disziplin die Veränderungen wahrnahm und als relevant für die Behandlung des eigenen Fachs anerkannte.

Rechtsvergleichung

Die zunehmende Verflechtung der Rechtsordnungen, vertikal wie horizontal, hat der Verfassungsvergleichung, ja, dem Vergleich im öffentlichen Recht überhaupt, erheblichen Auftrieb gegeben. Lange Zeit war Rechtsvergleichung keine eigenständige Disziplin. Das heißt nicht, dass es sie nicht gab, sondern nur, dass sie sich noch nicht zu einer Disziplin verdichtet hatten. Rechtsvergleichende Forschungen entsprangen weitgehend der Neigung Einzelner und bezogen sich meist auf wenige favorisierte Länder, oft nur das eigene und ein weiteres. Seit dem neuen Jahrtausend ist die Rechtsvergleichung, gerade im Verfassungsrecht, ein boomendes Feld. Die Gründe liegen zum einen in der Intensivierung der Staatenbeziehungen, zum anderen in der Internationalisierung, die das Bedürfnis nach Kenntnis fremder Rechte erheblich erhöht hat. Hinzu kommt die große Zahl neuer Verfassungen und neuer Verfassungsgerichte gegen Ende des 20. Jahrhunderts, die den Vergleich beflügelt hat.

Mittlerweile kann man an den Universitäten und Forschungseinrichtungen bereits eine Verselbständigung der Rechtsvergleichung beobachten. Vergleichende Lehrveranstaltungen werden heute routinemäßig abgehalten, die Zahl komparatistischer Publikationen, Periodika, Vereinigungen und Kongresse wächst kontinuierlich. Der Verfassungsvergleich wird mit anderen Erkenntnisinteressen und anderen Methoden betrieben als die wissenschaftliche Bearbeitung des positiven Rechts. Beide widmen sich einem normativen Gegenstand. Aber einmal steht die Geltung und richtige Deutung und Anwendung des geltenden Rechts im Vordergrund, das andere Mal die Rechtswirkung und die tatsächliche Praxis. Hier wird die Forschung in normativer, dort in empirischer Absicht betrieben. Dementsprechend dominiert hier die juristische Interpretation, dort die rechtssoziologische Erhebung.

Der Vergleich findet häufig noch verhältnismäßig unambitioniert statt. Es gibt Textvergleiche, Institutionenvergleiche, Rechtsprechungsvergleiche, bisweilen auch Methodenvergleiche, jedoch oft ohne Berücksichtigung des Kontextes, in dem das Recht seine Wirkung entfaltet und von dem die Wirkung abhängt. Diese Art der Rechtsvergleichung ist nicht nutzlos, aber von begrenztem Nutzen. Erst die Einbeziehung der Rechtsverwirklichung vermittelt vertiefte und realitätsnahe Kenntnisse des fremden Rechts und erlaubt Rückschlüsse auf das eigene. Für das eigene Recht kann man bis zu einem gewissen Grad ohne Kontext auskommen, weil das Kontextwissen immer schon mitläuft, oft unausgesprochen oder sogar unbewusst. Für ausländisches Recht muss der Kontext explizit gemacht werden. Das macht die Rechtsvergleichung schwierig, aber auch erst ertragreich.

Ähnlich verhält es sich mit der Theoriegeleitetheit der vergleichenden Forschung. Sie präjudiziert den Blick auf den Gegenstand. Im Rahmen dieses kurzen Vortrags ist nur Zeit, auf zwei Großtheorien einzugehen. Es gibt Rechtsvergleichung auf der Grundlage der Annahme, dass das öffentliche Recht (wie Recht überhaupt) eine relative Autonomie genießt und rechtliche Operationen einer spezifisch juristischen Logik folgen. Für andere ist das ein realitätsblinder Idealismus. Verfassungen sind dann nicht zur Legitimation und Limitation von Herrschaft da, sondern erweisen sich als hegemoniale Projekte zur Machtsicherung über die Zeit. Rechtsprechung ist für diese sich als realistisch verstehende Forschungsrichtung ein Vorgang, der anderen als juristischen Kriterien folgt, weil Richter wie politische oder wirtschaftliche Akteure Nutzenmaximierer sind und anderweitig gefundene Ergebnisse nur nachträglich als rechtlich zwingend ausgeben. Dogmatik und Methode erscheinen dann als Berufsideologie. Sie verdienen keine wissenschaftliche Beachtung. Das erklärt das Desinteresse vieler Rechtsvergleicher am Vorgang der Auslegung und Anwendung des Rechts. In den USA ist diese Sicht weit verbreitet, in Europa hat sie bisher nicht die Oberhand gewonnen.

Das MPI

Wenn ich mich zum Schluss der Frage zuwende, wie sich diese Entwicklung in dem Max-Planck-Institut widerspiegelt, so handelt es sich zum einen um Eindrücke, die keiner eigenen Forschung entspringen, zum anderen um Informationen, die ich den Forschungen von Felix Lange entnehme. Danach dominierte in der Zeit von der Gründung des Instituts bis zum Kriegsende das Völkerrecht. Das entsprach den Gründungsmotiven des Instituts, den völkerrechtlichen Standpunkt des Deutschen Reichs in der vom Versailler Vertrag geprägten Nachkriegszeit zu stärken. Auch nach der Wiedergründung im Jahr der Entstehung der Bundesrepublik blieb es trotz der veränderten Bedingungen zunächst bei der Priorisierung des Völkerrechts. Offenkundig war der Praxisbezug der Forschung. Dem entsprach die Methode. Im Unterschied zu einer eher philosophisch-historischen Annäherung an den Gegenstand, der anderwärts vorherrschte, war sie juristisch. Neuere Fragestellungen und Theorieansätze hatten lange keine Chance.

Die Wirkung des Instituts war freilich groß. Allenthalben traf man auf den völkerrechtlichen Lehrstühlen in Deutschland Habilitanden aus dem MPI an. Für den europäischen Menschenrechtsschutz war das MPI besonders wichtig, weil zwei seiner Direktoren Richter am EGMR waren, Hermann Mosler von 1959 bis 1981, Rudolf Bernhardt von 1981 bis 1998, zuletzt sogar Präsident. Ein weiterer Direktor, Jochen A. Frowein, gehörte von 1973 bis 1993 der Europäischen Kommission für Menschenrechte an, die dem Gerichtshof bis zu der Reform von 1999 vorgeschaltet war. Georg Ress, der von 1998 bis 2004 als EGMR-Richter amtierte und zuvor schon Mitglied der Kommission gewesen war, war aus dem MPI hervorgegangen.

Für das deutsche Staatsrecht war das Institut nicht zuständig, wohl aber von Beginn an für das ausländische öffentliche Recht. Gleichwohl trat der Vergleich erst seit Ende der fünfziger Jahre stärker in Erscheinung, insbesondere durch breit angelegte vergleichende Kolloquien, die ihren bleibenden Niederschlag in zum Teil umfangreichen Publikationen fanden. Viele machen aber den Eindruck einer eher additiven als integrativen Vergleichung. Stark war das Institut jedoch, was die Vorhaltung von Expertise über das öffentliche Recht fremder Staaten betraf. Diese Expertise war aber nicht in sich rechtsvergleichend. Insofern bildete das Jahr 2002 eine Zäsur in der Institutsgeschichte. Erstmals wurde ein Direktor berufen, dessen Interessenschwerpunkt nicht das Völkerrecht war, sondern das Europarecht und die Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht, und zwar mit erkennbar theoretischen Ambitionen, die vor allem der Erklärung des öffentlichen Rechts unter Bedingungen der Internationalisierung und Globalisierung galten. Der internationale Einfluss des MPI ist damit abermals gestiegen.

[1] Foto: Dieter Grimm.

