Schlagwort: Cornelia Bruns

Bibliothekar der ersten Stunde: Curt Blass

Die Institutsbibliothek im Berliner Schloss 1931 (Bild in: Hans Praesent (Hrsg.), Der Weg voran! Eine Bildschau deutscher Höchstleistungen, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1931, 75.)

Es ist recht außergewöhnlich, dass das Andenken eines Mannes, der im Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht während fast zwei Jahrzehnten als Bibliothekar, als Leiter der inneren Verwaltung und als langfristiger Vertreter des Institutsdirektors tätig war und der erst vor rund 50 Jahren gestorben ist, sich im heutigen Max‑Planck‑Institut (MPIL) derart verdunkelt hat, dass ihn nur wenige Personen kennen und Berichte über ihn nur schwer zu finden sind.

Herkunft und Ausbildung

Curt Blass (undatiert)[1]

Robert Curt Blass (1881‑1972) wurde in Leipzig als Sohn des späteren Geheimen Sanitätsrats Wilhelm Conrad Blass geboren. Da Wilhelm Conrad Blass Sohn eines gebürtigen Schweizers war, verfügte Curt Blass neben der deutschen auch über die Schweizer Staatsbürgerschaft. In Leipzig besuchte er die Bürgerschule und die Thomasschule. Nach dem Abitur diente er sein Militärjahr 1902/1903 in Dresden ab und wurde nach den erforderlichen Übungen zum Leutnant der Reserve befördert. Danach studierte er Rechtswissenschaft, zunächst ein Semester in Genf, anschließend in München und Leipzig. Im Jahre 1906 legte er das Referendarexamen ab und ein Jahr später erlangte er die Doktorwürde der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig mit einer Dissertation über ,,Die Begründung des Verlagsrechts“. Von 1906 bis zum Sommer 1909 folgte die Referendarzeit im juristischen Vorbereitungsdienst. Die bibliothekarische Bahn betrat Curt Blass Ende des Jahres 1912 als Volontär bei der Universitätsbibliothek Leipzig. Am 1. Mai 1914 übernahm er eine neu eingerichtete Bibliothekarsstelle an der Ratsbibliothek in Dresden. Der Weltkrieg unterbrach seinen bürgerlichen Berufsweg. Im August 1914 rückte er als Leutnant eines Zuges aus – nach dem Waffenstillstand führte er, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse und anderen militärischen Orden, als Kommandeur ein Regiment von der Westfront zurück. Bereits im September 1917 für das Ende seiner Soldatenzeit als Hilfsbeamter in der Bibliothek des Reichsgerichts bestimmt, konnte er die Stelle im Dezember 1918 in Leipzig antreten. Als zuletzt Eingetretenen entließ man ihn dort im Jahre 1926 wegen Sparmaßnahmen. Den Wechsel auf eine Stelle beim Reichspatentamt lehnte er ab. Stattdessen nahm er die Einladung seines Studienfreundes Viktor Bruns an, die Bibliothek des von Bruns geführten, kürzlich gegründeten Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht aufzubauen und zu leiten. Blass und Bruns hatten sich wohl 1906 kennen gelernt, als Bruns zwei Semester in Leipzig studierte. Am 1. Oktober 1926 begann Blass seine Arbeit im Berliner Schloss.

Mit Hilfe seines Schwiegervaters, des wohlhabenden Schweizer Papierfabrikanten Oscar Miller (1862-1934), kaufte Blass ein Anwesen in schönster Lage in Berlin‑Schlachtensee, Am Schlachtensee 136, wo er bis 1945 wohnte. Das Haus von Viktor Bruns in Berlin‑Zehlendorf‑West, Sven‑Hedin‑Straße 19, lag eine S‑Bahn‑Station und zwei lange Fußwege entfernt. Am 10. April 1945 verließ Curt Blass Berlin und zog in die Schweiz, wo auch seine Frau familiäre Wurzeln hatte. In Zürich‑Witikon, Lehfrauenweg 1, gründete er einen bescheidenen neuen Hausstand und fand anfangs noch kurze bibliothekarische Beschäftigungen. Er starb im Jahre 1972 im Alter von 90 Jahren.

Künstlerische Neigungen. Blass als Schriftsteller und Kunstliebhaber

Der erste Präsident der Kaiser‑Wilhelm‑Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, Adolf von Harnack, hob im Jahre 1928, damals noch im Amt, den Begriff der ,,Wissenschaft“ hervor, dem die Gesellschaft zu seiner Zeit folgte. Er lautet ,,scientia pura cum arte vitaque conjugenda“ – reine Wissenschaft sei mit Kunst und Leben zu verbinden. Diesem Anspruch genügte Curt Blass bei seinem Eintritt in das Völkerrechtsinstitut in beispielhafter Weise. Wenn die ,,Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften“ durch die Aufnahme juristischer Institute die iurisprudentia als ,,scientia pura“ einordnete, verband er Wissenschaft eng mit der Kunst und seinem Leben. Das erste Studiensemester in Genf hatte dem jungen Mann aus Sachsen die Beziehungen zu den Verwandten in der Schweiz erneuert und ihm die Freundschaft mit dem Maler Cuno Amiet (1868‑1961)  gebracht, die für seine Entwicklung bedeutsam war und noch im Jahre 1955 bestand, als Curt Blass seine Autobiographie niederschrieb. Der Schweizer Amiet hatte im Jahre 1905 in der Galerie Richter in Dresden ausgestellt und war 1906 der Dresdner expressionistischen Künstlergruppe ,,Die Brücke“ beigetreten. Curt Blass war, ebenso wie sein Schwiegervater Oscar Miller, unter den ersten Passivmitgliedern der Gruppe. Die Mitgliedskarte von Curt Blass, eine kleine Radierung von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahr 1908, ist veröffentlicht.[2] Amiet hat Blass auch porträtiert.[3] Die ,,Oschwander Erinnerungen“ von Curt Blass, mit denen er Amiet im Jahre 1928 aus Berlin zu dessen 60. Geburtstag gratulierte, beginnen unter der Überschrift ,,Erste Begegnung“ mit der Schilderung wie ,,an einem heißen Septembertag des Jahres 1903“ ein junger Mann (d.i. Curt Blass) mit dem Fahrrad von Zürich her nach Oschwang, dem Wohnort Amiets, fuhr.

Cuno Amiet, Curt Blass (1905), Holzschnitt[4]

Curt Blass war besonders der Dichtkunst zugetan. Nach der Referendarzeit nahm er im Sommer 1909 Urlaub von Gerichtsdienst, um sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Seine erste Reise führte ihn für den Winter nach Rom. In dieser Zeit entstanden, wie er berichtet, eine Reihe von Novellen und Gedichten, von denen einzelne in Zeitschriften und bibliophilen Drucken erschienen. Er beendete seine literarische Erprobung am Ende des Jahres 1912 mit dem Eintritt in die Universitätsbibliothek Leipzig. Nach 1924 begann er erneut literarisch zu schreiben. Der umfangreiche Roman ,,Die Schwestern“ blieb unveröffentlicht, ebenso spätere Erzählungen und Gedichte. Im Jahre 1944 gab seine Frau in Zürich eine kleine Auswahl seiner Gedichte heraus.[5]

Vom Reichsgericht ans KWI. Blass als Bibliothekar

Von Ende 1918 bis September 1926 arbeitete Curt Blass in der Bibliothek des Reichsgerichts in Leipzig. Sie war damals die größte und beste eigenständige juristische Bibliothek Deutschlands. Der wissenschaftliche Bibliothekar Karl Schulz (1844‑1929) hatte ihren Katalog in den Jahren 1882 und 1890 drucken lassen, nachdem er die Bibliothekssystematik erneuert hatte. Den Gruppen zum römischen und deutschen Recht ließ er eine Gruppe „M.“ zum Völkerrecht und die Gruppen „N.“ bis „Ü.“ zu dem Recht eines Staates oder den Rechten mehrerer Staaten folgen. Den zweiten Teil der Systematik begann er mit der Gruppe zu Staatswissenschaften. In der heutigen Systematik der Bibliothek des MPIL kann man eine, vielleicht durch Curt Blass vermittelte, Ähnlichkeit mit der Gliederung der Reichsgerichtsbibliothek erkennen.

Dem Bibliothekar Blass mag der hohe Anspruch der Bibliothek des Reichsgerichts, welche für qualifizierte Leser arbeitete, ihre praxisorientierte Anwendung bibliothekarischer Regeln und die wissenschaftliche Weite ihrer Erwerbungen aus- und inländischer Literatur bei seiner späteren Tätigkeit im Institut für Völkerrecht ein Maßstab, die Souveränität ihrer Bibliothekare ein Vorbild gewesen sein.

Zum 1. Oktober 1926 berief Viktor Bruns den drei Jahre älteren Curt Blass als Leiter der Bibliothek des Instituts für Völkerrecht. Wenige Wochen später übertrug er ihm auch die innere Verwaltung des Instituts, das zeitweilig mehr als 50 Mitarbeiter zählte. Bruns zeigte durch die Schaffung der Position eines Bibliotheksdirektors und ihre Besetzung mit einem berufserfahrenen Juristen und Bibliothekar, welch große Bedeutung er der Institutsbibliothek für seine wissenschaftliche Tätigkeit beimaß. Er unterschied sich hierin von Ernst Rabel, dem Leiter des fast gleichzeitig gegründeten Bruderinstituts für Privatrecht, das ebenfalls im Berliner Stadtschloss – in dem Völkerrechtsinstitut nahen Räumen – untergebracht war. Rabel hielt eine nur nebenamtliche Verwaltung seiner Bibliothek durch einen wissenschaftlichen Referenten für ausreichend und begnügte sich mit halb so vielen Bänden wie in der Bibliothek zum öffentlichen Recht standen.

Die Bibliothek des KWI als Herz des Instituts

Die Buchbinder Triemer und Nischwitz, Aufnahme um 1935[6]

Entsprechend der Konzeption von Viktor Bruns, aufgrund amtlicher Quellen die Staatenpraxis im völkerrechtlichen Bereich zu beobachten, musste es das erste Ziel des Instituts sein, das weitschichtige gedruckte Material zu sammeln und zu ordnen, das in den „zivilisierten“ Ländern in Gesetzen, Parlamentspapieren, Gerichtsentscheidungen und anderen offiziellen Publikationen, ferner in Lehrbüchern, Monographien und Zeitschriften die Summe der neuzeitlichen Entwicklung ihres nationalen öffentlichen Rechts enthält. Und ebenso musste es unternommen werden, die Quellen und Bearbeitungen des Völkerrechts möglichst umfassend bereitzustellen. Die 1920 gegründete ,,Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft“ hielt die Institutsbibliothek für förderungswürdig und ließ ihr kräftige Hilfe zuteilwerden, vor allem durch Belieferung mit der sonst schwer zugänglichen ausländischen Literatur.

Dokumente aus der Bibliothek waren eine Voraussetzung für die Veröffentlichung der laufenden dokumentarischen Reihen des Instituts. Der jährlich von Heinrich Triepel herausgegebene ,,Nouveau Recueil des Traités“ erschien seit 1925 als ,,Publication de l‘Institut de Droit Public Comparé et de Droit des Gens“. Im ersten Band der ,,Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht“ (1929) übertrifft Teil 2 mit Urkunden den Umfang des Teiles 1 mit Abhandlungen. Das ,,Handbuch der diplomatischen Korrespondenz der europäischen Staaten“ das als zweite Serie der ,,Fontes Juris Gentium“ des Instituts erschien, füllt im ersten Band (1932) 24 Seiten mit den Titeln der berücksichtigten Quellen. Seit 1936 erschienen ,,Politische Verträge“ der Nachkriegszeit, bearbeitet von Georg von Gretschaninow.

Wenn das Forschungsgebiet des Instituts die Systematik der Bibliothek bestimmt hatte, so hat umgekehrt die den Wissenschaftlern zugängliche Präsenzbibliothek die dokumentarischen Veröffentlichungen des Instituts ermöglicht, die Eigenart seiner Forschungen mitbestimmt und wohl die juristische Denkweise manches Mitarbeiters geformt. Der Leiter der Bibliothek war Curt Blass. Ebenso wie in den dreißiger Jahren keine der Institutsbibliothek in Ziel und Größe vergleichbare selbständige Bibliothek existierte, gab es auch keinen Bibliotheksleiter, dem Aufgaben mit gleicher Reichweite gestellt waren und der sie so wirksam erfüllte wie Blass. Als Blass sich 1931 auf die Stelle des Direktors der Zentralbibliothek in Zürich bewarb, rief Bruns seinen Freund und Mitarbeiter eigens zu sich nach Den Haag, wo er sich als internationaler Richter aufhielt, um ihn persönlich darum zu bitten, seine Bewerbung zurückzuziehen, da das KWI ohne Blass nicht auskäme. Blass blieb am KWI.

Im Jahre 1936 besaß die Bibliothek mehr als 90.000 Bände, ganz überwiegend ausländischer Literatur, womit wohl nur die Monographien, nicht die Zeitschriftenbände gezählt wurden. Blass selbst vermutete rückblickend, dass er einen Bücherbestand aufbauen konnte, der bald eine Viertelmillion Bände umfasste. Als Angestellte in der Bibliothek sind außer dem Leiter in den Jahren 1928 und 1936 drei Bibliothekssekretärinnen und ein Leiter der Buchbinderei genannt, im Jahre 1936 zusätzlich Cornelia Bruns als Bibliothekarin.

Bibliotheksmitarbeiterin Gertrud Heldendrung am Zettelkasten (um 1935)[7]

Der Wille von Viktor Bruns und Curt Blass zu umfassender Dokumentation des Inhalts völkerrechtlicher Veröffentlichungen aus der möglichst vollständigen Bibliothek zeigt sich auch in der Führung einer Aufsatzkartei, in welcher Aufsätze aus den von der Institutsbibliothek abonnierten Zeitschriften unter Schlagworten verzeichnet wurden, und einer Vertragskartei, die Fundstellen, Vorbehalte, Ratifikationen, Beitritte und Kündigungen von Verträgen aller Staaten aus Materialien der Bibliothek nachwies. Außerdem erleichterte ein systematisch geordnetes Zeitungsarchiv mit Ausschnitten aus Tageszeitungen den Überblick der Bibliotheksbenutzer über diplomatische Ereignisse und Behandlungen völkerrechtlicher Themen in der Öffentlichkeit.

Kriegswirren. Curt Blass als Vertreter des Institutsdirektors

Gegen Ende des Krieges fiel Curt Blass die längerfristige Vertretung des Institutsdirektors zu. Der stellvertretende Institutsdirektor Ernst Schmitz war am 25. Januar 1943, der Institutsdirektor Bruns am 18. September 1943 gestorben. Für den herzkranken Direktor hatte Blass schon zu dessen Lebzeiten zeitweise die Institutsgeschäfte geführt. Blass sprach bei der Trauerfeier für Bruns die Abschiedsworte für die Mitarbeiter des Instituts sowie für die Kaiser‑Wilhelm‑Gesellschaft und staatliche Stellen. Der neue Institutsdirektor Carl Bilfinger (1879‑1958) trat sein Amt am 1. November 1943 an. Er wohnte in Heidelberg und war nur gelegentlich in Berlin anwesend. Bilfinger hat 1946 berichtet, dass er sich zwischen April und Ende Juli 1944 in Berlin aufgehalten habe. ,,Nach den Sommerferien“ sei er wegen der anhaltenden Luftangriffe sowie seiner gesundheitlichen Verfassung dazu übergangen von Heidelberg aus zu arbeiten. Von dort hielt er die Verbindung zu Blass auch über den schon 1942 kriegsversehrten Referendar Heinz Rowedder (1919‑2006) – später Rechtsanwalt in Mannheim – aufrecht, der als Bote zwischen Neckar und Spree verkehrte. In Berlin blieb Blass der Vertreter auch des Institutsdirektors Bilfinger. Als solcher führte er mühevolle Verhandlungen, um die Bücher und einzelne Abteilungen des Instituts aus Berlin zu verlagern. Im Januar 1944 wurden die Bände der Bibliothek nach Kleisthöhe bei Strasburg, Züsedom, Schlepkow und Neuensund in der Uckermark sowie in das Schloß Blücherhof bei Waren in Mecklenburg gebracht. Den Wert der Bücher in Kleisthöhe bezifferte Blass mit 445.000 RM, in Züsedom mit 220.000 RM.

Diese Sicherheitsmaßnahme erfüllte ihren Zweck. Bei einem Bombenangriff am 4. Februar 1945 wurden der teilweise schon zerstörte Institutsbereich in den oberen Räumen des nach der Stechbahn und dem damaligen Schlossplatz hin liegenden Schlossflügels sowie die benachbarten Bibliotheksräume vernichtet. Eine Bombe traf das Zimmer von Curt Blass. Die meisten der rechtzeitig in die Provinz geretteten Bände sind bis heute erhalten geblieben. Blass verlegte die Reste des Instituts in das leerstehende Haus von Bruns, das er vorsorglich sichergestellt hatte.

Am 10. April 1945 schloss sich Curt Blass dem letzten der von der schweizerischen Botschaft organisierten Transporte an und verließ Berlin mit der Eisenbahn. Damit beendete er seine Zugehörigkeit zum Kaiser‑Wilhelm‑Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, dessen Bibliothek er über 18 Jahre geleitet und dessen Tätigkeit er mitgelenkt hatte.

Als Rentner in Zürich

Blass war im Alter von 63 Jahren aus Berlin nach Zürich gekommen. In den ersten Jahren nach seiner Ankunft erleichterten ihm kleine bibliothekarische Arbeiten dort und in Bern das Auskommen. So ordnete er in dieser Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Zentralbibliothek Zürich die von Staatsrat Paulus Usteri (1768‑1831) gesammelten Druckschriften aus der Zeit der Französischen Revolution neu. Mit den Bibliotheks- und Institutsangehörigen in Berlin und später in Heidelberg war Blass nach Kriegsende wohl wenig in Verbindung. Hauptsächlich ist ein höflicher Briefwechsel mit dem Institutsdirektor Bilfinger und anderen Institutsmitarbeitern zwischen Ende 1949 und 1951 bekannt, der im Wesentlichen die Pensionierung von Blass betrifft. In diese Zeit fällt auch eine Buchbesprechung von Blass in der Institutszeitschrift. Der im Archiv des MPIL erhaltene maschinenschriftliche Glückwunsch des Institutsdirektors Mosler zum 75. Geburtstag von Curt Blass im Jahre 1956, vielleicht der Entwurf eines Telegrammes, bleibt förmlich und beschränkt sich auf zweieinhalb Zeilen. Auf ihm ist handschriftlich und fälschlich der 70. Geburtstag als Grund der Gratulation genannt.

[1] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/43.

[2] Eberhard W. Kornfeld, Ernst Ludwig Kirchner: Nachzeichnung seines Lebens; Katalog der Sammlung von Werken von Ernst Ludwig Kirchner im Kirchner-Haus Davos; erschienen anlässlich der Ausstellung Ernst Ludwig Kirchner im Kunstmuseum von Basel vom 18. November 1979 bis 27. Januar, 1980, Bern: Kornfeld, 1979, 385 (Katalognummer 232); 22 (Abbildung der Mitgliedskarte für Passivmitglieder der ,,KG Brücke´´ für 1908, Radierung von Ernst Ludwig Kirchner 1908. Mit handschriftlichem Eintrag: C. Blass).

[3] Cuno Amiet, Dr. Curt Blass, lesend, 1905, Holzschnitt, Werkverzeichnis von Mandach 20, Probedruck in Schwarz. Provenienz Sammlung Dr. Curt Blass; Zürich; durch Erbschaft an Privatsammlung Schweiz, Ausstellung, Bern 1968, Kunstmuseum, Jubiläumsausstellung, Cuno Amiet 1868-1961, Giovanni Giacometti 1968-1933, Werke bis 1920, Kat. Nr. 129; Cuno Amiet, Kopf  Dr. Curt Blass, 1908 Farbiger Holzschnitt, 24,7×14 cm, Druckstock; 26,6×16,8 cm, Blattgröße. Werkverzeichnis von Mandach 23.

[4] National Gallery of Art, Washington.

[5] Einige literarische Veröffentlichungen von Curt Blass: Curt Blass, Gedichte, Leipzig: Privatdruck 1907; Curt Blass, Das Märchen von Käthen im Winde, Die Rheinlande 18 (1909), 414-420; Curt Blass, Kriegslese aus den Gedichten der Jahre 1914-1919, Leipzig: Selbstverlag 1919-1920; Curt Blass, Der Grund: eine Novelle, Leipzig: H. Haessel 1924; Curt Blass, Schatten hoher Wolken: Gedichte, Leipzig: Privatdruck 1925; Curt Blass, Bianca: zur Jubelfeier des Leipziger Bibliophilen-Abends am 3. Mai 1929 gestiftet, Leipzig: Poeschel und Trepte 1929; Curt Blass, Innere Melodie: Gedichte, Zürich: Schulthess 1944.

[6] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/36.

[7] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/28.

Suggested Citation:

Joachim Schwietzke, Bibliothekar der ersten Stunde. Curt Blass, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240305-123334-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

Das Berliner Jahr. Carlo Schmid als Referent am Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1927/28

One Year in Berlin. Carlo Schmid as Research Fellow at the Institute for Comparative Public Law and International Law 1927/28

Session of the Permanent Court of International Justice in The Hague (ca. 1928). Viktor Bruns second from the right at the bench (AdsD, 6/FOTA003421)

Deutsch

Am Ende dauerte das Intermezzo kaum ein Jahr. Im September 1927 war der junge Amtsrichter Karl Schmid (1898-1979) vom beschaulichen Tübingen in die ruhelose Reichshauptstadt gewechselt und hatte eine Referentenstelle am Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht übernommen; im Spätsommer 1928 kehrte er zurück und nahm eine universitäre Karriere auf. Für die spätere Bekanntheit des sich nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch Carlo Schmid nennenden Politikers war diese Episode sicherlich nicht entscheidend. Schmid sollte nicht als Jurist der Weimarer Republik reüssieren, sondern als Staatsmann, Gründervater der Bundesrepublik und unbequemer Vordenker der SPD, in die er nach 1945 eingetreten war.[1] Selbst innerhalb der Max‑Planck‑Gesellschaft, der Schmid seit 1951 als Senator angehörte, war diese Vorgeschichte um 1970 längst in Vergessenheit geraten.[2] Insofern stellt sich die Frage: Lassen sich überhaupt Spuren seines Wirkens am heutigen Max-Planck-Institut entdecken? Und welcher Stellenwert kommt den Erfahrungen am Berliner Institut, über die Schmid in seinen 1979 veröffentlichten Erinnerungen[3] in einer gleichermaßen distanzierten wie eigentümlich geglätteten Weise berichtete, für seinen weiteren Werdegang zu?

Ein „französischer Schwabe“. Herkunft und Ausbildung

Carlo Schmid nach seiner Promotion 1923[4]

Zur Herkunft müssen einige biographische Stichworte genügen: Carlo Schmid wurde am 3. Dezember 1898 in ein deutsch‑französisches Elternhaus geboren. Kurz nach seiner Geburt siedelte die Familie von Südfrankreich wieder in die württembergische Heimat des Vaters zurück, wo er ein humanistisches Gymnasium durchlief und im Juni 1914 in Stuttgart das Abitur ablegte. Von der Jugendbewegung und dem Wandervogel geprägt und patriotisch wohl ausgesprochen begeistert, meldete er sich zu Beginn des Weltkriegs unverzüglich zum Kriegsdienst. Als Soldat diente Schmid vier Jahre dem Kaiserreich als seinem wortwörtlichen Vaterland, teilweise im Osten, zum Leidwesen seiner französischen Mutter aber vorrangig an der Westfront.[5] Erst nach dem Waffenstillstand von November 1918 schied er, inzwischen mehrfach ausgezeichnet, aus dem Militär aus und nahm ein Studium der Rechts‑ und Staatswissenschaften in Tübingen auf. Nach Abschluss (1921/1924), Promotion (1923) und einer kurzen Etappe als Rechtsanwalt trat Schmid in den württembergischen Justizdienst ein und wurde Anfang 1927 als Richter am Amtsgericht Tübingen eingesetzt.

Beschaulich. Schmids Wirkungsstätte, Tübingen in den 1920ern[6]

Folgt man den Darstellungen seiner Autobiographie, so fand Schmid weder im Richteramt noch in der Tübinger Honoratiorengesellschaft intellektuelle Befriedigung. Während seine von Hugo Sinzheimer betreute Dissertation über die „Rechtsnatur der Betriebsvertretungen nach dem Betriebsrätegesetz“ sich noch ganz dem aufblühenden Weimarer Arbeitsrecht verschrieben hatte, wandte er sich ab Mitte der 1920er Jahre im Selbststudium völkerrechtlichen Klassikern wie Hugo Grotius und Immanuel Kant zu.[7] Nahezu zeitgleich zu seinem Antritt als Amtsrichter, im Januar 1927, bot ihm Heinrich Pohl, der Direktor des völkerrechtlichen Seminars der Universität Tübingen, eine Stelle als Hilfsassistent an, sodass Schmid seine wissenschaftliche Interessen neben dem Justizdienst in einem akademisch formalisierten Rahmen verfolgen konnte. Pohl, ein Schüler von Philipp Zorn, zählte in der Zwischenkriegszeit nicht nur zu den anerkanntesten Verfassungs- und Völkerrechtlern Deutschlands, sondern war mehrfach als entschiedener Kritiker des Versailler Vertrags hervorgetreten.[8] Mit dem Auswärtigen Amt (AA) stand Pohl seit längerer Zeit im Austausch, auch wenn seine im Auftrag der Reichsregierung erstellten Gutachten, etwa zu amerikanischen Schadenersatzforderungen aus dem U-Boot-Krieg, aufgrund von handwerklichen Mängeln und eines „reichlich temperamentvollen Ton[s]“[9] nicht selten ungenutzt in den Schubladen der Wilhelmstrasse verschwanden. Ebenso blieb ein über mehrere Jahre vom AA großzügig gefördertes Forschungsvorhaben von Pohl, welches die Rechtslage in den nach dem Versailler Vertrag besetzten Reichsgebieten untersuchen sollte, unvollendet.[10]

Im Kampf gegen Versailles. Schmid kommt an das Institut

Gleichwohl war es diese Verbindung von Völkerrechtswissenschaft und Außenpolitik, welche den weiteren Werdegang von Carlo Schmid bestimmen sollte. Heinrich Pohl bahnte ihm nicht nur den Weg zu einer akademischen Karriere in Tübingen, sondern vermittelte augenscheinlich auch den Kontakt zum Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht nach Berlin. Diese mit Mitteln der Reichsregierung ab 1924/25 eingerichtete Forschungseinrichtung in Trägerschaft der Kaiser‑Wilhelm‑Gesellschaft diente vorrangig dazu, die Völkerrechtswissenschaft in Deutschland zu stärken, international konkurrenzfähig zu machen und systematisch zur strategischen Unterstützung der deutschen Diplomatie heranzuziehen, allzumal in den Konflikten um die Auslegung und Umsetzung des Versailler Vertrags.[11] In seinen Erinnerungen vermied Schmid zwar jegliche Erwähnung des nationalkonservativen Pohl und erklärte seinen Wechsel nach Berlin nur vage damit, dass Viktor Bruns, der Gründungsdirektor des Instituts, junge Mitarbeiter bevorzugt unter den Examensbesten Württembergs rekrutiert habe.[12] Es ist jedoch kaum vorstellbar, dass Bruns ohne Empfehlung oder Hinweis von Pohl auf den jungen Tübinger Richter zugegangen wäre. Die Vorstellung, dass der „Kampf gegen Versailles“ auch und gerade mit den Mitteln des Völkerrechts auszufechten sei, teilten Bruns und Pohl jedenfalls unbestritten, und auch Schmid machte sich dieses Anliegen mit großer Leidenschaft zu eigen.[13]

Eine Arbeitsfrucht am Institut: die Anzilotti-Übersetzung

Nähere Hinweise auf Carlo Schmids Tätigkeiten am Institut, das in den Räumlichkeiten des alten Berliner Schlosses an der Spreeinsel untergebracht war, finden sich nur wenige. Unterlagen oder Schriftwechsel von seiner Hand sind in den Archivbeständen der Max‑Planck‑Gesellschaft nicht überliefert.[14] Soweit sich rekonstruieren lässt, befasste sich Schmid nach seiner Ankunft im September 1927 vornehmlich mit Reparations- und Restitutionsfragen aus dem Versailler Vertrag, wobei sich diese spröde Materie immerhin in zwei einschlägigen Fachaufsätzen niederschlug.[15] Mit Cornelia Bruns, der Bibliothekarin des Instituts, übersetzte er daneben das bekannte Lehrbuch von Dionisio Anzilotti aus dem Italienischen.[16] Größere Bedeutung kam seiner Beteiligung an den deutsch‑polnischen und deutsch‑tschechoslowakischen Schiedsverhandlungen zu, an denen er als Assistent von Erich Kaufmann beziehungsweise Viktor Bruns teilnahm.[17] Diese, nach den Grundsätzen des Versailler Vertrages eingerichteten, gemischten Schiedsgerichte verhandelten vorrangig eigentumsrechtliche, als unpolitisch geltende Streitfragen, die sich zwischen den beteiligten Nationen durch die Umsetzung des Friedensschlusses von 1919 ergaben.[18]

Schmid muss diese Tätigkeit, für die er bereits durch seine französischen Sprachkenntnisse prädestiniert war, ernüchtert haben. Zwar erlebte er die Reisen zu den Sitzungsorten der Schiedsgerichte nach Paris, Genf und Venedig oder zum Ständigen Internationalen Gerichtshof in Den Haag als Erweiterung seines Horizonts und, mit Blick auf zahlreiche Museumsbesuche, als großen kulturellen Gewinn.[19] Wenig erquicklich erschienen ihm jedoch die eigentlichen Verhandlungen mit ihrem Tauziehen zwischen den Streitparteien, bei denen die „juristische[n] Argumente, die man seinen politischen Erklärungen beifügte, nicht viel mehr waren als der Faltenwurf, mit dem sich handfeste Interessen drapierten (…).“[20] Freilich: Diese Kritik an einer politischen Instrumentalisierung des Rechts war nicht weit entfernt von der Skepsis, mit der viele deutsche Staats- und Völkerrechtler in den 1920er Jahren auf den vorgeblich lebensfernen Dogmatismus formaler, rein positivistischer Vertrags- und Rechtsregeln blickten.[21] Im Kreis der Mitbegründer und Führungsköpfe des Instituts waren „antipositivistische“ Denker stark vertreten: sowohl bei Heinrich Triepel wie bei Rudolf Smend, bei Hermann Heller wie bei Erich Kaufmann handelte es sich, wenngleich aus unterschiedlichen Gründen, um teils entschiedene Kritiker eines politisch abstinenten, formalistischen Rechtsdenkens. Ebenso wäre an Carl Schmitt zu denken, der zwar erst nach 1933 eine engere Bindung an das Institut einging, aber schon in seinen Weimarer Schriften ausgiebig über eine Verschleierung politischer Machtfragen durch juristische Formeln nachgedacht hatte und von dem Carlo Schmid seinerzeit wohl mehr fasziniert war, als er es später eingestehen mochte.[22]

Rückkehr nach Tübingen, Habilitation und nationale Polemik

Ohnehin scheint Carlo Schmid in dieser Zeit geschwankt zu haben, ob er die juristische Kärrnerarbeit am Institut zugunsten eines Engagements in der Politik oder einer akademischen Karriere aufgeben solle; ausschlaggebend für letzteres waren vermutlich die Belastungen durch die Pendeltätigkeit zwischen Berlin und Tübingen sowie der familiäre Unwille – und vielleicht auch das eigene Unbehagen – sich dauerhaft in der Reichshauptstadt niederzulassen.[23] Im August 1928 meldete sich Schmid beim Amtsgericht Tübingen zurück, ab Herbst nahm er seine Lehrtätigkeit an der Universität bei Heinrich Pohl wieder auf, der im Übrigen wenig später einen seiner Doktoranden, Berthold Schenk von Stauffenberg, als neuen Referenten an das Institut vermittelte.[24] Trotzdem hatte Carlo Schmid nicht sämtliche Verbindungen zum Institut gekappt. Nicht nur unterstütze er im Nebenamt weiterhin Erich Kaufmann als Sekretär am deutsch‑polnischen Schiedsgericht, sondern er konzipierte auch seine Habilitationsschrift auf dem Feld der internationalen Gerichtsbarkeit mit einem expliziten Blick auf den praktischen Nutzwert für Diplomatie und Außenpolitik. Gleichsam als Quintessenz seiner praktischen Erfahrungen am Völkerrechts-Institut entstand so ein Manuskript, welches die bisherige Spruchpraxis des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Den Haag systematisch analysierte und aus den Entscheidungen allgemeine Rechtssätze zu abstrahieren versuchte, welche als Argumentationshilfe in internationalen Verhandlungen dienen konnten.[25] Die bereits im Frühjahr 1929 vorgelegte, knapp 300‑seitige Fleißarbeit wurde von der Rechts‑ und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen als Habilitationsschrift angenommen und positiv begutachtet; abgeschlossen wurde das Verfahren im November mit einer Antrittsvorlesung Schmids über völkerrechtliche Haftungsfragen gegenüber fremden Staatsangehörigen.[26]

Warum Carlo Schmid in dem auf Herbst 1931 datierten Vorwort zur Druckfassung der Habilitation auf jeden Hinweis auf Heinrich Pohl – der immerhin ein überschwängliches Erstgutachten zur Arbeit verfasst hatte[27] – verzichtete, sich jedoch ausdrücklich bei Viktor Bruns bedankte, lässt sich vorderhand kaum eindeutig klären. Während das Verhältnis zu Pohl, der inzwischen einen Ruf nach Breslau angenommen hatte, vermutlich von Beginn an schwierig gewesen war, hatte Schmid an einem versöhnlichen Ausgleich mit Bruns schon deshalb ein Interesse, weil es zwischen den beiden Männern im Vorjahr zum Eklat gekommen war. Den Anlass hatte ein anonymer Artikel Schmids in einer christlich-nationalen Gewerkschaftszeitung gegeben, der die Neuordnung der deutschen Reparationspflichten im Zuge des „Young-Plans“ aus juristischer Sicht betrachtet und insbesondere den im Januar 1930 auf einer Regierungskonferenz in Den Haag ausgehandelten Kompromiss, welche Sanktionen bei einer Verletzung der vorgesehenen Zahlungspflichten möglich sein sollten, scharf kritisiert hatte. Während nach aktuellen völkerrechtlichen Regeln die Sanktionsrechte „der Rechtsverletzung adäquat sein mussten“, so Schmid, würden die Gläubigerstaaten mit dem Haager Kompromiss das Recht erhalten, in Deutschland „zu tun, was ihnen beliebt“[28]. Das war zwar eine polemische Übertreibung, entsprach aber dem Tenor der nationalistischen Kampagnen, welche sich seit dem vorangegangenen Herbst gegen den Young‑Plan richteten, und spiegelte zugleich den Argwohn einer Staats- und Völkerrechtslehre, welche die vertragspositivistische Übermächtigung und Entpolitisierung der deutschen Souveränität fürchtete.

Stein des Anstoßes: Schmids Artikel zur „Sanktionsgefahr“

In der Folge dieses Zeitungsartikels, der selbst innerhalb der Reichsregierung für Aufsehen sorgte, sah sich Viktor Bruns gezwungen, Schmid von jeder weiteren Beteiligung am deutsch‑polnischen Schiedsgericht zu entbinden. Zwar lässt sich kaum mehr klären, wie publik Schmids Autorenschaft in der Berliner Regierungspolitik tatsächlich war. Innerhalb des Instituts war sie jedoch bekannt. Angesichts der Tatsache, dass die deutsche Außenpolitik vom Institut eine loyale Unterstützung und unpolitische Rechtsberatung erwartete, war aus Sicht von Bruns eine demonstrative Trennung selbst bei einem so randständigen Mitarbeiter wie Schmid unvermeidlich.[29] Ein dauerhaftes Zerwürfnis entstand daraus jedoch nicht. Weder Bruns, der in der Sache durchaus einer ähnlichen Auffassung zugeneigt haben mag, noch Schmid gingen mit bleibendem Groll auseinander, wovon neben den freundlichen Dankesworten in Schmids Habilitationsschrift noch einige Briefwechsel bis 1941 zeugen.[30]

Nach 1945: Von der Wissenschaft in die Politik

Carlo Schmid spricht vor dem Bundesrat (1969)[31]

Was lässt sich als Fazit zu Carlo Schmids Zeit am Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht festhalten? Für eine wissenschaftshistorische Betrachtung ist die Tätigkeit Schmids in Berlin wenig ergiebig. An nachgeordneter Stelle eingesetzt, war er immer eher Mitläufer und Beobachter der am Institut betriebenen Verknüpfung völkerrechtlicher Theorie und Praxis. Tritt man indes einen Schritt zurück und nimmt eine biographische Perspektive ein, fallen zwei Aspekte ins Auge: Erstens war die Zeit als juristischer Referent am Institut für Schmid eine Phase der Politisierung. Darin liegt nur scheinbar ein paradoxer Befund. Die Erfahrung, dass die völkerrechtlichen Schiedsverfahren in der Umsetzung des Versailler Vertrages die machtpolitischen Glutkerne des Friedensschlusses nicht ansatzweise ersticken konnten, bedeutete eine realpolitische Schulung, deren Essenz Schmid in seinen Erinnerungen auf die bündige Formel brachte: „Jurisprudenz ist kein Ersatz für Politik (…)“[32]. Nach Tübingen kehrte er als Nationalist zurück, der das „Versailler Diktat“ vielleicht erbitterter als zuvor bekämpfte und Kontakte bis weit in das rechtsintellektuelle Milieu pflegte.[33]

Zweitens: Nach 1945 ergaben sich neue Perspektiven. Trotz einer nationalen Grundhaltung hatte sich Carlo Schmid jeder tieferen Verstrickung in den Nationalsozialismus entziehen können, sodass er nach Kriegsende als unbelasteter Newcomer und Hoffnungsträger galt. Obwohl er im Jahr 1946 kurzfristig sogar als möglicher Direktor eines in die Westzonen verlagerten Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht gehandelte wurde,[34] optierte er nun für eine politische Karriere, die erst in Württemberg und der französischen Besatzungszone, dann in der frühen Bundesrepublik auf geradezu atemberaubend steile Weise nach oben verlief.[35] Ein genauerer Blick zeigt, dass er dabei durchaus auf den Erfahrungen seines Berliner Intermezzos aufbaute und das Bemühen um eine völkerrechtliche Bestimmung der deutschen Rechtslage und um eine juristische Bindung der Siegermächte auf eine neue Stufe hob. Nicht nur focht Schmid seit einem fulminanten Auftritt auf der Münchener Ministerpräsidentenkonferenz im Juni 1947 für eine Formalisierung und Verrechtlichung der Beziehungen zu den alliierten Siegermächten im Rahmen eines Besatzungsstatuts (worüber er sich seit dem Frühjahr 1947 mit Erich Kaufmann ausgetauscht hatte).[36] Auch bei der Beratung des Grundgesetzes auf Herrenchiemsee und im Parlamentarischen Rat 1948/49 setzte er sich nachdrücklich dafür ein, dass im Text ein explizites Bekenntnis zum Völkerrecht, zur friedlichen Streitbelegung durch Schiedsgerichte und zur freiwilligen Abtretung staatlicher Hoheitsrechte verankert wurde. Dass darin ein Echo der Gründungsideen und Leitgedanken des Völkerrechts-Instituts nachhallte, ist offensichtlich. Die Berufung auf das Recht, so formulierte es Schmid im Parlamentarischen Rat im September 1948, sei „die einzige Waffe, die dem Schwachen und Entmachteten zu Gebote steht (…).“[37] Zu keinem anderen Zweck war das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin gegründet worden.

[1] Dazu umfassend: Petra Weber, Carlo Schmid 1896-1979. Eine Biographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1998.

[2] Vgl.: Brief von Ulrike Ringmann an Erika Bollmann, datiert 29. Mai 1970, APMG, II. Abt., Rep. 67, Nr. 1272.

[3] Vgl.: Carlo Schmid, Erinnerungen, Bern: Scherz 1979; dazu: Petra Weber, Erziehungsroman statt Memoiren: Carlo Schmids „Erinnerungen“, in: Magnus Brechtken (Hrsg.), Life Writing and Political Memoir. Lebenszeugnisse und Politische Memoiren, Göttingen: V&R unipress 2012, 259–278; mit Blick auf solche Vorerfahrungen nach 1945, siehe auch: Sabine Kurtenacker, Der Einfluss politischer Erfahrungen auf den Verfassungskonvent von Herrenchiemsee. Entwicklung und Bedeutung der Staats- und Verfassungsvorstellungen von Carlo Schmid, Hermann Brill, Anton Pfeiffer und Adolf Süsterhenn, München: Herbert Utz 2017.

[4] AdsD, 6/FOTA003426

[5] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 36.

[6] Verlag von Heinrich Sting, Public Domain.

[7] Vgl.: Schmid (Fn. 3), 119-120.

[8] Vgl.: Heinrich Pohl, Die belgischen Annexionen im Versailler Vertrage, Stuttgart: Kohlhammer 1927; Heinrich Pohl, Neues Völkerrecht auf Grund des Versailler Vertrages, Berlin: Ferdinand Dümmler 1927.

[9] [Georg] Martius, Aktenvermerk v. 30.05.1923, PA AA, R 54330.

[10] Vorgang mit Korrespondenzen und weiteren Unterlagen, PA AA, R 54330.

[11] Vgl.: Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (Hrsg.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, Bd. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490–527 (490-491; 499-504); Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur, 1914–1945, München: C.H. Beck 1999, 89.

[12] Vgl.: Schmid (Fn. 3), 121.

[13] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 59-67.

[14] So auch Kurtenacker (Fn. 3), 43, Fn. 234.

[15] Vgl.: Karl [Carlo] Schmid/Ernst Schmitz, Der Paragraph 4 der Anlage zu Sektion IV des Teils X des Versailler Vertrags, ZaöRV 1 (1929), 251–320; Karl [Carlo] Schmid/Ernst Schmitz, Zur Dogmatik der Sektion V des Teiles X des Versailler Vertrags, ZaöRV 2 (1931), 17–85.

[16] Vgl.: Dionisio Anzilotti, Lehrbuch des Völkerrechts. Band 1: Einführung – Allgemeine Lehren, Autor. Übers. Cornelia Bruns / Dr. Karl [Carlo] Schmid, Berlin: De Gruyter 1929.

[17] Zu Kaufmanns Tätigkeit in diesem Zusammenhang, vgl.: Frank Degenhardt, Zwischen Machtstaat und Völkerbund. Erich Kaufmann (1880-1972), Baden-Baden: Nomos 2008, 107-109.

[18] Vgl.: Jakob Zollmann, Nationality, Property, and the Mixed Arbitral Tribunals, 1914 to c. 1930, in: Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (Hrsg.), Mixed Arbitral Tribunals, 1919-1939. An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 113–157 [Angaben zu den genannten Schiedsgerichten, aber ohne Erwähnung von Schmid im Anhang: 556-557, 574]; Jakob Zollmann, Reparations, Claims for Damages, and the Delivery of Justice. Germany and the Mixed Arbitral Tribunals (1919-1933), in: David Deroussin (Hrsg.), La Grande Guerre et son droit, Issy-les-Moulineaux: LGDJ 2018, 379–394.

[19] Vgl.: Schmid (Fn. 3), 125-131.

[20] Schmid (Fn. 3), 129.

[21] Vgl.: Manfred Gangl (Hrsg.), Die Weimarer Staatsrechtsdebatte. Diskurs- und Rezeptionsstrategien, Baden-Baden: Nomos 2011; Stolleis (Fn. 10), 158-186.

[22] Vgl.: Schmid (Fn. 3), 139-141; auch nach 1945 hatte sich eine merkliche Ehrerbietung gehalten, vgl: Brief von Carlo Schmid an Carl Schmitt, datiert 16. Mai 1947, AdsD, NL Carlo Schmid, 609.

[23] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 75.

[24] Vgl.: Alexander Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905–1944). Völkerrecht im Widerstand, Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht, Bd. 57, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 42-53; Am Institut scheint Stauffenberg wesentlich die Aufgabengebiete von Schmid übernommen zu haben.

[25] Vgl.: Karl [Carlo] Schmid, Die Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Rechtssätzen dargestellt, Stuttgart: Ferdinand Enke 1932.

[26] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 70.

[27] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 70.

[28] Die Sanktionsgefahr. Ein juristisches Gutachten über die Klauseln des Haager Abkommens, in: Der Deutsche. Tageszeitung für deutsche Volksgemeinschaft und ein unabhängiges Deutschland, 25. Februar 1930, 2; Zum Kontext der Sanktionsdebatte siehe etwa: Franz Knipping, Deutschland, Frankreich und das Ende der Locarno-Ära 1928–1931. Studien zur internationalen Politik in der Anfangsphase der Weltwirtschaftskrise, München: De Gruyter 1987, 112-119; weitere Hintergründe bei: Philipp Heyde, Das Ende der Reparationen. Deutschland, Frankreich und der Youngplan 1929-1932, Paderborn: Schöningh 1998.

[29] Mit immer noch leicht gekränktem Unterton, vgl. dazu: Schmid (Fn. 3), 142.

[30] Vgl.: Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 72, 133.

[31] BArch, B 145 Bild-F029089-0006 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0

[32] Schmid (Fn. 3), 130.

[33] Vgl.: Weber, Erziehungsroman (Fn. 3), 266; Weber, Carlo Schmid (Fn. 1), 75-76.

[34] Vgl.: Felix Lange, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg: Die Gründungsgeschichte des völkerrechtlichen Max-Planck-Instituts nach dem Zweiten Weltkrieg, ZaöRV 74 (2014), 697-731 (710-712, 715-716).

[35] Vgl.: Hellmuth Auerbach, Die politischen Anfänge Carlo Schmids. Kooperation und Konfrontation mit der französischen Besatzungsmacht 1945-1948, VfZ 36 (1988), 595–648.

[36] Vgl. Karl [Carlo] Schmid, Die Neuregelung des Besatzungsrechtes, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1(1947), 123–128; siehe auch: Brief von Carlo Schmid an Erich Kaufmann, datiert 05. März 1947, AdsD, NL Carlo Schmid, 601.

[37] Zweite Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen 16. September 1948, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (Hrsg.), Der Parlamentarische Rat, 1948-1949. Akten und Protokolle, Bd. 5: Ausschuß für Grundsatzfragen, Boppard am Rhein: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1993, 8.

Suggested Citation:

Marcus M. Payk: Das Berliner Jahr: Carlo Schmid als Referent am Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1927/28, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240214-102625-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

In the end, the intermezzo barely lasted a year. In September 1927, the young district judge Karl Schmid (1898-1979) had moved from placid Tübingen to Berlin, the restless capital of the German Empire, to become a research fellow at the Institute for Comparative Public Law and International Law; he returned in the late summer of 1928 and took up a university career. This episode was certainly not decisive for the later fame of the politician, who, after the Second World War, went exclusively by Carlo Schmid. Schmid was to make a name not as a legal scholar in the Weimar Republic, but as a statesman, a founding father of the Federal Republic and provocative thought leader of the SPD (Social Democratic Party of Germany), which he joined after 1945.[1] Even within the Max Planck Society, which Schmid joined as a senator in 1951, this backstory had long been forgotten by 1970.[2] Therefore, the question arises: can any traces of his work at the be discovered at today’s Max Planck Institute? And what significance do the experiences at the Berlin Institute, on which Schmid reports in his autobiography Erinnerungen (“Memories”)[3], published in 1979, in a reserved and strangely smoothed-out manner, have for his future career?

A “French Swabian”. Early Life and Education

Carlo Schmid after his doctorate in 1923[4]

Regarding his early life, a few biographical keywords must suffice: Carlo Schmid was born into a German‑French family on 3 December 1898. Shortly after his birth, the family moved from the South of France back to his father’s home in Württemberg, where Schmid received secondary education, and graduated high school in Stuttgart in June 1914. Influenced by the German Youth Movement (Jugendbewegung) and the Wandervogel (two popular groups at the time, emphasizing the experience of nature and a spirit of community) and rather patriotic, he immediately enlisted for military service at the beginning of the First World War. As a soldier, Schmid served the German Empire, his – literal – fatherland, for four years, partly in the East, but mainly on the Western Front, much to the chagrin of his French mother.[5] It was only after the armistice in November 1918, that he left the military, having been decorated several times in the meantime, and began studying law and constitutional theory (Staatswissenschaften) in Tübingen. After graduating (1921/1924), obtaining his doctorate (1923) and a brief stint as a lawyer, Schmid joined the judicial service of Württemberg and was appointed as a judge at the Tübingen district court in early 1927.

Placid. Schmid’s place of work, Tübingen in the 1920s[6]

According to his autobiography, Schmid found no intellectual satisfaction either in his position as a judge or in Tübingen’s distinguished social circles. While his dissertation on the “Legal Nature of Workers’ Councils under the Workers’ Councils Act”, supervised by Hugo Sinzheimer, was still devoted to the flourishing Weimar labour law, from the mid-1920s onwards, he turned to the self-study of classics of international law such as Hugo Grotius and Immanuel Kant.[7] Almost simultaneously to Schmid taking up his position as a district judge, in January 1927, Heinrich Pohl, the director of the international law seminar at the University of Tübingen, offered him a position as an assistant, so that Schmid was able to pursue his academic interests in a formalised setting alongside his work in the judicial service. Pohl, a student of Philipp Zorn, was not only one of the most renowned constitutional and international law scholars in Germany in the interwar period, but had also repeatedly come forward as a staunch critic of the Treaty of Versailles.[8] He had also been in dialogue with the Foreign Office for some time, even though his legal expert opinions commissioned by the government, on American claims for damages from the submarine war for example, often disappeared in the drawers of the office, unused, due to methodological shortcomings and a “rather spirited tone”[9] . Similarly, a research project by Pohl, intended to investigate the legal situation in the territories of the Reich occupied under the Treaty of Versailles and generously funded by the Foreign Office for several years, remained unfinished.[10]

Fighting Versailles. Schmid Joins the Institute

 Nevertheless, it was this combination of international law and foreign policy that was to determine Carlo Schmid’s future career. Heinrich Pohl not only paved the way for him to pursue an academic career in Tübingen, but apparently also put him in touch with the Institute for Comparative Public Law and International Law in Berlin. This research institution under management of the Kaiser-Wilhelm‑Gesellschaft (Kaiser Wilhelm Society) was established in 1924/25 with funds from the German government and was primarily dedicated to strengthen international law in Germany, to make it internationally competitive and to systematically provide strategic support for German diplomacy, especially in the conflicts surrounding the interpretation and implementation of the Treaty of Versailles.[11] In his memoir, Schmid avoids any mention of the national-conservative Pohl and only vaguely explains his move to Berlin by saying that Viktor Bruns, the founding director of the institute, preferably recruited young employees among the top law school graduates in Württemberg.[12] However, it is hard to imagine that Bruns would have approached the young judge from Tübingen without a recommendation or pointer by Pohl. In any case, Bruns and Pohl undoubtedly shared the idea that the “fight against Versailles” should not least be fought with the means of international law, and Schmid also embraced this cause with great passion.[13]

A product of the work at the Institute: the Anzilotti translation

There are only scant sources on Carlo Schmid’s activities at the Institute, which was housed in the premises of the old Berlin Palace in the city centre. No documents or correspondence of his have survived in the archives of the Max Planck Society.[14] As far as can be reconstructed, after his arrival in September 1927, Schmid was primarily concerned with issues of reparations and restitution arising from the Treaty of Versailles, as this dry field of work is reflected in two scientific publications.[15] Together with Cornelia Bruns, the Institute’s librarian, he also translated the well-known textbook by Dionisio Anzilotti from Italian to German.[16] More relevant is his involvement in the German‑Polish and German‑Czechoslovak arbitration negotiations, in which he took part as an assistant to Erich Kaufmann and Viktor Bruns respectively.[17] These mixed arbitration tribunals, established in accordance with the principles of the Treaty of Versailles, primarily negotiated property disputes which arose between nations as a result of the implementation of the peace treaty of 1919 and which were generally considered apolitical. [18]

Schmid must have felt disillusioned by this field of activity, for which he was predestined due to his French language skills. He considered the trips to the venues of the arbitration tribunals in Paris, Geneva and Venice or to the Permanent Court of International Justice in The Hague inspiring, and, because of his visits to numerous museums, culturally enriching.[19] However, he disliked the actual negotiations with their tug-of-war between the parties, in which the “legal arguments that were attached to one’s political statements were little more than the drapery with which tangible interests embellished themselves (…).”[20] Admittedly: this criticism of the political instrumentalization of law was not too different from the scepticism with which many German constitutional and international law experts in the 1920s viewed the, allegedly quixotic, dogmatism of formal, purely positivist treaties and legal rules.[21] “Anti-positivist” thinkers were strongly represented among the co-founders and leaders of the institute: Heinrich Triepel and Rudolf Smend as well as Hermann Heller and Erich Kaufmann, albeit for different reasons, all criticized, sometimes staunchly, formalistic legal thinking, devoid of political contextualisation. Of course, there was also Carl Schmitt, who did not enter into a closer relationship with the Institute until after 1933, but had already covered the issue of the alleged conceal of political power struggles through legalism extensively in his Weimar writings. Carlo Schmid was probably more fascinated by him at the time than he would later bring himself to admit.[22]

Return to Tübingen, Habilitation and Nationalist Polemics

Carlo Schmid seems to have wavered during this time as to whether he should give up his painstaking work at the institute in favour of a commitment to politics or an academic career; the decisive factor for the latter was probably the strain of commuting between Berlin and Tübingen as well as his family’s unwillingness – and perhaps also his own discomfort – to permanently settle in the capital.[23] In August 1928, Schmid reported back to the district court in Tübingen, and in autumn he resumed his teaching activities at the university under Heinrich Pohl, who shortly afterwards recommended one of his doctoral students, Berthold Schenk von Stauffenberg, as a new research fellow at the institute.[24] Nevertheless, Carlo Schmid had not cut all ties with the Institute. Not only did he continue to support Erich Kaufmann as a part-time secretary at the German‑Polish Court of Arbitration, but he also aimed for his habilitation thesis in the field of international jurisdiction to be useful for diplomacy and foreign policy. As the quintessence of his practical experience at the International Law Institute, so to speak, he systematically analysed the previous case law of the Permanent Court of International Justice in The Hague and attempted to abstract general legal principles from its decisions to serve as an argumentation aid in international negotiations.[25] The result of this detailed and precise work, a manuscript of almost 300 pages, was submitted in spring 1929, accepted by the Faculty of Law and Economics at the University of Tübingen, and received a favourable review. The process was concluded in November with Schmid’s inaugural lecture on questions of liability under international law towards foreign nationals.[26]

Why Carlo Schmid omitted any reference to Heinrich Pohl – who had, after all, written an exuberant initial evaluation of the work[27] – in the foreword to the printed version of the habilitation, dated autumn 1931, but expressly thanked Viktor Bruns, can hardly be clarified for the time being . While the relationship with Pohl, who had in the meantime accepted a chair at the university of Breslau, had presumably been difficult from the outset, Schmid had an interest in a conciliation with Bruns, as there had been an éclat between the two in the previous year. The cause had been an anonymous article by Schmid in a Christian-nationalistic trade union newspaper, which commented on the reorganisation of Germany’s reparation obligations in the wake of the Young Plan from a legal perspective. In particular, the article sharply criticised the compromise negotiated at an intergovernmental conference in The Hague in January 1930 on what sanctions should be possible in the event of a breach of the envisaged payment obligations. While under current international law sanctions had to be “adequate to the violations of law”, Schmid said, the Hague Compromise would give the creditor states the right to “do as they please” in Germany[28]. Although this was a polemical exaggeration, it was in line with the tenor of the nationalist campaigns that had been directed against the Young Plan since the previous autumn and at the same time reflected the suspicion of constitutional law and international law scholarship against a positivist overreach in treaty interpretation and a depoliticization of German sovereignty.

The bone of contention: Schmid’s article on the “risk of sanctions”

As a result of this newspaper article, which caused a stir even within the Reich government, Viktor Bruns thought it necessary to exclude Schmid from any further involvement in the German‑Polish court of arbitration. Although it is hardly possible to clarify how public Schmid’s authorship was within government circles, it was acknowledged within the institute. In view of the fact that the German authorities expected loyal support and apolitical legal advice from the Institute, Bruns felt that a demonstrative separation was inevitable, even in the case of a marginal employee like Schmid.[29] However, this did not result in a lasting fall-out. Neither Bruns, who may well have held similar views on the matter, nor Schmid parted with lasting resentment, as evidenced by the friendly acknowledgement in Schmid’s habilitation thesis and several letters up to 1941.[30]

After 1945: From Academia to Politics

Carlo Schmid spricht vor dem Bundesrat (1969)[31]

What is the outcome of Carlo Schmid’s time at the Institute? Schmid’s work in Berlin is not very fruitful from a history-of-science perspective. Working in a subordinate position, he was always more of a follower and observer of the way the theory and practice of international law came together at the Institute. However, if one takes a step back and adopts a biographical perspective, two aspects become apparent: firstly, Schmid’s time as a research fellow at the Institute was a phase of politicisation. This only seems to be a paradoxical finding: the experience that the arbitration proceedings, implementing the Treaty of Versailles and governed by international law, would not even begin to smother the embers of power politics of the Versailles order meant a training in Realpolitik, the essence of which Schmid summarised in his memoirs in the succinct formula: “Jurisprudence is no substitute for politics (…)”[32]. He returned to Tübingen as a nationalist, who fought the “Versailles Dictate” perhaps more bitterly than ever before and cultivated contacts well into the right-wing intellectual milieu.[33]

Secondly, new perspectives emerged after 1945. Despite his nationalist stance, Carlo Schmid had been able to avoid any deeper involvement in National Socialism, so that after the end of the war, he was seen as an unencumbered newcomer. Although he was even briefly considered as a possible director of the Institute for Comparative Public Law and International Law, which was relocated to the western zones in 1946,[34] he now opted for a political career that took a breathtakingly steep upward trajectory, first in Württemberg and the French occupation zone, then in the early Federal Republic .[35] A closer look shows that he built on the experiences of his intermezzo in Berlin and took the endeavour to define the German legal situation under international law and to establish legal obligations  for the Allied Powers to a new level. Since his fulminant appearance at the Munich Conference of the Minister Presidents of the German states in June 1947, Schmid campaigned for a formalisation and legalisation of the relations with the Allied Powers within the framework of an occupation statute (which he had been discussing with Erich Kaufmann since the spring of 1947).[36] During the deliberations on the new German constitution (Grundgesetz) at Herrenchiemsee castle and in the Parliamentary Council in 1948/49, he also strongly advocated for an explicit commitment to international law, the peaceful settlement of disputes by arbitration tribunals and the voluntary limitation of sovereignty. It is obvious that this echoed the founding ideas and guiding principles of the International Law Institute. As Schmid put it in the Parliamentary Council in September 1948, invoking the law is “the only weapon available to the weak and disempowered (…).”[37] The Institute for Comparative Public Law and International Law had been founded for no other purpose.

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] For a comprehensive overview, cf: Petra Weber, Carlo Schmid 1896-1979. Eine Biographie, Frankfurt am Main: Suhrkamp 1998.

[2] Cf: Letter from Ulrike Ringmann to Erika Bollmann, dated 29 May 1970, APMG, II. Abt., Rep. 67, No. 1272.

[3] Cf: Carlo Schmid, Erinnerungen, Bern: Scherz 1979; also: Petra Weber, Erziehungsroman statt Memoiren: Carlo Schmid’s “Erinnerungen”, in: Magnus Brechtken (ed.), Life Writing and Political Memoir. Lebenszeugnisse und Politische Memoiren, Göttingen: V&R unipress 2012, 259-278; with regard to such previous experiences after 1945, see also: Sabine Kurtenacker, Der Einfluss politischer Erfahrungen auf den Verfassungskonvent von Herrenchiemsee. Entwicklung und Bedeutung der Staats- und Verfassungsvorstellungen von Carlo Schmid, Hermann Brill, Anton Pfeiffer und Adolf Süsterhenn, Munich: Herbert Utz 2017.

[4] AdsD, 6/FOTA003426

[5] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 36.

[6] Verlag Heinrich Sting, Public Domain.

[7] Cf.: Schmid (fn. 3), 119-120.

[8] Cf: Heinrich Pohl, Die belgischen Annexionen im Versailler Vertrage, Stuttgart: Kohlhammer 1927; Heinrich Pohl, Neues Völkerrecht auf Grund des Versailler Vertrages, Berlin: Ferdinand Dümmler 1927.

[9] [Georg] Martius, memorandum dated 30 May 1923, PA AA, R 54330, translated by the editor.

[10] Collection of correspondence and documents on this project, PA AA, R 54330.

[11] Cf: Ingo Hueck, Die deutsche Völkerrechtswissenschaft im Nationalsozialismus. Das Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, das Hamburger Institut für Auswärtige Politik und das Kieler Institut für Internationales Recht, in: Doris Kaufmann (ed.), Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus, vol. 2, Göttingen: Wallstein 2000, 490-527 (490-491; 499-504); Michael Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, vol. 3: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur, 1914-1945, Munich: C.H. Beck 1999, 89.

[12] Cf.: Schmid (fn. 3), 121.

[13] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 59-67.

[14] Similarly: Kurtenacker (fn. 3), 43, fn. 234.

[15] Cf.: Karl [Carlo] Schmid/Ernst Schmitz, Der Paragraph 4 der Anlage zu Sektion IV des Teils X des Versailler Vertrags, HJIL 1 (1929), 251-320; Karl [Carlo] Schmid/Ernst Schmitz, Zur Dogmatik der Sektion V des Teiles X des Versailler Vertrags, HJIL 2 (1931), 17-85.

[16] Cf.: Dionisio Anzilotti, Lehrbuch des Völkerrechts. Band 1: Einführung – Allgemeine Lehren, Autorised Transl. Cornelia Bruns / Dr. Karl [Carlo] Schmid, Berlin: De Gruyter 1929.

[17] On Kaufmann’s activities in this context, cf: Frank Degenhardt, Zwischen Machtstaat und Völkerbund. Erich Kaufmann (1880-1972), Baden-Baden: Nomos 2008, 107-109.

[18] Cf: Jakob Zollmann, Nationality, Property, and the Mixed Arbitral Tribunals, 1914 to c. 1930, in: Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (eds.), Mixed Arbitral Tribunals, 1919-1939. An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 113-157 [details of the arbitral tribunals mentioned, but no mention of Schmid in the appendix: 556-557, 574]; Jakob Zollmann, Reparations, Claims for Damages, and the Delivery of Justice. Germany and the Mixed Arbitral Tribunals (1919-1933), in: David Deroussin (ed.), La Grande Guerre et son droit, Issy-les-Moulineaux: LGDJ 2018, 379-394.

[19] Cf.: Schmid (fn. 3), 125-131.

[20] Schmid (Fn. 3), 129, translated by the editor.

[21] Cf.: Manfred Gangl (Hrsg.), Die Weimarer Staatsrechtsdebatte. Diskurs- und Rezeptionsstrategien, Baden-Baden: Nomos 2011; Stolleis (Fn. 10), 158-186..

[22] Cf.: Schmid (fn. 3), 139-141; even after 1945, a noticeable reverence had persisted, cf: Letter from Carlo Schmid to Carl Schmitt, dated 16 May 1947, AdsD, NL Carlo Schmid, 609.

[23] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 75.

[24] Cf: Alexander Meyer, Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944). Völkerrecht im Widerstand, Tübinger Schriften zum internationalen und europäischen Recht, vol. 57, Berlin: Duncker & Humblot 2001, 42-53; At the institute, Stauffenberg seems to have essentially taken over Schmid’s areas of responsibility.

[25] Cf.: Karl [Carlo] Schmid, Die Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Rechtssätzen dargestellt, Stuttgart: Ferdinand Enke 1932.

[26] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 70.

[27] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 70.

[28] Die Sanktionsgefahr. Ein juristisches Gutachten über die Klauseln des Haager Abkommens, in: Der Deutsche. Tageszeitung für deutsche Volksgemeinschaft und ein unabhängiges Deutschland, 25 February 1930, 2, translated by the editor; On the context of the sanctions debate, see for example: Franz Knipping, Deutschland, Frankreich und das Ende der Locarno-Ära 1928-1931. Studien zur internationalen Politik in der Anfangsphase der Weltwirtschaftskrise, München: De Gruyter 1987, 112-119; for further background see: Philipp Heyde, Das Ende der Reparationen. Germany, France and the Young Plan 1929-1932, Paderborn: Schöningh 1998.

[29] With a still slightly offended undertone, see: Schmid (fn. 3), 142.

[30] Cf: Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 72, 133.

[31] BArch, B 145 Bild-F029089-0006 / Schaack, Lothar / CC-BY-SA 3.0

[32] Schmid (Fn. 3), 130, translated by the author.

[33] Cf: Weber, Erziehungsroman (fn. 3), 266; Weber, Carlo Schmid (fn. 1), 75-76.

[34] Cf: Felix Lange, Carl Bilfingers Entnazifizierung und die Entscheidung für Heidelberg: Die Gründungsgeschichte des völkerrechtlichen Max-Planck-Instituts nach dem Zweiten Weltkrieg, HJIL 74 (2014), 697-731 (710-712, 715-716).

[35] Cf: Hellmuth Auerbach, Die politischen Anfänge Carlo Schmids. Kooperation und Konfrontation mit der französischen Besatzungsmacht 1945-1948, VfZ 36 (1988), 595–648.

[36] Cf. Karl [Carlo] Schmid, Die Neuregelung des Besatzungsrechtes, Jahrbuch für internationales und ausländisches öffentliches Recht 1(1947), 123-128; see also: Letter from Carlo Schmid to Erich Kaufmann, dated 5 March 1947, AdsD, NL Carlo Schmid, 601.

[37] Zweite Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen 16 September 1948, Z 5/29, Bl. 203-224, in: Deutscher Bundestag/Bundesarchiv (eds.), Der Parlamentarische Rat, 1948-1949. Akten und Protokolle, vol. 5: Ausschuß für Grundsatzfragen, Boppard am Rhein: Oldenbourg Wissenschaftsverlag 1993, 8.

Suggested Citation:

Marcus M. Payk: One Year in Berlin. Carlo Schmid as Research Fellow at the Institute for Comparative Public Law and International Law 1927/28, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240219-190312-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

Cornelia Bruns. Eine wohlverdiente, wenn auch späte, Würdigung

Cornelia Bruns. A Well-Deserved, Albeit Belated, Tribute

Deutsch

Cornelia Bruns, Aufnahme um 1935[1]

Wenn man das 100-jährige Jubiläum des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht feiert, dann steht natürlich im Vordergrund die Entwicklung des Völkerrechts und der Rechtsvergleichung. Selten wird dabei hinterfragt, welche rein praktischen Probleme sich damals den Wissenschaftlern stellten, den Stand der Entwicklung zu erfassen. Denn das internationale Recht, wie der Begriff deutlich macht, bezieht sich auf die zwischenstaatlichen Rechtsbeziehungen und Rechtsregeln, was den Austausch zwischen Wissenschaftlern der einzelnen Staaten voraussetzt, um den Stand des Rechts und die konsensfähigen Ansätze seiner Fortentwicklung – man denke nur an das Entstehen von Gewohnheitsrecht – zu kennen.

Das klingt logisch und selbstverständlich, begegnete allerdings einer nicht zu unterschätzenden Hürde: der Sprachbarriere. Während heute Englisch/Amerikanisch als „Sprache des Völkerrechts“ beziehungsweise der Wissenschaft schlechthin bezeichnet werden kann, war das vor 100 Jahren noch völlig anders. Der Zugang zu fremdsprachiger Literatur war daher problematisch und Übersetzungen ins Deutsche gab es kaum, zumal Deutsch ohnehin als besonders schwierige Sprache galt. Hinzu kommt, dass Übersetzungen fachlicher Texte, wie eben wissenschaftlicher Ausarbeitungen zu Fragen des Völkerrechts oder rechtsvergleichender Analysen, nicht nur die umfassende Beherrschung einer fremden Sprache erfordern, sondern zudem profunde Kenntnisse in dem Sachgebiet, das zur Übersetzung ansteht. Denn Begriffe, die sprachlich auf den ersten Blick keine Übersetzungsprobleme bieten, können juristisch durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben.

Als Beispiel mag der Begriff des „acte administratif“ im französischen Recht dienen, der die Übersetzung „Verwaltungsakt“ nahelegt. Mit dieser Übersetzung käme man aber zu großen Missverständnissen, da der „Verwaltungsakt“ im deutschen Recht ein Akt ist, der ein bestimmtes Individuum oder einen bestimmten Adressatenkreis betrifft, also eine „Einzelverfügung“ ist, während der „acte administratif“ im Französischen eine „Allgemeinverfügung“ bezeichnet. Damit wird deutlich, dass Fachübersetzungen nicht nur Sprachkenntnisse, sondern auch Fachkenntnisse erfordern. Sprachbegabte Experten hatten (und haben) jedoch wenig Interesse daran, statt eigene Publikationen zu erstellen, Arbeiten anderer Wissenschaftler zu übersetzen; bei Personen mit gründlicher Fremdsprachenkenntnis aber fehlt es meist am erforderlichen Fachwissen.

„Tante Cörnchen“. Cornelia Bruns zwischen Familie und Institut

Vor diesem Hintergrund tritt nun vor etwa 100 Jahren eine Person in Erscheinung, der uneingeschränkte Hochachtung für ihre Arbeit gebührt, die seinerzeit aber wohl nicht die entsprechende Würdigung erfahren hat: Cornelia Bruns mit ihren großartigen Übersetzungen von zwei grundlegenden völkerrechtlichen Werken. Zum einen handelt es sich um die Übersetzung des einflussreichen und klassischen Lehrbuchs des Völkerrechts Corso di diritto internazionale: Introduzione Teorie generali von Dionisio Anzilotti (1923), zum anderen um die Übertragung der völkerrechtskritischen Monographie The Lawless Law of Nations von Sterling E. Edmunds (1925).

Cornelia Bruns (um 1935)[2]

Das wirft an erster Stelle die Frage auf: Wer war Cornelia Bruns? Geboren wurde sie am 10. Februar 1888 als Mitglied der im rechtswissenschaftlichen Umfeld hoch renommierten „Bruns‑Familie“, nämlich als Enkelin von Karl-Georg Eduard Bruns, dem berühmten Rechtswissenschaftler und zeitweiligen Rektor der Berliner Universität. Dessen Bruder Victor Bruns war der Großvater von Viktor Bruns, dem Gründer des Kaiser‑Wilhelm‑Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (KWI). Cornelia Bruns, die seit frühester Jugend an einem zunehmenden Verlust ihres Hörvermögens litt, der schließlich zur völligen Gehörlosigkeit führte, legte 1907 ihr Lehrerinnen-Examen ab und hielt sich dann eine Zeitlang in England auf. Von 1925 bis 1949 lebte sie in Berlin, wo sie unter dem Direktorat von Viktor Bruns als Bibliothekarin im KWI arbeitete, einer Funktion, die sie nach dem Krieg unter Carl Bilfinger am MPIL in Heidelberg fortführte. Am 7. Mai 1965 starb sie in Heidelberg.

50. Geburtstag von Marie und Viktor Bruns (17.02.1935). Cornelia Bruns (dritte von links) und Mitarbeiterinnen des KWI führen bei Bruns zu Hause ein Theaterstück auf.[3]

Dies sind die wenigen Daten, die über den Lebenslauf von Cornelia Bruns bekannt sind. Weiter weiß man nur, dass sie sehr eng in die Bruns-Familie eingebunden war und von allen außerordentlich geschätzt wurde; unter ihrem Spitznamen „Tante Cörnchen“ findet sie an mehreren Stellen in den  Tagebüchern von Marie Bruns-Bode, der Ehefrau von Viktor Bruns, Erwähnung, insbesondere im Zusammenhang mit Feierlichkeiten in der Familie und am KWI.[4] Über ihre beruflichen Tätigkeiten wird dort nicht gesprochen; professionelle Aktivitäten sind ein Thema, das seinerzeit überwiegend mit Bezug auf Männer zur Sprache kam, und so ist auch in den Aufzeichnungen von Marie Bruns-Bode natürlich das Wirken von Viktor Bruns als Direktor des Instituts vorrangig.

Diese wenigen über das Leben von Cornelia Bruns bekannten Daten machen jedoch zumindest ihre Fähigkeit zu Übersetzungen aus dem Englischen nachvollziehbar: Die Tatsache, dass sie sich nach 1907 „einige Zeit“ in England aufhielt, erklärt ihre gründlichen Kenntnisse der englischen Sprache und damit ihre grundsätzliche Fähigkeit, das Werk des Amerikaners Edmunds zu übersetzen. Aber woher konnte sie Italienisch? Dass sie „Fremdsprachen lesen konnte“, findet sich an manchen Stellen in den von Rainer Noltenius edierten Aufzeichnungen von Marie Bruns-Bode erwähnt. Aber um welche Sprachen es sich handelte, erfährt man dort nicht. Das Erlernen von Fremdsprachen gehörte damals zwar durchaus zur „Ausbildung“ von Töchtern gehobener Kreise, aber dass das ausreichte, ein anspruchsvolles Lehrbuch aus dem Italienischen ins Deutsche zu übersetzen, ist zumindest nicht naheliegend. Ganz offensichtlich war Cornelia Bruns dazu in der Lage, vermutlich, weil sie sich aus eigener Initiative intensiv in die Sprache eingearbeitet hatte und zudem im Arbeitsumfeld des Bruns’schen Instituts auch beachtliche völkerrechtliche Kenntnisse erlangt hatte.

Anzilotti und Edmunds. Cornelia Bruns als Übersetzerin

Von großer Bedeutung für die deutschsprachige Völkerrechtswissenschaft war insbesondere ihre im Jahre 1929 erschienene Übersetzung der dritten Auflage von Band 1: Einführung – Allgemeine Lehren des Völkerrechtslehrbuchs von Dionisio Anzilotti. Die Bedeutung, die dieser deutschen Übersetzung des klassischen Lehrbuchs zukam, findet allerdings kaum Erwähnung, und noch weniger die Übersetzerin, die auch im von Anzilotti selbst verfassten Vorwort zur deutschen Übersetzung nicht namentlich genannt wird. Nachdem Anzilotti kurz auf die neuen, in die dritte Auflage eingefügten Entwicklungen im Völkerrecht verweist, widmet er der deutschen Übersetzung einen kurzen Absatz, der hier zitiert werden soll:

„Nachdem ich dies [die allgemeine Vorbemerkung und Neuerungen der 3. Auflage] vorausgeschickt habe, bleibt mir noch die angenehme Pflicht, Herrn Prof. Dr. Viktor Bruns, Direktor des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin, an dieser Stelle öffentlich meinen lebhaftesten Dank auszusprechen. Die große Mühe, die er sich gemacht hat, und die Art, wie er die nicht geringen Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, um die Übersetzung dieses Werks durchführen zu lassen, überwunden hat, verschaffen mir heute eine der größten Befriedigungen meiner wissenschaftlichen Laufbahn: der deutschen Öffentlichkeit ein Werk übergeben zu können, das der deutschen Rechtswissenschaft soviel verdankt.“ [5]

Wem Viktor Bruns die „Durchführung der Übersetzung überlassen“ hat, ergibt sich aus einer Anmerkung auf der Titelseite: „Vom Verfasser durchgesehene und autorisierte Übertragung nach der 3., erweiterten und revidierten italienischen Auflage von Cornelia Bruns u. Dr. Karl Schmid“.

Dr. Karl Schmid, besser bekannt als Carlo Schmid, war 1896 in Frankreich geboren und nahm 1919, nach seinem Dienst als Soldat im 1. Weltkrieg, sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Tübingen auf. Dort legte er 1921 das Erste Staatsexamen ab; das Zweite Staatsexamen folgte 1924. Zunächst arbeitete er als Rechtsanwalt, trat dann aber schon 1925 als Amtsrichter und später Landgerichtsrat in Tübingen in den Justizdienst ein. Von 1927 bis 1928 war er für eine Tätigkeit als Referent am Berliner KWI beurlaubt. 1929 habilitierte er sich in Tübingen mit einer Arbeit über „Die Rechtsprechung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs“. Seine spätere Karriere als Politiker ist allgemein bekannt und bedarf an dieser Stelle keiner näheren Darstellung. Von Interesse ist hier aber seine Beteiligung an der Übersetzung des Lehrbuchs von Anzilotti, die deshalb von großer Bedeutung ist, weil er das juristische Fachwissen mitbrachte, das die sprachlichen Fähigkeiten von Cornelia Bruns ergänzte und in einem Prozess produktiven Zusammenwirkens beider an der Übersetzung beteiligter Institutsangehöriger ein Ergebnis von bemerkenswerter Qualität ermöglichte.

Dabei sollte jedoch erwähnt werden, dass Cornelia Bruns als Bibliothekarin am KWI (und zudem wohl durch Gespräche im Familienkreis) natürlich auch über einige Kenntnisse des Völkerrechts verfügte, was bei Bibliothekaren und Bibliothekarinnen auch heutzutage ein eindrucksvolles „Nebenprodukt“ ihrer Tätigkeit ist. Dennoch bleibt ihre Leistung als Übersetzerin herausragend, zumal die Übertragung von Texten aus dem Italienischen ins Deutsche, das wesentlich konziser und, wenn man so sagen darf, weniger ausschweifend ist, immer eine Herausforderung ist, vor allem weil der Stil des Autors so weit wie möglich authentisch wiedergegeben werden soll. Wenn man in das über 400 Seiten umfassende Buch hineinsieht, so zeigt sich, dass man heute wahrscheinlich einiges anders formulieren würde,  aber immer wird der juristische Gehalt absolut zutreffend und verständlich zum Ausdruck gebracht, die kennzeichnenden Unterschiede juristischer Termini und Institute und die damals noch wesentlich eingeschränkteren Bereiche des Völkerrechts, seiner Grundlagen und Entwicklungen sind klar dargestellt. Es stellte in den 1920er Jahren eine bedeutende bibliographische Bereicherung dar, ein solches Werk aus der Feder eines italienischen Völkerrechtlers verfügbar und zugänglich zu haben – neben den deutschen Standardwerken wie z.B. F. von Holtzendorff, Handbuch des Völkerrechts (4 Bände, 1885-1889) , F. Stier-Somlo, Handbuch des Völkerrechts (1912), sowie  H.B. Oppenheim, System des Völkerrechts (1866), J.C. Bluntschli, Das moderne Völkerrecht der zivilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt (1878),  A. Quaritsch, Compendium des europäischen Völkerrechts (1913), K. Strupp, Grundzüge des positiven Völkerrechts (1928). Dies insbesondere auch deshalb, weil viele Rechtswissenschaftler fraglos in der Lage waren, englische und auch französische Werke zu lesen, Italienisch hingegen nicht zu den verbreiteten Fremdsprachen gehörte. An die rein praktischen Probleme der Übersetzung eines so umfangreichen Werks, ohne die heutzutage als selbstverständlich geltenden technischen Hilfsmittel, sei hier nur erinnert. Es darf als sicher gelten, dass Cornelia Bruns keinen Mitarbeiterstab hatte, der sie bei dieser riesigen Aufgabe unterstützte.

Cornelia Bruns‘ zweite, zeitlich vor der Übersetzung von Anzilottis Lehrbuch erschienene Übersetzung ist das Werk von Sterling E. Edmunds mit dem amerikanischen Originaltitel The Lawless Law of Nations. An Exposition of the Prevailing Arbitrary International Legal System in Relation to Its Influence Upon Civil Liberty, Disclosing It as the Last Bulwark of Absolutism against the Political Emancipation of Man (1925 in Washington erschienen). Schon der Titel lässt vermuten, dass das Werk keinklassisches Lehrbuch des Völkerrechts ist. Die deutsche Übersetzung des Titels „Das Völkerrecht – ein Pseudorecht“ verdeutlicht, dass es sich um eine sehr kritische, ja insgesamt deutlich ablehnende, Abhandlung zur damaligen Lage der zwischenstaatlichen Ordnung handelt, in der insbesondere „das Völkerrecht, so wie es gemeinhin gelehrt und praktisch angewendet wird, in seinem Einfluß und seinen Wirkungen auf die menschliche Freiheit“ (Vorbemerkung des Verfassers, S. IV der deutschen Übersetzung) dargestellt werden sollte.[6]

Professor Sterling E. Edmunds, nach Stationen als Journalist und Mitarbeiter des State Department bei Erscheinen seines Buches Völkerrechtslehrer („Lecturer on the law of nations“) an der St. Louis University School of Law, machte schon in der Vorbemerkung aus seiner Ablehnung gegenüber dem damaligen Stand des Völkerrechts keinen Hehl: „In dem vorliegenden Buch glaube ich den vollkommenen Widerspruch zwischen dem herrschenden System des Völkerrechts und dem freien Fortschritt des Menschen als eines sittlichen und sozialen Wesens dargetan zu haben. Dabei mußte ich allerdings feststellen, daß das Völkerrecht überhaupt kein Zweig der Rechtswissenschaft ist; ich war infolgedessen genötigt, mich insoweit von meinen Berufsgenossen zu trennen. Ich hoffe aber und vertraue darauf, daß einige von ihnen […] mit mir einen sicheren Weg suchen werden, der weniger durch politische Raubtiere gefährdet ist, für die der Mensch bisher nichts anderes war als ein willkommener Leckerbissen“.[7]

Ob diese Bemerkungen bereits als Ausgangspunkt der menschenrechtlich fokussierten Entwicklung des Völkerrechts anzusehen sind, soll hier nicht näher vertieft werden. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Kritik des Verfassers sich im Wesentlichen auf die kriegerischen Auseinandersetzungen richtet und dass, so schlussfolgert er, „die Herrschaft eines wahren Völkerrechts“ erst beginnen könne, wenn es auf der Basis „der Anwendung jener Grundsätze der Gerechtigkeit und des Anstands auf die Gemeinschaftsbeziehungen beruht, die vernünftige Menschen in ihren persönlichen Beziehungen anzuwenden gelernt haben  – an Stelle eines Systems des Scheines, der Vorrechte, der Gewalt, das den künstlichen Ungeheuern angepaßt ist, die sich souveräne Staaten nennen“ (S. 442 der Werkes in den Schlussbemerkungen).[8]

Edmunds‘ idealistische Vorstellung einer progressiven Entwicklung der Staatengemeinschaft ist fast anrührend, bestärkt jedoch eher den Gedanken, dass das Völkerrecht gerade dazu aufgerufen ist, die Beziehungen der Staaten­ der „künstlichen Ungeheuer“‑ in einer Welt, die nun einmal nicht ideal ist, zu regeln. Die Übersetzung des unmittelbar nach Erscheinen intensiv rezipierten, unter anderem im American Journal of International Law von Jackson L. Ralston kritisch besprochenen Buches war nicht vom KWI „veranlasst“ worden, sondern ging auf einen Wunsch des Verfassers selbst zurück, der „durch Vermittlung des Herrn Professor Hermann Heller (jetzt an der Universität Frankfurt/Main)“ erfüllt wurde. Das ergibt sich aus der „Vorbemerkung der Übersetzerin“, die dem Buch vorangestellt ist und die zudem den Dank der Übersetzerin an die Personen zum Ausdruck bringt, die sie bei der Fertigstellung der Arbeit mit ihrem Fachwissen besonders unterstützt haben. Offiziell ist Cornelia Bruns auf der Titelseite des Werks erwähnt mit den auch in der Anzilotti-Übersetzung verwendeten Worten: Autorisierte Übersetzung des amerikanischen Werks The Lawless Law of Nations (1925) von Cornelia Bruns.

Fast ein Jahrhundert nach ihrer Fertigstellung werden diese kenntnisreichen und durch hohe sprachliche Sensibilität ausgezeichneten Arbeiten der Übersetzerin Cornelia Bruns hier erstmals gewürdigt und erinnern daran, dass die Wissenschaft, nicht nur die Rechtswissenschaft, zu ihrer Entwicklung auch heute noch nicht allein die innovativen wissenschaftlichen Fachleute und Denker braucht, sondern auch die eher „stillen Unterstützer“ im Hintergrund.  Die Anerkennung für ihren Einsatz schließt dieses kurze Gedenken an Cornelia Bruns ein.


[1] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/29, AMPG.

[2] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/27, AMPG.

[3] Fotografin: Lore Feininger, Berlin: VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/22, AMPG.

[4] Rainer Noltenius (Hrsg.), Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885-1952), Berlin: Reimer 2018.

[5] Dionisio Anzilotti, Lehrbuch des Völkerrechts. Band 1: Einführung – Allgemeine Lehren, Autor. Übers. Cornelia Bruns / Dr. Karl Schmid, Berlin: De Gruyter 1929, IV.

[6] Sterling, E. Edmunds, Das Völkerrecht – ein Pseudorecht, Autor. Übers. Cornelia Bruns, Berlin: De Gruyter 1933, „Vorbemerkung des Verfassers“, IV.

[7] Sterling (Fn. 6), „Vorbemerkungen des Verfassers“, IV.

[8] Sterling (Fn. 6), „Schluss“, 442.

 

Suggested Citation:

Karin Oellers-Frahm, Cornelia Bruns. Eine wohlverdiente, wenn auch späte, Würdigung, DOI: 10.17176/20240327-140753-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

Cornelia Bruns, photo taken around 1935[1]

When celebrating the 100th anniversary of the Institute for Comparative Public Law and International Law, the focus is of course on the development of international law and comparative law. What is rarely questioned is the purely practical problems that scholars faced at that time in capturing the state of the developments. This is because international law, as the term clearly indicates, refers to inter-state legal relations and legal rules, which presupposes an exchange between scholars from the individual states in order to know the state of the law and the consensual approaches to its further development – one need only consider the emergence of customary law.

This sounds logical and self-evident, but it presented a hurdle that should not be underestimated: the language barrier. While today English can be considered the “language of international law” or of academia per se, 100 years ago this was completely different. Access to foreign-language literature was therefore problematic and there were hardly any translations into German, especially as German was considered a particularly difficult language. In addition, translations of specialist texts, such as academic papers on questions of international law or comparative legal analyses, not only require a comprehensive command of a foreign language, but also in-depth knowledge of the subject area being translated. This is because terms that at first glance do not pose any translation problems can actually have different meanings in legal terms.

Thus, for example, the term “acte administratif” in French law, which suggests the translation “Verwaltungsakt” (administrative act), may serve as an example. However, this translation would lead to major misunderstandings, as the “Verwaltungsakt” in German law is an act that concerns a specific individual or a specific group of addressees, i.e. an “Einzelverfügung” (individual decree), whereas the “acte administratif” in French refers to an “Allgemeinverfügung” (general decree). This makes it clear that specialist translations require not only language skills, but also specialist knowledge. However, linguistically gifted experts had (and have) little interest in translating the work of other scientists rather than producing their own publications; people with a thorough knowledge of foreign languages, however, usually lack the necessary specialist knowledge.

“Tante Cörnchen”: Cornelia Bruns between family and institute

Against this backdrop, around 100 years ago, a person emerged who deserves the highest respect for her work, but who probably did not receive the appropriate recognition at the time: Cornelia Bruns, with her magnificent translation of two fundamental works of international law. The first is the translation of the influential and classic textbook on international law Corso di diritto internazionale: Introduzione-Teorie generali by Dionisio Anzilotti (1923), and the second is the translation of Sterling E. Edmunds’s controversial monograph critical of international law, The Lawless Law of Nations (1925).

Cornelia Bruns (around 1935)[2]

First and foremost, this raises the following question: who was Cornelia Bruns? Born on February 10, 1888, she was a member of the highly renowned “Bruns family” of legal scholars, namely she was the granddaughter of Karl-Georg Eduard Bruns, the famous legal scholar and temporary rector of Berlin University.  His brother, Victor Bruns, was the grandfather of Viktor Bruns, the founder of the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law. Cornelia Bruns, who suffered from an increasing loss of hearing from an early age, which eventually led to complete deafness, passed her teacher’s examination in 1907 before residing in England for some time. From 1925 to 1949 she lived in Berlin, where she worked under the directorship of Viktor Bruns as a librarian at the Kaiser Wilhelm Institute for Comparative Public Law and International Law, a position which she then continued after the war under Carl Bilfinger at the Max Planck Institute for Comparative Public Law and International Law in Heidelberg. She died in Heidelberg on May 7, 1965.

The 50th birthday of Marie and Viktor Bruns (17 February, 1935). Cornelia Bruns (third from left) and KWI employees perform a play at the Bruns’ home.[3]

These are the few details that are known about Cornelia Bruns’ life. Beyond that, we only know that she was very closely involved in the Bruns family and was held in extremely high esteem by everyone; she is mentioned in several places in the diaries of Marie Bruns-Bode, the wife of Viktor Bruns, under her nickname “Tante Cörnchen” (“Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen” (“I wouldn’t swap places with a man”), particularly in connection with celebrations in the family and at the Kaiser Wilhelm Institute.[4] There is no mention of her professional activities; professional activities are a topic that was predominantly discussed in relation to men at the time, and so Marie Bruns-Bode’s notes naturally focus on Viktor Bruns’ work as Director of the Institute.

However, the few biographical details known about Cornelia Bruns’ life at least make her ability to translate from English comprehensible, and the fact that she spent “some time” in England after 1907 explains her thorough knowledge of English and thus her general ability to translate the work of the American Edmunds. But how did she know Italian? The fact that she “could read foreign languages” is mentioned in some places in Marie Bruns-Bode’s notes, edited by Rainer Noltenius. Yet we are not told which languages these were. Learning foreign languages was certainly part of the “education” of daughters of the upper classes at the time. But whether this was enough to translate a sophisticated textbook from Italian into German remains unclear. Cornelia Bruns was obviously in a position to do so, presumably because she had familiarized herself intensively with the language on her own initiative and was also able to develop considerable knowledge of international law in the working environment of the Bruns Institute.

Anzilotti and Edmunds. Cornelia Bruns as translator

Her translation of the third edition of Volume 1: Introduction – General Doctrines of Dionisio Anzilotti’s textbook on international law, published in 1929, was of particular importance for German-speaking scholars of international law.  However, the importance of this German translation of the classic textbook is hardly mentioned, and even less so the translator, who is not even mentioned by name in the preface to the German translation written by Anzilotti himself. After Anzilotti briefly refers to the new developments in international law included in the third edition, he devotes a short paragraph to the German translation, which is quoted here:

“Having said this [the general preliminary remarks and new features of the 3rd edition], it falls to me to take this opportunity to publicly express my most sincere thanks to Prof. Dr. Viktor Bruns, Director of the Institute for Foreign Public Law and International Law in Berlin. The great effort he made and the way in which he overcame the not inconsiderable difficulties that had to be overcome in order to have this work translated today give me one of the greatest satisfactions of my academic career: to be able to hand over to the German public a work that is so greatly indebted to German jurisprudence.”[5]

Who Viktor Bruns “left the translation to” is clear from a note on the title page: “Transmission reviewed and authorized by the author after the 3rd, expanded and revised Italian edition by Cornelia Bruns u. Dr. Karl Schmid”.

 

Dr. Karl Schmid, better known as Carlo Schmid, was born in France in 1896 and began studying law and political science at the University of Tübingen in 1919 after serving as a soldier in the First World War. He passed his first state examination there in 1921; the second state examination followed in 1924. He initially worked as a lawyer, but then joined the judiciary in 1925 as a municipal judge and later state court judge in Tübingen. From 1927 to 1928, he was on leave of absence to work as a lecturer at the Kaiser Wilhelm Institute for Foreign Public Law and International Law in Berlin. In 1929, he habilitated in Tübingen with a thesis on “The Jurisdiction of the Permanent Court of International Justice”. His later career as a politician is commonly known and does not need to be described in detail here. Of interest here, however, is his involvement in the translation of Anzilotti’s textbook, which is of great importance because he brought with him the legal expertise that complemented Cornelia Bruns’ linguistic skills and, in a process of productive cooperation between the two members of the Institute involved in the translation, produced a result of remarkable quality.

It should be mentioned, however, that Cornelia Bruns, who worked as a librarian at the Kaiser Wilhelm Institute (and probably also through conversations within her family), naturally also had some knowledge of international law, which is an impressive “by-product” of the work as a librarian even today. Nevertheless, her achievement as a translator remains outstanding, especially given that the translation of texts from Italian into German, which is far more concise and, if one may say so, less verbose, is always a challenge, above all due to the fact that the author’s style must be reproduced as authentically as possible. If you look through the book of over 400 pages, you will see that some things would probably be formulated differently today, but the legal content is always expressed in an absolutely accurate and understandable way, and the characteristic differences in legal terms and institutions and the areas of international law, its foundations and developments, which were still much more limited at the time, are clearly portrayed. In the 1920s, it was a significant bibliographical enrichment to have such a work from the hand of an Italian scholar of international law available and accessible in a German translation – alongside the standard German works such as F. von Holtzendorff, Handbuch des Völkerrechts (4 vols., 1885-1889), F. Stier-Somlo, Handbuch des Völkerrechts (1912), H.B. Oppenheim, System des Völkerrechts (1866), J.C. Bluntschli, Das moderne Völkerrecht der zivilisierten Staaten als Rechtsbuch dargestellt (1878), A. Quaritsch, Compendium des europäischen Völkerrechts (1913), and K. Strupp, Grundzüge des positiven Völkerrechts (1928). This was especially the case as many legal scholars were able to read English and French works whereas Italian was not a common foreign language. The purely practical problems of translating such an extensive work without the technical aids that are taken for granted today are recalled here. It is safe to say that Cornelia Bruns had noor nearly no staff to support her in this enormous task.

Cornelia Bruns’ second translation, published before the translation of Anzilotti’s textbook, is the work by Sterling E. Edmunds with the original American title The Lawless Law of Nations. An Exposition of the Prevailing Arbitrary International Legal System in Relation to Its Influence Upon Civil Liberty, Disclosing It as the Last Bulwark of Absolutism against the Political Emancipation of Man (published in Washington in 1925). The title alone suggests that this is not a classic textbook on international law. The German translation of the title – “Das Völkerrecht – ein Pseudorecht” – illustrates that it is a very critical, indeed overall distinctly negative work on the state of international order at the time, in which in particular  “…a work on International Law or The Law of Nations, as it is taught and practiced, in relation to its influence and effect upon human liberty”.[6]

Professor Sterling E. Edmunds, after working as a journalist and as a clerk in the State Department, was a lecturer on the law of nations at the St. Louis University School of Law when his book was published: “In this volume I feel that I have demonstrated the complete oppugnancy between the prevailing system of the Law of Nations and the free progress of man as a moral and social being. In doing so I have been compelled to deny that The Law of Nations is, in fact, a branch of jurisprudence, and thus to part company with my professional brethren in this field. However, I entertain the hope and belief that some of them … will … seek with me a safer route, less infested by political carnivora for whom up to now man has been but a feast.”[7]

Whether these remarks can already be seen as the starting point for the development of international law with its focus on human rights will not be discussed in detail here. However, it is noteworthy that the author’s criticism is essentially directed at armed conflicts and concludes that “the reign of a true Law of Nations” can only begin when it is “founded upon the application to collective relations of those fundamentals of justice and decency which reasonable men have learned to apply in their individual relations – not the fictitious and privileged system of violence adapted to those artificial monstrosities called Sovereign States”.[8]

Edmunds’ idealistic notion of a progressive development of the community of states is almost touching, but tends to reinforce the idea that international law is called upon to regulate the relations of states, the artificial beasts, in a world that is, after all, not ideal. The translation of the book, which was intensively received immediately after its publication and critically reviewed by Jackson L. Ralston in the American Journal of International Law, among others, was not “initiated” by the Kaiser Wilhelm Institute, but was the result of a request by the author himself, which was fulfilled “through the mediation of Professor Hermann Heller (now at the University of Frankfurt/Main)”. This is stated in the “Translator’s Preliminary Remarks” at the beginning of the book, which also expresses the translator’s gratitude to the people who have given her special support in completing the work with their specialist knowledge. Cornelia Bruns is officially mentioned on the title page of the work with the words also used in the Anzilotti translation: Authorized translation of the American work The Lawless Law of Nations (1925) by Cornelia Bruns.

Almost a century after their completion, these works by the translator Cornelia Bruns, which are both informative and distinguished by a high degree of linguistic sensitivity, are honored here for the first time and remind us that science, not only jurisprudence, continues today to require not only innovative scientific experts and thinkers for its development, but also the more “silent supporters” in the background.  This short memorial to Cornelia Bruns for her efforts is a tribute to them.

Translation from the German original: Sarah Gebel


[1] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/29, AMPG.

[2] VI. Abt., Rep. 1, Nr. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/27, AMPG.

[3] Photographer: Lore Feininger, Berlin, VI. Abt., Rep. 1, No. KWIauslöffRechtuVölkerrecht III/22, AMPG.

[4] Rainer Noltenius (ed.), Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen. Ein Zeitgemälde in Tagebüchern und Briefen der Marie Bruns-Bode (1885-1952), Berlin: Reimer 2018.

[5] Dionisio Anzilotti, Lehrbuch des Völkerrechts. Band 1: Einführung – Allgemeine Lehren, Autor. Übers. Cornelia Bruns / Dr. Karl Schmid, Berlin: De Gruyter 1929, IV.

[6] Sterling, E. Edmunds, The Lawless Law of Nations. An Exposition of the Prevailing Arbitrary International Legal System in Relation to Its Influence Upon Civil Liberty, Disclosing It as the Last Bulwark of Absolutism against the Political Emancipation of Man, Washington D.C.: J. Byrne 1925, „Prefatory Note“, V.

[7] Sterling (fn. 6), „Prefatory Note“, IV.

[8] Sterling (fn. 6), “Conclusion”, 427.

Suggested Citation:

Karin Oellers-Frahm, Cornelia Bruns. A Well-Deserved, Albeit Belated, Tribute, DOI: 10.17176/20240327-140838-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED