Michel Erpelding is a Research Group Leader at the Max Planck Institute for Legal History and Legal Theory, where he is in charge of the project "The Hidden Heritage of the European Union: the Legacy of the Law of the League of Nations". His research focusses on the history of international law, European law, and colonial law.

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Viktor Bruns als Richter am Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgericht

Viktor Bruns as a Member of the German-Polish Mixed Arbitral Tribunal

Deutsch

Von 1927 bis 1932 war der Gründungsdirektor des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Viktor Bruns, deutscher Schiedsrichter am Deutsch-Polnischen und am Deutsch-Tschechoslowakischen Gemischten Schiedsgericht. Für den Völkerrechtsdogmatiker Bruns dürfte die persönliche Teilnahme am System der durch die Friedensverträge von 1919–1923 eingesetzten „Tribunaux arbitraux mixtes“ von umso größerem Interesse gewesen sein, als er die Rechtsprechung dieser „überstaatlichen Gerichte“ als einen Beweis für die Existenz einer völkerrechtlichen Rechtsordnung ansah.[1] Für die Nachwelt dagegen wirft diese Tätigkeit aber auch die Frage auf, wie sich das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik in diesem besonderen Zusammenhang konkret gestaltete.

Raum für Spannungen gab es hier nämlich durchaus. Denn einerseits sahen weder Art. 304 des Versailler Vertrags noch die Prozessordnungen des Deutsch-Polnischen[2] und des Deutsch-Tschechoslowakischen[3] Gemischten Schiedsgerichts vor, dass die zwei „nationalen“ Schiedsrichter an diesen Gerichten gegenüber ihrer Regierung unparteiisch zu sein hatten. Auch die Praxis lief darauf hinaus, dass die von ihrer Regierung ernannten und besoldeten nationalen Schiedsrichter die Interessen ihres Landes und dessen Staatsbürger*innen zu verteidigen hatten und im Zweifelsfall abberufen werden konnten. Damit ruhte die Last der Entscheidung meist auf dem neutralen Vorsitzenden – was vielfach beklagt wurde, da nicht alle diesem Druck gewachsen waren.[4] Andererseits kann man sich durchaus die Frage stellen, ob ein Jurist vom Format eines Viktor Bruns dennoch hier nicht einen größeren Handlungsspielraum genießen konnte – das gleiche gilt für seinen Kollegen Ernst Rabel, der 1921 bis 1930 Schiedsrichter am Deutsch-Italienischen Schiedsgericht in Rom war.

In Heidelberg 77 Jahre lang ungeöffnet aufbewahrt: das Paket mit dem Nachlass Viktor Brunsaus seiner Zeit als Berliner Institutsdirektor.

Der vor kurzer Zeit von Philipp Glahé in Heidelberg wiederentdeckte Nachlass Viktor Bruns’ aus seiner Zeit als Institutsdirektor in Berlin (welcher sich in einem Paket befand, das 1947 aus der notdürftig in Bruns’ Privathaus untergebrachten Berliner Abteilung nach Heidelberg geschickt worden und seitdem nie geöffnet worden war) erlaubt es heute, diese Frage zumindest ansatzweise zu beantworten.[5] In diesem Nachlass fanden sich nämlich ca. 400 Seiten Korrespondenz, die einen direkten Einblick in Bruns’ Tätigkeit als Mitglied des Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgerichts liefern.[6] Aus dieser Quellensammlung geht hervor, dass Bruns als Schiedsrichter einerseits sehr eng mit den deutschen Behörden zusammenarbeitete, insbesondere um den neutralen Vorsitzenden des Gerichts im Sinne der deutschen Interessen zu beeinflussen, andererseits aber darauf bedacht war, zumindest den Anschein einer gewissen Unabhängigkeit gegenüber diesen Behörden zu wahren.

1. Ein Gericht für Klagen mit „politischem Beigeschmack“

Von den insgesamt 39 aufgrund der Friedensverträge von 1919–1923 entstandenen Gemischten Schiedsgerichten[7] hob sich das Deutsch-Polnische Gemischte Schiedsgericht durch mehrere Besonderheiten hervor. Bemerkenswert war an allererster Stelle die Anzahl der zu behandelnden Klagen, die mit 28.670 höher als die aller anderen Gemischten Schiedsgerichte war – sogar beim Deutsch-Französischen Gemischten Schiedsgericht gingen „nur“ 23.996 Klagen ein. Zweitens war es das einzige zwischen Deutschland und einem anderen Staat aufgestellte Gemischte Schiedsgericht, bei dem die Klagen gegen Deutschland den Klagen gegen den anderen Staat zumindest anfangs ungefähr die Waage hielten.[8] Drittens bot es unter bestimmten Umständen polnischen Staatsbürgern die Möglichkeit, gegen den eigenen Staat zu klagen, was im damaligen völkerrechtlichen Kontext der Ausnahmefall war.[9] Viertens waren hatten Klagen vor dem Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgericht aufgrund des deutschen Irredentismus und der polnischen Verdrängungspolitik gegenüber der deutschen Minderheit eine Ausstrahlung, die weit über die unmittelbar Beteiligten hinausging. Wie es der deutsche Staatsvertreter zusammenfasste, waren sie nicht nur „meist ausschließlich völkerrechtlicher Natur“ (andere Gemischte Schiedsgerichte verhandelten viele rein privatrechtliche Fälle), sondern hatten auch noch „meist einen politischen Beigeschmack“.[10]

Eine Typologie der vor dem Gericht noch anhängigen Fälle wurde Bruns nach seinem Amtsantritt von der deutschen Staatsvertretung übermittelt. Demnach waren die Klagen Privater gegen das Deutsche Reich in drei Kategorien eingeteilt: Klagen aufgrund von außerordentlichen Kriegsmaßnahmen unter Art. 297 des Versailler Vertrags (VV), worunter z. B. Requisitionen und verschiedene Maßnahmen gegen polnische (Zwangs-)Arbeiter fielen; Konfiskationen unter Art. 300 und 302 VV; Vertragsklagen unter Art. 304 b Abs. 2 VV. Bei den Klagen Privater gegen Polen ging es vor allem um die Liquidation ehemals deutschen Privatbesitzes. Hier unterschied man zwischen zwei Kategorien. Einerseits nahm das Gericht Klagen auf Zusatzentschädigung unter Art. 92 Abs. 4 VV an, die sowohl aufgrund formaler (d. h. im Rahmen der polnischen Liquidationsgesetzgebung durchgeführte), als auch nichtformaler (z. B. durch Druck erzwungener Verkauf, Emigrantenkautionen für Optanten, grundlose Konzessionsentziehungen…) Enteignungen eingereicht werden konnten. Andererseits bestand auch die Möglichkeit, Klagen auf Unzulässigkeit der Liquidation unter Art. 305 VV wegen Fehlens der persönlichen, sachlichen oder territorialen Voraussetzungen einzureichen. Es war das Fehlen der persönlichen Voraussetzung, nämlich der deutschen Staatsbürgerschaft, das es fälschlicherweise als Deutschen identifizierten polnischen Staatsbürgern erlaubte, den eigenen Staat vor dem Gemischten Schiedsgericht zu verklagen.[11]

„Mit ungewöhnlicher Zähigkeit“: Genauso wie die deutsche Staatsvertretung sich mit Viktor Bruns abstimmte, arbeitete auch ihr polnisches Pendant (hier 1925 am offiziellen Sitz des Schiedsgerichts im Pariser Hôtel de Matignon fotografiert) eng mit „ihrem“ Schiedsrichter Jan Namitkiewicz zusammen. Von links nach rechts: Kazimierz Sąchocki, Tadeusz Sobolewski, Zofia Ostrożyńska und Tadeusz Łebiński[12]

Obwohl das Gericht gegen die Masse an anhängigen Klagen mit „test cases“ vorzugehen versuchte,[13] war es von Anfang an hoffnungslos überlastet. Dies hatte nicht zuletzt damit zu tun, „dass der Rechtskampf beiderseitig nicht nur in der Verhandlung, sondern auch im Richterzimmer mit ungewöhnlicher Zähigkeit geführt wurde.“[14] Die Besetzung des Gemischten Schiedsgerichts mit zwei „nationalen“ Schiedsrichtern und einem neutralen Präsidenten war hier wenig hilfreich, da sie letzteren enorm unter Druck setzte. So hatte der erste Vorsitzende des Gerichts, Paul Moriaud, bereits vor seinem unerwarteten Tod im September 1924 mit dem Rücktritt gedroht. Sein Nachfolger Robert Guex hatte im Frühjahr 1927 das Handtuch geworfen. Der im April 1927 vom Völkerbundsrat ernannte Genfer Rechtsanwalt und liberale Politiker Paul Lachenal (1884-1955) war also kaum erfahrener als Bruns, als dieser wenige Monate später ans Gericht kam, wo er Reichsfinanzrat Scholz ablöste. Sein polnischer Kollege Jan Namitkiewicz (1880-1958), Richter am Appellationsgericht in Warschau, war dagegen schon seit 1923 im Amt.[15] Dem Berliner Professor und Institutsgründer sollte es auch nicht gelingen, die Arbeitsleistung des Gerichts wesentlich zu erhöhen. So rechnete das Auswärtige Amt 1930 in einem nur für den Amtsgebrauch gedachten Bericht aus, dass das Gericht zwischen Mai 1923 und dem 31. Juli 1930 „nur 326 Sachen durch Urteil, Klagerücknahme oder Vergleich“ erledigt und dabei insgesamt 156 Urteile (inklusive einstweiliger Verfügungen) gefällt hatte.[16] Der Umstand, dass die im Durchschnitt alle zwei Monate organisierten Sitzungen des Gerichts oft nicht, wie sonst üblich[17], am Sitz des Sekretariats (in diesem Falle im Pariser Hôtel de Matignon), sondern an abwechselnden, vom Präsidenten bestimmten Orten stattfanden, mag dazu beigetragen haben. Während seiner kaum mehr als dreijährigen Amtszeit nahm Bruns an 21 Sitzungen des Gemischten Schiedsgerichts teil, von denen elf in Paris, sechs in Genf (davon eine auch in Vevey) und jeweils eine in Lugano, Zürich, Venedig und Polen (aufgeteilt auf Krakau, Zakopane und Warschau) stattfanden.

2. Ein Richter im Dienst der deutschen Interessen

Dass es Viktor Bruns nicht gelang, die Bilanz des Deutsch-Polnischen Schiedsgerichtes entscheidend zu verändern, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass diese Institution von den daran beteiligten Akteuren als eine Kampfarena der nationalen Interessen wahrgenommen wurde. Das galt auch für Bruns, der während der gesamten Dauer seiner Tätigkeit am Schiedsgericht in engem Austausch mit den deutschen Behörden stand und mit ihnen seine richterliche Aktivität koordinierte. Seine wichtigste Anlaufstelle hierfür war die deutsche Staatsvertretung bei den in Paris ansässigen gemischten Schiedsgerichten. Diese übernahm nicht nur die Prozessführung in den gegen Deutschland gerichteten Klagen, sondern auch die Vertretung der meisten deutschen Kläger gegen Polen (polnische Kläger, die ihren eigenen Staat verklagten, reichte man dagegen an auf solche Streitfälle spezialisierte deutsche Rechtsanwälte weiter).[18] Besonders aufschlussreich ist Bruns’ Korrespondenz mit Alfred Lenhard (1875-1929), der nach seinem frühzeitigen Tod durch den seit 1927 als wissenschaftlicher Berater des Instituts tätigen Erich Kaufmann ersetzt wurde.

Vom Oberlandesgericht Celle zur deutschen Staatsvertretung vor den Gemischten Schiedsgerichten in Paris: Alfred Lenhard (hier im Januar 1924 bei einer Sitzung des Deutsch-Belgischen Gemischten Schiedsgerichts im Hôtel de Matignon) stand bis zu seinem Tod im März 1929 in engem Kontakt mit Viktor Bruns.[19]

Lenhard, der vor seiner Berufung 1921 zum deutschen Staatsvertreter vor mehreren gemischten Schiedsgerichten als Senatspräsident am Oberlandesgericht Celle tätig gewesen war, kontaktierte Bruns bereits im November 1927 – noch ehe dieser die Bestätigung seiner Ernennung erhalten hatte –, um ihn zu einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Gemischten Schiedsgericht in Paris anzuregen.[20] Nach einem ersten Treffen in Paris im Dezember 1927 tauschten sich Bruns und Lenhard regelmäßig über einzelne Fälle aus. Obgleich von diesen Treffen keine Sitzungsprotokolle überliefert sind, legt der Rest der Korrespondenz nahe, dass hier eng zusammengearbeitet wurde. So erstattete Bruns Lenhard im Mai 1928 einen schriftlichen Bericht über eine Sitzung des Gerichts in Lugano ab, in dem er nicht nur den allgemeinen Ausgang aus deutscher Sicht kommentierte („die kleineren Prozesse sind so entschieden, wie wir gewünscht hatten“), sondern auch Teile der Beratungen zusammenfasste, wenigstens bis zu einem gewissen Punkt („alles nähere mündlich“).[21] Aus Lenhards Sicht schien klar gewesen zu sein, dass Bruns’ Loyalität als „nationaler“ Schiedsrichter an erster Stelle Deutschland galt: so übersandte er ihm im Juni 1928 eine Archivakte mit der ausdrücklichen Bitte, sie trotz seiner Stellung nicht dem Gericht mitzuteilen, weil sich dies ungünstig auf deutsche Interessen ausgewirkt hätte.[22]

Auch mit dem innerhalb des Auswärtigen Amts geschaffenen „Kommissariat für die Gemischten Schiedsgerichtshöfe und die Staatsvertretungen“, dessen wesentliche Aufgabe darin bestand, „die Einheitlichkeit der Prozessführung vor den verschiedenen Schiedsgerichten durch Zusammenfassung der Erfahrungen der einzelnen Gruppen der Staatsvertretungen und Erteilung einheitlicher Weisungen zu sichern,“[23] stand Bruns in direktem Kontakt. Der Leiter dieser intern als „Schiedsgerichtsabteilung“ bekannten Stelle, Dr. Otto Göppert (1872-1943), zählte auf Bruns, um sowohl von außen als von innen auf die Entscheidungen des Schiedsgerichts einzuwirken. Von außen ging es darum, die Wissenschaft für die deutschen Interessen zu mobilisieren. Innerhalb seines Instituts griff Bruns vor allem auf Carlo Schmid und Ernst Schmitz zurück, die ihm nicht nur beide bei seiner schiedsrichterlichen Arbeit halfen,[24] sondern auch 1929 und 1931 gemeinsam zwei längere Aufsätze in der ZaöRV veröffentlichten, die eine ausführliche wissenschaftliche Begründung für den Standpunkt der deutschen Staatsvertretung lieferten.[25] Auch diese Arbeiten entstanden in enger Koordination mit dem Auswärtigen Amt: so ist von dem 1929 erschienenen Aufsatz überliefert, dass er vor seiner Veröffentlichung nicht nur von Göppert, sondern auch von Ernst Rabel und dem deutschen Staatsvertreter vor dem Deutsch-Italienischen Schiedsgericht in Rom, überlesen und kommentiert wurde.[26] Die Tatsache, dass Carlo Schmid neben Viktor Bruns auch noch Erich Kaufmann bei seiner Arbeit als deutscher Staatsvertreter assistierte,[27] vervollständigt den Eindruck einer völligen Einbindung des Instituts in die deutsche Prozessführung. Doch auch ausländische Wissenschaftler sollten dem Auswärtigen Amt juristische Munition liefern. So erkundigte Göppert sich 1929 bei Bruns, ob er ihm nicht den Namen eines Wissenschaftlers vorschlagen könne, der einen Artikel durch „eine anerkannte Autorität in einer ausländischen Zeitschrift in unserem Sinn“ liefern würde. Er vermerkte hierbei, dass man bereits an den französischen Völkerrechtler Gilbert Gidel gedacht hätte, „der allerdings nicht billig [sei].“[28]

Daneben bestand bei Göppert die Erwartung, dass Bruns innerhalb des Schiedsgerichts Einfluss auf den als zögerlich wahrgenommenen Vorsitzenden Lachenal ausüben oder ihn gar unter Druck setzen würde. Bruns erfüllte diese Erwartung weitgehend, setzte aber Grenzen, wenn ihm sein Ruf oder seine eigene Handlungsfreiheit gefährdet schienen. So wusste ein Mitarbeiter von Otto Göppert im März 1929 zu berichten, dass Bruns sich dazu bereit erklärt hatte, schriftlich bei Lachenal zu intervenieren, um von einer baldigen Ansetzung der als möglicherweise für das Schiedsgericht zu zeitaufreibend beschriebenen „Wasserberger-Klagen“ (bei denen es um Übergriffe des deutschen „Selbstschutzes“ in Oberschlesien gegen polnische Privatpersonen und deren Eigentum ging) abzuraten. Bruns hätte dennoch darum gebeten, „dass der Hauptschritt in dieser Angelegenheit von der Staatsvertretung getan werde, um seine richterliche Unparteilichkeit nicht zu gefährden“.[29] Nur ein paar Wochen später kam es sogar zu einem kleinen Eklat, der mit einem Entschuldigungsbrief Göpperts an Bruns endete.

Anlass des Eklats war der Fall Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft gegen Polen (auch als Dessauer Gas bekannt), bei dem es um die Frage ging, ob Polens im Versailler Vertrag festgeschriebene Recht zur Liquidierung deutscher Güter auch im ehemals russischen Teil Polens Anwendung finden könnte. Göppert hatte in einem Bericht über ein gemeinsames Telefongespräch durchklingen lassen, dass Bruns bestrebt sei, in diesem Fall „eine Festlegung auf eine uns ungünstige Entscheidung zu verhindern und, wenn damit zu rechnen ist, die Sache dilatorisch zu behandeln.“ Außerdem hätte er zugesichert, bei weiteren Schwierigkeiten den Vorsitzenden von einer Abgabe des Falles an den Ständigen Internationalen Gerichts zu überzeugen, um „das Schiedsgericht von dieser schwierigen Entscheidung zu entlasten“.[30] Nachdem Bruns sich über diese Darstellung erstaunt zeigte und unterstrich, dass es für ein solches Vorgehen ohnehin nunmehr zu spät sei, da er sonst „einen großen Teil [s]eines Kredits bei dem Präsidenten [einbüßen würde]“,[31] entschuldigte sich Göppert nicht nur für das „Missverständnis“, sondern versicherte Bruns, dass er fortan die Entscheidungsfreiheit aller Schiedsrichter respektieren würde: „Ich bitte Sie überzeugt zu sein, dass ich niemals beabsichtigt habe und nie versuchen werde, in Ihre Entschließungen in irgendeiner Weise einzugreifen. Wenn ich mich bei einem anderen Richter in einem Falle dazu habe bestimmen lassen, so geschah es aus Gründen, die bei Ihnen nicht in Frage kommen können. Heute glaube ich, dass ich auch damals besser getan hätte, meinem eigenen Gefühl zu folgen und die Einmischung abzulehnen. Auch die Schiedsrichter sind Richter und es rächt sich, wenn man von den Regeln abweicht.“[32]

3. Schmeicheleien und Schelte für den Präsidenten

Wahrscheinlich war es aus Sicht des Auswärtigen Amtes tatsächlich besser, Bruns in seinen Interaktionen mit dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts freie Hand zu lassen, als ihn dabei auf Schritt und Tritt zu begleiten. Der Briefwechsel zwischen Bruns und Lachenal verdeutlicht, dass der deutsche Richter keine Mühe scheute, um ein Vertrauensverhältnis mit dem Schweizer Vorsitzenden aufzubauen. Bereits in seinem ersten Brief an Lachenal erklärte Bruns auf geradezu schmeichlerische Art und Weise, dass er seinen Posten „vor allem aufgrund meines tiefen Vertrauens in die bekannte Objektivität und Gerechtigkeit [équité], die Sie in Ausübung Ihres hohen Amtes stets bewiesen haben“, angenommen hätte.[33] Der Präsident nahm schon bald einen vertraulichen Ton gegenüber dem deutschen Richter ein: als Bruns sich im Juni 1928 bei ihm über eine schwere Grippe beklagte, antwortete Lachenal ihm mit dem kameradschaftlichen Ratschlag, „[seinen] Zigarrenkonsum etwas zu mäßigen“,[34] worauf Bruns ihm versicherte, dass die Lust am Rauchen ihm seit seiner Erkrankung vergangen sei.[35] Ob Lachenals Umgang mit der polnischen Seite distanzierter war, ist aus dem für diesen Beitrag gesichteten Archivmaterial nicht erkenntlich. Bruns scheute sich auf jeden Fall nicht, den Vorsitzenden auf die vermeintlich unlauteren Methoden der polnischen Seite hinzuweisen. So kritisierte er die seiner Meinung nach allgemein auf Zeit spielende polnische Prozessführung.[36] Für die Entscheidung, eine anfangs in Warschau geplante Sitzung des Gerichts nach Venedig verlegt zu haben, beglückwünschte Bruns Lachenal. Dabei erklärte er, dass sein Vorgänger Paul Moriaud einst in Polen dem Versuch einer Einflussnahme ausgesetzt gewesen wäre, die „weit über die Grenzen des Anstands und des guten Geschmacks hinausging und der Würde des Präsidenten hätte schaden können.“[37] Nachdem Lachenal schließlich dennoch eine Sitzung in Polen organisiert hatte, versicherte ihm Bruns nachträglich, dass einzig und allein „Ihre Gesellschaft und die Ihrer reizenden Frau [ihm] den Besuch dieser Regionen erleichtert [habe], auf die [s]ein Land durch einen so harten Frieden verzichten musste.“[38]

Um Lachenals Gunst zu gewinnen, griff Bruns auch gerne auf das kulturelle Kapital seiner eigenen Frau Marie zurück, deren Vater Wilhelm von Bode langjähriger Generaldirektor der Berliner Museen war. Durch Viktor und Marie Bruns bekam Lachenal nicht nur einen privilegierten Zugang zu den Berliner Kunstschätzen (bei einem seiner Besuche in Berlin gab Marie Bruns ihm eine persönliche Führung),[39] sondern auch zu Wilhelm von Bodes Nachfolger Max J. Friedländer, dessen Rat er für einen von seiner Anwaltskanzlei betreuten Fall benötigte.[40] Allgemein schien Lachenal einen guten Eindruck von Bruns zu haben. So sagte er nicht nur gegenüber einem Mitarbeiter Otto Göpperts aus, dass Bruns „das Niveau des Schiedsgerichts bedeutend [gehoben habe]“ und dass er „ihn auch persönlich sehr hoch [schätze]“,[41] sondern bot Bruns vor der letzten Sitzung des Schiedsgerichts an, auch in Zukunft freundschaftlich verbunden zu bleiben.[42]

Von der deutschen Seite als zu zaghaft wahrgenommen: Der Genfer Rechtsanwalt Paul Lachenal (hier im Mai 1927 fotografiert) war von 1927 bis zu seiner Auflösung 1932 Präsident des Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgerichts.[43]

Ob Bruns ebenso positive Ansichten über Lachenal hegte, darf allerdings bezweifelt werden. Auf deutscher Seite scheint man nämlich allgemein der Meinung gewesen zu sein, dass Lachenal seiner Rolle nicht gewachsen war – insbesondere, weil er der Überlastung des Gerichts nicht Herr wurde. Nach einem regelrechten Hilfeschrei von Alfred Lenhard („Die Unfähigkeit von Lachenal ist derart eklatant, dass dringend Abhilfe geschaffen werden muss“)[44] trafen sich Bruns und Kaufmann im Dezember 1928 mit dem deutschen Staatsvertreter, um eine mögliche Reform des Gemischten Schiedsgerichts zu besprechen. Diese sollte es erlauben, die Masse der anhängigen Klagen schneller zu bewältigen. Dabei lehnten sowohl Bruns und Kaufmann den Vorschlag Lenhards, das Schiedsgericht um eine zweite Kammer zu erweitern, mit der Begründung ab, dass man hier vor den gleichen Schwierigkeiten stehen könnte, wenn der vorsitzende Schiedsrichter „wie Lachenal, schwach von Charakter und gering an juristischer Bedeutung“ sei. Auch der Rückgriff auf „administrative Entscheidungen nach amerikanischem Muster“ wäre laut Lenhard „mit einem Richter wie Lachenal undurchführbar“ gewesen. Schließlich einigte man sich auf den Vorschlag, das Schiedsgericht durch zwei weitere neutrale Mitglieder zu verstärken.[45] Nachdem Göppert mit der Erlaubnis des Reichsfinanzministeriums den Vorschlag unter der Bedingung angenommen hatte, dass er von Lachenal selbst ausgehen sollte,[46] schickte er einen seiner Mitarbeiter nach Genf, um bei diesem vorzusprechen. Lachenal zeigte sich ebenfalls für den Vorschlag offen, „zumal durch eine solche Erweiterung [s]eine Stellung als Präsident des Schiedsgerichts nur gehoben werden könnte“, gab jedoch an, zunächst das Ergebnis von Maßnahmen zur Beschleunigung der Prozesse abwarten zu wollen, insbesondere die Abgabe der Urteilsvorbereitung an die Sekretäre des Schiedsgerichts.[47] Zu einer Reform des Gerichts kam es nicht mehr.

Auch Bruns’ Entscheidung, in zwei für Deutschland ungünstig verlaufenen Fällen ein Separatvotum abzugeben, lässt auf eine gewisse Unzufriedenheit mit Lachenals Arbeit schließen. Nachdem es Bruns nicht gelungen war, im bereits erwähnten Fall der Dessauer Gas und in einem anderen Fall ein für die deutschen Interessen günstiges Urteil hinzuwirken, berichtete er Göppert, dass er mit Lachenal, mit dem er normalerweise auf Französisch verkehrte, „eine sehr harte Auseinandersetzung in deutscher Sprache“ hatte. Kurz danach fasste er den Entschluss, ein Separatvotum abzugeben und rang Lachenal das Zugeständnis ab, seine abweichende Stellungnahme in der amtlichen Entscheidungssammlung der Gemischten Schiedsgerichte veröffentlichen zu können. In seinen Erklärungen an Göppert machte Bruns keinen Hehl daraus, dass es ihm bei dieser Veröffentlichung nicht zuletzt darum ging, Lachenal bloßzustellen: „Es liegt mir sehr viel daran, dass ich auf diese Weise ganz offiziell die Urteile kritisieren und dazu beitragen kann zu verhindern, dass der Präsident das so sehr erstrebte internationale Ansehen erlangt. Auch wird durch ein Separat-Votum erst deutlich, trotz welcher Gründe der Präsident zu seiner Entscheidung gelangte. Und schließlich muss ich Wert darauf legen, mich öffentlich von der Verantwortung an den Fehlsprüchen entlasten zu können“.[48] Bruns’ Plan ging allerdings nicht vollends auf: nachdem Lachenal eine amtliche Veröffentlichung des Separatvotums unter Berufung auf eine schon unter seinem Vorgänger Moriaud etablierte Praxis abgelehnt hatte,[49] musste er sich mit einem Verweis[50] auf die Existenz des Votums und seiner Publikation in der ZaöRV[51] begnügen.

4. Vom deutschen Schiedsrichter zum ad hoc Richter für Danzig

Die noch im Frühjahr 1929 diskutierten Reformbestrebungen des Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgerichts wurden bald gegenstandslos. Ohne Bruns – sehr zu dessen Leidwesen – über den Fortschritt ihrer Verhandlungen informiert zu haben,[52] schlossen Deutschland und Polen am 31. Oktober 1929 ein Liquidationsabkommen, dass die Aussetzung der Liquidationen deutschen Eigentums in Polen und den Verzicht auf den Großteil der Reklamationen vor dem Gemischten Schiedsgericht vorsah.[53] Obwohl Polen das Abkommen erst 1931 ratifizierte,[54] sah das Gericht sofort von der Verhandlung dieser Fälle ab.[55] Übrig blieben „lediglich“ Klagen zwischen Privatparteien (darunter ca. 14.000 polnische Arbeiterklagen) und Klagen polnischer Staatsangehöriger gegen den polnischen Staat.[56] Am 1. Dezember 1931 unterzeichneten die beiden Staaten ein weiteres Abkommen, das die Auflösung des Gemischten Schiedsgerichts zum 31. Januar 1932 festlegte.[57]

Dem „Ruf einer deutschen Stadt“ gefolgt: Victor Bruns am 20. Juli 1931 als ad hoc Richter für Danzig am StIGH. Zeichnung von Marthe Antoine Gérardin[58]

Die letzte Sitzung des Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgerichts fand am 17. Januar 1932 in Locarno statt und endete mit einem von Paul Lachenal und dem polnischen Schiedsrichter Jan Namitkiewicz verfassten Dankesbrief an Viktor Bruns.[59] Dieser hatte Lachenal bereits im Herbst davor die von ihm unterschriebenen Urteile zukommen lassen und bedauert, aufgrund seiner Ernennung als ad hoc Richter für Danzig vor dem Ständigen Internationalen Gerichtshof nicht an der letzten Sitzung des Schiedsgerichts teilnehmen zu können. Gegenüber Lachenal gab Bruns freimütig zu, dass er seine neue richterliche Funktion – genauso wie vorher seine Stellung innerhalb des Gemischten Schiedsgerichts – vor allem als eine seinem Heimatland geschuldete Pflicht ansah: „Sie werden verstehen, dass ich mich dem Ruf einer deutschen [sic] Stadt, die sich seit langem in einer schwierigen Lage befindet, nicht entziehen konnte.“[60]

[1] Viktor Bruns, Völkerrecht als Rechtsordnung I, ZaöRV 1 (1929), 1.

[2] Reichsgesetzblatt 1921, 1557.

[3] Reichsgesetzblatt 1921, 1541.

[4] Jakob Zollmann, Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties, in: Hélène Ruiz Fabri (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2022, §§ 19–20.

[5] Für den Zugang zu diesem Archivmaterial geht mein herzlicher Dank an Anne Peters und Philipp Glahé.

[6] Die Korrespondenz Viktor Bruns’ in Zusammenhang mit dem Deutsch-Tschechoslowakischen Gemischten Schiedsgericht beschränkt sich auf 29 Seiten und liefert weit weniger Erkenntnisse.

[7] Appendix: List of the Mixed Arbitral Tribunals and their Members, in: Ruiz Fabri/Michel Erpelding (Hrsg.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939. An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 547–581.

[8] Otto Göppert, Zur Geschichte der auf Grund des Vertrags von Versailles eingesetzten Gemischten Schiedsgerichte und Schiedsinstanzen für Neutralitätsansprüche, unveröffentlichtes Typoskript, Berlin, März 1931, 90, 194–195.

[9] Magdalena Bainczyk/Jakob Zollmann, German-Polish Mixed Arbitral Tribunal (Versailles Treaty), in: Hélène Ruiz Fabri (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2023, § 37.

[10] Schreiben von Alfred Lenhard an Otto Göppert, datiert 11.12.1928. Sämtliche in diesem Blogpost zitierten Archivalien stammen aus dem in der Einleitung erwähnten Nachlass von Viktor Bruns.

[11] Schreiben von Bruno Schuster an Viktor Bruns, datiert 24.04.1928; Deutsch-Polnisches Gemischtes Schiedsgericht [Tribunal arbitral mixte germano-plonais], Hermann vs. Polen, Fall Nummer 1685, Urteil vom 1. 11. 1926, in:  Office français des biens et intérêts privés/directeur M. Alphand, Recueil des décisions des tribunaux arbitraux mixtes institués par les traités de paix, Bd. 6, Paris: Librairie de la Société du recueil Sirey 1926, 993.

[12] Foto: Narodowe Archiwum Cyfrowe.

[13] Schreiben von Alfred Lenhard an Otto Göppert (Fn. 10).

[14] Göppert (Fn. 8), 195.

[15] Göppert (Fn. 8), 193, 195.

[16] Göppert (Fn. 8), 194–195.

[17] Göppert (Fn. 8), 8–9.

[18] Göppert (Fn. 8), 26, 202.

[19] Foto: Presseagentur Meurisse, gallica.bnf.fr/Bibliothèque nationale de France.

[20] Schreiben von Alfred Lenhard an Viktor Bruns, datiert 26.11.1927.

[21] Schreiben von Viktor Bruns an Alfred Lenhard, datiert 07.05.1928.

[22] Schreiben von Alfred Lenhard an Viktor Bruns, datiert 18.06.1928.

[23] Göppert (Fn. 8), 31.

[24] Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 14.06.1928; Schreiben von Ernst Schmitz an Viktor Bruns, datiert 22.04.1931.

[25] Göppert (Fn. 8), 197.

[26] Schreiben von Lorenz Krapp an Viktor Bruns, datiert 22.02.1929.

[27] Carlo Schmid, Erinnerungen, 2. Aufl., Stuttgart: S. Hirzel 2008, 125.

[28] Schreiben von Otto Göppert an Viktor Bruns, datiert 16.03.1929.

[29] Schreiben von Curt Menzel and die Geschäftsstelle der Gruppe II (Paris), datiert 26.03.1929.

[30] Bericht Otto Göpperts über ein Telefongespräch mit Viktor Bruns, datiert 15.04.1929.

[31] Schreiben von Viktor Bruns an Otto Göppert, datiert 17.04.1929.

[32] Schreiben von Otto Göppert an Viktor Bruns, datiert 20.04.1929.

[33] Französischer Wortlaut: „c’est surtout en raison de ma profonde confiance dans le sentiment d’objectivité et d’équité bien connu dont vous n’avez cessé de faire preuve dans l’exercice de vos hautes fonctions“: Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 26.11.1927.

[34] Französischer Wortlaut: „je me permets tout de même de vous recommander de modérer un peu l’usage du cigare“: Schreiben von Paul Lachenal an Viktor Bruns, datiert 11.06.1928.

[35] Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 14.06.1928.

[36] Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 01.07.1929.

[37] Französischer Wortlaut: „qui dépassaient largement les limites de la bienséance et du bon goût et qui étaient de nature à compromettre sa dignité de président“: Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 14.09.1929.

[38] Französischer Wortlaut: „votre compagnie et celle de votre charmante épouse m’a rendu moins pénible la visite de régions auxquels [sic] une paix si dure a contraint mon pays de renoncer“: Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 16.09.1930.

[39] Schreiben von Paul Lachenal an Viktor Bruns, datiert 04.01.1929.

[40] Schreiben von Paul Lachenal an Viktor Bruns, datiert 11.12.1929.

[41] Aufzeichnung Berthold Wersches über einen Besuch bei Herrn Lachenal in Genf am 16. April 1929, datiert 18.04.1929.

[42] Schreiben von Paul Lachenal an Viktor Bruns, datiert 23.10.1931.

[43] Foto: Bibliothèque de Genève, fonds Frank-Henri Jullien (fh jullien n09x12 09055).

[44] Schreiben von Alfred Lenhard an Viktor Bruns, datiert 06.11.1928.

[45] Schreiben von Alfred Lenhard an Otto Göppert (Fn. 10).

[46] Erlass Otto Göpperts, datiert 29.01.1929.

[47] Aufzeichnung Berthold Wersches über einen Besuch bei Herrn Lachenal in Genf am 16. April 1929, datiert 18.04.1929.

[48] Schreiben von Viktor Bruns an Otto Göppert, datiert 13.08.1929.

[49] Schreiben von Paul Lachenal an das Sekretariat des Deutsch-Polnischen Gemischten Schiedsgerichts, datiert 17.09.1930; Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 13.10.1930.

[50] Deutsch-Polnisches Gemischtes Schiedsgericht [Tribunal arbitral mixte germano-plonais], J.K. Poznanski vs. Deutschland, Fall Nummer 9, Urteil vom 1. 8. 1929, in: Office français des biens et intérêts privés/directeur M. Alphand, Recueil des décisions des tribunaux arbitraux mixtes institués par les traités de paix, Bd. 9, Paris: Librairie de la Société du recueil Sirey 1929, 348.

[51] Deutsch-Polnisches Gemischtes Schiedsgericht [Tribunal arbitral mixte germano-plonais], Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft vs. Polen, Fall Nummer 1877, Mindermeinung des deutschen Schiedsrichters [Opinion dissidente de l’arbitre allemand] vom 01.08.1929, ZaöRV 2 (1931), 25–40.

[52] Schreiben von Viktor Bruns an Erich Kaufmann, datiert 19.09.1929.

[53] Arrangement germano-polonais du 31 octobre 1929, Reichsgesetzblatt 1930, Teil II, 549.

[54] Bainczyk/Zollmann (Fn. 9), § 37.

[55] Schreiben von Paul Lachenal an Viktor Bruns, datiert 02.11.1929.

[56] Göppert (Fn. 8), 209.

[57] Accord entre les Gouvernements Polonais et Allemand concernant la cessation des fonctions du Tribunal Arbitral Mixte Germano-Polonais, signé à Varsovie le 31 janvier 1933, Dziennik Ustaw, 1933, Nr. 69, 513.

[58] Bild: Wikimedia Commons.

[59] Schreiben von Paul Lachenal und Jan Namitkiewicz an Viktor Bruns, datiert 17.01.1932.

[60] Französischer Wortlaut: „vous comprendrez que je n’ai pu me soustraire à l’appel d’une ville allemande se trouvant depuis longtemps dans une situation difficile“: Schreiben von Viktor Bruns an Paul Lachenal, datiert 28.10.1931.

English

From 1927 to 1932, Viktor Bruns, founding director of the Institute for Comparative Public Law and International Law, sat as German arbitrator (or judge – both terms were used) on the German-Polish and German-Czechoslovak Mixed Arbitral Tribunals (MATs). For Bruns, a scholar and theoretician of international law, personal participation in the system of the MATs established by the peace treaties of 1919–1923 must have been especially stimulating, as he regarded the jurisprudence of these ‘supranational courts’ (‘übernationale Gerichte’) as proof of the existence of an international legal order.[1] For posterity, however, this activity also raises the question of the relationship between academia and politics in this particular context.

There was certainly room for tension there. On the one hand, neither Article 304 of the Versailles Peace Treaty (VPT) nor the rules of procedure of the German-Polish[2] and German-Czechoslovak[3] MATs provided that the two ‘national’ arbitrators at these courts had to be impartial towards their governments. In practice, too, the national arbitrators appointed and remunerated by their governments were expected to defend the interests of their countries and their citizens and could be dismissed in case of doubt. This meant that the burden of decision-making usually fell on the neutral chairperson – a situation that was widely criticised, as not all of them were able to cope with the pressure.[4] On the other hand, one may well ask whether a lawyer of Viktor Bruns’ calibre could not have enjoyed greater leeway here – the same applies to his colleague Ernst Rabel, who was an arbitrator at the German-Italian MAT in Rome from 1921 to 1930.

In Heidelberg 77 Jahre lang ungeöffnet aufbewahrt: das Paket mit dem Nachlass Viktor Brunsaus seiner Zeit als Berliner Institutsdirektor.

Viktor Bruns’ papers from his time as director of the Berlin Institute, which were recently rediscovered by Philipp Glahé in Heidelberg (they were found in a package that had been sent there in 1947 from the Institute’s Berlin department, which had been temporarily housed in Bruns’ private home, and had never been opened since), allow us to provide at least a tentative answer to this question.[5] It contains approximately 400 pages of correspondence providing direct insight into Bruns’ activities as a member of the German-Polish MAT.[6] This collection shows that Bruns, as an arbitrator, worked very closely with the German authorities, in particular to influence the neutral chairman of the tribunal in the interests of Germany, but was also careful to maintain at least the appearance of a certain independence from these authorities.

1. A Tribunal for Lawsuits With a ‘Political Flavour’

Of the total of 39 Mixed Arbitral Tribunals established under the peace treaties of 1919–1923,[7] the German-Polish MAT stood out for several reasons. First and foremost, the number of cases on its docket was remarkably high. At 28,670, it dwarfed that of all other MATs – even the French-German MAT received ‘only’ 23,996 cases. Secondly, it was the only MAT established between Germany and another state in which the number of claims against Germany was, at least initially, roughly equal to the number of claims against the other state.[8] Thirdly, under certain circumstances, it offered Polish citizens the opportunity to bring forward claims against their own state, which was exceptional in the international legal context at the time.[9] Fourthly, due to German irredentism and Poland’s policy of repression towards the German minority, the cases before the German-Polish MAT resonated far beyond those directly involved. As summarised by the German government agent, they were not only ‘mostly exclusively international in nature’ (other MATs dealt with many purely civil law cases), but also ‘mostly had a political flavour’.[10]

After Bruns took office, the German state representation before the MAT provided him with a typology of the cases still pending before it. According to this typology, the lawsuits brought by private individuals against the German state were divided into three categories: claims based on extraordinary war measures under Article 297 of the Versailles Peace Treaty, including, for example, requisitions and various measures against Polish (forced) labourers; confiscations under Articles 300 and 302 VPT; contractual claims under Article 304b(2) VPT. The lawsuits brought by private individuals against Poland mainly concerned the liquidation of former German private property. A distinction was made between two categories here: On the one hand, the tribunal accepted claims for additional compensation under Article 92(4) VPT, which could be filed on the basis of both formal (i.e. carried out under Polish liquidation legislation) and informal (e.g. sale enforced by pressure, emigrant deposits for optants, unfounded revocation of concessions, etc.) expropriations. On the other hand, it was also possible to file claims for the inadmissibility of the liquidation under Article 305 VPT due to the lack of personal, material, or territorial requirements. It was the lack of the personal prerequisite, namely German citizenship, that allowed Polish citizens who were wrongly identified as Germans to sue their own state before the MAT.[11]

‘With unusual tenacity’: just as the German delegation coordinated with Viktor Bruns, their Polish counterparts (pictured here in 1925 at the official seat of the Mixed Arbitral Tribunal at the Hôtel de Matignon in Paris) worked closely with ‘their’ arbitrator, Jan Namitkiewicz. From left to right: Kazimierz Sąchocki, Tadeusz Sobolewski, Zofia Ostrożyńska and Tadeusz Łebiński[12]

Although the tribunal attempted to deal with its large docket by means of ‘test cases’,[13] it was hopelessly overburdened from the outset. This was not least due to the fact that ‘the legal battle was fought with unusual tenacity on both sides, not only in the courtroom but also in the judges’ chambers.’[14] The composition of the MAT, with two ‘national’ arbitrators and a neutral president, was of little help here, as it put the latter under enormous pressure. The first president of the court, Paul Moriaud, had already threatened to resign before his unexpected death in September 1924. His successor, Robert Guex, threw in the towel in the spring of 1927. The Geneva lawyer and liberal politician Paul Lachenal (1884-1955), appointed by the Council of the League of Nations in April 1927, was therefore hardly more experienced than Bruns when the latter joined the MAT a few months later, replacing Scholz, a member of Germany’s Supreme Tax Court (Reichsfinanzhof). His Polish colleague Jan Namitkiewicz (1880-1958), a judge at the Court of Appeal in Warsaw, had been in office since 1923.[15] The Berlin professor and institute founder was also unable to significantly improve the court’s performance. In 1930, the German Foreign Office calculated in a report intended for official use only that between May 1923 and 31 July 1930, the court had dealt with ‘only 326 cases by judgment, withdrawal of action or settlement’ and had handed down a total of 156 judgments (including interim injunctions).[16] The fact that the court’s meetings, which were organised on average every two months, often did not take place as usual[17] at its secretariat’s headquarters (in this case at the Hôtel de Matignon in Paris), but at alternating locations determined by the president, may have contributed to this. During his term of office, which lasted little more than three years, Bruns attended 21 meetings of the MAT, eleven of which took place in Paris, six in Geneva (one of which was also in Vevey) and one each in Lugano, Zurich, Venice and Poland (split between Krakow, Zakopane and Warsaw).

2. A Judge Serving German Interests

The fact that Viktor Bruns did not succeed in significantly speeding up the work of the German-Polish MAT has not least to do with the fact that this institution was perceived by the actors involved as a battleground for national interests. This also applied to Bruns, who maintained close contact with the German authorities throughout his time as a German MAT judge and coordinated his judicial activities with them. His most important point of contact for this was the German state representation at the Paris-based MATs. The state representation was not only in charge of litigating on behalf of the German state in Polish lawsuits brought against it, but also represented most of the German plaintiffs against Poland – Polish plaintiffs who sued their own state were referred to German lawyers specialising in such disputes.[18] Bruns’ correspondence with state agent Alfred Lenhard (1875-1929) is particularly revealing in this regard (following his untimely death, Lenhard was replaced by Erich Kaufmann, who had been working as a scientific advisor to the institute since 1927).

From the Higher Regional Court of Celle to the German state representation before the Mixed Arbitral Tribunals in Paris: Alfred Lenhard (pictured here in January 1924 at a session of the German-Belgian Mixed Arbitral Tribunal at the Hôtel de Matignon) remained in close contact with Viktor Bruns until his death in March 1929[19]

Lenhard, who, prior to his appointment in 1921 as German representative before several MATs, had served as president of the Higher Regional Court (Oberlandesgericht) in Celle, contacted Bruns in November 1927 – even before Bruns had received confirmation of his appointment – to encourage him to make initial contact with the German-Polish MAT in Paris.[20] After an initial meeting in the French capital in December 1927, Bruns and Lenhard regularly exchanged views on individual cases. Although no minutes of these meetings have been preserved, the rest of the correspondence suggests that they worked closely together. In May 1928, for example, Bruns sent Lenhard a written report on a meeting of the tribunal in Lugano, in which he not only commented on the general outcome from the German point of view (‘the smaller cases have been decided as we had hoped’), but also summarised parts of the deliberations, at least up to a certain point (‘all further details verbally’).[21] From Lenhard’s point of view, it seemed clear that Bruns’ loyalty as a ‘national’ arbitrator was primarily to Germany: in June 1928, he sent him an archival file with the express request not to share it with the other members of his tribunal, as this would have been detrimental to German interests.[22]

Bruns was also in direct contact with the ‘Commission for Mixed Arbitral Tribunals and State Representations’ established within the German Foreign Office, whose main task was to ‘ensure the uniformity of proceedings before the various arbitral tribunals by pooling the experience of the individual groups of state representations and issuing uniform instructions.[23] The head of this department, known internally as the ‘Arbitral Tribunals Department,’ Dr Otto Göppert (1872-1943), relied on Bruns to influence the decisions of the MAT both from outside and from within. From outside, the aim was to mobilise academia in support of German interests. Within his institute, Bruns relied primarily on Carlo Schmid and Ernst Schmitz who not only assisted him in his arbitral work,[24] but also jointly published two lengthy articles in the ZaöRV in 1929 and 1931, which provided a detailed academic justification for the position of the German state representation.[25] These works were also produced in close coordination with the German Foreign Office: for example, it is known that the essay published in 1929 was reviewed and commented on not only by Göppert, but also by Ernst Rabel and the German state agent before the German-Italian Mixed Arbitral Tribunal in Rome before its publication.[26] The fact that Carlo Schmid assisted not only Viktor Bruns, but also state agent Erich Kaufmann,[27] completes the impression of the institute’s complete involvement in the German litigation strategy. But foreign academics were also expected to provide the Foreign Office with legal ammunition. In 1929, for example, Göppert asked Bruns if he could suggest the name of a scholar who could deliver an article by ‘a recognised authority in a foreign journal in line with our thinking’. He noted that they had already considered the French international law expert Gilbert Gidel, ‘who is, however, not cheap’.[28]

In addition, Göppert expected Bruns to exert influence within the MAT on Lachenal, who was perceived as hesitant, or even to put him under pressure. Bruns largely fulfilled these expectations, but set limits when his reputation or his own freedom of action seemed to be at risk. In March 1929, for example, one of Otto Göppert’s subordinates reported that Bruns had agreed to intervene in writing with Lachenal to advise against the early scheduling of the ‘Wasserberger lawsuits’ (which concerned attacks by German ‘self-defence’ forces in Upper Silesia against Polish private individuals and their property) being scheduled in the near future. Bruns nevertheless requested ‘that the main step in this matter be taken by the state representation so as not to jeopardise his judicial impartiality’.[29] Just a few weeks later, a minor scandal erupted, ending with a written apology by Göppert to Bruns.

The confrontation was triggered by the case of Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft v. Poland (also known as Dessauer Gas), which concerned the question of whether Poland’s right to liquidate German assets, as enshrined in the Versailles Peace Treaty, could also apply to the former Russian part of Poland. In a report on a joint telephone conversation, Göppert had hinted that Bruns was endeavouring to ‘prevent a decision unfavourable to us in this case and, if this is to be expected, to treat the matter dilatorily.’ He also promised that, if further difficulties arose, he would convince the chairman not to refer the case to the Permanent Court of International Justice in order to ‘relieve the Arbitral Tribunal of this difficult decision’.[30] After Bruns expressed surprise at this account and emphasised that it was now too late for such a course of action, as he would otherwise ‘lose a large part of [his] credibility with the President,’[31] Göppert not only apologised for the ‘misunderstanding’ but also assured Bruns that he would henceforth respect the freedom of decision of all arbitrators: ‘I ask you to be convinced that I have never intended and will never attempt to interfere in your decisions in any way. If I allowed myself to be swayed by another judge in a case, it was for reasons that cannot apply to you. Today, I believe that I would have done better even then to follow my own instincts and refuse to interfere. Arbitrators are judges too, and deviating from the rules has consequences.’[32]

3. Flattery and Criticism for the President

From the perspective of the German Foreign Office, it was probably better to give Bruns free rein in his interactions with the MAT president than to accompany him every step of the way. The correspondence between Bruns and Lachenal makes it clear that the German judge spared no effort to build a relationship of trust with the Swiss chairman. In his very first letter to Lachenal, Bruns explained in an almost flattering manner that he had accepted his post ‘primarily because of my deep trust in the well-known objectivity and fairness [équité] that you have always demonstrated in the exercise of your high office’.[33] The president soon adopted a confidential tone towards the German judge: when Bruns complained to him in June 1928 about a severe bout of flu, Lachenal replied with the friendly advice to ‘moderate [his] cigar consumption’,[34] to which Bruns assured him that he had lost the desire to smoke since his falling ill.[35] Whether Lachenal’s dealings with the Polish side were more distant is not apparent from the archive material reviewed for this article. In any case, Bruns did not shy away from pointing out the allegedly unfair methods of the Polish side to the chairman. For example, he criticised what he considered to be the Polish side’s general use of delaying tactics in the proceedings.[36] Bruns also congratulated Lachenal on the decision to move a hearing originally planned in Warsaw to Venice. He explained that his predecessor, Paul Moriaud, had once been subjected to attempts to influence him in Poland that ‘went far beyond the bounds of decency and good taste and could have damaged the dignity of the president.’[37] After Lachenal had nevertheless organised a meeting in Poland, Bruns assured him afterwards that it was solely ‘your company and that of your charming wife that made it easier for [him] to visit these regions, which [his] country had been forced to give up as a result of such a harsh peace.’[38]

To win Lachenal’s favour, Bruns also drew on the cultural capital of his wife Marie, whose father Wilhelm von Bode was the long-standing director general of the Berlin museums. Through Viktor and Marie Bruns, Lachenal not only gained privileged access to Berlin’s art treasures (during one of his visits to Berlin, Marie Bruns gave him a personal tour),[39] but also to Wilhelm von Bode’s successor Max J. Friedländer, whose advice he needed for a case his law firm was handling.[40] In general, Lachenal seemed to have a good impression of Bruns. Not only did he tell one of Otto Göppert’s employees that Bruns had ‘significantly raised the level of the Arbitral Tribunal’ and that he ‘held him in very high personal esteem,’[41] but he also offered Bruns, before the last meeting of the arbitration tribunal, to remain on friendly terms in the future.[42]

Perceived as too timid by the German side: the Genevan lawyer Paul Lachenal (pictured here in May 1927) was president of the German-Polish Mixed Arbitral Tribunal from 1927 until its dissolution in 1932.[43]

However, it is doubtful whether Lachenal’s positive feelings toward Bruns were mutual. On the German side, the general opinion seems to have been that Lachenal was not up to the task – particularly because he was unable to cope with the tribunal’s heavy workload. After Alfred Lenhard issued a veritable cry for help (‘Lachenal’s incompetence is so blatant that urgent remedial action must be taken’),[44] Bruns and Kaufmann met with the German state agent in December 1928 to discuss a possible reform of the MAT. This was intended to allow the large number of pending cases to be dealt with more quickly. Both Bruns and Kaufmann rejected Lenhard’s proposal to expand the tribunal by adding a second chamber, arguing that the same difficulties could arise if the presiding judge was ‘like Lachenal, weak in character and of little legal significance’. According to Lenhard, resorting to ‘administrative decisions based on the American model’ would also have been ‘unworkable with a judge like Lachenal’. Finally, it was agreed to strengthen the arbitral tribunal by adding two further neutral members.[45] After Göppert had accepted the proposal with the permission of the Reich Ministry of Finance on condition that it should come from Lachenal himself,[46] he sent one of his colleagues to Geneva to speak to him. Lachenal also appeared open to the proposal, ‘especially since such an expansion could only enhance his position as president of the Arbitral Tribunal,’ but stated that he first wanted to wait for the outcome of measures to speed up the proceedings, in particular the transfer of the preparation of the judgment to the secretaries of the MAT.[47] A reform of the tribunal did not take place.

Bruns’ decision to cast a separate vote in two cases that went unfavourably for Germany also suggests a certain dissatisfaction with Lachenal’s work. After Bruns failed to obtain a ruling favourable to German interests in the aforementioned Dessauer Gas case and in another case, he reported to Göppert that he had had ‘a very heated discussion in German’ with Lachenal, with whom he normally communicated in French. Shortly afterwards, he decided to cast a dissenting vote and wrested a concession from Lachenal to publish his dissenting opinion in the official collection of decisions of the Mixed Arbitral Tribunals. In his explanations to Göppert, Bruns made no secret of the fact that his main motive for this publication was to expose Lachenal: ‘It is very important to me that I can officially criticise the judgements in this way and help prevent the president from achieving the international reputation he so desires. A separate vote also makes it clear the reasons behind the president’s decision. And finally, I must insist on being able to publicly absolve myself of responsibility for the misjudgments’.[48] Bruns’ plan did not work out entirely, however: after Lachenal refused to publish the separate vote officially, citing a practice already established under his predecessor Moriaud,[49] he had to content himself with a reference[50] to the existence of the vote and its publication in the ZaöRV.[51]

4. From German Arbitrator to Ad Hoc Judge for Germany

The reform efforts of the German-Polish MAT, which were still being discussed in the spring of 1929, soon became irrelevant. Without informing Bruns – much to his regret – of the progress of their negotiations,[52] Germany and Poland concluded a liquidation agreement on 31 October 1929 that provided for the suspension of the liquidation of German property in Poland and the waiver of most of the claims before the MAT.[53] Although Poland did not ratify the agreement until 1931,[54] the tribunal immediately refrained from hearing these cases.[55] All that remained were ‘merely’ claims between private parties (including approximately 14,000 claims by Polish workers) and claims by Polish nationals against the Polish state.[56] On 1 December 1931, the two states signed another agreement stipulating the dissolution of the MAT on 31 January 1932.[57]

Following the ‘call of a German city’: Victor Bruns on 20 July 1931 as ad hoc judge for Danzig at the Permanent Court of International Justice. Drawing by Marthe Antoine Gérardin.[58]

The last session of the German-Polish Mixed Arbitration Court took place on 17 January 1932 in Locarno and ended with a letter of thanks to Viktor Bruns written by Paul Lachenal and the Polish arbitrator Jan Namitkiewicz.[59] Bruns had already sent Lachenal the judgments he had signed in the autumn of the previous year and expressed his regret that, due to his appointment as ad hoc judge for Danzig before the Permanent Court of International Justice, he would be unable to attend the last meeting of the Arbitral Tribunal. Bruns freely admitted to Lachenal that he regarded his new judicial function – just like his previous position within the MAT – primarily as a duty owed to his homeland: ‘You will understand that I could not refuse the call of a German city that has long been in a difficult situation.’[60]

[1] Viktor Bruns, Völkerrecht als Rechtsordnung I, HJIL 1 (1929), 1.

[2] Reichsgesetzblatt, 1921, 1557.

[3] Reichsgesetzblatt, 1921, 1541.

[4] Jakob Zollmann, Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties, in: Hélène Ruiz Fabri (ed.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2022, §§ 19–20.

[5] I would like to thank Anne Peters and Philipp Glahé for allowing me to access these files.

[6] Viktor Bruns’ correspondence regarding the German-Czech Mixed Arbitral Tribunal is limited to 29 pages and therefore far less insightful.

[7] Appendix: List of the Mixed Arbitral Tribunals and their Members, in: Ruiz Fabri/Michel Erpelding (eds.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939. An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 547–581.

[8] Otto Göppert, Zur Geschichte der auf Grund des Vertrags von Versailles eingesetzten Gemischten Schiedsgerichte und Schiedsinstanzen für Neutralitätsansprüche, unpublished typoscript, Berlin, March 1931, 90, 194–195.

[9] Magdalena Bainczyk/Jakob Zollmann, German-Polish Mixed Arbitral Tribunal (Versailles Treaty), in: Hélène Ruiz Fabri (ed.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2023, § 37.

[10] Letter from Alfred Lenhard to Otto Göppert, dated 11 December 1928. All archival documents mentioned in this blogpost are from Viktor Bruns’ papers mentioned in the introduction.

[11] Letter from Schuster to Viktor Bruns, dated 24 April 1928; German-Polish Mixed Arbitration Tribunal [Tribunal arbitral mixte germano-plonais], Hermann v. Poland, Case No. 1685, Judgement of 1. 11. 1926, in:  Office français des biens et intérêts privés/directeur M. Alphand, Recueil des décisions des tribunaux arbitraux mixtes institués par les traités de paix, Vol. 6, Paris: Librairie de la Société du recueil Sirey 1926, 993.

[12] Photo: Narodowe Archiwum Cyfrowe.

[13] Letter from Alfred Lenhard to Otto Göppert (fn.10).

[14] Göppert (fn. 8), 195.

[15] Göppert (fn. 8), 193, 195.

[16] Göppert (fn. 8), 194–195.

[17] Göppert (fn. 8), 8–9.

[18] Göppert (fn. 8), 26, 202.

[19] Picture: Meurisse news agency, gallica.bnf.fr/Bibliothèque nationale de France.

[20] Letter from Alfred Lenhard to Viktor Bruns, dated 26 November 1927.

[21] Letter from Viktor Bruns to Alfred Lenhard, dated 7 May 1928.

[22] Letter from Alfred Lenhard to Viktor Bruns, dated 18 June 1928.

[23] Göppert (fn. 8), 31.

[24] Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 14 June 1928; Letter from Ernst Schmitz to Viktor Bruns, dated 22 April 1931.

[25] Göppert (fn. 8), 197.

[26] Letter from Lorenz Krapp to Viktor Bruns, dated 22 February 1929.

[27] Carlo Schmid, Erinnerungen, 2nd edn, Stuttgart: S. Hirzel 2008, 125.

[28] Letter from Otto Göppert to Viktor Bruns, dated 16 March 1929.

[29] Letter from Curt Menzel to the Office of Group II (Paris), dated 26 March 1929.

[30] Report by Otto Göppert on a phone conversation with Viktor Bruns, dated 15 April 1929.

[31] Letter from Bruns to Otto Göppert, dated 17 April 1929.

[32] Letter from Otto Göppert to Viktor Bruns, dated 20 April 1929.

[33] French original: ‘c’est surtout en raison de ma profonde confiance dans le sentiment d’objectivité et d’équité bien connu dont vous n’avez cessé de faire preuve dans l’exercice de vos hautes fonctions’ : Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 26 November 1927.

[34] French original: ‘je me permets tout de même de vous recommander de modérer un peu l’usage du cigare’ : Letter from Paul Lachenal to Viktor Bruns, dated 11 June 1928.

[35] Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 14 June 1928.

[36] Letter by Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 1 July 1929.

[37] French original: ‘qui dépassaient largement les limites de la bienséance et du bon goût et qui étaient de nature à compromettre sa dignité de président’ : Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 14 September 1929.

[38] French original: ‘votre compagnie et celle de votre charmante épouse m’a rendu moins pénible la visite de régions auxquels [sic] une paix si dure a contraint mon pays de renoncer’ : Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 16 September 1930.

[39] Letter from Paul Lachenal to Viktor Bruns, dated 4 January 1929.

[40] Letter from Paul Lachenal to Viktor Bruns, dated 11 December 1929.

[41] Record by Berthold Wersche of a visit to Paul Lachenal in Geneva on 16 April 1929, dated 18 April 1929.

[42] Letter from Paul Lachenal to Viktor Bruns, dated 23 October 1931.

[43] Picture: Bibliothèque de Genève, fonds Frank-Henri Jullien (fh jullien n09x12 09055).

[44] Letter by Alfred Lenhard to Viktor Bruns, dated 6 November 1928.

[45] Letter by Alfred Lenhard to Otto Göppert, dated 11 December 1928.

[46] Executive decision (Erlass) by Otto Göppert, dated 29 January 1929.

[47] Record by Berthold Wersche of a visit to Paul Lachenal in Geneva on 16 April 1929, dated 18 April 1929.

[48] Letter from Viktor Bruns to Otto Göppert, dated 13 August 1929.

[49] Letter from Paul Lachenal to the Secretariat of the German-Polish MAT, dated 17 September 1930; Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 13 October 1930.

[50] German-Polish Mixed Arbitral Tribunal [Tribunal arbitral mixte germano-polonais], J.K. Poznanski v. Germany, Case No. 9, Judgment of 1 August 1929, in: Office français des biens et intérêts privés/directeur M. Alphand, Recueil des décisions des tribunaux arbitraux mixtes institués par les traités de paix, Vol. 9, Paris: Librairie de la Société du recueil Sirey 1929, 348.

[51] German-Polish Mixed Arbitral Tribunal [Tribunal arbitral mixte germano-polonais], Deutsche Continental-Gas-Gesellschaft v. Poland, Case No. 1877, Dissenting Opinion of the German Arbitrator [Opinion dissidente de l’arbitre allemand] of 1 August 1929, HJIL 2 (1931) 25–40.

[52] Letter from Viktor Bruns to Erich Kaufmann, dated 19 September 1929.

[53] Arrangement germano-polonais du 31 octobre 1929, Reichsgesetzblatt 1930, Teil [Part] II, 549.

[54] Bainczyk/Zollmann (fn. 9), § 37.

[55] Letter from Paul Lachenal to Viktor Bruns, dated 2 November 1929.

[56] Göppert (fn. 8), 209.

[57] Accord entre les Gouvernements Polonais et Allemand concernant la cessation des fonctions du Tribunal Arbitral Mixte Germano-Polonais, signé à Varsovie le 31 janvier 1933, Dziennik Ustaw, 1933, Nr. 69, 513.

[58] Photo: Wikimedia Commons.

[59] Letter from Paul Lachenal and Jan Namitkiewicz to Viktor Bruns, dated 17 January 1932.

[60] French original: ‘vous comprendrez que je n’ai pu me soustraire à l’appel d’une ville allemande se trouvant depuis longtemps dans une situation difficile’ : Letter from Viktor Bruns to Paul Lachenal, dated 28 October 1931.

Die Gemischten Schiedsgerichte der Zwischenkriegszeit

The Mixed Arbitral Tribunals of the Interwar Period

Un grand procès international: The inaugural hearing of the deportees’ case before the German‑Belgian Mixed Arbitral Tribunal on 7 January 1924 at the Hôtel de Matignon in Paris. In the background, from left to right: Alfred Lenhard, Richard Hoene, Paul Moriaud, Albéric Rolin and the Belgian State Agents Henri Gevers and Georges Sartini van den Kerckhove. In the foreground: the German Secretary Walther Uppenkamp (left) and his Belgian colleague Jean Stevens (right) [Meurisse news agency, gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France]

Deutsch

Wie ein internationales Medienphänomen zum „Nicht-Erinnerungsort“ der Völkerrechtswissenschaft verkam – und seine Wiederentdeckung heute unser Verständnis von transnationalen Mobilisierungen verändern könnte

Am Morgen des 7. Januar 1924 begab sich ein Fotograf der Presseagentur Meurisse ins Pariser Hôtel de Matignon. Nicht etwa, um dort einer offiziellen Erklärung des Premierministers beizuwohnen – erst 1935 wurde das Stadtpalais zur offiziellen Residenz der französischen Regierungschefs. Der Pressefotograf sollte vielmehr ein damals neuartiges Spektakel ablichten, das die Brüsseler Tageszeitung Le Soir ihren Lesern als „grand procès international“ – als „großen internationalen Prozess“ – angekündigt hatte.[1]

Letzterer sollte vor dem auf Grund des Versailler Vertrages geschaffenen Deutsch‑Belgischen Gemischten Schiedsgericht stattfinden, dessen ständige Mitglieder der Genfer Rechtsgelehrte Paul Moriaud, sein namhafter belgischer Kollege Albéric Rolin und Senatspräsident Richard Hoene aus Frankfurt waren. Kläger waren zehn Belgier, die im Laufe des Krieges von Deutschland als Zwangsarbeiter deportiert worden waren und nun vom Reich eine Entschädigung verlangten. Einer der Kläger, der noch immer von seiner Gefangenschaft gezeichnete 38‑jährige Jules Loriaux, hatte den Weg nach Paris angetreten. Vertreten wurden er und seine Leidensgenossen durch den 33‑jährigen Brüsseler Anwalt Jacques Pirenne und dessen Mentor, den ehemaligen belgischen Außenminister Paul Hymans. Das Deutsche Reich hatte seinerseits nicht nur auf seinen Staatsvertreter, Senatspräsident Alfred Lenhard, sondern, wie üblich bei besonders wichtigen Fällen, zusätzlich auf einen Rechtsanwalt zurückgegriffen – in diesem Falle auf den später durch die NS-Rassenpolitik ins Exil getriebenen Max Illch aus Berlin, dessen akzentfreies Französisch von der Presse besonders hervorgehoben wurde.

Der Pariser Deportiertenprozess entsprach dem, was Karen J. Alter und Mikael Rask Madsen heute als „the international adjudication of mega-politics“ bezeichnen.[2] Hätte das Deutsche Reich damals diesen Prozess verloren, hätten ihm zehntausende solcher Klagen und Entschädigungsforderungen in Höhe von rund fünf Millionen Francs gedroht, das heißt das Zehnfache der Belgien für seine zivilen Kriegsopfer bereits versprochenen Summe.[3]

Das Deutsch-Belgische Gemischte Schiedsgericht war nur eines von siebzehn solcher Schiedsgerichte, die damals im Hôtel de Matignon einquartiert waren. Diese stellten damals ein Novum dar. Sieht man von dem schmalbrüstigen Zentralamerikanischen Gerichtshof ab, der zwischen 1907 und 1918 gerade einmal zehn Fälle behandelte, waren sie die ersten tatsächlich funktionierenden internationalen Gerichte vor denen Individuen gegen einen ausländischen – und teils sogar gegen den eigenen – Staat klagen konnten. Im Gegensatz zu ihrem zentralamerikanischen Vorgänger waren sie ein Massenphänomen: insgesamt gab es 39 Gemischte Schiedsgerichte, die grob geschätzt zwischen 90.000 und 100.000 Fälle behandelten – einige davon noch nach Kriegsausbruch 1939. Dieser Masse an, insbesondere für Deutschland, oft hochbrisanten Streitfällen verdankten auch das (Kaiser-Wilhelm-) Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (1924) und jenes für ausländisches und internationales Privatrecht (1926) zumindest teilweise ihre Existenz und fortwährende staatliche Unterstützung.[4] Angesichts dieser Fakten scheint es umso verwunderlicher, dass die Gemischten Schiedsgerichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast gänzlich aus dem kollektiven Gedächtnis der Völkerrechtler verschwanden.

Die Gründe hierfür mögen vielfältiger Natur sein. Der Verruf, in den die für gescheitert erklärten internationalen Gebilde der Pariser Friedensordnung geraten waren, dürfte ebenso dazu gehören wie der üble Nachgeschmack, den insbesondere die Gemischten Schiedsgerichte bei den vor ihnen teils diskriminierten ehemaligen Mittelmächten, aber auch bei verschiedenen Alliierten – besonders in Mittel- und Südosteuropa – hinterlassen hatten. Auch dem Willen, den europäischen Wiederaufbau- und Einigungsprozess unter das Zeichen eines Neuanfangs zu stellen, wäre mit längeren Verweisen auf die in puncto Völkerversöhnung doch recht durchwachsene Bilanz der „Tribunaux arbitraux mixtes“ wohl kaum gedient gewesen. Auf Historiker dürfte nicht nur die Masse, sondern auch die technische Komplexität des lange noch reichlich vorhandenen Archivmaterials eine abschreckende Wirkung gehabt haben.

Fakt ist, dass, nach einer wahren Publikationsflut in der Zwischenkriegszeit, zwischen 1947[5] und den späten 2010er Jahren fast nichts zu diesem Thema erschienen ist. Im Gegensatz zu den, mit ihnen oft verglichenen, Gemischten Kommissionen, die sich insbesondere bei Anhängern der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit stets großer Beliebtheit erfreut haben, entsprachen die Gemischten Schiedsgerichte damit durchaus dem vom französischen Sozio‑Historiker Gérard Noiriel geprägten Begriff eines „Nicht Erinnerungsorts“, eines „non‑lieu de mémoire[6] – in anderen Worten, einem kollektiven Gedächtnisschwund der Völkerrechtsgemeinschaft. Wie real dieser Gedächtnisschwund war, verdeutlicht sich, wenn man bedenkt, dass das aus 40 größeren Kisten bestehende und mehrere Tonnen wiegende Archiv der Pariser und mehrerer anderer Gemischter Schiedsgerichte, dass den Weltkrieg nahezu intakt überstanden hatte, irgendwann Ende der 1970er oder Anfang der 1980er Jahre von der Bibliothek im Haager Friedenspalast ausgesondert wurde.[7]

Auch wenn große Teile der Hinterlassenschaft der Gemischten Schiedsgerichte damit für immer verloren sein dürften, so gibt es heute zumindest wieder Interesse an einer tiefgehenden Wiederaufarbeitung dieser Institutionen. Bahnbrechend sind hier vor allem Jakob Zollmanns Forschungen gewesen.[8] Darüber hinaus haben einige Publikationen anlässlich des 100. Jahrestages der Pariser Verträge, unter anderem von Marta Requejo Isidro und Burkhard Hess[9] sowie von August Reinisch,[10] es den Gemischten Schiedsgerichten zumindest ansatzweise erlaubt, den Rückweg in das Bewusstsein des völkerrechtlichen Mainstreams anzutreten. Diese Tendenz weiter zu verstärken und auszuweiten war auch das Vorhaben des Sammelbandes, den ich im April 2023 zusammen mit Hélène Ruiz Fabri herausgegeben habe und der das erste Buch zu diesem Thema seit 1947 darstellt.[11]

Die bereits in dieser Publikation vertretenen Ansätze können durchaus noch ausgebaut werden. Fünf Themenkomplexe erscheinen mir in dieser Hinsicht besonders vielversprechend – unter anderem deshalb, weil sie auch neueren methodologischen Ausrichtungen ein weites Betätigungsfeld bieten können, vor allem im Bereich der Sozio-Rechtsgeschichte. Hier denke ich insbesondere an die von Natasha Wheatley[12] und Jessica Marglin[13] veröffentlichten Arbeiten über die Mobilisierung des Völkerrechts und internationaler Institutionen sowohl durch Eliten als durch Graswurzelbewegungen. Aber auch klassischere rechtsgeschichtliche und biographische Herangehensweisen unter Herbeiziehung von Archivmaterial wären hier möglich.

1. Die Bedeutung der Gemischten Schiedsgerichte für das Auswärtige Amt und das KWI

Aus der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amts ausgeschieden: Briefkopf des auch als „Schiedsgerichtsabteilung“ bekannten Kommissariats Otto Göpperts (1931) [14]

Dieser Themenkomplex ist natürlich von besonderer Relevanz für die Aufarbeitung der Geschichte des  Kaiser Wilhelm Instituts (KWI) für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, welches seine Existenz zu einem guten Teil dem Bedürfnis der Weimarer Republik nach einer sowohl personell als argumentativ angemessenen Vertretung vor den Gemischten Schiedsgerichten verdankt. Einige KWI-Mitglieder wirkten sogar direkt an Gemischten Schiedsgerichten mit. So war der KWI-Direktor Viktor Bruns Schiedsrichter von 1927 bis 1931 am Deutsch‑Polnischen und auch am Deutsch‑Tschechoslowakischen Gemischten Schiedsgericht. Sein Kollege Erich Kaufmann war um die gleiche Zeit deutscher Staatsvertreter unter anderem vor dem Deutsch‑Polnischen Gemischten Schiedsgericht. Beiden Professoren assistierte hierbei Carlo Schmid, der von 1927 bis 1929 Referent am KWI war.[15] Das Ergebnis dieser beratenden Tätigkeit war zum Teil widersprüchlich. Wie bereits durch Jakob Zollmann aufgezeigt, trug das KWI zwar durch seine Publikationen und Gutachten wesentlich dazu bei, die Qualität der durch die deutschen Staatsvertreter vorgebrachten völkerrechtlichen Argumente zu verbessern, verfestigte aber auch innerhalb Deutschlands das Verständnis der Versailler Friedensordnung als eines grundlegend ungerechten „Diktats“. Um diese Dynamik eingehender zu beleuchten, wäre es sicher auch angebracht, eine Studie über das 1923 innerhalb des Auswärtigen Amtes geschaffene „Kommissariat für die Gemischten Schiedsgerichtshöfe und die Staatsvertretungen“ anzustrengen, das unter der Leitung von Dr. Otto Göppert stand und zeitweise über 300 Mitarbeiter beschäftigte, darunter über 70 Juristen.[16] Die Arbeit dieses Kommissariats und seiner Mitarbeiter näher zu erforschen dürfte nicht nur für das Verständnis der deutschen Völkerrechtsdiplomatie in der Zwischenkriegszeit interessant sein, sondern es auch erlauben, Kontinuitäten und Diskontinuitäten mit der Nachkriegszeit aufzuzeigen, insbesondere im Hinblick auf den europäischen Einigungsprozess.

2. Die Gemischten Schiedsgerichte und das internationale Privatrecht

Ernst Rabel (1874‑1955) war nicht nur von 1926 bis 1937 Leiter des KWI für ausländisches und internationales Privatrecht, sondern auch von 1921 bis 1930 Mitglied des Deutsch‑Italienischen Gemischten Schiedsgerichts mit Sitz in Rom.[17]

Da die Zuständigkeit der Gemischten Schiedsgerichte sich auch auf Fragen des internationalen Privatrechts erstreckte, hegten manche zeitgenössischen Juristen wie zum Beispiel. Jean‑Paulin Niboyet den Wunsch, dass die von ihnen entwickelte Rechtsprechung zu einer Harmonisierung der in den verschiedenen europäischen Staaten geltenden Regeln führen würde.[18] Obwohl diese Vorstellung sich nicht verwirklichen sollte, könnten die damaligen Diskussionen trotzdem für heutige Spezialisten des internationalen Privatrechts interessant sein. Darüber hinaus wurde das KWI für ausländisches und internationales Privatrecht 1926 ebenfalls mit Hinblick auf die sich vor den Gemischten Schiedsgerichten stellenden Rechtsfragen gegründet und hatte mit Ernst Rabel – ähnlich wie sein völkerrechtliches Pendant mit Viktor Bruns – einen Direktor, der als Schiedsrichter an einem solchen Gericht fungierte. Die Erforschung dieser Zusammenarbeit dürfte sicher weitere interessante Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Rechtswissenschaft und Politik im Deutschland der Zwischenkriegszeit liefern.

3. Die Gemischten Schiedsgerichte und die Entstehung einer transnationalen juristischen Öffentlichkeit

Ein internationales Medienereignis: Kläger und Publikum zum Auftakt des Pariser Deportiertenprozesses am 7. Januar 1924. Im Vordergrund die Anwälte Jacques Pirenne (links) und Paul Hymans (rechts). Im Hintergrund der Hauptkläger Jules Loriaux (zweiter v.  r., mit Gehstock) [19]

Angesichts der Anzahl der vor ihnen verhandelten Fälle und der teils beträchtlichen damit verbundenen finanziellen und politischen Konsequenzen, schufen die Gemischten Schiedsgerichte ein neues transnationales Betätigungsfeld, das sowohl von Angehörigen von Rechtsberufen wie von Teilen der Zivilgesellschaft wahrgenommen wurde. Da die Verhandlungen vor den Gemischten Schiedsgerichten öffentlich waren, auch von der Presse kommentiert wurden und sogar Schaulustige anzogen, kann man hier durchaus von einer transnationalen juristischen Öffentlichkeit sprechen. Dieser Faktor erlaubte es unter anderem, dass eher unprivilegierte Akteure, wie zum Beispiel Kriegsgeschädigte, die Gemischten Schiedsgerichte dafür benutzten, ihre Interessen gegen ehemalige Feindstaaten – oder gar gegen ihren eigenen Staat – durchzusetzen oder zumindest zur Sprache zu bringen. Einige dieser Verfahren, wie etwa der anfangs erwähnte Deportiertenprozess vor dem Deutsch‑Belgischen Gemischten Schiedsgericht, wurden auch medial transnational rezipiert.

Aber auch Teilen der Eliten boten die Gemischten Schiedsgerichte neue Möglichkeiten. Insbesondere Paris entwickelte sich zum Mittelpunkt einer transnationalen Juristen‑Gemeinschaft. International bestens vernetzte Anwälte entwickelten sich hier zu Spezialisten in deutsch‑französischen und anderen transnationalen Streitfällen. Gemeinsam mit Mitgliedern der Gemischten Schiedsgerichte und der Internationalen Handelskammer versuchten sie sogar, das System dieser Gerichte zu reformieren und dauerhaft zu etablieren. Die Motivationen, Argumente und Aktionen all dieser Akteure zu erforschen, würde sicherlich einen Beitrag zur Entwicklung der Sozio‑Rechtsgeschichte leisten.

4. Die Gemischten Schiedsgerichte und die Neuordnung der Besitzverhältnisse in Mittel‑ und Südosteuropa

Sitzung des Deutsch‑Polnischen Gemischten Schiedsgerichts im Pariser Hôtel de Matignon im Februar 1925. Im Hintergrund v. l. n. r.: Alfred Lenhard, Franz Scholz, Robert Guex, Jan Namitkiewicz, Tadeusz Sobolewski. Im Vordergrund die beiden Sekretäre, deren Identität nicht genauer bestimmt werden konnte [20]

Anders als die westlichen Alliierten genossen Polen und die Mitglieder der „Kleinen Entente“ vor den mit ihnen eingerichteten Gemischten Schiedsgerichten keine weitgehende Immunität gegenüber Klagen von Angehörigen ehemaliger Mittelmächte. Ganz im Gegenteil: die Pariser Friedensverträge sahen sogar ausdrücklich deren Entschädigung für etwaige Eigentumsliquidationen vor, was die Neuordnung der Besitzverhältnisse in diesen, teils gerade unabhängig gewordenen, Staaten zu behindern drohte. Besonders die Streitfälle zwischen deutschen Klägern und der Polnischen Republik sowie der rumänisch‑ungarische Optantenstreit sorgten hierbei für internationale Schlagzeilen. Hier wäre es interessant, den Einfluss dieser Prozeduren auf das Souveränitätsverständnis der beteiligten Staaten sowie die Mobilisierung der beteiligten Akteure, sowohl in der Region als auch in Westeuropa, zu untersuchen.

5. Die Gemischten Schiedsgerichte jenseits von Europa

Dieser Themenkomplex entspringt der Erkenntnis, dass die Gemischten Schiedsgerichte trotz ihres Ursprungs in den Pariser Friedensverträgen nicht als ein rein europäisches Phänomen verstanden werden dürfen, sondern in dreierlei Hinsicht darüber hinausgingen. Erstens fällt beim Betrachten der Liste der 39 Gemischten Schiedsgerichte[21] auf, dass nicht nur europäische, sondern auch zwei außereuropäische Alliierte an diesen Gerichten beteiligt waren, nämlich Japan und Siam. Noch harren die Archive dieser Staaten zu ihrer Beteiligung an den Gemischten Schiedsgerichten – die zumindest im Falle Japans noch immer bestehen – einer wissenschaftlichen Aufarbeitung. Diese wäre umso interessanter, als sie die Wahrnehmung der Versailler Friedensordnung und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit durch diese Staaten weiter beleuchten könnte. Zweitens gilt es, auf den besonderen Wert der nach dem Lausanner Friedensvertrag von 1923 mit der Türkei in Istanbul aufgestellten Gemischten Schiedsgerichte hinzuweisen: zum einen, weil sie die an ihnen beteiligten Staaten und deren Staatsangehörige gleich behandelten und damit als zukunftsfähiges Modell dargestellt werden konnten; zum anderen, weil sie trotz dieses Unterschiedes von der Türkei als eine Neuauflage der für semi‑koloniale Rechtsordnungen typischen „gemischten Gerichtshöfe“ wahrgenommen wurden und damit auch die Frage der Kontinuitäten und Diskontinuitäten zwischen Kolonialismus und Internationalismus stellen. Drittens dürfte es insbesondere aus sozio‑rechtsgeschichtlicher Perspektive interessant sein, Fälle mit außereuropäischen Klägern (zum Beispiel alliierten Kolonialuntertanen) oder einem außereuropäischen Bezug zu analysieren.

[1] „Un grand procès international: Les déportés belges contre le Reich“, in: Le Soir,  9. Januar 1924.

[2] Karen J. Alter/Mikael Rask Madsen, The International Adjudication of Mega-Politics, Law and Contemporary Problems 84 (2021), 1.

[3] Siehe hierzu: Michel Erpelding, An Example of International Legal Mobilisation: The German–Belgian Mixed Arbitral Tribunal and the Case of the Belgian Deportees, in: Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (Hrsg.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 309-362.

[4] Jakob Zollmann, Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties, in: Hélène Ruiz Fabri (Hrsg.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2022, § 32.

[5] Charles Carabiber, Les juridictions internationales de droit privé, Neuchâtel: La Baconnière 1947 (mit einem Vorwort von Georges Scelle).

[6] Gérard Noiriel, Le creuset français: histoire de l’immigration, XIXe-XXe siècle, Paris: Seuil 1988, 19.

[7] Email-Austausch zwischen dem Autor und der Bibliothek im Friedenspalais, August-September 2020.

[8] Siehe u. a.: Jakob Zollmann, Reparations, Claims for Damages, and the Delivery of Justice: Germany and the Mixed Arbitral Tribunals (1919-1933), in: David Deroussin (Hrsg.), La Grande Guerre et son droit, Paris: LGDJ 2018, 379-394; Jakob Zollmann, Un juge berlinois à Paris entre droit public international et arbitrage commercial. Robert Marx, les tribunaux arbitraux mixtes et la Chambre de commerce internationale, in: Philipp Müller/Hervé Joly (Hrsg.), Les espaces d’interaction des élites françaises et allemandes. 1920-1950, Rennes: Presses Universitaires de Rennes 2021, 63-77.

[9] Marta Requejo Isidro/Burkhard Hess, International Adjudication of Private Rights: The Mixed Arbitral Tribunals in the Peace Treaties of 1919-1922, in: Michel Erpelding/Burkhard Hess/Hélène Ruiz Fabri (Hrsg.), Peace Through Law: The Versailles Peace Treaty and Dispute Settlement After World War I, Baden-Baden: Nomos 2019, 239-276.

[10] August Reinisch, The Establishment of Mixed Arbitral Tribunals, in: Société française pour le droit international (Hrsg.), Le Traité de Versailles: Regards franco-allemands en droit international à l’occasion du centenaire / The Versailles Treaty: French and German Perspectives in International Law on the Occasion of the Centenary, Paris: Pedone 2020, 267-288.

[11] Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (Hrsg.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023.

[12] Natasha Wheatley, Mandatory Interpretation: Legal Hermeneutics and the New International Order in Arab and Jewish Petitions to the League of Nations, Past and Present 227 (2015), 205-248.

[13] Jessica M. Marglin, Notes towards a socio-legal history of international law, Legal History 29 (2021), 277-278; Jessica M. Marglin, The Shamama Case: Contesting Citizenship across the Modern Mediterranean, Princeton: Princeton University Press 2022.

[14] PA AA, RZ 403 53267.

[15] Carlo Schmid, Erinnerungen, Bern: Scherz 1979, 123-128.

[16] Otto Göppert, Zur Geschichte der auf Grund des Vetrags von Versailles eingesetzten Gemischten Schiedsgerichte und Schiedsinstanzen für Neutralitätsansprüche, unveröffentlichtes Typoskript, Berlin, März 1931, 34.

[17] Eckart Henning/Marion Kazemi: Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft 1911-2011, Teil II/1, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016, 881.

[18] Jean-Paulin Niboyet, Les Tribunaux arbitraux mixtes organisés en exécution des traités de paix, Bulletin de l’Institut intermédiaire international 7 (1922), 215-241.

[19] Presseagentur Meurisse, gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France.

[20]  Narodowe Archiwum Cyfrowe.

[21] Appendix: Alphabetical List of the Mixed Arbitral Tribunals and their Members, in: Ruiz Fabri/Michel Erpelding (Hrsg.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 547-581.

Suggested Citation:

Michel Erpelding, Die Gemischten Schiedsgerichte der Zwischenkriegszeit, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240327-093718-0

Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0 DEED

 

English

How a former international media phenomenon became one of international laws ”spaces of collective amnesia“ – and how its recent rediscovery could change our understanding of transnational mobilisation

On the morning of 7 January 1924, a photographer from the Meurisse news agency went to the Hôtel de Matignon in Paris. Not to attend an official declaration by the Prime Minister – the townhouse only became the official residence of the French head of government in 1935. Rather, the press photographer was to photograph a spectacle that was novel at the time andwhich the Brussels daily newspaper Le Soir had announced to its readers as ”un grand procès international“ – a ”great international trial“.[1]

The proceedings were to take place before the German‑Belgian Mixed Arbitral Tribunal established pursuant to the Treaty of Versailles and whose permanent members were the Geneva legal scholar Paul Moriaud, his renowned Belgian colleague Albéric Rolin, and Richard Hoene, a senior judge (”Senatspräsident“) from Germany. The plaintiffs were ten Belgians who had been deported by Germany as forced labourers during the war and were now demanding compensation from the Reich. One of the claimants, 38‑year‑old Jules Loriaux, who was still scarred by his imprisonment, had travelled to Paris. He and his fellow deportees were represented by the 33‑year‑old Brussels lawyer Jacques Pirenne and his mentor, the former Belgian Foreign Minister Paul Hymans. For its part, the German  Reich not only had recourse to its state representative, Senatspräsident Alfred Lenhard, but, as usual in particularly important cases, also to a lawyer – in this case Max Illch from Berlin, who would later be driven into exile by Nazi racial policy and whose accent-free French earned him some recognition from the press.

The Belgian deportees’ case was what Karen J. Alter and Mikael Rask Madsen today refer to as ”the international adjudication of mega-politics”.[2] If Germany had lost this case at the time, it would have faced tens of thousands of such lawsuits and claims for compensation adding up to around five million francs, i.e. ten times the sum it had already agreed to pay to Belgium for its civilian war victims.[3]

The German‑Belgian Mixed Arbitral Tribunal was just one of seventeen Mixed Arbitral Tribunals (MATs) that were housed in the Hôtel de Matignon. They were an altogether new kind of international court. With the exception of the short-lived and little-used Central American Court of Justice, which dealt with just ten cases between 1907 and 1918, they were the first actually functioning international tribunals before which individuals could sue a foreign – and sometimes even their own – state. In contrast to their Central American predecessor, the MATs were a mass phenomenon: all in all, there were 39 of them, which would deal with roughly between 90,000 and 100,000 cases – some of them even after the outbreak of war in 1939. The (Kaiser Wilhelm) Institute for Comparative Public Law and International Law (1924), just as the one for Comparative and International Private Law (1926), owed at least part of its existence and continued state support to this mass of often highly sensitive disputes, particularly for Germany.[4] In view of these facts, it seems all the more surprising that the MATs disappeared almost completely from the collective memory of international law scholars in the second half of the 20th century.

The reasons for this are likely manifold. The discredit to which the international structures of the Paris peace order, which had been declared a failure, had fallen, was probably one of them, as was the bad aftertaste that the MATs in particular had left behind not only among the former Central Powers, some of whom had been discriminated against before them, but also among various Allies – particularly in Central and South-Eastern Europe. The desire to place the European reconstruction and unification process after the Second World War under the sign of a new beginning and to focus on international reconciliation would also hardly have been served by lengthy references to the rather mixed record of the MATs. Moreover, historians are likely to have been deterred not only by the sheer volume but also by the technical complexity of the (then) still abundant archive material.

The fact is that after a veritable flood of publications in the interwar period almost nothing was published on this topic between 1947[5] and the late 2010s. In this regard, their fate contrasts with that of the Mixed Commissions created during the 19th century and the first half of the 20th century, with which the MATs have often been compared. Whereas the Mixed Commissions have always enjoyed great popularity, especially among supporters of international investment arbitration, the MATs turned into an example of what the French socio-historian Gérard Noiriel described as a ”non-lieu de mémoire”,[6] a ”space of collective amnesia” – in this case, of the international legal community. Just how real this loss of memory was, becomes clear when one considers that the archives of the Paris and several other MATs, consisting of 40 large boxes and weighing several tonnes, which had survived the Second World War almost intact, were discarded by the Peace Palace Library sometime in the late 1970s or early 1980s.[7]

Even if large parts of the legacy of the MATs are thus probably lost forever, there is at least renewed interest today in an in‑depth reappraisal of these institutions. Jakob Zollmann’s research has been particularly ground‑breaking in this regard.[8] In addition, several publications on the occasion of the 100th anniversary of the Paris Treaties, notably those by Marta Requejo Isidro and Burkhard Hess[9] as well as August Reinisch,[10] have at least to some extent allowed the MATs to make their way back into the consciousness of the international law mainstream. Further strengthening and expanding this trend was also the aim of the anthology that I edited together with Hélène Ruiz Fabri in April 2023 and which is the first book on this topic since 1947.[11]

The approaches already represented in this publication can certainly be expanded on. Five general themes seem particularly promising to me in this respect – partly because they can also offer a broad field of activity for newer methodological orientations, especially in the area of socio‑legal history. Here I am thinking in particular of the work published by Natasha Wheatley[12] and Jessica Marglin[13] on the mobilisation of international law and international institutions by both elites and grassroots movements. But more classical legal‑historical and biographical approaches, drawing on archival material, would also be possible here.

1. The Significance of the Mixed Arbitral Tribunals for the German Foreign Office and the Kaiser Wilhelm Institute

Distinct from the German Foreign Office’s Legal Department: Letterhead of Otto Göppert’s ”Commissariat“, also known as the ”Department of Arbitral Tribunals“ (1931) [14]

This general theme is, of course, of particular relevance for the history of the Kaiser Wilhelm Institute (KWI) for Comparative Public Law and International Law, which owes its existence in large part to the need of the Weimar Republic for adequate representation before the MATs, both in terms of personnel and arguments. Some KWI members even participated directly. KWI Director Viktor Bruns, for example, was an arbitrator on the German‑Polish and German‑Czechoslovakian Mixed Arbitral Tribunals from 1927 to 1931. Around the same time, his colleague Erich Kaufmann was a German state agent before the German‑Polish Arbitral Tribunal, among others. Both professors were assisted by Carlo Schmid , who was a research fellow at the KWI from 1927 to 1929.[15] The result of this advisory activity was in part contradictory. As Jakob Zollmann has already pointed out, although the KWI’s publications and expert opinions contributed significantly to improving the quality of the arguments on international law put forward by German state representatives, they also reinforced the understanding of the Versailles peace order within Germany as a fundamentally unjust ”dictate”. In order to shed more light on this dynamic, it would certainly also be appropriate to undertake a study of the ”Commissariat for the Mixed Arbitral Tribunals and the State Agencies” (”Kommissariat für die Gemischten Schiedsgerichtshöfe und die Staatsvertretungen“), which was created within the Foreign Office in 1923, headed by Dr Otto Göppert, and at times employed over 300 staff members, including over 70 lawyers.[16] Researching the work of this commissariat and its staff in more detail should not only be interesting for understanding German diplomacy in international law in the interwar period, but also allow for continuities and discontinuities with the post-war period to be identified, particularly with regard to the European unification process.

2. The Mixed Arbitral Tribunals and Private International Law

Ernst Rabel (1874–1955) did not only hold the position of Director of the KWI for Comparative and International Private Law between 1926 and 1936, but also sat on the German‑Italian Arbitral Tribunal based in Rome between 1921 and 1930.[17]

As the jurisdiction of the MATs also extended to questions of private international law, some contemporary jurists, such as Jean‑Paulin Niboyet, hoped that the case law they developed would lead to a harmonisation of the rules applicable in the various European states.[18] Although this idea was not to be realised, the discussions at the time could still be of interest to today’s specialists in private international law. Furthermore, the KWI for Foreign and International Private Law was also founded in 1926 with a view to the legal issues arising before the MATs and with Ernst Rabel – similar to his international law counterpart, with Viktor Bruns – had a director who sat as a MAT member. Research into this co‑operation should certainly provide further interesting insights into the relationship between jurisprudence and politics in interwar Germany.

3. The Mixed Arbitral Tribunals and the Emergence of a Transnational Legal Public Sphere

An international media event: Plaintiffs and public at the inaugural hearing of the deportees’ case in Paris on 7 January 1924. In the foreground: lawyers Jacques Pirenne (left) and Paul Hymans (right). In the background: main plaintiff Jules Loriaux (2nd from the right, with cane)[19]

Given the number of cases heard before them and the sometimes considerable financial and political consequences associated with them, the MATs created a new transnational field of activity that was recognised by both members of the legal profession and parts of civil society. Since the hearings before the MATs were public and were also commented on by the press and even attracted onlookers, one can certainly speak of a transnational legal public sphere. This factor made it possible, among other things, for rather unprivileged actors, such as war victims, to use the MATs to assert their interests against former enemy states – or even against their own state – or at least to raise them. Some of these proceedings, such as the deportees’ case before the German‑Belgian MAT mentioned above, also received transnational media coverage.

However, the MATs also offered new opportunities to parts of the elite. Paris in particular developed into the centre of a transnational legal community. Lawyers with excellent international networks developed into specialists in Franco German and other transnational disputes. Together with members of the MATs and the International Chamber of Commerce, they even attempted to reform the system of these courts and establish it on a permanent basis. Researching the motivations, arguments and actions of all these actors would certainly contribute to the development of socio‑legal history.

4. The Mixed Arbitral Tribunals and the Reorganisation of Property Relations in Central and Southeastern Europe

Session of the German–Polish Mixed Arbitral Tribunal at the Hôtel de Matignon in Paris in February 1925. In the background, from left to right: Alfred Lenhard, Franz Scholz, Robert Guex, Jan Namitkiewicz, Tadeusz Sobolewski. In the foreground are the Tribunal’s two secretaries, whose precise identity could not be determined.[20]

Unlike the Western Allies, Poland and the members of the ”Little Entente” did not enjoy extensive immunity from lawsuits brought by members of the former Central Powers before the MATs established with them. On the contrary: the Paris Peace Treaties even expressly provided for their compensation for any liquidation of property, which threatened to hinder the reorganisation of property relations in these states, some of which had just become independent. The disputes between German claimants and the Polish Republic as well as the Romanian‑Hungarian optant dispute in particular made international headlines. It would be interesting to examine the influence of these proceedings on the understanding of sovereignty of the states involved and the mobilisation of the actors involved, both in the region and in Western Europe.

5. The Mixed Arbitral Tribunals Beyond Europe

This general theme  arises from the realisation that, despite their origins in the Paris Peace Treaties,  MATs should not be understood as a purely European phenomenon. They went beyond Europe in three respects. Firstly, when looking at the list of the 39 MATs,[21] it is striking that not only European but also two non‑European allies were involved in these tribunals, namely Japan and Siam. The archives of these states on their participation in the MATs – which have been preserved, at least in the case of Japan – are still awaiting academic analysis. This would be all the more interesting as it could shed further light on the perception of the Versailles peace order and international arbitration by these states. Secondly, the special value of the MATs established in Istanbul after the Lausanne Peace Treaty of 1923 with Turkey should be emphasised for two reasons. On the one hand, because they treated the participating states and their nationals equally and could thus be presented as a credible model for future courts. On the other hand, despite this difference, they were perceived by Turkey as a new edition of the ”mixed courts” typical of (semi-)colonial legal systems and thus also raise the question of continuities and discontinuities between colonialism and internationalism. Thirdly, it should be particularly interesting from a socio‑legal‑historical perspective to analyse cases with non‑European plaintiffs (e.g.allied colonial subjects) or concerning events or subject‑matters situated outside Europe.

Translation from the German original: Sarah Gebel

[1] Un grand procès international: Les déportés belges contre le Reich, in: Le Soir, 9 January 1924.

[2] Karen J. Alter/Mikael Rask Madsen, The International Adjudication of Mega-Politics, Law and Contemporary Problems 84 (2021), 1.

[3] See, on this subject: Michel Erpelding, An Example of International Legal Mobilisation: The German–Belgian Mixed Arbitral Tribunal and the Case of the Belgian Deportees, in: Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (eds.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 309-362.

[4]Jakob Zollmann, Mixed Arbitral Tribunals: Post-First World War Peace Treaties, in: Hélène Ruiz Fabri (ed.), Max Planck Encyclopedia of International Procedural Law, Oxford: Oxford University Press 2022, para 32.

[5] Charles Carabiber, Les juridictions internationales de droit privé, Neuchâtel: La Baconnière 1947 (with a preface by Georges Scelle).

[6]Gérard Noiriel, Le creuset français: histoire de l’immigration, XIXe-XXe siècle, Paris: Seuil 1988, 19.

[7] Email exchange between the author and the Peace Palace Library, August–September 2020.

[8] See notably: Jakob Zollmann, Reparations, Claims for Damages, and the Delivery of Justice: Germany and the Mixed Arbitral Tribunals (1919-1933), in: David Deroussin (ed.), La Grande Guerre et son droit, Paris: LGDJ 2018, 379-394; Jakob Zollmann, Un juge berlinois à Paris entre droit public international et arbitrage commercial. Robert Marx, les tribunaux arbitraux mixtes et la Chambre de commerce internationale, in: Philipp Müller/Hervé Joly (eds.), Les espaces d’interaction des élites françaises et allemandes. 1920-1950, Rennes: Presses Universitaires de Rennes 2021, 63-77.

[9] Marta Requejo Isidro/Burkhard Hess, International Adjudication of Private Rights: The Mixed Arbitral Tribunals in the Peace Treaties of 1919-1922, in: Michel Erpelding/Burkhard Hess/Hélène Ruiz Fabri (eds.), Peace Through Law: The Versailles Peace Treaty and Dispute Settlement After World War I, Baden-Baden: Nomos 2019, 239-276.

[10] August Reinisch, The Establishment of Mixed Arbitral Tribunals, in: Société française pour le droit international (ed.), Le Traité de Versailles: Regards franco-allemands en droit international à l’occasion du centenaire / The Versailles Treaty: French and German Perspectives in International Law on the Occasion of the Centenary, Paris: Pedone 2020, 267-288.

[11] Hélène Ruiz Fabri/Michel Erpelding (eds.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023.

[12] Natasha Wheatley, Mandatory Interpretation: Legal Hermeneutics and the New International Order in Arab and Jewish Petitions to the League of Nations, Past and Present 227 (2015), 205-248.

[13] Jessica M. Marglin, Notes towards a socio-legal history of international law, Legal History 29 (2021), 277-278; Jessica M. Marglin, The Shamama Case: Contesting Citizenship across the Modern Mediterranean, Princeton: Princeton University Press 2022.

[14] PA AA, RZ 403 53267.

[15] Carlo Schmid, Erinnerungen, Bern: Scherz 1979, 123-128.

[16] Otto Göppert, Zur Geschichte der auf Grund des Vetrags von Versailles eingesetzten Gemischten Schiedsgerichte und Schiedsinstanzen für Neutralitätsansprüche, unpublished typoskript, Berlin, March 1931, 34.

[17] Eckart Henning/Marion Kazemi: Handbuch zur Institutsgeschichte der Kaiser-Wilhelm- /Max-Planck-Gesellschaft 1911-2011, vol. II/1, Berlin: Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft 2016, 881.

[18] Jean-Paulin Niboyet, Les Tribunaux arbitraux mixtes organisés en exécution des traités de paix, Bulletin de l’Institut intermédiaire international 7 (1922), 215-241.

[19] Meurisse news agency, gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France.

[20] Narodowe Archiwum Cyfrowe.

[21] Appendix: Alphabetical List of the Mixed Arbitral Tribunals and their Members, in: Ruiz Fabri/Michel Erpelding (eds.), The Mixed Arbitral Tribunals, 1919–1939: An Experiment in the International Adjudication of Private Rights, Baden-Baden: Nomos 2023, 547-581.

Suggested Citation:

Michel Erpelding,The Mixed Arbitral Tribunals of the Interwar Period, MPIL100.de, DOI: 10.17176/20240327-093809-0

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