Suggested Citation:

Dieter Grimm, 100 Jahre Öffentliches Recht. Die Entwicklung der Disziplin und das MPI, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240403-102642-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

100 years ago, when the Institute for Comparative Public Law and International Law was founded, a sharp boundary divided international law and constitutional law. International law regulated the external relations among states, constitutional law the internal relations within states. However, both shared the notion of sovereignty, which was ascribed to states and in essence referred to the right to self-determination both externally and internally. External sovereignty gave states the right to freely regulate their relations with each other, on the one hand. On the other hand, it  protected them from interference in their internal affairs by foreign states. Internal sovereignty referred to the right of states to freely determine their system of governance and social order and found its highest manifestation in the act of constitution-making. Both sides of sovereignty were related insofar as external sovereignty is a prerequisite for internal sovereignty.

Consequently, the disciplines of international law and constitutional law could exist independently of each other. Where one ended, the other began. It was possible to research and teach international law without being familiar with constitutional law, and vice versa. Both were legal disciplines, but they dealt with different types of law. International law was based on treaties and lacked a supranational public authority that could have enforced it. Public law emerged from legislation and was characterised by the possibility of sanctions. This was still the case when I started studying law in 1957, even though a fundamental change in circumstances had already occurred with the founding of the United Nations, which, however, was not immediately reflected in a changed perception. I might even go so far as to say that this was still the case when I became Professor of Public Law in Bielefeld in 1979. My office neighboured that of Jochen Frowein, who held the Chair of Public International Law before becoming Director of the Max Planck Institute in Heidelberg. We had a good neighbourly relationship, but I had nothing to do with his field.

The transformation that was brought forth by the founding of the UN was fundamental, even if it remained latent for a prolonged period of time due to the onset of the East-West conflict, which paralysed the UN Security Council. Nevertheless, it was a fundamental change because the UN differed from older international associations and alliances in that states had transferred sovereign rights to it, which it was now authorised to exert on them, if necessary by using military force, without the states being able to defend themselves by invoking their sovereignty. Above the states, there existed now an international public authority with legislative powers and enforcement mechanisms that in the long term would not leave national law untouched. The three-hundred-year-old identity of public authority and state authority had thus come to an end. The boundary between the two bodies of law and consequently between the disciplines became porous. In terms of significance, this change equals the emergence of the state in the 16th century and its constitutionalisation in the 18th century.

International Law

As a result of this development, the importance of international law increased considerably. The increase manifested itself particularly in the transgression of the border with national law. Since then, state sovereignty is no longer absolute, both internally and externally. War, formerly permissible due to the lack of other enforcement mechanisms for the realisation of law, became illegitimate. It remains permissible only for purposes of self-defense. Furthermore, a jus cogens has developed, which binds states when concluding treaties. The individual has gained a legal status in international law. States are no longer completely free to regulate their internal relations. International humanitarian law imposes limits on them. Fundamental rights – in the American and French revolutions already perceived as human rights – are now human rights also in terms of their impact, even if their effectiveness still lags far behind the protection of fundamental rights by the state. Humanitarian interventions are in principle recognised. International jurisdiction has seen a considerable upswing. Other supranational institutions have come into being under or alongside the UN. The academic discipline, which in part anticipated this development, has in turn seen its importance increased considerably.

European Law

In Europe, this development has once again accelerated and intensified. It began soon after the emergence of the UN with the founding of the Council of Europe in 1949. In the form of the European Convention on Human Rights, it has a legal instrument at its disposal that is intended to guarantee a minimum standard of human rights protection in the member states and can be enforced by the European Court of Human Rights. The ECHR remains within the framework of traditional international law insofar as decisions of the ECtHR do not have direct domestic effect, i.e. they do not annul state acts found to be contrary to the Convention. However, they exceed the limits of traditional international law in that individuals can sue member states for violations of convention rights. The Council of Europe does not have the power to enforce judgements. However, it can impose fines on states if they do not comply with the judgements of the ECtHR.

The European Economic Community, which was founded in the same year that I started studying law, was another step forward, although it had no impact on my law studies. The EEC, now the EU, surpasses all other supranational organisations in terms of powers and organisational density, and exercises the public authority delegated to it by the member states not only on an ad hoc and selective basis like the UN, but permanently and comprehensively. Since the landmark decisions of the European Court of Justice in the van Gend & Loos and Costa v. ENEL cases of 1963 and 1964, European law claims precedence over national law. It is only through the jurisprudence of the Court that the EU has become what it is today: an unprecedented entity between a supranational organisation and a federal state, but closer to the latter than to the former. The ECJ not only persistently enforces primacy, but also extends the scope of application of European law by means of an extraordinarily extensive interpretation, which only some national constitutional courts attempt to draw ultimate limits to.

European law changed the object of public law, the state, and the national legal order, more permanently than international law. Nevertheless, for a long time it was treated without reference to constitutional law, or indeed to national law in general. Initially, the new area of law was dealt with partly by international law experts and partly by constitutional law experts. Soon, however, the treatment of European law became a matter for specialists. Chairs, courses, associations, journals, and congresses on European law were established. One peculiarity of the new discipline was that its members predominantly identified with the political project of European integration and therefore lacked a critical distance to the subject matter. For a long time, the discipline of European law was apologetic and thus did not fully fulfil its scholarly function.

Constitutional Law

Dieter Grimm as Federal Constitutional Court judge, 1987 [1]

Meanwhile, an ambivalent development has taken place in constitutional law. The growing importance of international law entails a loss of importance of national constitutions. Every transfer of competences to supranational organisations reduces the scope of application of national constitutions. They can no longer fulfil their claim to comprehensively regulate the public authority exercised on the territory of the state. The law of the land can only be ascertained by way of a synopsis of national and international law. However, it must be emphasised that this is not necessarily directed against the constitution. German Basic Law, for example, has always been open to the application of supranational law within its area of application. The development should not only be seen from a perspective of loss. International human rights protection, for instance, has led to a considerable improvement in the protection of human rights in many states where fundamental rights had previously played no legal role.

On the other hand, the spread of constitutional jurisdiction in the second half of the 20th century led to a completely new relevance of the constitution for political action and social relations. The starting point for Germany (and subsequently for numerous other countries) was the Lüth judgement of the Federal Constitutional Court, issued in the same year in which the EEC came into being. Over the course of time, it has resulted in the constitutionalisation of the entire national legal system. The discipline of “Staatsrecht”, almost exclusively referred to as constitutional law as a consequence of this increase in the importance of the constitution, played a significant role in this. Contrary to a well-known thesis, the Federal Constitutional Court has not “dethroned” the discipline of “Staatsrecht”. On the contrary, the Court was able to draw on new insights from constitutional law theory for important judgements.

The existence of constitutional jurisdiction has, however, spurred constitutional law doctrine on to ever new dogmatic refinements, so that today there are already warnings of an over-dogmatisation. Nevertheless, the public significance of the discipline has increased considerably due to the paramount importance of the Constitutional Court. While the Weimar Republic, with its constantly jeopardised constitution, was a high point of constitutional theory, the Federal Republic, with its firmly rooted constitution, is a high point of constitutional dogmatics. Although the progress of international law and even more so the effects of European law – the ECHR and Union law – have permanently changed the subject of the study of public law, the state and its law, it took a long time for the discipline to recognise the changes and acknowledge them as relevant for the study of its own subject.

Comparative Law

The increasing interdependence of legal systems, both vertically and horizontally, has given comparative constitutional law, and indeed comparative public law in general, a considerable impetus. For a long time, comparative law was not an independent discipline. This does not mean that it did not exist, but merely that it had not yet crystallised into a discipline. Comparative legal research was largely the result of the inclination of individuals and usually related to a few favoured countries, often just one’s own and one further country. Since the new millennium, comparative law has been a booming field, especially in constitutional law. The reasons for this lie on the one hand in the intensification of state relations and on the other in internationalisation, which has considerably increased the need for an understanding of foreign law. Added to this is the large number of new constitutions and new constitutional courts towards the end of the 20th century, which has fuelled comparative law.

Nowadays, one can observe a growing independence of comparative law at universities and research institutions. Comparative courses are now routinely taught, and the number of comparative publications, periodicals, associations, and conferences continues to grow. Constitutional comparison is pursued with different epistemological interests and methods than the academic study of positive law. Both are dedicated to a normative subject. Yet on the one hand, the focus is on the validity and correct interpretation and application of the law in force, and on the other hand on the legal effect and actual practice. In the former, research is conducted with normative intent, in the latter with empirical intent. Accordingly, the legal interpretation dominates in one case, and the legal-sociological analysis in the other.

Comparisons are often still relatively unambitious. There are text comparisons, comparisons of institutions, comparisons of case law, sometimes even comparisons of methods, but often without taking into account the context in which the law unfolds its effect and on what the effect depends. This type of legal comparison is not useless, but it is of limited use. Only the inclusion of the actual application of the law provides in-depth and realistic insights into foreign law and allows conclusions to be drawn about one’s own law. For one’s own law, one may get along to a certain extent without regard to the context, because the contextual knowledge always runs in parallel, often unspoken or even unconsciously. For foreign law, the context must be made explicit. This makes comparative law difficult, but it also makes it rewarding.

A similar situation applies to the theory-led nature of comparative research. It prejudices the view of the object. In the context of this short presentation, there is only time to discuss two major theories. There is comparative law based on the assumption that public law (like law in general) enjoys relative autonomy and that legal operations follow a specific legal logic. For others, this is reality-blind idealism. Constitutions are not there for the legitimisation and limitation of rule, but rather serve as hegemonic projects for securing power over time. For this research direction, which sees itself as realistic, jurisprudence is a process that follows criteria deviating from legal standards, because judges, like political or economic actors, are utility maximisers and only retrospectively present their results  as if derived with necessity from the law. Doctrine and method therefore appear as professional ideology. They do not deserve academic attention. This explains the lack of interest shown by many comparative lawyers in the process of interpreting and applying the law. Although this perspective is widespread in the USA, it has not yet gained prevalence in Europe.

The MPIL

When I finally turn to the question of how this development is reflected in the Max Planck Institute, I rely on the one hand on impressions that are not based on my own research, and on the other hand on information that I have gathered from Felix Lange’s research. According to this, international law dominated the period between the founding of the Institute and the end of the war. This was in line with the Institute’s founding motives of strengthening the German Reich’s position on international law in the post-war period, which was characterised by the Treaty of Versailles. Even after its re-establishment in the year the Federal Republic of Germany was founded, international law was initially prioritised despite the changed conditions. The practical relevance of the research was obvious. The methods corresponded with this. In contrast to a more philosophical-historical approach to the subject matter, which prevailed elsewhere, the approach was of a legal nature. For a long time, newer questions and theoretical approaches had no real prospect.

The impact of the Institute was, however, considerable. You could find habilitation graduates from the MPI in international law departments all over Germany. The MPI was particularly important for the protection of European human rights because two of its directors were judges at the ECHR, Hermann Mosler from 1959 to 1981 and Rudolf Bernhardt from 1981 to 1998, who eventually became its president. Another director, Jochen A. Frowein, was a member of the European Commission of Human Rights from 1973 to 1993, which operated as first instance until the reform of 1999. Georg Ress, who served as an ECtHR judge from 1998 to 2004 and had previously been a member of the Commission, had also emerged from the MPI.

The Institute did not cover German constitutional law, but it did cover foreign public law from the very beginning. Nevertheless, it was only from the end of the 1950s onwards that comparative law became more prominent, particularly through broad-based comparative colloquia, some of which were documented in extensive publications. Many, however, give the impression of an additive rather than integrative comparison. Nevertheless, the Institute was particularly influential when it came to providing expertise on the public law of foreign states. However, this expertise was not inherently comparative. In this respect, 2002 marked a turning point in the Institute’s history. For the first time, a director was appointed whose focus of interest was not international law, but rather European law and comparative public law, with recognisable theoretical ambitions that were primarily aimed at explaining public law under conditions of internationalisation and globalisation. As a result, the international influence of the MPI increased once again.

Translation from the German original: Áine Fellenz

[1] Photo: Dieter Grimm.

Suggested Citation:

Dieter Grimm, 100 Years of Public Law. The Development of the Discipline and of the MPI, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240403-102716-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED